Adams Kostüm · Drei Erzählungen

Adams Kostüm · Drei Erzählungen
Authors
Merz, Klaus
Publisher
Haymon Verlag
Tags
erzählungen
ISBN
9783852183619
Date
2001-01-02T00:00:00+00:00
Size
0.70 MB
Lang
de
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Drei kleine, aber feine Erzählungen legt Klaus Merz in seinem neuesten Band vor. Eine Gattung, die Merz beherrscht wie kaum ein anderer. Glasklare Sprache, sparsame Sätze, die dennoch fein ziselierte Charaktere eröffnen und Geschichten, die weit über das schmale Bändchen hinaus wirken. Das ist ja auch die Kunst -- gerademal so viel zu verraten, wie nötig, aber dennoch ausreichend, damit die Fantasie des Lesers und der Leserin angeworfen wird und genügend Nahrung erfährt. Ein Vergnügen, diese präzis gesetzten Worte, diese sprachlichen Marksteine, nicht nur einmal lesen, um die Tiefe, auch Untiefen auszuloten. 

"Fast Nacht", die erste der Geschichten, ist die knappe Beschreibung einer Gesundung: Kern zieht sich ins Sanatorium zurück, das für ihn eher ein Hotel ist, lange Gespräche mit der Ich-Erzählerin münden schließlich in seine Abreise und seinen (!) bemerkenswerten Satz zur Doktorin: "Ich kann dich nicht heilen." Sublim verquickt Merz Erschöpfungszustände und auch die folgende Erleichterung. 

Die Titelgeschichte, "Adams Kostüm", legt die Sittengeschichte eines ganzen Dorfes blank, Lebens- und Sterbensgeschichten, Zeugungen und Maskenbälle, beides im Kostüm, eine Klassenzusammenkunft. Eng ist es hier -- und hat trotzdem genügend Freiraum für jeden einzelnen. Die soziale Überwachung, so scheint es, ist total, und dennoch gibt es Geheimnisse, die das ganze Dorf teilen kann. Die Flurnamen lauten Bänkelloch, Hinternack oder Höllweid, und damit sind auch schon die inneren Landschaften benannt. 

"Zugzwang" schließlich, die letzte und mit gut sieben Seiten kürzeste Erzählung, nennt Merz "Eine kurze Verstiegenheit" im Untertitel. Es ist die amüsante Geschichte einer Begegnung im Intercity Zürich-Mailand. Zufällig oder arrangiert, eine neue Bekanntschaft oder ein Wiedererkennen? Zwei Reisende, Mann und Frau, begegnen sich, und erzählen mit frappanter Offenheit aus ihrem Leben, von ihren Verwandten (darunter die schöne Geschichte der Zeugung von Urs Uranus Blättler im -- wo schon? -- Luzerner Planetarium). Die Einladung zur gemeinsamen Pedalofahrt auf dem Luganersee, zum Kirchgang in Melide ist denn auch die logische Folge. Ob sie angenommen wird, sei hier noch nicht verraten. 

Erwähnt werden sollen auch die Bilder von Heinz Egger, die dem sorgfältig gemachten Buch entsprechen und Merz' Erzählungen illustrieren. So klar seine Sprache, so schemenhaft die Bilder. Wahrlich eine idelae Ergänzung. --Martin Walker 

Über den Autor und weitere Mitwirkende Klaus Merz, geboren 1945 in Aarau, lebt in Unterkulm/Schweiz. Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Hermann-Hesse-Literaturpreis 1997, Gottfried-Keller-Preis 2004, Aargauer Kulturpreis 2005, Werkpreis der schweizerischen Schillerstiftung 2005 sowie zuletzt Basler Lyrikpreis und Friedrich-Hölderlin-Preis (beide 2012). Bei Haymon: Am Fuß des Kamels. Geschichten Zwischengeschichten (1994, bei HAYMONtb 2010), Kurze Durchsage. Gedichte Prosa (1995), Jakob schläft. Eigentlich ein Roman (1997, 6. Auflage), Kommen Sie mit mir ans Meer, Fräulein. Roman (1998), Garn. Prosa Gedichte (2000), Adams Kostüm. Drei Erzählungen (2001), Das Turnier der Bleistiftritter. Achtzehn Begegnungen (2003), Löwen Löwen. Venezianische Spiegelungen (2004), LOS. Roman (2005, HAYMONtb 2012), Priskas Miniaturen. Erzählungen 19781988 (2005), Der gestillte Blick. Sehstücke (2007), Der Argentinier. Novelle (2009), Aus dem Staub. Gedichte (2010). Seit Herbst 2011 erscheint bei Haymon die Werkausgabe Klaus Merz in sieben Bänden.