Besuch von Drüben

Besuch von Drüben
Authors
Blackwood, Algernon
Publisher
Suhrkamp Verlag
Tags
stories-grusel
ISBN
9783518392010
Date
1997-04-27T00:00:00+00:00
Size
1.39 MB
Lang
de
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Mit der Besprechung von "Besuch von Drüben" will ich mal eine kleine Trilogie von Storysammlungen des Gruselaltmeisters Algernon Blackwood beginnen, der hierzulande zu Unrecht schon fast vergessen ist, wenn man sich nicht mit Horror beschäftigt.

Blackwood ist ein Meister der unheimlichen Szenerie, in der das Andersweltliche, Gespenster, Phantome und unheimliche Wesen Einfluß auf die Menschen nehmen, sie bedrängen oder bedrohen. Tendenziell nehmen seine Geschichten meistens ein gutes Ende, anders als z.B. bei Lovecraft, Bierce oder M.R.James, die auch schon mal ihre Protagonisten am Ende ihrem selbst herausgeforderten Schicksal zuführten.

In "Besuch von Drüben" sieht sich der Leser acht längeren Short Stories gegenüber, die allesamt von Geistern oder Gespenster handeln, die die Lebenden (vorzugsweise nur den Protagonisten) bedrohen. Im einzelnen: In "Der Horcher" muß der Mieter einer Wohnung in einer abgelegenen Seitengasse feststellen, daß der Geist eines Vormieters offensichtlich nach seiner Gesundheit trachtet. Hier wird damit gespielt, daß das alles auch nur die Einbildung eines nervenschwachen Menschen sein könnte. "Die Spuk-Insel" ist ein Klassiker fürs Lagerfeuer mit Geisterindianern auf einer abgelegenen Insel. "Besuch von Drüben" ist eine Belanglosigkeit in punkto einzulösende Versprechen, selbst für das erste Jahrzehnt des 20.Jh. zu unmodern. In "Gestohlenes Leben" setzen sich der Erzähler und ein gewisser Shorthouse den Phantomgefahren einer Scheune aus; die Story hat intensive Momente, aber das Potential wird nicht ausgeschöpft. Das gilt auch für "Ein gewisser Smith", der wie eine unfertige Episode wirkt: wieder einmal macht ein Studienkollege und Zimmernachbar im Bereich des Übernatürlichen Schwierigkeiten. "Kein Zimmer mehr frei" ist die kürzeste Story, in der ein Alpenurlauber notdürftig das Zimmer einer vermißten Person übernimmt, aber nicht zur Ruhe kommt. Trotz der Kürze ein Kleinod mit einer grimmigen Pointe. In "Die seltsamen Abenteuer eines Privatsekretärs in N.Y." begegnen wir einem jüngeren Shorthouse wieder, eine wahrhaft bizarre Story um Kannibalismus, die aber mehr zum finalen Schmunzeln taugt, aber trotzdem Gänsehaut produzieren kann. Den Abschluß macht mit "Griff nach der Seele" Blackwoods noch mehrfach benutzter parapsychologischer Seelendoktor John Silence. Die Idee (Drogengebrauch als Auslöser für Verbindungen zur Geisterwelt) ist interessant, die Ausführung trotz einiger kitzliger Einfälle (die Reaktion von Hund und Katze auf übernatürliche Präsenzen) jedoch zu dröge wissenschaftlich und bisweilen zu langatmig und oberlehrerhaft abgewickelt.

Insgesamt erscheint Blackwood bei dieser Auswahl mehr als Meister der Atmosphäre und der gruseligen Schauplätze, denn als Erschaffer raffinierter Plots, aber wer die stimmungsvollen Gruselgeschichten der viktorianischen und post-viktorianischen Zeit liebt, wird auch hier viel Freude bei der Lektüre haben.

Die anderen Bücher, "Das leere Haus" und "Der Tanz in den Tod" werden folgen.