[Inspektor Shan 02] • Das Auge von Tibet

[Inspektor Shan 02] • Das Auge von Tibet
Authors
Pattison, Eliot
Publisher
Aufbau Verlag
Tags
roman-krimi
ISBN
9783746619842
Date
2003-08-02T00:00:00+00:00
Size
0.60 MB
Lang
de
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In den letzten Jahren versuchen Krimiautoren oft, ihren

Mangel an Einfällen durch immer exotischere Schauplätze zu kaschieren -- kein

Land der Welt, in dem nicht irgendein hinterhältiger Mord der Aufklärung harrt.

Mit dem Angebot wachsen jedoch die Ansprüche der Leser, und so genügt es nun

nicht mehr, angelesene Informationen aus dem Reiseführer einzustreuen, um einen

erfolgreichen Grönland-, Hongkong- oder -- um zum vorliegenden Buch zu kommen --

Tibet-Krimi zu schreiben. Dessen scheint sich Eliot Pattison nur allzu bewusst

zu sein, denn er hat sich erst an seinen Stoff gewagt, nachdem er selbst vor Ort

Eindrücke gesammelt hat.

Der Chinese Shan Tao Yan ist ein ehemaliger Regierungsbeamter, der in Ungnade

gefallen ist und in ein Arbeitslager im Himalaya verschickt wurde. Am Ende des

Romans Der fremde Tibeter sucht Shan Zuflucht in einem geheimen Kloster.

Nun bittet ihn Gundun, der dienstälteste Lama, um Hilfe: Weit im Norden ist eine

Lehrerin namens Lau getötet worden und ein Lama wird vermisst. Shan versteht

nicht sofort, warum dies die Mönche so beunruhigt. Doch er zögert nicht, seinen

verehrten Lehrer auf die lange Reise nach Xinjiang zu begleiten. Sie entdecken,

dass Lau eine Anlaufstelle für Waisenkinder der ganzen Region unterhalten hat.

Auf Shan wartet die schwierige Aufgabe herauszufinden, ob die Funktionäre der

Volksbrigaden oder die gefürchtete Geheimpolizei an den subversiven Aktivitäten

der Lehrerin Anstoß genommen haben. Oder gibt es noch eine andere Gruppe, die am

Tod der Kinder interessiert ist?

Für seinen ersten Krimi um den chinesischen Ermittler Shan wurde Eliot

Pattison mit dem renommierten Edgar ausgezeichnet. Auch in seinem zweiten Roman

gelingt es ihm, eine ungemein fesselnde Abenteuergeschichte vor einem

überzeugenden gesellschaftlichen Hintergrund zu erzählen. Die Weite des Landes

und den Wechsel von der Berg- zur Wüstenlandschaft schildert er mit Sprachgewalt

und viel Einfühlungsvermögen. Eine Einschränkung scheint allerdings angebracht:

Pattison kritisiert überzeugend die chinesische Gewaltherrschaft in Tibet, doch

bei seiner Darstellung tibetanischer Mönche als Krone der Schöpfung trägt er

mitunter etwas zu dick auf. Das sollte jedoch niemand davon abhalten, einen

Roman zu lesen, der mit so viel Leidenschaft für sein Thema geschrieben ist.

--Felix Darwin