Im Pfarrhaus brennt noch Licht
- Authors
- Bezzenberger, Günther E. Th.
- Tags
- stories
- ISBN
- 9783885560050
- Date
- 0101-01-01T00:00:00+00:00
- Size
- 1.78 MB
- Lang
- de
Am 14. Juni 1524 traute D. Martin Luther in Wittenberg den angehenden Prediger Kaspar Kruziger und die entflohene Nonne Elisabeth von Meseritz, beide 20 Jahre alt. Dieses Datum kann als Geburtsstunde des evangelischen Pfarrhauses bezeichnet werden, zu dessen Wirkungsgeschichte bereits diese erste Pfarrerfamilie beigetragen hat. Elisabeth Kruziger dichtete als junge Ehefrau den Choral „Herr Christ, der einig Gottes Sohn“, der bis heute im Gesangbuch steht und in den Gottesdiensten gesungen wird.
Über das Pfarrhaus und seine Bedeutung für das geistliche, kulturelle und soziale Leben ist schon häufig geschrieben worden. Die veröffentlichten Pfarrerbücher, die berufliche und genealogische Daten zusammenfassen, geben davon ein beredtes Zeugnis. Auch unter den heutigen Lebensbedingungen hat das Pfarrhaus weiterhin darin seine besondere Ausprägung, daß Wohnung der Familie und Beruf zusammengehören. Diese Besonderheit kann Glück und Konflikt beinhalten. Die pastorale Sesenheimer Idylle Goethes beschreibt genrehaft nur begrenzt die Wirklichkeit.
Im vorliegenden Buch sind Berichte, Erfahrungen und Schilderungen zusammengefaßt, die das Phänomen „Pfarrhaus“ unter verschiedenen Blickwinkeln facettenreich beleuchten und beschreiben. Wenn auch jede Sammlung subjektiv und begrenzt ist, ergibt sich dennoch ein nachdenkliches Panorama, zusammengesetzt aus literarischen Momentaufnahmen. Nicht der unmittelbare pastorale Dienst des Pfarrers steht dabei im Mittelpunkt, sondern sein Haus, in dem er mit seiner Familie in der Gemeinde und beobachtet von der Gemeinde lebt, — sein Haus, das dem persönlichen Lebensbereich dient und das zugleich offen sein soll. Damit ist die Spannung gekennzeichnet, in der das Pfarrhaus steht, das zudem durch die Eigenart und das Lebensschicksal seiner Bewohner seine eigene Note erhält. Die angebotenen Texte zeigen die Vielfalt von fröhlichen und schmerzlichen, quälenden und dankbaren Erfahrungen.
In unserer heutigen Zeit sind Pfarrhaus und Pfarrerfamilie einbezogen in die Diskussion um das Rollenverständnis des einzelnen und den Sinn familiärer Existenz. Für solche Diskussion mögen manche der angebotenen Texte zu nostalgisch oder zu idealisierend erscheinen, andere aber unbequem sein oder für die eigene Konzeption störend wirken. Aber gerade durch diese Vielfalt könnte die Lektüre zum Nachdenken über den Platz und Sinn des Pfarrhauses in unserer Zeit führen.