Verzweifelte Jahre · Mein Leben ohne Natascha

Verzweifelte Jahre · Mein Leben ohne Natascha
Authors
Sirny-Kampusch, Brigitta
Publisher
Ueberreuter Verlag
Tags
erfahrungen
ISBN
9783800072958
Date
2007-08-15T00:00:00+00:00
Size
0.28 MB
Lang
de
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„Dieses Buch ist für dich, Natascha“ – Wer im Fernsehen

Zeuge der wenigen Statements wurde, die Natascha Kampusch anlässlich des

Erinnerungswerkes ihrer Mutter abgab, konnte leicht feststellen, wie wenig sie

sich durch diese Widmung geehrt fühlte. Ruhig war es geworden um die junge Frau,

die sich über acht Jahre in der Gewalt ihres Entführers befunden hatte. Endlich,

möchte man sagen, doch war dies nur die Ruhe vor dem zweiten medialen

Großangriff, der pünktlich zum ersten Jahrestag der Befreiung einsetzt. Brigitta

Sirny, die zu diesem Zwecke flugs den „Autorennamen“ Sirny-Kampusch

reaktivierte, macht den Anfang. „Natürlich verdiene ich daran“ - Auch wenn man

Mutter Kampusch die „verzweifelten Jahre“ nicht absprechen mag - es erwartet uns

eine gruselige Leseerfahrung. Und dies in vielfacher Hinsicht.

206 Seiten eines Leidenswegs, einer Generalabrechnung mit Polizei, Behörden

und allem, was sich in den Weg stellte, dazu eine satte Giftmischung an die

Adresse von Nataschas Vater, welcher hier nur despektierlich und fast schon

kafkaesk als „der Koch“ firmiert. Ach ja, vergessen wir nicht die saftig

gerührte Werbetrommel in eigener Schmuckdesignberufung plus Therapeutengeflöte.

Eine stolze Leistung, die die 57-Jährige mit Hilfe der Wiener Journalisten

Andrea Fehringer und Thomas Köpf zu Papier gebracht hat, geschuldet den „…sehr

vielen Anfragen, wie ich diese Zeit gemeistert habe“. Noch einmal werden wir von

einer erschütterten (!) Mutter Kampusch zurückgeführt in jene ominösen Märztage

1998, in denen das Leben einer ganzen Familie aus dem Lot geriet. Nicht zuletzt

deshalb hätte man sich weniger innerfamiliäre Animositäten,

Selbstbespiegelungen- und entschuldungen und mehr Nachdenkliches gewünscht. Auch

– und ganz besonders Natascha hätte dies zu schätzen gewusst!

Der Medienrummel, dem die restliche Familie nach der Entführung beinahe

täglich ausgesetzt war, ebbte über die Jahre ab und erreichte ein geradezu

schwindelerregendes Maß, als am 23. August 2006 die Nachricht von Nataschas

Ausbruch aus ihrem Gefängnis über die Ticker lief. Während die betroffene

Natascha im Jahr der Freiheit noch um Fassung und Atem rang, schlug ihre Mutter,

medial versiert inzwischen, zu. Das Ergebnis muss nicht jeden begeistern! --

Ravi Unger