[Das neue Abenteuer 220] • Das Gefälschte Protokoll

Vor mir liegt die schriftliche Eingabe der Rentnerin Kühne. Sie bittet um Freigabe eines wertvollen Ringes. Ich kenne die Sache genau, denn sie betrifft zufällig den Fall, mit dem ich als junger Staatsanwalt meine Feuertaufe in der kriminalistischen Laufbahn erhielt, den Fall des Amtsanmaßers.

Diese Strafakte im Regal unseres Archivs unterscheidet sich in nichts von anderen: Der Deckel ist verblichen, und die Kanten von den zweihundertdrei Blättern darin sind staubgrau. Zahlen, Stempel und Aktenzeichen geben Auskunft über die Dienststellen, die damit zu tun hatten, und über den Zeitpunkt der Anlage. Jahre sind seitdem vergangen, auch der Tag des gluttrockenen Nachsommers 1961. Er kam viel zu spät, dieser Tag, sonst wären jenes Verbrechen und unzählige andere nicht möglich gewesen, deren Folgen noch heute spürbar sind, wie die berechtigte Forderung der Frau Kühne beweist.

Unter vielen Protokollen steht der Name des Genossen Torsten, der den roten Faden zum Täter fand, wie man bei uns sagt, und daneben die Unterschrift des Oberleutnants Groß, der den Plan seines Kollegen Schuster einen „Kaffeeklatsch mit Anleitung“ nannte; eine kriminalistische Methode übrigens, die einen besseren Titel und mehr Beachtung verdient hätte. Und noch eins fällt mir ein: Genosse Schuster hat sein Versprechen gehalten, ich weiß das; er ist, wie versprochen, mit Minna Bartok ausgegangen. Verdient hatte sie es. Doch der Reihe nach!

Man kann Berlin kennen, ohne jemals in dem kleinen Siedlungshaus der Rentnerin Baumann gewesen zu sein. Noch bevor ich dorthin ging, hatte bereits ein anderer damit zu tun …