Winter in Maine

Winter in Maine
Authors
Donovan, Gerard
Publisher
Luchterhand Verlag
Tags
roman
ISBN
9783869740072
Date
2009-12-31T23:00:00+00:00
Size
0.16 MB
Lang
de
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Julius Winsome hat den Schuss gehört. Zumindest glaubt er

das, denn in den Wäldern von Maine ist kurz vor Winteranbruch Jagdsaison – es

hätte also auch jeder andere Schuss gewesen sein können. Sein geliebter

Pitbullterrier Hobbes jedenfalls schafft es gerade noch, sich 500 Meter zu ihm

hin zu schleppen, bevor er an der aus nächster Nähe kaltblütig in seinen Rücken

gefeuerten Schrotflintenladung zugrunde geht. Kurzerhand nimmt Winsome, der in

der Einsamkeit mit seinen geerbten Büchern und den antiquierten Worten

Shakespeares lebt, sein ebenfalls geerbtes Scharfschützengewehr und macht

seinerseits Jagd auf die Jäger. Drei von ihnen erlegt er sofort – auch wenn

keiner von ihnen mehr sagen kann, ob er tatsächlich Hobbes’ Mörder war.

„Als ich wieder in der Hütte war und das Feuer schürte, spürte ich zum ersten

Mal, dass er mir fehlte, und dieses Gefühl versetzte meinem Herz einen

schrecklichen Schlag, denn auf einmal begriff ich die wahre Bedeutung des Wortes

‚tot’. Es bedeutet, dass niemand sieht, wie man lebt und was man tut.“ Es sind

melancholische, tieftraurige und psychologisch raffinierte Passagen wie diese,

die den stillen, kalten und dennoch herzerwärmenden Roman Winter in Maine

des irischen Autors Gerard Donovan zu einem Meisterwerk werden lassen. Von

Einsamkeit handelt das Buch, von zerstörtem Glück und Liebe zur Kreatur, aber

auch von grausamer Rache und der Verzweiflung eines Mörders, der dank der

Ich-Perspektive zur Identifikationsfigur des Lesers wird. So eindringlich hat

man von diesen menschlichen Schicksalsthemen Shakespeare’schen Ausmaßes lange

nicht mehr gelesen.

2006 wurde die Originalfassung Winter in Maine von der britischen

Tageszeitung The Guardian zum Buch des Jahres gekürt. Die kongeniale

Übersetzung Thomas Gunkels hätte das gleiche verdient. -- Thomas Köster