[Ameisen 02] • Der Tag der Ameisen

[Ameisen 02] • Der Tag der Ameisen
Authors
Werber, Bernard
Publisher
Heyne, Wilhelm Verlag
Tags
roman
ISBN
9783453075047
Date
1994-04-15T00:00:00+00:00
Size
0.79 MB
Lang
de
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Jonathan Wells ist gerade arbeitslos geworden, als er

unverhofft von seinem Onkel Edmond, den er nur ein einziges Mal als Kind gesehen

hat, eine Wohnung erbt. Er zieht mit Sack und Pack -- bzw. mit Frau und Sohn --

um in die Rue des Sybarites, in der sich bald nach seiner Ankunft merkwürdige

Dinge zutragen. Zunächst fällt ihm ein Brief seines Onkels in die Hände, in dem

in Großbuchstaben steht: NIEMALS IN DEN KELLER HINABSTEIGEN. Jonathan bringt

also ein großes Schloss an der Kellertür an und schärft seiner Frau und seinem

Sohn ein, das Verbot zu respektieren. Nachdem er jedoch selbst auf der Suche

nach seinem Hund wiederholt hinabsteigt und schließlich nicht mehr auftaucht,

alarmiert seine Familie die Polizei.

Unterdessen macht der Leser Bekanntschaft mit einer völlig anderen Welt: mit

Bel-o-kan, dem Reich der Ameisen. Werber berichtet uns von den Abenteuern des

327. Männchens, das sich auf seinen Hochzeitsflug vorbereitet und von seinen

Begleiterinnen, von denen einige wenige dazu ausersehen sind, als Königinnen

einen neuen Staat zu gründen. In Bel-o-kan scheint eine Verschwörung im Gange zu

sein, und unsere Helden sollen einigen mysteriösen Todesfällen auf die Spur

kommen, die nichts mit dem Einfall feindlicher (Ameisen-)Armeen zu tun haben.

Das Buch beginnt mit der Geschichte von ein paar Menschen, deren Geschick

jedoch immer weiter in den Hintergrund tritt. Im Verlauf der Handlung übernehmen

die Ameisen die Herrschaft über die Geschichte, und wir tauchen immer tiefer ein

in das Reich der Insekten. Der Autor erschließt uns mit seiner Kenntnis eine

faszinierende Welt, von der die meisten kaum Kenntnis haben dürften.

Wer weiß schon, wie zwei Ameisen miteinander kommunizieren und einander

Botschaften vermitteln oder wie die Gesellschaft in einem Ameisenstaat

tatsächlich organisiert ist? Durch seine Besessenheit, alles über diese Insekten

zu lernen, lässt Jonathan Wells den Leser teilhaben an diesem faszinierenden

Wissen. Die "wissenschaftlichen" Kommentare stammen samt und sonders aus dem

Lebenswerk seines Onkels Edmond Wells, der "Enzyklopädie des relativen und

absoluten Wissens", nach der auch ein dubioser Freund des Dahingeschiedenen

sucht. Es wird vermutet, dass Edmond sie in dem verbotenen Keller versteckt

hat...

Am Ende des Buches hat man den Eindruck, die Hauptakteure seien nicht die

Menschen, sondern die Ameisen gewesen. Und tatsächlich kommt diesen eine immer

größere Bedeutung zu, je weiter die Geschichte voranschreitet. Letztendlich

haben sie auch ausgeprägtere Persönlichkeiten als die menschlichen

Protagonisten, und man nimmt größeren Anteil an ihrem Schicksal, als man es sich

vor Beginn der Lektüre hätte träumen lassen. Wer bei seinem nächsten Ausflug ins

Grüne einen Ameisenhaufen sieht, wird diesen wahrscheinlich mit völlig anderen

Augen betrachten.

Bernard Werber (Jahrgang 1961) hat zehn Jahre als Wissenschaftsjournalist für

verschiedene französische Zeitschriften gearbeitet, bevor er sich der

Schriftstellerei verschrieb. --Monika Hübner