Santiago, Santiago...

Santiago, Santiago...
Authors
Aebli, Hans
Publisher
Vozes
ISBN
9783608953961
Date
1993-01-01T00:00:00+00:00
Size
1.84 MB
Lang
de
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Hans Aebli, der in diesem Buch beschreibt, wie er mit seiner Frau Verena nach Santiago de Compostela pilgert, hat Zeit seines Lebens ein Wanderleben geführt. In Zürich geboren und aufgewachsen, hat er nach kurzer Tätigkeit als Lehrer bei Piaget in Genf und an der Universität von Minnesota Psychologie studiert und sodann in der Zürcher Lehrerbildung, an der Universität des Saarlandes, an der Universität Zürich, der Freien Universität Berlin, der Universität Konstanz und schließlich an der Berner Universität gelehrt. Heute lebt er in Burgdorf bei Bern. Seine Forschungen betreffen die Entwicklungspsychologie, die Psychologie des Denkens und Handelns und deren Anwendung auf das Lehren und Erziehen.Alle seine bisherigen Werke sind wissenschaftlicher Art. Sie sind bei Klett-Cotta erschienen.Die bekanntesten sind:- Über die geistige Entwicklung des Kindes. 1975.- Zwölf Grundformen des Lehrens. 1983.- Grundlagen des Lehrens. 1987.- Denken: das Ordnen des Tuns, 2 Bände. 1980/81.Aber in diesem Band lernen wir »den anderen Aebli« kennen: den Wanderer, den Beobachter, den Erzähler.

In der Welt der Psychologie und der Schule ist Aebli als der Herausgeber

und Fortsetzer des Werkes von Jean Piaget, als Kognitionspsychologe und als

Didaktiker der »Grundformen des Lehrens« bekannt.

In diesem Buch tritt uns ein anderer Aebli entgegen. An den

Wissenschaftler erinnert nur noch die Präzision seiner Beschreibungen. Aber

seine Rolle und seine Befindlichkeit ist eine andere. Aebli ist hier der

Wanderer, der mit seiner Frau Verena zusammen drei Monate lang alles Seinige in

einem sechs Kilogramm schweren Rucksack mit sich trägt, den Weg durch eine

unbekannte Landschaft sucht, alle möglichen Abenteuer erlebt, aber auch

Gespräche mit den Bauern am Wege und mit Pilgerfreunden führt.

Wir erfahren, wie im Geiste der beiden Wanderer das Mittelalter

wieder auflebt und wie sie die Menschen zu verstehen beginnen, die die Kirchen

am Jakobsweg bauten und die einst zu Hunderttausenden zum Grabe des Apostels

Jakob nach Santiago de Compostela wanderten. Im Verlaufe der sechzig Wandertage

wird allmählich auch sichtbar, welche Beweggründe die beiden modernen Pilger

treiben: sicher ein Stück Abenteuerlust und Freude an der Bewältigung all der

unvorhergesehenen Probleme einer Fußreise, dann aber immer deutlicher auch die

Tiefenschichten ihrer Motivation: die Aufarbeitung der eigenen geistigen

Geschichte, letztlich wohl jene Sehnsucht, die Aebli eine »augustinische«

nennt: das Suchen nach dem einfachen und dem richtigen Leben und nach einer

visionären Stadt, in der die Seele ihre Heimat findet.

Der Autor ist ein guter Kenner der Geschichte des Jakobsweges. Die

sachlichen Informationen werden jedoch nicht wie in einem Sachbuch systematisch

dargestellt; sie fließen natürlich in die Beschreibung der sechzig Wandertage

und der eingeschobenen Ruhetage ein.

Immer wieder kommt auch der Humor zu seinem Recht, etwa dort, wo

die Wanderer eine leere Schachtel mit Rössli-Stumpen am Wegrand finden und über

ihre Herkunft sinnieren oder dort, wo eine Ordensschwester Aebli das spanische

Buchstabieren lehrt.

Schließlich gibt es bis heute kein Buch, das den Jakobsweg unter

den praktischen Gesichtspunkten des Wanderers so genau wie dieses beschreibt.

Jeder Pilger, der das Unternehmen der 1500-Kilometer-Wanderung seinerseits

versuchen möchte, erfährt hier, was er zu erwarten hat.

Abbildung auf dem Schutzumschlag: Die Brücke

von Puente la Reina