[Ronco 260] • Die Ratten von Savannah

[Ronco 260] • Die Ratten von Savannah
Authors
Everett Jones
Publisher
Pabel/Möwig Verlag
Tags
heft-ronco
Date
0101-01-01T00:00:00+00:00
Size
0.18 MB
Lang
de
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15. Dezember 1880

Dieser Winter ist so hart, wie ich es schon lange nicht mehr erlebt habe. Mannshohe Schneewehen versperren Lobo und mir den Weg. Wir reiten von Osten nach Westen durch New Mexico. Wenn ich schreibe, daß dieser Staat die Hölle ist, dann liegt das vermutlich nicht nur daran, daß hier die Sommer mörderisch und die Winter furchtbar sind, sondern auch daran, daß ich nicht gerade gute Erinnerungen an dieses Land habe und es am liebsten nie mehr betreten hätte.

Wir befinden uns auf dem Weg nach Cow Spring, im äußersten Südwesten New Mexicos. Dort lebt der Senator des Staates, Vaud F. Wilson, einer meiner wenigen echten Freunde, der Mann, dem ich verdanke, daß ich nicht mehr gejagt und unschuldig angeklagt werde. Er hat mich, der Himmel mag wissen, wie, in Texas aufgespürt und mich telegraphisch aufgefordert, zu ihm zu kommen. Ich weiß nicht, was er will, ich weiß nur, daß ich jederzeit seinem Ruf Folge leisten würde, egal wohin, wenn es sein müßte, bis ans Ende der Welt. Ich weiß, was ich ihm verdanke, und ich werde das nie vergessen. Das war der Grund, weshalb ich meinen Schwur, New Mexico nicht mehr zu betreten, gebrochen habe.

Ich werde bald bei ihm sein, und ich spüre schon jetzt, daß das, was er von mir will, positiv für mich sein wird. Wilson hat mir immer geholfen, selbst dann, wenn ich es nicht erwartet habe. Er hat mich nicht vergessen. Er ist ein guter Mann, dem das Wort Freundschaft nicht so leicht über die Lippen geht.

Freunde habe ich weiß Gott wenig in meinem Leben gehabt, außer Lobo, der wie Wilson ein echter Freund ist.

Fast meine ganze Jugend habe ich ohne einen richtigen Freund verbringen müssen. Das war manchmal hart. Besonders, wenn ich jemanden brauchte, mit dem ich hätte reden können. Ich hatte nur Shita, meinen Hund. Mit ihm konnte ich über alles reden. Aber er konnte mir nicht antworten, und so war ich eben doch sehr allein.

Auch während der Zeit des Bürgerkrieges, als ich als Kurier zu den Truppen General Shermans gehörte, den ganzen legendären Marsch durch Georgia erlebte und dabei unendlich viel Leid sah, so daß ich den Krieg in jeder Form hassen lernte. Er neigte sich, für jeden sichtbar, dem Ende zu, als wir in Fort McAllister am Atlantischen Ozean einmarschierten. Wir hatten nur noch ein Problem vor uns: die Hafenstadt Savannah. Ich ahnte nicht, daß ich dabei eine besondere Rolle würde spielen müssen …