Aurora · Gesplitterte Seele

Aurora · Gesplitterte Seele
Authors
Krüger, Christina
Tags
roman
Date
2023-06-01T07:00:00+00:00
Size
1.50 MB
Lang
de
Downloaded: 25 times

Raija ist Schamanin in Ausbildung und sollte dafür großen Respekt in ihrem Dorf genießen. Doch kam sie einst als Waise nach Björnelv, so bleibt sie dort eine Außenseiterin.Sie trägt das gefürchtete Auroras-Mal, ein bernsteingelbes Auges wie die heilige Schneefüchsin, und wird dafür verachtet.Um die Schatten ihrer Vergangenheit aufzudecken, begeht Raija einen folgenschweren Fehler.Ihre Gier nach Antworten und Anerkennung muss sie teuer bezahlen. Ein verzweifelter Wettlauf gegen die Zeit beginnt, der sie bis in den hohen Norden führt. Ausgerechnet mit einem Mann, dem sie nichts als Abscheu entgegenbringt, muss sie der Legende um die Schneefüchsin nachjagen. ****In dieser heißen und stickigen Luft wurde jeder Atemzug, den ich zitternd in meine Brust sog, zu einer brennenden Qual. Tränen quollen aus meinen Lidern und zogen ihre feuchte Spur über meine Wangen. So fest ich konnte, presste ich mich an die Brust meiner Mutter. Ich hatte solche Angst, doch sie hielt und tröstete mich. In ihren Armen war ich immer sicher gewesen. Immer.Doch nun?Ich hörte ihr Herz schlagen, so laut wie der Klang einer Trolltrommel, mit der Großmutter in ihren Ritualen die Ahnen anrief.BA-DA-DAMM.„Alles wird gut, Raija.“ Mutters Stimme bebte wie ihr Körper. Ihr Geist schrie nach Lüge, das spürte ich deutlich. Schließlich war ich ein Jaidenblut und konnte somit den Wolf sehen, der ihre Seele behütete. Ich öffnete die Augen und betrachtete den Wolfsanhänger auf ihrer Brust – ihr Totem. Die Wölfe wohnten unseren Seelen inne. Wir waren Navdi, wir sollten stark und furchtlos sein.Aber das war ich nicht. Ein verzweifelter Schrei ließ mich zusammenfahren. Ich presste die Lider zusammen und mein Gesicht fest an Mutters Brust.BA-DA-DAMM, hämmerte ihr Herz.„Alles wird gut werden“, hauchte Mutter in mein Haar. Ich klammerte mich fester an sie. Bittere Tränen rannen über meine Wangen, während mein Körper von meinen Schluchzern erschüttert wurde, weil ich nicht verstand, was mit uns geschah. Ich schmeckte Salz auf meinen Lippen.Ich hustete erneut. Beißender Qualm drang in meinen Mund und die ersten Flammen fraßen sich ins Holz der Gamme. Fast alle waren in unserer heiligen Hütte eingesperrt. Dicht gedrängt pressten wir uns aneinander.„Wir werden hier drinnen sterben! Lasst uns raus!“ Die Schreie drangen wie aus weiter Ferne zu mir hindurch.So viele Fragen und Gedanken stürmten durch meinen Kopf. Warum war der Mann mit dem Haar wie blühender Löwenzahn so gemein und sperrte uns hier ein? Großmutter wollte ihn verscheuchen, doch die Männer mit den Metallhemden und schnaubenden Pferden hatten sie nur ausgelacht.Ein Schmerz breitete sich in meinem Herzen aus, als sich die schrecklichen Bilder in meinen Kopf drängten. Von Großmutter - der böse Mann hatte ihr furchtbar wehgetan. Danach war sie nicht mehr aufgestanden.„Mutter, wo ist Großmutter?“, wimmerte ich und wagte es, wieder die Augen zu öffnen.„Großmutter wacht fortan über uns, meine Kleine. Sie wird bald bei dir sein. Kleine Raija … es tut mir so leid.“ Mutter schluchzte nun bitterlich.„Mutter, es ist so heiß!“, stöhnte ich. Ich fühlte mich, als hätte ich Fieber. Die bösen Geister, die ich im Rauch über unserem Kopf sah, starrten zu mir herab. Die glutroten Fänge des Feuers fraßen sich immer weiter durch das torfbedeckte Dach.Ich erzitterte.