ZWÖLF TAGE VORHER

DIE ALLERLETZTE ETAPPE. Dann sind wir da. Diese Reise hat auch Alysons Cousin gemacht. In einem der Container, die jeden Tag über die Ostsee gefahren werden, die in einem Hafen geleert und dann weiter zum nächsten gebracht werden. Dafür zu sorgen, dass dreiundsiebzig Passagiere ohne Ausweise im Dunkeln durch den Danziger Hafen den Weg in einen der Container finden, das war für die Vertreter der Schleuserorganisation die einfachste Sache der Welt.

Trotzdem ist diese letzte Etappe die teuerste. Zweitausend Dollar für jeden. Die Hälfte unseres Arbeitsjahres in Niamey. Ich verstehe nicht, warum es so teuer sein muss. Weil es nicht zu verstehen ist. Vielleicht liegt es daran, dass ein Schleuser ungefähr jeden Preis von einem Menschen fordern kann, der seinen Traum zum Greifen nahe hat.

Wir haben zwei Tage im Container auf die Abreise gewartet, und es war ziemlich eng. Ist es immer noch – wir sitzen quasi aufeinander, und nachts liegen wir aufeinander. So eng wie auf der Ladefläche auf der Fahrt durch die Wüste, so eng wie auf dem Fischerboot auf der Fahrt übers Mittelmeer, und so eng wie im Lastwagen auf der Fahrt durch Europa. Von einem Kran in die Luft gehoben und dann an Bord eines Schiffes gesetzt zu werden war unheimlich und aufregend zugleich. Und als sich die prustenden, stöhnenden und dröhnenden Dieselmotoren endlich in Gang gesetzt haben, fingen wir wieder an zu kichern. Uns störte nicht, was die anderen dachten, wir lachten das Lachen, das einen innerlich ganz weich macht.

So fühlt es sich immer noch an, wir haben die Hälfte der Strecke hinter uns.

Ich halte Alysons Hand.

Schöner kann es gar nicht werden.

Als hätte der Mann recht gehabt, der die Containertüren verschlossen hat. Er hatte geflüstert, dass in ein paar Tagen schon, wenn wir in Schweden an Land gehoben werden, der Rest unseres Lebens beginnen wird.