Die Frau des Zeitreisenden

Die Frau des Zeitreisenden
Authors
Niffenegger, Audrey
Publisher
Fischer Verlag
Tags
roman
ISBN
9783596163908
Date
2005-10-20T00:00:00+00:00
Size
1.07 MB
Lang
de
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Inniger könnte eine Liebe nicht sein, als die zwischen

Henry De Tamble und Clare Abshire. Als sie sich kennenlernten, war sie 20, er

28. Sie verliebte sich auf der Stelle in ihn, im festen Glauben, Henry schon

ewig zu kennen. Was als Liebesfloskel reichlich abgenutzt klingt, trifft bei

diesem seltsamen Paar den Nagel auf den Kopf. Tatsächlich kennt Clare ihren

Zukünftigen schon seit ihrem sechsten Lebensjahr. Verwirrend? Nicht, wenn man

die Umstände kennt, die diese Beziehung zu etwas Besonderem machen. Der recht

sprunghafte Henry leidet nämlich am sogenannten "Chrono-Syndrom". In

entscheidenden Momenten neigt er dazu, urplötzlich zu verschwinden, um an

anderer Stelle in Zeit und Raum unvermittelt (und splitternackt) wieder

aufzutauchen. Henry De Tamble ist ein Zeitreisender!

Um etwaigen Fehlkäufen vorzubeugen: Bei Audrey Niffeneggers Erstling handelt

es sich -- trotz des suggestiven Titels -- nicht um Science Fiction. Die Autorin

(die sich augenscheinlich in der rothaarigen Renaissance-Beauty Clare optisch

verewigt hat, wie das Umschlagfoto auf hübsche Art beweist), legt eine die Sinne

verwirrende und verschachtelte Liebesgeschichte vor.

Niffenegger betreibtein regelrechtes Vexierspiel. Zwei, die einander

bedürfen, durchschreiten ein langes Leben politischer und kultureller

Umwälzungen. Kunst, Literatur (Clare bevorzugt Rilke), Drogen, Punkrock, ja

selbst der 11. September, werden clever in die Handlung verwoben. Ihren

besonderen Reiz erhalten Henrys Zeitreisen durch die Tatsache, dass er in die

Zukunft blicken kann und damit sehr diskret umgehen muss. Der Umstand, dass ein

Ereignis stattfindet und sich später erst ankündigt, beansprucht sämtliche

verfügbaren Hirnwindungen des Lesers, wenngleich das Paradox der Begegnung

Henrys mit seinem jüngeren/älteren Ich logisch nicht befriedigend aufgelöst

wird.

Die ständigen Zeitsprünge, in denen Clare und Henry sich in der Erzählung

abwechseln, sind nicht unanstrengend. Dass der Leser dennoch den Faden nicht

verliert, spricht für Niffeneggers erzählerische Qualitäten. Eine anrührende

Saga über die Unvergänglichkeit der Liebe in einer sich stetig verändernden

Welt. Oder könnte es auch umgekehrt sein? --Ravi Unger