Das Böse kommt auf leisen Sohlen

Das Böse kommt auf leisen Sohlen
Authors
Bradbury, Ray
Publisher
Diogenes Verlag
Tags
roman
ISBN
9783257208665
Date
2013-09-25T00:00:00+00:00
Size
0.45 MB
Lang
de
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Mit seinem Roman Die Abenteuer des Tom Sawyer

(1876) schuf Mark Twain den amerikanischen Klassiker und etablierte das Sujet

Kindheit und Jugend im ländlichen Amerika als eines der großen Themen der

amerikanischen Literatur. Nachwirkungen dieses Buches finden sich im Genre der

Fantastik in der Neuzeit noch in Büchern wie Stephen Kings Es oder Dan

Simmons' Summer of Night wieder. Ein moderner Klassiker zu diesem Thema

ist Das Böse kommt auf leisen Sohlen (1962) von Ray Bradbury, ein Roman,

dessen Einfluss auf die oben genannten Autoren und Werke nicht unterschätzt

werden sollte.

Eines Nachts kommt heimlich und verstohlen ein Jahrmarkt in eine kleine Stadt

in Illinois, die identisch ist mit Green Town in Bradburys autobiografischem

Episodenroman Löwenzahnwein, und schlägt seine Zelte auf. William "Bill"

Halloway und James "Jim" Nightshade, zwei Jungs aus der Stadt, spüren als erste,

dass mit dem Jahrmarkt etwas nicht geheuer ist: Traumfiguren wandeln unerkannt

unter den Bewohnern der Stadt, und nur die Jugendlichen können sie erkennen,

während die Erwachsenen dem Phänomen kaum Beachtung schenken. Die heimlichen

bösen Wünsche der Stadtbewohner gehen in Erfüllung, ein Karussell verwandelt

Kinder in Greise und Greise in Kinder und der Jahrmarkt selbst stiehlt die

Seelen der Menschen. Jim und Bill nehmen den Kampf gegen die Zirkusdirektoren G.

M. Dark und J. C. Cooger auf. Hilfe finden sie in der Bibliothek, wo Charles

Halloway arbeitet, Williams Vater.

Ray Bradburys unheimlicher Roman hat deutlich allegorischen Charakter (wofür

das Buch oft kritisiert wurde), die handelnden Personen sind wenig mehr als

Symbole und Metaphern, die Schilderungen des ländlichen Kleinstadtlebens ebenso

verklärt wie die der Bibliothek, ein gotisches Schloss des Wissens, dessen

Bücher die Lösung zu allen Problemen zu enthalten scheinen (man vergleiche dazu

auch Bradburys Fahrenheit 451, wo Bücher von der Regierung als subversiv

verboten werden, da ihr Inhalt die Fantasie der Bürger anregen und sie auf dumme

Gedanken bringen könnte). Und dennoch -- der Roman beinhaltet bei allen

Schwächen einige wahrhaft magische und unheimliche Momente, die die Lektüre zu

einem unvergesslichen Erlebnis machen. --Joachim Körber