Der Todesbote · Die wahre Geschichte des Serienmörders Anatolij Onoprienko
- Authors
- Buval, Jaques
- Publisher
- Heyne, Wilhelm Verlag
- Tags
- bericht-tatschen
- ISBN
- 9783453874404
- Date
- 2003-11-30T23:00:00+00:00
- Size
- 0.17 MB
- Lang
- de
Serienmörder wie Fritz Haarmann oder Jürgen Bartsch sind
Millionen von Menschen ein Begriff. Gespannt verfolgt die breite Öffentlichkeit
Skandale wie um den mutmaßlichen Serientäter Marc Dutroux. Doch Serienmörder gab
es schon immer, und man weiß um ihre abscheulichen Verbrechen. Neu ist viel mehr
die eigenartige Faszination, die sie auf die massenmediale Öffentlichkeit
ausüben. Auffällig ist auch die wachsende Freude an Gewaltdarstellungen und der
seltsame Umgang mit Angst und Schrecken der Konsumenten dieser
"Berichterstattung". Das alles bleibt bislang genauso unverständlich wie die
offensichtliche Gier, mit der sich Autoren auf das Serienmördermotiv und
Sexualverbrechen stürzen, um Spannung zu erzeugen.
An solchen Erzählmustern orientierte sich offenbar auch der Autor Jaques
Buval in Der Todesbote. Die wahre Geschichte des Serienmörders Anatolij
Onoprienko. Onoprienko hatte im Laufe der 1990er-Jahre in der Ukraine auf
ungeheuerlich grausame Weise 52 Menschen getötet. Zwischenzeitlich war der
Massenmörder keinesfalls auf der Flucht, sondern hatte auf "Reisen" nach
Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern diverse, aber immer erfolglose
Asylanträge gestellt. Das erschwerte der ukrainischen Polizei in seiner Heimat
natürlich die Fahndung, so dass sie Onoprienko erst 1996 nach Jahren
verzweifelter Suche und zum Teil absurden Großfahndungen -– eher zufällig –- auf
die Spur kam.
In seinem Versuch zu einem Tatsachenbericht stützt sich der Autor vor allem
auf die Verhör- und Gerichtsprotokolle der ukrainischen Staatsanwaltschaft. Er
gibt daraus teilweise minutiös wieder, wie Onoprienko tötete und spart dabei
kaum Details aus. Die Art, wie er Onoprienko ausführlich zu Wort kommen lässt,
ist allerdings keinesfalls aufschlussreich, sondern wirkt eher obszön. Buvals
Versuche zur Kontaktaufnahme mit Onoprienko, so wiedergegeben in einem Brief an
den inzwischen zum Tode Verurteilten, wirken nicht nur unsäglich naiv, sondern
sind buchstäblich ärgerlich.
Buvals oftmals spekulativ gehaltener Bericht im Stil sattsam bekannter
Illustrierten führt zu der Frage, was ihn zu diesem Buch angetrieben hat. Er
verrät es uns nicht. Entsprechende Erläuterungen oder Quellenangaben fehlen weit
gehend. Zwar ist Buval ein durchaus renommierter "Serienmordexperte", doch das
Buch schweigt sich über solche Hintergründe ebenfalls aus.
Ernst zu nehmende Alternativen zu dem Buch und zu dem durchaus interessanten
Fall Onoprienko gibt es keine, weitere Hinweise finden Interessierte nur im
Lexikon der Serienmörder von Peter und Julia Murakami. Dort wird
zumindest das Bemühen um Wissenschaftlichkeit und angemessener dokumentarischer
Zurückhaltung deutlich. Mit Der Todesbote gelangt man dagegen zu keiner
tiefer greifenden Erkenntnis über die Psychologie von Massenmördern. Fazit:
"True Crime" von seiner schlechtesten Seite. --Heinz
Scheffelmeier