[Macabros 051] • Skelettus Furst der Knochenburg
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- Authors
- Shocker, Dan
- Publisher
- Zauberkreis Verlag
- Tags
- [heft] , macabros
- Date
- 1977-06-21T00:00:00+00:00
- Size
- 0.16 MB
- Lang
- de
"Ich habe Angst, ich habe... entsetzliche Angst, Doktor." Der freundlich aussehende Mann mit den graumelierten Schläfen hielt die schmale, weiße Hand fest. Die junge Frau wirkte bleich, ihre dunkelumrandeten Augen blickten nervös, und das schwarze, seidig schimmernde Haar ließ das zarte Gesicht noch blasser erscheinen, als es in Wirklichkeit war. Dr. Belman schüttelte den Kopf. "Sie brauchen keine Angst zu haben, Fräulein Sörgensen. Es ist keine schwierige Operation." "Ich wurde noch nie operiert." "Morgen früh kriegen Sie eine Beruhigungsspritze, danach fühlen Sie sich ausgeglichen und schläfrig. Und noch ehe Sie im Operationssaal sind, werden Sie schon schlafen." Dr. Thorwald Belman sprach beruhigend auf sie ein. "Was ist heutzutage schon eine Blinddarmoperation, Fräulein Sörgensen. Es besteht für Sie überhaupt kein Grund zur Beunruhigung. Alle Tests sind gut verlaufen, wir sind mit ihren Werten sehr zufrieden. Morgen nach der Operation werden Sie hier in Ihrem Bett aufwachen. Sie werden keine Schmerzen mehr haben. In einer Woche sind Sie schon wieder zu Haus." Anka Sörgensen seufzte. "Das alles hab ich mir auch gesagt, Doktor. Aber es nützt nichts. Die Angst geht nicht weg. Ich habe immer das Gefühl, ich könne nicht einschlafen, die Spritzen könnten vielleicht versagen..." "Aber nein, so etwas passiert doch nicht!" "Und dann kommt hinzu, daß ich panische Angst davor habe, daß ich auf der anderen Seite eben nicht aktiv, nicht wach bin, daß ich mich in einem künstlichen Schlaf befinde. Ich bekomme nicht mit, was um mich herum vorgeht. Dieser Gedanke macht mich krank. Andere sehen mich, andere hantieren an meinem Körper herum, schneiden ihn auf. Ich bin Fremden vollkommen ausgeliefert." Dr. Belman musterte die sechsundzwanzigjährige Patientin aufmerksam und doch unauffällig. "Ich bin doch verrückt, nicht wahr?" bemerkte Anka Sörgensen leise und mit dem Anflug eines Lächelns um ihre schön geschwungenen Lippen. "Auf der einen Seite fürchte ich mich, die Betäubungsspritze könne nicht wirken, und auf der anderen Seite hoffe ich es praktisch, weil ich mich nicht in fremde Hände ausliefern will, weil ich sehen will, was man mit mir macht. Der Schlaf, er ist dem Tod so erschreckend ähnlich... Ich rede wie eine Geisteskranke, was? Meine zwei verschiedenen Vorstellungen das ist doch fast schon Schizophrenie nicht wahr?" "Nein, das ist es auf keinen Fall. Sie sind verwirrt, Sie machen sich zuviele Gedanken Sie sind sehr sensibel das ist alles. Ich werde Ihnen die Schwester schicken, sie wird Ihnen noch ein leichtes Schlafmittel verabreichen. Sie sollten jetzt wirklich schlafen. Es wird alles gut werden. Sie brauchen überhaupt keine Angst zu haben..." Er drückte ihre Hand und ging aus dem Zimmer. Es machte ihm überhaupt nichts aus, daß er sich so lange in diesem Krankenzimmer aufgehalten hatte. Anka Sörgensen war eine bildhübsche Frau. Sie gefiel ihm. Er unterhielt sich gern mit ihr, aber sie war etwas überspannt. Damit mußte man bei Künstlern wohl immer rechnen. Die waren alle ein wenig exzentrisch. Anka Sörgensen moderierte im norwegischen Fernsehen eine eigene Show, sang, tanzte, und schrieb ihre eigenen Texte... "Ich werde Sie operieren. Es wird alles gut verlaufen, Sie können sich darauf verlassen!" Es waren die letzten Worte des jungen Chirurgen. Anka Sörgensen legte sich in die Kissen zurück, schloß die Augen und versuchte, die trüben quälenden Gedanken abzustreifen. Er irrt, fieberte es in ihr. Ich weiß daß er sich täuscht. Ich werde etwas ganz Schreckliches erleben... aber ich kann nicht mit ihm darüber sprechen, sonst muß er mich ja für verrückt halten! Sie wußte, daß diese harmlose Operation, die täglich unzählige Male in jedem Krankenhaus der Welt durchgeführt wurde, für sie einen entscheidenden Einschnitt in ihrem Leben bedeuten würde...