Der Balsamierer

Der gedämpfte Lichteinfall durch die winzigen verschmutzten Fenster tauchte den Raum in ein schauriges Dämmerlicht. 

„Mein Gott, was für ein Gespensterhaus.“ Linda erkannte, dass sie den Selbstwert ihres ängstlichen Begleiters boosten musste, wenn er als Liebhaber noch einsatzfähig sein sollte. Sie umfasste ihren Körper mit beiden Armen und spielte das zu Tode geängstigte Weib. Larry ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen, die Rolle des starken Mannes zu übernehmen. „Keine Angst, Baby, ich bin ja bei dir. Sei trotzdem vorsichtig, es wäre möglich, dass sich hier irgendwo Skorpione oder Schlangen verkrochen haben.“ Seine Finger fanden den Weg in ihren Slip und er spürte die Wärme und Feuchtigkeit ihrer pulsierenden Scheide. Davon hatte Linda immer geträumt. Ihre Bewegungen übernahmen seinen Rhythmus und als er in sie eindrang, war sie nahe daran die Besinnung zu verlieren. Eng umschlungen, in ekstatischen, immer wilderen Bewegungen strebten sie dem Höhepunkt zu. Das Gewitter war losgebrochen und das bizarre Stakkato des auf der Hütte aufschlagenden Regens schuf eine wilde Geräuschkulisse. Grelle Blitze zuckten wie die Stroboskope einer Diskothek durch das Halbdunkel des Raums. Auf der Suche nach der perfekten Körperstellung hob Larry das Mädchen auf einen Vorsprung des hölzernen Gestells. In dieser Position, beide Hände in die Holzbalken gekrallt, die Beine weit gespreizt, hing Linda in der Haltung einer Gekreuzigten und starb den ersten süßen Liebestod ihrer beginnenden Laufbahn als ‚Sex Maniac’. Sie war kurz vor dem Höhepunkt, da löste sich ein Balken und sie stürzte mitsamt dem Holzgestell auf Larry. Eingehüllt in eine riesige Staubwolke landeten sie am Boden, bedeckt von allerlei Scherben und den Inhalten der Krüge. „Mein Gott, was ist passiert?“ Larry befreite sich aus den gröbsten Trümmern und begann sich den Staub aus dem Gesicht zu wischen. „Das muss ein Erdstoß gewesen sein, vielleicht sogar ‚The Big One’. Ich glaube wir können froh sein, dass die Mauern nicht eingestürzt sind.“ Larry hockte auf allen Vieren und es hatte den Anschein, als habe der Vorfall ihm die letzte Schneid abgekauft. „Der letzte Stoß war tatsächlich ein ‚Big One’, allerdings bezweifle ich, dass es ein Erdstoß war.“ Lindas Tonfall ließ keinen Zweifel offen, dass sie die Situation genießen konnte. Schließlich half ihre schlüpfrige Bemerkung auch Larry den Schock zu überwinden und sie brachen gemeinsam in ein befreiendes irres Gelächter aus. Plötzlich sah Linda, die auf dem Rücken lag und ihren Blick auf Larry gerichtet hatte, wie sein Lachen gefror und sein Gesicht mit den weit aufgerissenen Augen sich in eine Fratze des Entsetzens verwandelte. Ungläubig musste sie ansehen, wie sein Mund sich öffnete und er sich gerade noch abwenden konnte, bevor er sich übergab. Ihre erste Reaktion war Ekel und Wut. Doch als sie sich zur Seite drehte, um sich von ihm freizumachen, packte auch sie das Grauen. Der Boden war übersät mit Innereien. Mägen, Lebern, Lungen, Därme fanden sich in einem wüsten Durcheinander mit Staub und Scherben vermischt. Jetzt bemerkte sie auch, wie ein infernalischer, alles durchdringender Gestank nach Tod und Verwesung den Raum erfüllte. Es war so irreal, so unglaublich, dass sie zuerst bewegungslos erstarrte, bevor sie zu schreien begann. EIN SERIENMÖRDER HAT SEIN BLUTIGES WERK SOEBEN ERST BEGONNEN, SEINE HANDSCHRIFT ZEUGT VON DER VIRTUOSITÄT DES BLANKEN GRAUENS.