Lampedusa oder die Illusion von Glück

- Authors
- Holzamer, Hans-Herbert
- Publisher
- LechnerPublishing
- Tags
- roman
- ISBN
- 9783926858696
- Date
- 2013-08-20T22:00:00+00:00
- Size
- 0.27 MB
- Lang
- de
Vorwort:
Die großen Tragödien zeichnen sich dadurch aus, dass es keine Gewissheit gibt, wer denn nun Recht hat, wer der Gute ist, wer der Böse. „Lampedusa oder die Illusion vom Glück“ ist keine Tragödie, weil es kein Spiel ist, sondern ein reales Thema aufgreift. Weil aber die Handlung Fiktion ist, passt der Vergleich gleichwohl. Die Protagonisten, vor allem Ari Sneider und Juve Javenal, sind sich zunächst sicher, das Richtige zu tun und zweifeln dann doch – Ari mehr Juve weniger – ob sie nicht schuldlos schuldig geworden sind. Darin gleichen sie dann doch klassischen Beispielen. Die Personen sind das eine, die Ausweglosigkeit der Situation ist das andere. Insofern ist es eine Tragödie im Sinne Hegels: Im Mittelpunkt steht nicht der tragische Held, sondern die tragische Kollision. Der Konflikt besteht „nicht zwischen Gut und Böse, sondern zwischen einseitigen Positionen, von denen jede etwas Gutes enthält“. Aus diesem Grund ist in den Roman auch ein Prozess eingebettet, in dem die Positionen aufeinanderprallen, bis ein Richter ein Urteil fällt. Trotz dieses Urteils bleibt die Situation ausweglos. Was wiegt höher? Das Recht jedes einzelnen, in Lampedusa und damit in Europa, sein Glück zu suchen, oder das Recht der in der Europäischen Union zusammengeschlossenen Staaten darüber zu bestimmen, wer Bürger wird und wer nicht? Es gibt radikale Positionen, die ein weltweites Recht auf Freizügigkeit oder das Recht des Widerstandes mit polizeilichen oder militärischen Mitteln gegen unerwünschte Zuwanderung postulieren. Und es gibt vermittelnde Positionen, die sagen, man müsste und könnte alle, die nach Europa kommen wollen, durch ein rechtsstaatliches Asylverfahren schleusen. Doch das ist Illusion angesichts der Tatsache, dass die Migranten das bei einer Ablehnungsquote von über 90 Prozent nicht wollen, und dass nach Schätzungen bis zu 20 Millionen Menschen in Nordafrika darauf warten, nach Europa zu kommen. Die Situation ist ausweglos, und so bleibt alles, wie es ist. Wer Glück hat, kommt an Land, wer nicht, ertrinkt. Doch auch das ist nicht hinnehmbar. „Wo ist dein Bruder? Die Stimme des vergossenen Blutes schreit auf zu mir, sagt Gott. Das ist keine Frage, die sich an andere stellt, das ist eine Frage, die an mich gerichtet ist, an dich, an jeden von uns. Diese unsere Brüder und Schwestern wollten aus schwierigen Situationen heraus und ein wenig Ruhe und Frieden finden: Sie haben einen besseren Ort für sich und ihre Familien gesucht, aber sie haben den Tod gefunden. Und wie häufig finden sie kein Verständnis, keine Aufnahme, keine Solidarität!" Dies sagte Papst Franziskus bei seinem Besuch auf Lampedusa. Er mahnte, aber er fand auch keine Antwort. Vor diesem Hintergrund entfalten sich der Konflikt und die Beziehung zwischen Ari Sneider und Juve Javenal. Das Ergebnis und der im Roman gefundene Ausgang entsprechen der Überzeugung des Autors. Nur eine völlige Änderung der Außenpolitik der Europäischen Union und des gesamten Westens, die absolut darauf abzielt, den Menschen zu ermöglichen, zu Hause ihr Glück zu finden – auch gegen den Widerstand der Herrschenden in ihren Ländern, löst den Konflikt. Der Arabische Frühling hätte vielleicht zeigen können, dass eine solche Politik Erfolg haben kann.
Gräfelfing, im Oktober 2013
Über den Autor Meine ersten, veröffentlichten Zeilen schrieb ich als freier Mitarbeiter des Bonner Generalanzeigers. Das war 1963, und zog sich hin bis in die Rechtsanwalts- und Journalistenzeit nach einem Studium der Rechtswissenschaft und der Politischen Wissenschaften in Bonn. Nachdem ich als Referent der UEDC, Union Européenne Démocrate Chrétienne, mich um die ersten europäischen Direktwahlen und die Revolutionen in Spanien und Portugal zu kümmern hatte, schrieb ich weiter, als Redakteur der Tageszeitung Die Welt, als Ressortleiter der Süddeutschen Zeitung, als Chefredakteur der Kompetenznetze.de, heute als freier Journalist und als Autor.