Raffael als Architekt und seine letzten Jahre

Raffael als Architekt

Obwohl der Maler Raffael den Architekten in den Schatten stellte, darf man nicht vergessen, dass er ein großartiger Baumeister war. Ihm gebührt nicht nur aufgrund der Großartigkeit der ihm anvertrauten Werke – der Bau des Petersdoms, die Fertigstellung der Loggia, der Bau der Villa Madama und so vieler weiterer Gebäude – ein Platz unter den Meistern dieser wissenschaftlichen Kunst, sondern auch aufgrund seines bemerkenswerten Geschmacks, den er bei all seinen Unternehmungen an den Tag legte. Es stimmt, dass sich sein Talent in der Architektur später entwickelte als sein Geschick in der Malerei, allerdings zögerte er in den letzten Jahren seines Lebens nie, seinen neuen Studien den Vorrang gegenüber der Malerei zu geben. In der Darbringung im Tempel (Bd. 2, S. 20) findet die Handlung unter einem Portikus statt; die Anordnung erinnert stark an Perugios Sposalizio, das heute in Caen aufbewahrt wird. Besondere Ähnlichkeiten weisen die ionischen Säulen auf. Raffael begnügte sich damit, zwei Arkaden hinzuzufügen, um so die Tiefe seines Gebäudes zu steigern. In der Verkündigung (Bd. 2, S. 21), die ein Teil derselben Predella bildet, zeigt der Künstler einen von den kompositen, die Bögen tragenden Säulen einer Loggia umgrenzten Hof. Die Perspektive ist einwandfrei.

Christoforo Caradosso, Medaille mit Bramantes Entwurf für den Petersdom, 1506. British Museum, London.

Es hat sich gezeigt, dass Raffael von 1504 an wusste, wie man Gebäudepläne zeichnete und entwarf, und wie man sie entweder als Querschnitt oder als Ansicht im Stil der umbrisch-florentinischen Schule darstellte. Aber es vergingen Jahre, bevor er in der Lage war, sein Wissen zu nutzen und ein architektonisches Werk auszuführen. Die edel entworfenen Architektur-Denkmäler, die den Hintergrund der Zeichnung des Aeneas Sylvius zu Füßen Eugens IV. füllen, können auf einen späteren Zeitraum datiert werden. Während seines Aufenthalts in Florenz scheint Raffael seine Architekturstudien vernachlässigt zu haben. Die Madonna Bipalda, die Madonna Ansidei und die Madonna del Baldacchino sind die einzigen, in denen architektonische Motive auftauchen.

In Rom und unter der Schirmherrschaft Bramantes wartete Raffael nicht lange damit, sich im ausführenden Part der Architektur zu betätigen. Aller Wahrscheinlichkeit nach lässt sich eine seiner ersten Leistungen in der kleinen Kirche Sant’Eligio degli Orefici finden. Die Zunft der Goldschmiede war 1509 von Julius II. wiederhergestellt worden und im gleichen Jahr wurde der Bau der ihrem Mäzen gewidmeten Kirche begonnen. Die Kuppel blieb 1526 allerdings noch unvollendet. Bramante starb am 11. März 1514, aber noch vor seinem Tod hatte er Zeit, dem Papst einen Nachfolger zu nennen, und dieser Nachfolger war kein anderer als Raffael:

Da Ihr Euch nicht nur in der Kunst der Malerei, wie jeder Mann zustimmen wird, selbst übertrefft, sondern auch von Bramante auf seinem Sterbebett als in der Wissenschaft der Architktur äußerst begabt und dem Bau des Tempels für den Apostelfürsten, den er begann, würdig bezeichnet wurdet.

Dies sind die von Leo X. in seinem Brief, in dem er Raffael zum ausführenden Architekten des Petersdoms ernennt, benutzten Worte. Bramantes Empfehlung wurde jedoch als nicht komplett ausreichend bewertet. Raffael, der am 1. April 1514 vorläufig mit einem Lohn von 300 Golddukaten angestellt wurde, erhielt erst am 1. August die Bestätigung seiner Anstellung, nachdem er ein von ihm entworfenes und von Giovanni Barile in Holz ausgeführtes Modell vorgelegt hatte. Um zu zeigen, dass er dieses großen Vertrauens würdig war, widmete sich der Künstler seinen Studien Vitruvs. Er selbst verweist darauf in einem Brief an Castiglione:

Seine Heiligkeit [schreibt er] hat mir durch diese Ehre eine große Bürde aufgelastet – ich meine durch meine Anstellung, den Bau des Petersdoms zu leiten. Ich hoffe, nicht zu scheitern, besonders, da mein Modell Seiner Heiligkeit gefällt und die Genehmigung vieler fähiger Richter erhalten hat; aber ich strebe nach Höherem. Ich wünsche, die Prinzipien der wunderbaren Formen der Antike zu entdecken. Vielleicht wird mein Flug wie der des Ikarus sein. Vitruv erhellt mich, aber nicht genügend.

Zu dieser Zeit ließ Raffael wahrscheinlich die Zehn Bücher über Architektur des römischen Autoren für seinen eigenen Gebrauch von Fabio Calvo aus Ravenna aus dem Lateinischen ins Italienische übersetzen. Diese Übersetzung existiert noch immer in der Bayerischen Staatsbibliothek in München. Darin heißt es am Ende: „Ende des Buches von Vitruv, dem Architekten, übersetzt aus dem Lateinischen in die Vulgärsprache von Marcus Fabius Calvus da Ravenna in Rom, im Hause und auf Betreiben Raffaels, Sohn des Giovanni Santi da Urbino.“[12]

Einige Jahre später spricht Celio Calcagnini, einer der Sekretäre Leos X., in einer Weise über Raffael, die beweist, wie sehr der Maler-Architekt von der Lektüre Vitruvs profitiert hatte:

Raffael ist vielleicht sowohl in der Theorie als auch in der Praxis der führendste Maler und ist daneben ein Architekt von solch seltenem Talent, dass er Dinge erfindet und ausführt, die die begabtesten Männer für unmöglich gehalten haben. Davon nehme ich nur Vitruv aus, dessen Prinzipien er nicht nur lehrt, sondern manchmal auch verteidigt, manchmal aber auch mit unwiderleglichen Argumenten bei gleichzeitiger Güte angreift, sodass seine Kritik frei von jeder Bitterkeit bleibt.

Diese Studien übten einen derart großen Einfluss auf Raffael aus, dass dieser die Regeln des römischen Autoren, nachdem er sie auf das moderne Bauwesen angewandt hatte, dazu benutzen wollte, um die ideale Wiederherstellung des antiken Roms zu erreichen. Dieses gigantische Projekt soll im Detail untersucht werden. Tatsächlich zog es in den letzten Lebensjahren Raffaels zusammen mit der ausführenden Architektur größere Aufmerksamkeit auf sich als die Malerei. Leo X. beschloss, dem Bau des Petersdoms neuen Elan zu geben und stellte Raffael zwei Veteranen der Architektur zur Seite, die ähnlich bezahlt wurden: Giuliano da Sangallo, der siebzig Jahre alt war, und Fra Giocondo, der zwischen achtzig und neunzig Jahre alt war. In seinem Brief an seinen Onkel Simone (1. Juli 1514) sagt Raffael:

Der Papst hat mir einen sehr belesenen, mindestens siebzig Jahre alten Mönch als Mitarbeiter gegeben. Da dieser nicht mehr lange zu leben hat, muss ich so schnell wie möglich von diesem Mann ausgezeichneten Rufs lernen und alle Geheimnisse der Architektur erfahren, die er an mich weiterzugeben bereit ist, und so zur Perfektion gelangen. Sein Name ist Fra Giocondo.

Giuliano Leno überwachte wie zu Bramantes Zeiten weiterhin den administrativen Teil der Arbeiten; unter den untergebenen Architekten und Bauleitern etc. findet man derweil die Namen von Antonio da Sangallo, Gian-Francesco da Sangallo, Rainiero Pisano, Niccolo da Bibbiena, Giovanni Barile, Baldassare da Carrara, Desiderio di Fantellis, Audrea da Milano, etc. Raffaels Kollegen starben beide innerhalb kürzester Zeit: Fra Giocondo im Juli 1515, Giuliano da Sangallo am 20. Oktober des darauffolgenden Jahres.

Palazzo Pandolfini, begonnen 1516. Florenz. © Sailko 2014

Unbekannter Künstler, Bramantes Plan für den Petersdom, 16.-17. Jahrhundert. Tusche und Aquarell auf geripptem Papier, 48,9 x 34,3 cm. The Metropolitan Museum of Art, New York.

Raffael ersuchte den Papst, einen Nachfolger zu bestimmen, der gegen Ende des Jahres 1516 Antonio da Sangallo den Jüngeren anstellte; allerdings zu einem niedrigeren Lohn, denn er erhielt nur zwölfeinhalb Dukaten monatlich. Raffael nahm die Entscheidung über die Nachfolge Bramantes mit Freude auf. In dem gesamten Zeitraum von 1514 bis 1515 unterbrach er seine Arbeit kein einziges Mal, zeigte er kein Zeichen der Erholung. In dem an seinen Onkel Simone adressierten Brief vom 1. Juli 1514 lässt er seinem Enthusiasmus freien Lauf:

Welche Unternehmung [schreibt er] könnte edler sein als die des Petersdoms, des größten Tempels der Welt! Es ist das großartigste Gebäude, das die Welt je gesehen hat; es wird mehr als eine Million Golddukaten kosten. [...] Der Papst schickt jeden Tag nach uns, um für einige Zeit die Entwürfe zu besprechen.

Der Eifer, mit dem Raffael seine neuen Pflichten entrichtete, wurde im Laufe der Jahre nicht schwächer. Ein Brief des Gesandten des Herzogs von Ferrara (7. Dezember 1519) beschreibt ihn nur wenige Monate vor seinem Tod detailversessen bei der Arbeit:

Der Raffael da Urbino betreffende Auftrag ist noch zu erfüllen; aber ich werde ihn ausführen und werde erneut versuchen, ihn mit Freundlichkeit für mich zu gewinnen, denn Männer mit überlegenem Verstand neigen stets zu einem gewissen Feingefühl. Raffael leidet schwer an den Auswirkungen von Entmutigung (Melancholie) seit er nach Bramantes Tod das Architekturgeschäft betreibt. Er ist immer dabei, die Praktiken dieser Kunst mit Giuliano Leno zu diskutieren. Heute morgen fand ich ihn, als er gerade zwei Säulen vorbereitet hatte, die der Papst zur Verstärkung des ersten Pfeilers der ‚Via Svizzeri‘ bestellt hatte, der nachzugeben drohte. Auf meine Anfrage mit ihm zu sprechen, bat er mich, zu warten, bis er mit einigen der Obermeister gesprochen hätte, und sagte, dass er mich anschließend empfangen würde, falls ich zu ihm käme. Ich werde alles versuchen, um mit ihm fertig zu werden und werde ihm berichten, was mir vor wenigen Tagen in seinem Haus zugestoßen ist, und falls er darauf beharrt, mich mit netten Worten abzuwimmeln, werde ich ihm sagen, dass Eure Exzellenz schreibt, und werde Euch danach von dem Ergebnis berichten.

Die Fortschritte des Petersdoms standen unglücklicherweise in keinem Verhältnis zu den großen Mühen des jungen Architekten. Zu allererst sah er sich gezwungen, ihm ausreichende Stärke zu verleihen – eine undankbare Aufgabe, deren Durchführung mehrere Jahre in Anspruch nahm. Zudem fehlte es an Geld; tatsächlich hatten die Arbeiten, als Raffael starb, kaum sichtbare Fortschritte seit Bramantes Tod aufzuweisen. Bramante hatte für den Petersdom die Form eines griechischen Kreuzes gewählt. Unter Leo X. entschied man sich für ein lateinisches Kreuz. Eine in der Herrschaft dieses Papstes geprägte Münze zeigt auf der einen Seite die Kirche, wie Bramante sie entworfen hatte, und auf der anderen den neuen Entwurf, sprich den des lateinischen Kreuzes. Um den Petersdom einem lateinischen Kreuz nachzuempfinden, griff Raffael auf einen später von Maderno angewandten Schritt zurück. Er fügte dem Langhaus mehrere Erker hinzu. Doch während sich der Architekt des 17. Jahrhunderts mit drei neuen Bögen begnügte, schlug Raffael vier vor: Dies hätte sich äußerst destruktiv auf das glanzvolle, von Bramante erdachte Gebäude ausgewirkt, und da sich Antonio da Sangallo der Idee mit Vehemenz widersetzte, wurde sie glücklicherweise nicht angenommen. Tatsächlich handelt es sich bei den von Raffael vollzogenen Eingriffen bei der Neuerrichtung des Petersdoms nur um ein paar unwichtige Veränderungen.

Étienne Dupérac (nach Michelangelo), Speculum Romanae Magnificentiae: Plan für den Petersdom, 1569. Stich, 47,2 x 41,5 cm. The Metropolitan Museum of Art, New York.

Nach Antonio da Sangallo dem Jüngeren, Plan für den Petersdom, 1549. Stich, 57,5 x 42,7 cm. The Metropolitan Museum of Art, New York.

Die Fertigstellung der Loggien und die Fortführung der Arbeiten am Petersdom waren die Hauptaufgaben, die der Papst Raffael übertragen hatte. Die Arbeiten im Apostolischen Palast, in dem sich die Loggien befinden, wurden von Bramante zur Zeit Julius II. begonnen. In einem 1503 oder 1504 von Raffaels Vorgänger entworfenen Vorschlag für die Loggien findet man die gleiche Anzahl an Arkaden wie man sie heute vorfindet. Raffael fügte anscheinend nur das dritte, nur von Säulen getragene Stockwerk hinzu. Da Bramantes Plan nur zwei Stockwerke vorgesehen hatte, hatte es der Meister nicht für nötig erachtet, die Arkaden des Erdgeschosses mit einzubeziehen. Die Hinzufügung einer dritten Etage muss daher zwangsläufig – wie ein Ereignis zeigt – zur Folge gehabt haben, dass das Fundament zu stark belastet und somit die Statik des gesamten Gebäudes gefährdet wurde: Noch in der Nacht, in der Raffael starb, bildeten sich Risse in den Wänden des Baus, sodass für einige Zeit befürchtet wurde, das gesamte Gebäude würde nachgeben. Antonio da Sangallo wandte die Gefahr ab, indem er die Bögen des Erdgeschosses ausfüllen ließ, was nur noch die kleinen Fenster übrig ließ, die heute noch zu sehen sind. Dank dieser Erklärung versteht man, was Vasari meint, wenn er erwähnt, dass Raffael „Löcher im Fundament der Loggien hinterließ“, um einige Personen zu erfreuen. Leo X. war so zufrieden mit Raffaels Arbeit, dass er ihm die Leitung über alle Architekur- und Kunstaufgaben des Vatikans übertrug. Auch Kardinal Giuliano de‘ Medici stellte Raffael als Architekten an. Er beauftragte ihn, Entwürfe für die Villa zu zeichnen, die er vorhatte, auf dem Monte Mario vor den Toren Roms errichten zu lassen. Die Arbeiten scheinen zu Lebzeiten Raffaels begonnen worden zu sein, aber es wurde ihm verwehrt, die Fertigstellung dieses Unternehmens zu sehen. Unter den Bauwerken, die Raffael während der Herrschaft Leos X. für private Mäzene errichtete, soll die Aufmerksamkeit auf die Chigi-Ställe, ,Stalle Chigiane’, gelenkt werden. Dieses Gebäude, das es durch seine Schönheit mit vielen Palästen aufnehmen konnte, wurde 1514 begonnen. Ein weiterer Freund Raffaels, Giovanni Battista Branconio dell‘ Aquila, stützte sich auf sein Genie als Architekt, um einen Palast im Borgo-Nuovo zu bauen; dieser wurde im 17. Jahrhundert zur gleichen Zeit zerstört wie der von Raffael erworbene Palast.

Der Coltrolini-Caffarelli-Stoppani-Vidoni-Palast steht noch immer, wie auch das von Raffael für den Arzt Leos X., Jacopo da Brescia, gebaute Haus. Auch in Florenz steht ein Palast Raffaels – der schönste, den er je konzipiert hat, und der schönste der gesamten Renaissance. Zudem sei erwähnt, was der Bischof von Troia, Giannozzo Pandolfino, ein enger Freund des Künstlers, von ihm in der Via Sangallo (S. *) bauen ließ. Gegen Ende seines Lebens, getragen von einem positiven Arbeitsfieber und vielleicht aufgrund des ansteigenden Erfolgs Michelangelos, versuchte sich Raffael an der Bildhauerei. Die Aufregung im Lager Michelangelos war groß, als man das erfuhr. Der Sattler, Leonardo di Compagnano, ließ es seinen Meister, der gerade in Carrara war, unmittelbar wissen.

Kirche Sant’Eligio degli Orefici, begonnen 1509. Rom.

Unbekannter Künstler, Laokoon, Datum unbekannt, römische Kopie nach einem Bronzeoriginal in Pergame (Türkei) von Agesander, Athenodoros und Polydorus, um 150 v. Chr. Marmor, Höhe: 242 cm. Museo Pio-Clementino, Musei Vaticani, Vatikanstadt.

„Raffael,“ schreibt er am 16. November 1516, „hat ein Tonmodell eines Kindes für Piero d‘ Ancona angefertigt, das wiederum fast fertig in Marmor gehauen ist. Man sagt, es sei eine sehr gute Arbeit. Seid gewarnt!“ Erst einige Zeit später hört man wieder von dieser Statue. Raffael war bereits drei Jahre tot, als Castiglione in einem an Andrea Piperario, einem seiner Landsmänner in Rom, adressierten Brief diesen bat, Giulio Romano zu fragen, ob das Werk Raffaels noch existiere und zu welchen Preis es erworben werden könne. Es ist unklar, ob der Handel jemals abgeschlossen wurde. Sicher ist jedoch, dass er im darauffolgenden Jahr, als Giuliano Romano nach Mantua ging, seinem Bruder in Rom eine Lehmstatue eines Kindes zur sicheren Aufbewahrung übergab – wahrscheinlich das Skizzenmodell von Raffaels Statue. Vasari spricht noch von zwei weiteren Skulpturen, die er mit Raffaels Namen in Verbindung bringt; im Falle von Jona fertigte der Meister jedoch nur eine Skizze oder vielleicht ein kleines Modell an. Eine kleine Terrakotta-Figur des Victoria and Albert Museums soll das Modell für Jona gewesen sein [dies ist widerlegt worden; das Modell wird nun datiert auf um 1825-1850]. Vor seiner Reise nach Rom im Jahr 1508 hatte Raffael die Meisterwerke der antiken Kunst noch nicht studiert. In Rom wurde er zu einem leidenschaftlichen Bewunderer der heidnischen Helden, und von da an hatte die klassiche Antike keinen eifrigeren Vorkämpfer. In Rom konnte er auch zum ersten Mal antike Malerei studieren. Im 16. Jahrhundert besaßen viele Monumente noch immer ihren primitiven Dekor und zusammen mit den Freskofragmenten, die fortwährende Ausgrabungen ans Tageslicht brachten, gaben sie die heute nicht mehr zur Verfügung stehende Gelegenheit, die Antike in Farbe zu studieren. Niemand dachte daran, diese kostbaren Stücke zu sammeln oder aufzubewahren; Künstler aber studierten sie eifrig. Unter den Arbeiten Raffaels gibt es einige, die nicht allein mit dem Einfluss der antiken Skulpturen erklärt werden können. Er muss mit Sicherheit großzügiger von seinen Vorgängern, den Malern des alten Roms, entlehnt haben als bisher angenommen.

Im Jahr 1509 konnten noch immer Überreste der Fresken in den Bädern und Gärten von Sallust und Titus angesehen werden; in den Ruinen des Quirinals und in denen nahe San Pietros in Vincoli. Inghiramis Villa auf dem Palatin bestand aus mehreren antiken Mauern, die komplett mit Fresken bedeckt waren. Albertini erwähnt außerdem ein mit Weinreben, Vasen und Figuren der Ceres und des Bacchus verziertes Grab in der Via Salaria. Raffael selbst spricht in seinen Berichten an Leo X. von Malereien im Bad des Diocletian, das er mit den zeitgenössischen Arbeiten in den Bädern Trajans und Titus‘ vergleicht. Man weiß, wie er sich die anmutigen, zu dieser Zeit im letzteren entdeckten Dekorationen zunutze machte; zudem versorgte ihn Tivoli mit Zeichnungen. Das Studium der antiken Mosaike, von denen Rom und die Umgebung, vor allem Palestrina, solch beträchtliche Reste besaß, vervollständigten Raffels Kenntnisse der antiken Malerei. Zu dieser Zeit gab es in Rom zwei Museen, das des Vatikans, das sogenannte Antiquarum, und das des Kapitols. Das erstgenannte konnte sich nur einiger Meisterwerke rühmen: der Apollo von Belvedere, der Laokoon, der Torso vom Belvedere, die Ariadne (damals unter dem Namen der Kleopatra bekannt), die Statue der Kaiserin Sallustia Barba Orbana, dargestellt als Venus, die Büste des Commodus‘, der Tiberius. Unter Leo X. wurden außerdem Der Nil sowie zwei Statuen des Antonius zu diesen Wundern der Kunst hinzugefügt.

Das Museum auf dem Kapitol, gegründet zur Herrschaftszeit Sixtus IV., war größer. Es beherbergte die Kapitolinische Wölfin, den Bronze-Herkules, den Spinario (Dornauszieher), den ein Pferd verschlingenden Löwen, Büsten von Kaisern, den Sarkophag der Julia, die beiden Basalt-Sphingen (von denen eine auf dem Farnesina-Fresko im Rat der Götter erscheint), viele Fragmente kolossaler Bronze- und Marmorstatuen, etc. Doch wie sollte man die Reichtümer der Privatsammlungen beschreiben? Zusammen bildeten sie das größte Museum der Zeit. Es gab keinen Prälaten oder Diplomaten, keinen Adligen oder Bankier, der nicht eifrig danach strebte, die Erinnerung an die antike Pracht Roms aufrechtzuerhalten – Statuen, Reliefs, Schmuckstücke, Medaillen und Inschriften. Von erstem Rang war das von dem venezianischen Kardinal Domenico Grimani im Dogenpalast eingerichtete Museum. Der Einfluss der Antike auf Raffael kann in drei unterschiedlichen Linien gezogen werden: Veränderungen in seinem Stil, die getreue Nachahmung antiker Modelle – Malerei, Flachreliefs und Statuen – und die der griechischen und römischen Mythologie und Geschichte entlehnte Motivwahl. Die vom Studium der Antike ausgehenden Änderungen seines Stils sind so zahlreich, dass, um sie angemessen zu beschreiben, es nötig wäre, Stück für Stück nahezu jede Figur aus der Hand des Meisters anzuführen. Er benutzte die bewundernswerten Modelle der römischen Sammlungen, um seinen Draperien Stil und seinen Typen größere Reinheit zu verleihen. Sie ermöglichten es ihm, die wissenschaftliche Grundlage der Schönheit zu entdecken, die zuvor bis auf ihm jedem entgangen war. Anstatt auf mehr oder weniger vagen und subjektiven Eindrücken beruhte seine Arbeit auf Prinzipien. Damit war die Römische Schule gegründet. Obwohl Raffael in Perugia, Urbino und Florenz Bewunderung entgegengebracht wurde, gelang es ihm erst in Rom, eine Schule zu gründen.

Unbekannter Künstler, Apollo von Belvedere, 40-30 v. Chr., Kopie nach einem griechischen Original von Leochares, um 330 v. Chr. Marmor, Höhe: 224 cm. Museo Pio-Clementino, Musei Vaticani, Vatikanstadt.

Michelangelo, David, 1501-1504. Marmor, Höhe: 434 cm. Galleria dell’Accademia, Florenz.

Es dauerte nicht lange, bis er von allgemeiner Nachahmung zu freien Entlehnungen überging. Vasari hat auf den Einfluss hingewiesen, den die antike Kunst auf die Fresken in der Stanza della Segnatura hatte. In seiner Beschreibung des Parnass‘ schildert er, wie Raffael für die Porträts der auf dem berühmten Berg dargestellten Dichter auf Statuen, Medaillen und antike Bilder zurückgriff. Beim Malen der Köpfe für Die Schule von Athen weiß man, dass er ein antikes Porträt kopierte, vermutlich die Kamee, die Castiglione Jahre später in seinen Besitz bringen konnte. Er imitierte antike Vorlagen viel häufiger, als es lange geglaubt wurde. Der Kopf des Homer auf dem Parnass erinnert an den des Laokoon. Kalliope, in demselben Fresko, beruht auf Kleopatra (heute Ariadne). Noch offensichtlicher sind Raffaels Entlehnungen in einer Zeichnung in der Wiener Albertina: im unteren Teil sind die Draperien der beiden Figuren identisch. Der Apollo in der Schule von Athen wurde sicherlich von dem berühmten Intaglio, Apollo und Marsyas, Lorenzos des Prächtigen inspiriert. Auch auf den Wandteppichen gibt es zahlreiche Imitationen wohlbekannter Originale. In Das Opfer von Lystra wurden der Priester, der die Axt hält, und das Opfer selbst von einem antiken Flachrelief, das heute in den Uffizen aufbewahrt wird, kopiert. Die Loggien und die Farnesina sind die Werke Raffaels, in denen sein Rückblick auf die Antike am auffälligsten ist. Die Entdeckung der Malereien in den Bädern des Titus versorgten ihn und seine Schüler mit einer unerschöpflichen Quelle an Bildmotiven.

Es wurde gezeigt, wie sorgfältig diese Quellen untersucht wurden. Frei entlehnt wurde auch von den römischen Sammlungen an Statuen und Flachreliefs, von der Ephesischen Diana, der Opferung eines Stieres und Apollo und Marsyas. Eine große Anzahl dieser Imitationen lassen sich in den Bibelillustrationen finden. In der Sintflut wurde der Mann, der sich am Hals seines Pferdes festhält, einem Relief auf der Antoninus-Pius-Säule nachempfunden. Raffael machte sich dank seiner Studien nicht nur mit den Stilen und Techniken seiner griechischen und römischen Vorgänger, sondern auch mit deren Glaube und Vorstellungen vertraut, und ab 1508 inspirierte die Antike ihn zu den Motiven seiner größten Kompositionen. Viele der gewählten Figuren waren ihm von seinen Förderern vorgegeben worden, viele wählte er allerdings auch selbst aus.

Unbekannter Künstler, Kapitolinische Wölfin (Romulus und Remus), 5. Jahrhundert v. Chr. Bronze, Höhe: 75 cm. Musei Capitolini, Rom.

Unbekannter Künstler, Spinario (Dornauszieher), römische Bronzekopie eines griechischen Originals, 1. Jahrhundert v. Chr. Bronze, Höhe: 73 cm. Palazzo dei Conservatori, Musei Capitolini, Rom.

Der Bericht an Leo X.

Im Jahr 1515 wurde es Raffael ermöglicht, sich in die Bewahrung historischer Monumente auf eine äußerst wirksame Weise einzubringen. Ein päpstlicher Brief vom 27. August 1515 ermächtigte ihn, zweifellos auf sein eigenes Ersuchen hin, die Zerstörung jeglicher Marmorarbeiten zu verbieten, die eine Inschrift aufwiesen.

In Anbetracht der Tatsache [schreibt ihm der Papst], dass die Steinmetze für ihre Bauarbeiten viele antike, mit einer Inschrift versehene Stein- und Marmorarbeiten zerstören, die es nicht nur zu bewahren gilt, um die Entwicklung der lateinischen Buchstaben nachzuvollziehen, sondern auch um die Eleganz der lateinischen Sprache zu erhalten, verbieten wir allen Steinmetzen in Rom jegliche Steinarbeiten mit Inschrift abzutragen oder auszumeißeln und stellen die Zuwiderhandlung unter Strafe.

Der erste Teil desselben Briefes autorisiert Raffael, alle bei Ausgrabungen in Rom und Umgebung gefundenen Sücke für den Bau des Petersdoms, zu dessen leitendem Architekt er erst ein Jahr zuvor ernannt worden war, zu requirieren. Der Maler wurde sich jedoch schnell der Gefahr bewusst, die von einer zu freizügigen Förderung der Ausgrabungen ausging. Den Päpsten wurde vorgeworfen, die Ursache für die Zerstörung zahlreicher interessanter Monumente zu sein, indem sie erlaubten, die pozzolana von ihren Fundorten zu entfernen. Auf der anderen Seite profitierte Raffael von der Möglichkeit, auf diese Weise antike Stücke für seine Freunde zu besorgen. Ein von Campori veröffentlichter Brief (30. März 1517) des Geschäftsträgers der Ferrarese schildert den Künstler beim Versuch, die Wünsche des Herzogs Alphonso d’Este zu befriedigen.

Was die Medaillen, Köpfe und Figuren angeht [schreibt der Minister], teilte mir Raffael mit, er warte auf die Anweisungen Eurer Exzellenz. Er bat mich, die Sache gänzlich ihm zu überlassen und versicherte mir, dass er die vertrauenswürdigsten Mittler habe. Er gab mir außerdem zu verstehen, dass Eure Exzellenz kürzlich den Wunsch äußerte, das Bett des Polycrates (Polycletus?) zu besitzen. Tatsächlich gibt es eines in Florenz, das allerdings nicht zum Verkauf steht. Raffael sagt, hier gebe es eines, das noch schöner sei, auch wenn es nicht das Bett des Polycrates sei.

Der Maler-Archäologe entsandte Zeichner in alle Teile Italiens und sogar nach Griechenland, um Aufzeichnungen antiker Monumente anzufertigen. Eine Gravur des Stylobats der Theodosius-Säule in Istanbul trägt die Inschrift, die besagt, dass die Originalzeichnung zu Raffael da Urbino gebracht wurde. Eine sorgfältige Untersuchung des Entwurfs für die Schlacht des Konstantins ermöglichte es Reiset, eine weitere interessante Tatsache zu entdecken:

Mehrere der Pferdeköpfe in Profil, die auf der linken Seite des Bildes auftauchen, sind dem Phidias-Fries entnommen. Die Ähnlichkeit ist so groß, dass ein Zufall ausgeschlossen ist. Weder im Fresko selbst, das nach Raffaels Tod von Giuliano Romano gemalt wurde, noch in irgendeiner anderen Arbeit des Meisters oder seiner Schüler findet man dies.

Selbstporträt mit einem Freund, um 1518-1519. Öl auf Leinwand, 99 x 83 cm. Musée du Louvre, Paris.

Selbstporträt mit einem Freund (Detail), um 1518-1519. Öl auf Leinwand, 99 x 83 cm. Musée du Louvre, Paris.

Im Jahr 1518 oder 1519 machte sich Raffael daran, die Ergebnisse seiner Studien in einem Bericht zusammenzufassen, den er an den Papst schickte und von dem zwei verschiedene Ausgaben vorliegen: eine 1733 von den Volpi in ihrer Ausgabe des Werks Castigliones veröffentlichte und eine in Passavants Raphael vorgelegte. Es zeigt sich, dass Raffael vorschlug, die Ausmaße jedes bestehenden römischen Gebäudes aus der Antike festzuhalten und zu sammeln, um eine ideale Rekonstruktion der großartigen Hauptstadt der Cäsaren zu erhalten. Der Bericht beginnt mit einer enthusiastischen Lobrede auf die Antike.

Raffael spricht in verbitterten und entrüsteten Tönen über das Wüten der Goten, Vandalen und anderer Feinde des lateinischen Volkes. Allerdings sieht er die Schuld nicht nur bei ihnen allein. Mit bewundernswertem Mut erinnert er den Papst an die von seinen Vorgängern initiierten Exzesse.

Jene Männer [schreibt er], die die besonderen Beschützer der traurigen Überreste des antiken Roms hätten sein sollen, waren die Treiber bei ihrer Plünderung und Zerstörung. Wie viele Päpste, oh Heiliger Vater, die mit der gleichen Würde ausgestattet waren wie Ihr, allerdings nicht über Euer Wissen, Eure Verdienste und Eure Größe des Herzens verfügten, erlaubten die Zerstörung antiker Tempel, Statuen, Triumphbögen und anderer glorreicher Monumente der Gründer unseres Landes! Wie viele unter ihnen ließen es zu, dass die Fundamente antiker Gebäude nur um der pozzolana wegen freigelegt wurden, und so zu ihrer Zerstörung beitrugen! Wie viele antike Figuren und andere Steinarbeiten wurden zu Kalkstein gemacht! Ich sage nur die Wahrheit, wenn ich erkläre, dass dieses moderne Rom mit all seiner Größe und Schönheit, seinen Kirchen, Palästen und anderen Bauwerken mit dem Kalkstein aus unseren antiken Marmorarbeiten gebaut wurde!

Raffael ging sein Projekt der Wiederherstellung des alten Roms nicht im Alleingang an. Es war bereits die Rede von Andrea Fulvio. Neben ihm war noch der gealterte Fabio Calvo aus Ravenna, der Vitruv für den Maler übersetzt hatte. Calvo war sicherlich in Raffaels Forschungen über die Topografie des antiken Roms mit einbezogen. Der Brief von Marc Antonio Michiel (11. April 1520) enthält einige Details von größtem Interesse bezüglich Raffaels Vorhaben:

Raffaels Tod hat zu allgemeiner Trauer geführt, aber besonders unter Männern der Wissenschaft, für die er im Begriff gewesen war, ein Buch zu verfassen. So wie Ptolemäus eine Karte der Welt anfertigte, zeichnete Raffael die antiken Gebäude Roms mit ihren Formen, Proportionen und Verzierungen; alle mit solcher Klarheit dargestellt, dass wir in den Genuss kommen, sie so zu betrachten, wie sie tatsächlich waren. Er hatte bereits vor seinem Tod den ersten Teil beendet. Sein Ziel war es nicht nur, Pläne der Gebäude in ihrer ursprünglichen Form bereitzustellen – er hatte persönlich und mit außergewöhnlicher Anstrengung die Informationen zusammengetragen, die ihm dies ermöglichten –, sondern auch, auf Papier ihre Fassaden und Verzierungen wiederherzustellen und mithilfe von Vitruv die Regeln zu formulieren, anhand derer man sie errichtet hatte, und ganz allgemein Beschreibungen zu geben, die so detailliert waren, wie antike Aufzeichnungen und bestehende Überreste es erlauben würden.

Raffael und Werkstatt, Venus auf dem von Tauben gezogenen Wagen, 1518. Fresko auf einer Spandrille in der Loggia der Psyche, Villa Farnesina, Rom.

Raffael und Werkstatt, Cupido und die Grazien, 1518. Fresko auf einer Spandrille in der Loggia der Psyche, Villa Farnesina, Rom.

Raffaels letzte Jahre

Raffaels letzte Jahre, wenn auch fruchtbar bezüglich seines künstlerischen Schaffens, waren arm an hervorstechenden Ereignissen oder wichtigen Veränderungen. 1515 unternahm er eine Reise nach Florenz, wo er an den Feierlichkeiten zum Einzug Leos X. und an dem Wettbewerb zum Fassadenbau von San Lorenzo teilnahm. Danach kehrte er nach Rom zurück, das er nicht mehr verlassen sollte. Die Stellung, die er am päpstlichen Hof innehatte und das Wohlwollen des Papstes hielten ihn in der Ewigen Stadt. Während des Pontifikats Leos X. glich sein Leben einer ununterbrochenen Serie an Triumphen; der Künstler wurde ein Grandseigneur und fügte seinen Würden den Titel des päpstlichen Kammerherrn hinzu. Unglücklicherweise ließen ihm die Anforderungen des Papstes, die Anfragen des gesamten zivilisierten Europas nicht mit inbegriffen, keinerlei Freizeit, um seine Ehren in Frieden zu genießen. Von Anfang des Jahres 1515 an wurde er belagert. Er wurde verpflichtet, Zeichnungen für Fresken, Wandteppiche, Mosaike und Bühnenbilder anzufertigen, dazu Staffelei- und Altarbilder zu malen; die antiken Stücke von Rom zu schützen und Silberschmiede, Bildhauer und Stecher mit Entwürfen zu versorgen, ohne gleichzeitig seine Aufgaben als Mann von Welt und des Hofes zu vernachlässigen. Die meisten Männer wären unter einer solchen Last eingebrochen. Für einige Jahre war der junge Maler in der Lage, alle Aufträge zu erfüllen; dann brach er auf dem Zenit seiner schöpfgerischen Kraft zusammen.

Nach dem Amtsantritt Leos X. stieg Raffaels Ansehen so schnell, dass Fürsten um die kleinsten Erzeugnisse aus seiner Hand kämpften. Allen voran war es Leo X., der ihm zu viel Arbeit auflastete. Raffael musste all seinen Launen nachkommen, sogar bis zu dem Punkt, den Elefanten in Lebensgröße zu malen, den ihm der König von Portugal geschickt hatte. Er musste sein Schaffen sogar in den Dienst politischer Intrigen stellen. Franz I. beauftragte ihn, die Heilige Margarethe (Bd. 2, S. 181) zu malen, die sich heute im Salon carri des Louvre befindet. Auch die italienischen Herrscher waren ähnlich beflissen, Arbeiten Raffaels zu besitzen. Alphonso d’Este, Ehemann der Lucrezia Borgia, gehörte zu den forderndsten, und sein Flehen artete letztendlich in Verfolgung aus. Raffael scheint dem Herzog 1513 von Ariosto vorgestellt worden zu sein. 1517 kaufte der Maler antike Gegenstände für ihn, während er, um seine Anerkennung zu erlangen, ein Bild anfertigte, das den Triumph des Bacchus in Indien zeigte. Er hatte ihm bereits einen Entwurf des Gemäldes geschickt, als er erfuhr, dass ein Künstler am Hof des Herzogs, Pellgerino da Udine, dasselbe Thema bearbeitete. Er schlug ein anderes vor, für das er eine Anzahlung von fünfzig Dukaten erhielt. Im selben Jahr legte er dem Herzog die Zeichnung für die Geschichte Leos III. vor. Mit Beginn des Jahres 1518 fing Alphonso an, den Künstler zu drängen, der versuchte, Zeit zu gewinnen.

Raffael da Urbino [schreibt der Gesandte der Ferrarese am 1. März 1518] sucht noch immer Entschuldigungen. Er wird das Bild für Eure Exzellenz nicht vor Ostern fertiggestellt haben. Er kann seine Arbeit daran aufgrund der Porträts und Entwürfe, die er für den Papst und Seine Hoheit den Herzog (Lorenzo de‘ Medici) ausführen muss, nicht fortsetzen. Seine Heiligkeit hat einen lebensgroßen Heiligen Michael als Geschenk für den allerchristlichsten König bestellt, und dieses Bild beansprucht seine ganze Aufmerksamkeit. Es muss so schnell wie möglich vollendet werden. Nichtsdestotrotz dränge ich ihn flehentlich.

Raffael legt dem Ungeduldigen die Zeichnung des Heiligen Michaels zur Beschwichtigung vor, um ihm einen Beweis für die Feinheit und den Großmut seines Charakters zu geben. Der Gesandte schreibt am 20. November 1518:

Ich dankte ihm für seinen Entwurf und versicherte ihm, dass Eure Exzellenz erfreut war, es zu empfangen. Dann bot ich ihm die fünfundzwanzig Kronen an, die mir Eure Exzellenz aufgetragen hatte, ihm zu geben. Mit größter Feinheit lehnte er es ab, sie anzunehmen, und erklärte, dass er den Entwurf aufgrund der Ergebenheit und des Respekts für Eure Person geschickt hätte. Er ist voller Großzügigkeit und versicherte mir mehrere Male, dass er gewillter sei, Eure Exzellenz zufriedenzustellen als den gesamten Hof hier. Schließlich nahm er das Geld mit Dank an Eure Exzellenz.

Aufgemuntert von diesen Geschenken verlangte und erhielt der Herzog auch den Entwurf für Johanna von Aragon. Aber er vergaß sein eigenes Bild nicht und belästigte den Künstler weiterhin, der ihn wiederum für eine gewisse Zeit mit Entschuldigungen und Versprechungen besänftigte. Drei Jahre wurde er vertröstet, bis seine Geduld nachließ.

Geht zu Raffael [schreibt er seinem Botschafter am 10. September 1519] und sagt ihm, dass drei Jahre verstrichen seien, seit er mir sein Versprechen gab, und dies nicht die Art sei, auf die jemand meines Ranges behandelt werden sollte. Wenn er seinen Vertrag nicht erfüllt, werden wir ihm lehren, dass es nicht ratsam ist, uns zu enttäuschen. Ihr könnt hinzufügen, so als käme es von Euch, dass es gut wäre, unser Wohlwollen nicht in Feindseligkeit umschlagen zu lassen; falls er sein Versprechen hält, kann er auf uns zählen; falls nicht, kann er sicher sein, dass er sein Misslingen eines Tages bereuen werde:

Man muss bis zu dem Streit zwischen Julius II. und Michelangelo zurückgehen, um einen Herrscher zu finden, der einen Künstler ehrt, mit dem er die Geduld verloren hat. Raffael gelang es dennoch, die Wut des Herzogs zu bändigen und letzterer nutzte die Verzögerung auf eine seltsame Weise. Am 20. März 1520 teilte ihm sein Gesandter mit, dass er lang mit Raffael darüber gesprochen habe, wie man verhindern könnte, dass die Schornsteine für Seine Heiligkeit qualmten und dass er ihm die Pläne für die notwendigen Änderungen unmittelbar zukommen lassen würde. Sechzehn Tage später war der Maler tot.

Die Fortsetzung der Geschichte über die Beziehung des Herzogs zu Raffael trägt nicht viel zur Ehre Alphonsos d’Este bei. Da er das von ihm bestellte Gemälde nicht erhalten hatte, verlangte er die Anzahlung von fünfzig Kronen zurück und ließ nicht davon ab, bis er sie von den Erben Raffaels erhalten hatte, die ihm nicht ersparten, ihm ihre Geringschätzung ob seines unwürdigen Umgangs zu äußern. Die Marchesa Isabella di Mantova war höflicher als Alphonso, aber nicht weniger beharrlich.

Giovanni Francesco Penni (Raffael?), Madonna mit dem Kind und Johannesknaben oder Madonna mit dem Diadem, um 1518. Öl auf Holz, 68 x 48 cm. Musée du Louvre, Paris.

Gian Francesco Penni (nach Raffael), Madonna der göttlichen Liebe, um 1518. Öl auf Holz, 140 x 109 cm. Museo Nazionale di Capodimonte, Neapel.

Wenn Raffael nicht in der Lage war, die Wünsche mächtiger Herrscher zu erfüllen, wie konnten bloße Prälate erwarten, beachtet zu werden? Er erzählte Kardinal Gregorio Cortese, der ihn gebeten hatte, eine der Refektoriumswände von San Polidoro in Modena zu bemalen, dass es ihm unmöglich sei, Rom ohne eine außergewöhnliche Bezahlung zu verlassen. Der Kardinal erfuhr, dass ihn das Unternehmen mindestens eintausend Dukaten kosten würde. Daher ging er zu einem anderen Künstler, der sich mit dreihundert zufrieden gab. „Falls ich Apelles nicht bekommen kann“, sagte er um sich selbst zu trösten, „muss ich mit Parrhasius zufrieden sein.“

Raffael war dankbar ob der Bewunderung mächtiger Herrscher und Kunstliebhaber, war allerdings stärker von der Menge an Schülern ergriffen, die aus allen Teilen Italiens und anderen Ländern in sein Atelier strömten. Nie seit der Zeit Squarciones hatte ein Meister eine größere oder strahlendere Schule gegründet. Wenn der Maler durch die Straßen Roms ging, wurde er von einer Horde von fünfzig jungen Männern umringt.[13]

Was Vasari zu dieser Wirkung zu sagen hat, wird von Lomazzo untermauert, der Michelangelos berühmtes „Du läufst mit einem Gefolge herum wie ein General“ festgehalten hat. Auch offizielle Dokumente belegen die Geschichte. Für die Zeit zu Raffaels erster Ankunft in Rom fällt es schwer, die Namen von mehr als acht oder zehn Malern zu finden, die sich in ganz Rom aufhielten. Im Jahr 1535, fünfzehn Jahre nach dem Tod Raffaels, bestand die Compagnia di San Luca aus nicht weniger als einhundertachtzig Schülern. Raffaels Schüler aufzulisten, würde einer Geschichte der italienischen Kunst im siebzehnten Jahrhundert gleichkommen. Die Schule Raffaels war seine Familie.

Im Folgenden soll nun auf Raffaels Beziehung zur Fornarina eingegangen werden. Nahezu alles, was man über sie weiß, entspringt einigen wenigen Zeilen Vasaris. „Marc-Antonio führte eine gewisse Anzahl an Stichen für Raffael aus, die er Baviera, einem der Schüler des Meisters, übergab. Dieser Mann kümmerte sich um eine Frau, die Raffael bis in den Tod liebte und von der er ein sehr schönes Porträt malte, auf dem sie nicht weniger als lebendig wirkte.“

Und weiter: „Raffael malte das Porträt von Beatrix d’Este und anderer Frauen, darunter seine eigene Mätresse. Raffael, ganz der gute Christ, schickte seine Mätresse fort, bevor er sein Testament aufsetzte, ließ ihr aber genügend, um ihr alle Annehmlichkeiten zu sichern.“ Schließlich schreibt Vasari, dass Chigi die Mätresse des Künstlers ersuchte, sich in seiner Villa niederzulassen, da ihre Anwesenheit Raffael dazu bringen könnte, die Bilder, an denen er in dem berühmten Gebäude arbeitete, zu vollenden.

In der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts schrieb der Besitzer eines Exemplars von Vasaris Text an den Rand einer Seite, auf der die Mätresse Raffaels erwähnt wird, dass ihr Name Margarita lautete. Der Name ‚Fornarina‘ (‚Bäckerin‘) war bis ins achtzehnte Jahrhundert unbekannt. Das Bildnis der sogenannten Fornarina (Bd. 2, S. 189) im Palazzo Barberini und die von Giulio Romano in Fresko ausgeführte Kopie auf einer der Decken der Villa Lante sind bereits zur Sprache gekommen. Eine Untersuchung über Raffaels Privatleben kann nur komplett sein, wenn man auch einen Blick auf den Palazzo des Borgo Nuovo wirft, in dem er vor seinem Tod so viele Jahre lebte.

In dem wertvollen, von Morelli veröffentlichten Brief sagt Marc-Antonio Michiel di Ser Vettor, dass Raffael den Palast von Bramante für die Summe von 3 000 Golddukaten kaufte. Michiel fügt hinzu, dass der Maler ihn bei seinem Tod Kardinal Bibbiena vermachte. Die erste dieser Behauptungen wurde von den Studien M. de Geymüllers bestätigt. Es steht fest, dass der Palazzo nicht die Arbeit Raffaels war, wie Passavant glaubte, sondern die Bramantes. Es heißt, Raffael habe sich in seiner neuen Residenz schon bald mit beschränkten Mitteln vorgefunden. Sowohl seine Stellung am päpstlichen Hof als auch die Belange seiner Kunst lasteten ihm hohe Ausgaben auf. Sobald er diese Stellung angetreten hatte, wurde er von zahlreichen Mitarbeitern und Schülern umgeben, für deren Unterkunft und Verpflegung er gemäß des damaligen Brauchs zu sorgen hatte. Vasari sagt, dass Giulio Romano, Penni und Fabio Calvo aus Ravenna im Haus des Meisters wohnten. Daher ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Autor von Il Buonarroti richtig liegt, wenn er behauptet, Raffael habe sich zu Beginn des Jahres 1515 gezwungen gesehen, für 200 Golddukaten ein Haus in der Via Sistina, Borgo, zu kaufen, das dem Architekten Perino de‘ Gennari da Caravaggio gehörte. Wenig später war der Maler erneut gezwungen, seine Behausung zu erweitern und mietete mehrere Häuser im Besitz der Brüder Porcari in der Via Alessandrina.

Raffael hatte es kurz vor seinem Tod in Erwägung gezogen, sich selbst einen echten Palast zu bauen. Dazu hatte er ein Grundstück in der Via Giulia neben der Kirche von San Giovanni Fiorentino und nur unweit des Vatikans, allerdings auf der anderen Seite des Tibers, ins Auge gefasst. Zur besagten Zeit galt die Via Giulia als das beste Viertel Roms und war der bevorzugte Distrikt großer Patrizier, Prälaten und reicher Maler.

Sein Testament und sein Tod

Die Geschichte der letzten Momente Raffaels bleibt bis heute im Dunkeln. Die Schilderung Vasaris – ein Freund der Freunde und Schüler des Meisters, der warmherzig, sympathisch und so eloquent war wie auch sein Bericht über Raffaels Leben – wurde allgemein diskreditiert. Es ist sicher, dass, falls sein Tod auf seine Exzesse zurückgeht, es Exzesse des Arbeitens waren. Die schwersten Unternehmen mussten seinen ungeheuren Mühen erliegen – Mühen, die Tag für Tag erneuert wurden. In Marc-Antonios Porträt sieht man Raffael in seinen Mantel gehüllt und vor Kälte zitternd, seine Palette und Farbtöpfe neben ihm; vielleicht fühlt er zu diesem Zeitpunkt die Krankheit, die sich schnell als tödlich herausstellen sollte, zum ersten Mal. Tatsächlich dauerte die Krankheit nicht lange. Am 20. März versprach er dem Gesandten des Herzogs von Ferrara die Zeichnungen für seine qualmenden Schornsteine; am 6. April war er tot, und der Bote schrieb seinem Herrn: „Raphael da Urbino, e morto di una febre continua e acuta, che gia octo giorni l’assalto.”

Von den ersten Symptomen an war die Sorge am päpstlichen Hof groß. Der Papst schickte, wie Marc-Antonio berichtet, mehr als sechs Mal nach ihm, um sich zu erkundigen, wie es ihm ging und Trost zu überbringen. So schnell der Verlauf der Krankheit auch war, brachte Raffael dennoch die nötige Kraft auf, um seine Angelegenheiten zu klären. Sein Testament zeugt erneut von dem Gerechtigkeitssinn und der Gutmütigkeit, die seine Handlungen bestimmt haben. Er ließ keinen seiner Freunde aus und vermachte jedem, was seinen persönlichen Vorlieben oder Bedürfnissen entsprach.

Heilige Familie mit Eiche, 1518-1520. Öl auf Holz, 144 x 110 cm. Museo Nacional del Prado, Madrid.

Heilige Margarethe, um 1518. Öl auf Pappelholz, 191,3 x 123 cm. Kunsthistorisches Museum Wien, Wien.

Sein Vermögen, das 16 000 Dukaten betrug, wurde wie folgt aufgeteilt: Seine Skizzen, Gemälde und seinen gesamten Kunstbesitz vermachte er seinen beiden Lieblingsschülern, Giulio Romano und Gian-Francesco Penni, unter der einzigen Bedingung, dass die beiden seine angefangenen Werke vollendeten. Seine Bediensteten erhielten jeweils 300 Dukaten.

Das nur wenige Tage zuvor erworbene Stück Land wurde zwischen seinem Cousin, Antonio Battiferro da Urbino, der 100 canne, und seinem Freund, dem Goldschmied Antonio da San Marino, der 1170 canne erhielt, aufgeteilt. Eine Summe von 1 000 Kronen war für den Kauf eines Hauses bestimmt, mit dem die von dem Künstler gestiftete Pantheon-Kapelle ausgestattet wurde. Raffael vergaß zudem weder seine Familie noch die junge Frau, die er so leidenschaftlich geliebt hatte. Schließlich ernannte er seine Freunde Baldassare Turini und Giovanni Battista dell‘ Aquila zu seinen Nachlassverwaltern.

Raffael starb Karfreitag, dem Jahrestag seiner Geburt zwischen neun und zehn Uhr abends. Er wurde nur siebenunddreißig Jahre alt. Die Trauer Roms und ganz Italiens war groß. Laut Vasari weinte Leo X. bittere Tränen. Die Männer dieser abergläubischen Zeit, die von dem Zufall seines plötzlichen Todes und dem Aufkommen bedrohlicher Risse in den Loggien beunruhigt wurden, hielten letzteres für ein böses Omen:

Während der letzten Tage [schreibt Michiel] drohte der päpstliche Palast einzustürzen, und Seine Heiligkeit wurde dazu gedrängt, sich im Haus Kardinal Cibos einzufinden. Männer sagen, dass der Schaden nicht vom Gewicht der Galerien verursacht wird, sondern es sich um eine himmlische Prophezeiung handelt, die den Tod dessen ankündigt, der ihre Ausschmückungen gemalt hat.

Derselbe Gedanke taucht erneut in einem Brief des Ministers aus Mantua und in einem Sonett Tebaldeos auf. Der Brief des Gesandten aus Mantua an Isabella Gonzaga beweist das durch Raffaels Tod ausgelöste Bedauern:

An die Erlauchteste und Exzellenteste Dame, die HERZOGIN von MANTUA,

Obwohl man an diesen heiligen Tagen an nichts anderes als an die Beichte und andere Übungen der Frömmigkeit denkt, kann ich mich nicht zurückhalten, Eurer Exzellenz meinen Respekt auszusprechen. Die einzige Neuigkeit, die ich Euch mitzuteilen habe, ist der Tod Raffaels aus Urbino, der letzte Nacht, der Nacht zu Karfreitag, verstarb und das gewaltige und einstimmige Bedauern des ganzen Hofes zurücklässt, das von dem Zerfall der auf ihn gesetzten Hoffnungen ausgelöst wurde, die, wären sie verwirklicht worden, die Pracht unseres Jahrhunderts gewesen wären. Jeder sagt, dass sowohl aufgrund der Beurteilung seiner bereits vollendeten Arbeiten als auch der noch großartigeren Unternehmungen, die er unvollendet ließ, die größten Dinge von ihm erhofft werden konnten.

Der Himmel selbst kündigte seinen Tod mit einem der Zeichen an, die den Tod Christi begleiteten, als sie die Felsen öffneten, Lapides scisse sunt. Der Papstpalast ist so beschädigt, dass er einzustürzen droht. Dadurch besorgt, verließ Seine Heiligkeit seine eigenen Wohnungen und hat in dem von Innozenz VIII. errichteten Palast Zuflucht gesucht. Hier sprechen sie über nicht anderes als den Tod dieses guten Mannes, der am Ende seines siebenunddreißigsten Lebensjahres sein erstes Leben beendet hat.

Sein zweites Leben – sein Ruhm – wird weder der Zeit noch dem Tod unterliegen; es wird dank seiner eigenen Werke und der Lobschriften gelehrter Männer für immer andauern. Besagter Raffael wurde ehrenvoll in der Rotunda bestattet, wo ein Denkmal zu dem Preis von eintausend Dukaten zu seinen Ehren errichtet werden soll. Er hinterließ eine Summe zur Ausstattung der Kapelle, in die sein Grab gelegt wurde; daneben vermachte er jedem seiner Bediensteten dreihundert Dukaten. Gestern hörten wir aus Florenz, dass Michelangelo krank sei.

Rom, 7. April 1520.

Von dem auf ewig treuen Diener Eurer Erlauchtesten und Exzellentesten Herrschaft,

PANDOLFO DE‘ PICI DE LA MIRANDOLO.

Der Körper des Künstlers wurde der Öffentlichkeit in seinem Atelier an der Seite seiner unvollendeten Verklärung gezeigt. Alle Künstler Roms folgten ihm zu seinem Grab. Der größten Dichter Italiens beeilten sich, die Trauer des Volkes in Worte zu fassen.

Bembo, Ariosto, Tebaldeo und Castiglione sangen alle von dem toten Maler, Archäologen und Freund.[14] Raffael wünschte sich, im Pantheon beigesetzt zu werden, das er so bewunderte. Eine einfache, in die Wand eingelassene Platte aus Marmor markiert die Stelle, an der der größte aller Maler zur Ruhe gebettet wurde. Bembos wortgewandtes und berühmtes Epitaph lautet:

D . O . M .

RAPHAELI . SANCTIO . IOANN . F . VRBINATI

PICTORI . EMINENTISS . VETERVMQ . ÆMVLO

CVIVS . SPIRANTES . PROPE . IMAGINES . SI

CONTEMPLERE . NATVRÆ . ATQVE . ARTIS . FŒDVS

FACILE . INSPEXERIS

IVLII II . ET LEONIS X . PONT . MAXX . IMCTVRÆ

ET . ARCHITECT . OPERIBVS . GLORIAM . AVXIT

VIX . ANNOS . XXXVII . INTEGER . INTEGROS

QVO . DIE . NATVS . EST . EO . ESSE . DESIIT

VIII . ID . APRILIS . MDXX

ILLE HIC EST RAPHAEL TIMVIT QVO SOSPITE VINCI

RERVM MAGNA PARENS ET MORIENTE MORI.

Marcantonio Raimondi, Raffael in seinem Atelier, um 1518. Kupferstich, 14 x 11,2 cm. Bibliothèque nationale de France, Paris.