Die Frauen

- Authors
- Boyle, T.C.
- Publisher
- Hanser, Carl Verlag GmbH & Co. KG
- Tags
- roman
- ISBN
- 9783867173674
- Date
- 2009-02-04T23:00:00+00:00
- Size
- 0.99 MB
- Lang
- de
Tadashi Sato ist enttäuscht. In einem acht Jahre alten
Stutz ist der junge Japaner zum Anwesen des weltberühmten amerikanischen
Architekten Frank Lloyd Wright gefahren, um dort von seinem Vorbild gegen
Bezahlung in die Geheimnisse des ästhetischen Hausbaus eingewiesen zu werden –
um muss erst einmal zum Kohlschneiden, Maisblättern und Kartoffelschälen in die
Küche. Überhaupt ist sein Idol ganz anders, als er es sich erträumt hat: geizig
ist er, egoistisch, mit allerlei Allüren. Aber: ist er das wirklich, oder; ist
er vielmehr nicht gerade alles? Hat er einfach alle Facetten zwischen Genie und
Biedermann?
In Die Frauen stürzt der US-amerikanische Autor T.C. Boyle, der in
Santa Barbara gemeinsam mit seiner Frau und seinen drei Kindern selbst ein
Wright-Haus bewohnt, ein weiteres Mal eine Ikone der US-Kulturgeschichte vom
Sockel. In Dr. Sex hatte es den als voyeuristisch und paranoid
geschilderten Sexualforscher Alfred Kinsey getroffen, in Willkommen in
Welville wurde der Gesundheits- und Zerealienfanatiker John Harvey Kellogg
(einem Miterfinder der Cornflakes) aufs Korn genommen.
In Die Frauen wird Wrights Leben aus der Sicht Tadashi Sato
geschildert, vor allem aber aus der Perspektive jener drei Ehefrauen, die im
Leben des Architekten eine herausragende Rolle spielten. Dabei nähert sich Boyle
seinem Opfer und dessen skurrilen Eigenheiten einmal mehr durchaus mit
Sympathie, zeichnet den emotionalen Bogen beim Leser über Verwunderung bis hin
zu strikter Ablehnung: dem genialen Schachzug geschuldet, dass ja auch die
Frauen Wright mit Liebe, aber auch Hass gegenüber gestanden haben.
Seit jeher gilt Boyle als Enfant terrible und Punk-Autor des
Literaturbetriebs. Dabei schreibt er eine gemessene, geschliffene, fast schon
klassische Prosa, die in ihrer Architektur – zumindest in der großartigen
Übersetzung durch Kathrin Razum und Dirk van Gunsteren – in vielen Aspekten an
die Texte Thomas Manns erinnert. Die Frauen ist da nicht anders.
Großartige Literatur, unterhaltsam auf höchstem Niveau. -- Stefan
Kellerer