Wechseljagd
- Authors
- Schmitz, Manfred J.
- Publisher
- Endeavour Press
- Tags
- roman
- Date
- 2016-06-27T00:00:00+00:00
- Size
- 0.35 MB
- Lang
- de
*Neben dem Kopf des Mannes hatte sich eine dunkle, klebrige Blutlache gebildet, die sich scharf vom hellen Parkettboden abhob. Mit seiner ledernen, blauviolett angelaufenen Haut sah der Mann, der seltsam verrenkt auf dem Boden lag, hässlich und obszön aus. Eine dumpfe Angst packte die junge Frau, und sie vermischte sich mit den Traumbildern der vergangenen Nacht, in denen ihr der Tod in Gestalt einer zahnlos grinsenden Greisin begegnet war.*
Ihr Mann hat sich verändert. Es ist, als wäre in ihm etwas zerbrochen, als hätte er eine innere Grenze überschritten und einen dunklen, abgründigen Wesenszug angenommen.
Der Spitzenmanager und leidenschaftliche Jäger Josef Maria Wolff ist wegen Schmiergeldern und illegalen Waffendeals zurückgetreten – doch seine Frau ahnt, dass der wahre Grund ein anderer ist. Um ihren Verdacht zu bestätigen, engagiert sie einen Privatdetektiv, der bald darauf eine ungeheuerliche Entdeckung macht.
Als eine entstellte Leiche gefunden wird, schaltet sich der Stuttgarter Hauptkommissar Helge Kühnle ein und gerät in ein unglaubliches Netz aus Gewalt, Gier und Perversion.
**Stimmen zum Autor** *Manfred Schmitz zerpflückt das ganze System, eine Gesellschaft, die, von Wachstumswahn und 'Flobbyismus' getrieben, an den eigenen demokratischen Grundpfeilern sägt.* – Silke Arning, SWR1
*Manfred J. Schmitz entführt seine Leser in ein Paralleluniversum, das dem unseren zwar sehr ähnlich ist, aber eben doch etwas anders. […] Ein Roman, der […] so manche giftige Spitze setzt, und von tiefer Sympathie für den zivilen Widerstand getragen ist.* – SaarKurier online
**Über den Autor** Manfred J. Schmitz wurde am 12. Mai 1942 in Hattingen/Ruhr geboren. Er studierte Anglistik und Politische Wissenschaften in Freiburg und London und war anschließend unter anderem als Programmgestalter beim Saarländischen Rundfunk, Redakteur beim Deutschsprachigen Dienst der BBC in London sowie Redakteur und Event Manager beim Süddeutschen Rundfunk bzw. Südwestrundfunk in Stuttgart tätig. Seit 2005 ist er Buchautor.
**Für mehr Informationen zu unseren Büchern abonnieren Sie unseren Newsletter auf www.endeavourpress.de, um Informationen zu Neuerscheinungen und Werbeaktionen zu erhalten – darunter Angebote für kostenlose E-Books. Außerdem können Sie uns auf Twitter (@EndeavourPrssDE) und Facebook (Endeavour Press Germany) folgen. Endeavour Press – *weil die Freude am Lesen verbindet.***
### Leseprobe. Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber. Alle Rechte vorbehalten.
Dies war nicht der Tag von Athina Kassotaki. Als die Griechin das Grundstück der Villa Wolff im Westen Stuttgarts betrat, in der sie dreimal in der Woche putzte, war es beängstigend still. Nicht einmal die Vögel im Park zwitscherten. Normalerweise begann die junge Frau erst um acht Uhr zu arbeiten, jetzt war es kurz nach sieben, doch hinter ihr lag eine unruhige Nacht. Sie hatte schlecht geträumt, war mehrmals aufgewacht und hatte sich im Bett hin und her gewälzt. Um fünf Uhr war sie aufgestanden, hatte geduscht, einen starken Kaffee getrunken und war zur Bushaltestelle gegangen. Aber auch jetzt, als sie durch den Park ging, waren Körper und Geist noch nicht in der Gegenwart angekommen. Sie fröstelte. Der Himmel erschien ihr wie ein riesiger Luftballon, der bedrohlich über ihrem Kopf schwebte. Villa und Park konnten ihr an diesem Tag nicht die kraftvolle Idylle vermitteln, die sonst von ihnen ausging. Als ihr Blick über die großen Fenster im Erdgeschoss der cremefarbigen Villa schweifte, stellte sie fest, dass die Rollläden im Schlafzimmer des Hausherrn hoch gezogen waren. Das stand im Widerspruch zu den Schlafgewohnheiten von Josef Maria Wolff. Er war offensichtlich nicht daheim. Schweren Schrittes ging die junge Frau auf den Seiteneingang der Villa zu, schloss die Tür und stapfte an der Küche vorbei die Treppe zur Putzkammer hinunter. Mechanisch griff sie nach dem Staubsauger, nahm einen Eimer aus dem Regal und legte Putztücher und Reinigungsmittel hinein. Sie beschloss, die Abwesenheit des Hausherrn zu nutzen und sein Zimmer zuerst sauber zu machen. Aber irgendetwas war anders als sonst. Auf dem Weg zum Schlafzimmer nahm ihre Nase einen süßlichen Geruch wahr, der nicht zu den Räumen passte, eher zur Vorratskammer, wo Josef Maria Wolff, der ein leidenschaftlicher Jäger war, manchmal nach der Jagd achtlos seine Beute auf den Boden warf: Rebhühner, Fasane, Stockenten oder Kaninchen. Der Geruch alamierte sie und verscheuchte schlagartig die Müdigkeit aus ihrem Körper. Ihre Schläfen begannen zu pochen. Leise klopfte sie an die Schlafzimmertür. Keine Antwort. Sie wiederholte das Klopfzeichen. Als sie auch dann noch keine Stimme hörte, öffnete sie vorsichtig die Tür, um einen Blick in das Zimmer zu werfen. Hastig presste sie die Hand auf Nase und Mund, da der süßliche Geruch noch beißender geworden war. Durch einen Spalt zwischen den Vorhängen am Fenster drang ein gleißender Lichtstrahl, in dem winzige Staubpartikel wie ein Mückenschwarm tanzten. Das Schlafzimmer schien menschenleer zu sein, das Bett unbenutzt. Als ihre Augen sich jedoch an die Dunkelheit gewöhnt hatten, stockte ihr vor Entsetzen der Atem, gewährte ihr das Zimmer doch plötzlich eine Gegenwart, von der sie Sekunden lang nicht begriff, dass sie wirklich war. Sie sah einen nackten männlichen Körper regungslos vor dem Biedermeiersekretär liegen. Neben dem Kopf des Mannes hatte sich eine dunkle, klebrige Lache gebildet, die sich scharf vom hellen Parkettboden abhob. Ein toter Vogel, von dem offensichtlich der Verwesungsgeruch ausging, lag mit gespreizten Flügeln neben dem Kopf des Mannes. Mit seiner ledernen, blauviolett angelaufenen Haut sah der Mann, der seltsam verrenkt auf dem Boden lag, hässlich und obszön aus. Eine dumpfe Angst packte die junge Frau und vermischte sich mit den Traumbildern der vergangenen Nacht, in denen ihr der Tod in Gestalt einer zahnlos grinsenden Greisin begegnet war. Athina Kassotaki wollte um Hilfe schreien, doch ihre Kehle war wie zugeschnürt. Nur ein leises, gequältes Wimmern kam über ihre Lippen. Die Zeit verkürzte sich zu einem Wimpernschlag, und sie sank in einer grotesken Zeitlupenbewegung ohnmächtig zu Boden.