[Gespenster-Krimi 240] • Drohung aus dem Jenseits
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- Authors
- Collins, Frederic
- Publisher
- Bastei/Lübbe Verlag
- Tags
- [heft] , gespenster krimi
- Date
- 0101-01-01T00:00:00+00:00
- Size
- 0.16 MB
- Lang
- de
Der Mann lenkte seine Schritte zu einem alten, dunklen Gebäude, dem Gallagher Museum.
Der Pförtner, der sonst jeden Besucher registrierte, sah nicht einmal hoch, als der Fremde an ihm vorbeischritt. Es schien, als wäre der Unheimliche gar nicht vorhanden.
Und doch stellte er eine tödliche Gefahr für eine Handvoll Menschen dar, denen er eine Drohung aus dem Jenseits brachte.
Frank Simon sah sich zufrieden um. Er konnte sich selbst beglückwünschen. Mit vierunddreißig Jahren hatte er es geschafft, der zweitwichtigste Mann im Gallagher Museum zu sein. Er kam gleich nach Direktor Archibald Pendergast, der die oberste Leitung des Museums hatte. Während sich Pendergast hauptsächlich um die Verwaltung kümmerte, betreute Frank Simon die Ausstellungsstücke, Es war auch seine Aufgabe, für Neuerwerbungen zu sorgen.
Für den jungen Archäologen war es die ideale Arbeit. Und heute war der erste Tag in seiner neuen Stellung. Er hatte ein Büro ganz für sich und eine Sekretärin, die ihm viel Arbeit abnahm.
Montag, 17. September, stand auf dem Kalenderblatt. Frank Simon betrachtete dieses Datum als Glückstag in seinem Leben. Eine Stunde später sollte er anders darüber denken, doch das ahnte er nicht, als sich die Tür öffnete.
»Ja, Miß Pratt?« fragte er, ohne von seinem Buch aufzublicken, in dem er etwas nachschlagen wollte. Erst als er keine Antwort bekam, sah er stirnrunzelnd zur Tür.
Überrascht hob er die Augenbrauen, als er einen ihm unbekannten Mann mitten im Büro stehen sah. Schon wollte er wütend aufbrausen, weil er es nicht leiden konnte, wenn jemand, ohne anzuklopfen, den Raum betrat, als ihm etwas einfiel. Er kannte noch nicht alle Mitarbeiter des Museums. Vielleicht war das hier ein wichtiger Mann, den er nicht verärgern durfte.
»Ich bin Frank Simon«, sagte er daher mit einem verbindlichen Lächeln. »Kann ich etwas für Sie tun?«
Das Lächeln gefror auf seinem Gesicht. Der Mann sagte kein Wort. Er tat auch nichts. Er stand einfach da und betrachtete den jungen Archäologen mit seinen hellen, leblos, wirkenden Augen. Und doch ging von ihm eine unausgesprochene Drohung aus. Eine Gefahr, die Frank Simon nur ahnte.
»Was kann ich für Sie tun?« wiederholte Simon seine Frage. Er fröstelte. Draußen vor dem Fenster wallte zwar der dichte Londoner Nebel, doch es war keineswegs kalt. Dennoch hatte er das Gefühl, ein eisiger Hauch würde ihm entgegenwehen.
Der Fremde hob die Hand und deutete auf Frank Simon. »Sie werden mir helfen«, sagte er dumpf. Er bewegte beim Sprechen kaum die Lippen. Seine Stimme klang hohl. »Sie werden mir den Schatz des Pharaos übergeben. Tun Sie es nicht, stirbt Ihre Frau. Wenn Sie sich dann auch noch weigern, stirbt Ihr Kind! Ich habe Sie gewarnt. Ich melde mich wieder bei Ihnen!«
Damit drehte sich der Fremde um und verließ das Büro.
Sekundenlang saß Frank Simon wie erstarrt. Mit allem hatte er gerechnet, nur damit nicht. Was hatte das zu bedeuten? Er wußte, was der Schatz des Pharaos war. Das wichtigste und wertvollste Ausstellungsstück des Museums! Welcher Wahnsinnige kam auf die Idee, ihn deshalb zu bedrohen?
Wahnsinniger! Pas war es! Dieser Marin wat nicht normal!
Frank Simon schnellte von seinem Sessel hoch und hetzte zur Tür. Im Vorraum arbeiteten seine Sekretärin, Miß Nancy Pratt, und eine zweite Hilfskraft. Beide blickten erschrocken hoch, als er in ihr Büro platzte.
Niemand sah den Mann, der an diesem nebligen Morgen die Gruft verließ.
Das Grabmal stand auf dem Londoner Westwood Cemetery. Es wurde vollständig von den weißen Schwaden eingehüllt. Das bleiche Morgenlicht drang kaum bis zur feuchten Erde vor.
Der Friedhof war noch nicht geöffnet. Die Wächter hatten am Abend zuvor genau kontrolliert, ob sie niemanden eingeschlossen hatten. Jeder von ihnen hätte geschworen, daß kein Besucher auf dem Friedhof zurückgeblieben war. Womit sie recht hatten. Der Mann aus der Gruft war kein Besucher.
Hinter dichten Büschen verborgen, wartete er die ’Öffnung des Friedhofs ab. Durch den Nebel geschützt, verließ er den Westwood Cemetery und mischte sich unter die ahnungslosen Passanten.
Niemandem fiel der starre Gesichtsausdruck des Unheimlichen auf. Niemand bemerkte, wie seelenlos seine hellen Augen ins Leere starrten.