Die Sonne der Sterbenden

Die Sonne der Sterbenden
Authors
Izzo, Jean-Claude
Publisher
Unions Verlag
Tags
roman
ISBN
9783293304031
Date
2015-11-11T00:00:00+00:00
Size
2.24 MB
Lang
de
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Als man den Leichnam des Clochards Titi unter der Bank einer Pariser Metrostation findet, zieht dessen einziger Kumpel Rico Bilanz: Sein Leben ist verpfuscht, er ist geschieden, seinen Sohn darf er nicht mehr sehen, die Wohnung hat er verloren. Rico beschließt, aus dem eisigen Pariser Winter abzuhauen, in den Süden. Die Menschen, denen er auf dieser Reise begegnet, sind vom Leben besiegt worden: Felix, der ständig einen Fußball mit sich herumschleppt und jeden Zeitbegriff verloren hat. Oder die junge Mirjana aus Bosnien, die völlig abgebrannt in einem alten Haus untergeschlüpft ist und ihren Körper verkauft. In Marseille versucht Rico, Lea wiederzufinden, seine erste Liebe - und schöpft zum ersten Mal wieder Hoffnung.

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"Wie kann man nur so werden?" Diese Frage mag sich jeder schon das ein oder andere Mal gestellt haben, wenn er auf der Straße einem Menschen begegnet ist, der aus dem Rahmen fällt: einem Obdachlosen, einem "Penner". Begleitet wird dieser Gedanke meist von einer Mischung aus Ekelgefühl und Mitleid und dem dringenden Bedürfnis, sich wieder dem eigenen -- sicheren -- Leben zuzuwenden.

"Wie kann man nur so werden?" Der vorliegende Roman des Anfang 2000 verstorbenen Franzosen Jean-Claude Izzo spürt einer Antwort auf eben diese Frage nach. Rico, einst ein "funktionierendes" Mitglied der Gesellschaft mit Familie und einem einträglichen Job, reist aus dem eisigen Pariser Winter in den Süden, nach Marseille, und unterzieht sein Leben einer unbarmherzigen Analyse. Wie kommt es, dass er auf der Straße lebt? Wie kommt es, dass seine ehemaligen Freunde ihn nicht mehr kennen wollen, seine Frau ihn meidet und er seinen Sohn nicht mehr sehen darf? Bald geht ihm jedoch auch diese Fähigkeit zur Selbstbespiegelung abhanden, und sein Leben wird nur noch von einer Überzeugung geprägt: Es gibt keinen Ausweg.

Möglicherweise ist es übertrieben zu behaupten, nach der Lektüre dieses Romans würde man die Welt anders sehen. Aber manche Passagen sind so bitter und lassen so wenig Spielraum, sich hinter seinen lieb gewonnenen Vorurteilen zu verstecken, dass man das Buch aus der Hand legen möchte. Allerdings ist Izzo auch ein gewitzter, journalistisch erfahrener Erzähler, und so stürzt man sich immer weiter in den Albtraum, zu dem Ricos Leben geworden ist. Und am Schluss, nachdem er selbst seine Stimme verloren hat, wechselt die Perspektive -- Abdou, ein aus Algerien geflohenes Kind, das in einem Heim in Marseille Unterschlupf gefunden hat, überrascht mit seinem Blick auf Rico, mit seiner Freundschaft zu ihm.

*Die Sonne der Sterbenden* ist, um eine oft verwendete Formulierung zu bemühen, ein zutiefst erschütterndes Buch. Wer Izzos Marseille-Trilogie kennt, mag eine Ahnung haben, wie sehr einem dieser Autor unter die Haut gehen kann. Aber nur eine Ahnung. *--Hannes Riffel*