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S. Boblest et al.Spezielle und allgemeine Relativitätstheoriehttps://doi.org/10.1007/978-3-662-63352-6_12

12. Einstein'sche Feldgleichungen

Sebastian Boblest1  , Thomas Müller2   und Günter Wunner3  
(1)
Dürnau, Deutschland
(2)
Max-Planck-Institut für Astronomie, Haus der Astronomie, Heidelberg, Deutschland
(3)
Universität Stuttgart, 1. Institut für Theoretische Physik, Stuttgart, Deutschland
 
 
Sebastian Boblest (Korrespondenzautor)
 
Thomas Müller (Korrespondenzautor)
 
Günter Wunner (Korrespondenzautor)
Die Hauptaufgabe der allgemeinen Relativitätstheorie ist es, aus einer vorhandenen Massen- und Energieverteilung die entsprechende Metrik der Raumzeit berechnen zu können und umgekehrt. Eine berühmte Zusammenfassung dieser Zusammenhänge stammt von Wheeler:1

Matter tells space how to curve and spacetime tells matter how to move!

Dazu ist eine Gleichung nötig, die die entsprechenden Größen miteinander verknüpft. Bevor wir zur Formulierung dieser Gleichung kommen, untersuchen wir die nichtrelativistische Näherung der Bewegungsgleichungen der ART. Die Ergebnisse werden uns später behilflich sein. Wir sehen an dem gerade angeführten Zitat bereits eine wichtige Eigenschaft der Gravitation, wie sie in der allgemeinen Relativitätstheorie behandelt wird. Die Aussage, dass die Materie die Raumzeit krümmt und diese Krümmung wiederum die Bewegung der Materie bestimmt, was ja wiederum die Raumzeit beeinflusst, zeigt an, dass die Feldgleichungen nichtlineare Differentialgleichungen sein werden, deren Lösung in den meisten Fällen nur näherungsweise möglich ist.

12.1 Nichtrelativistischer Grenzfall

Eine notwendige Anforderung an die ART ist, dass sich die Newton'sche Mechanik als Grenzfall für schwache Gravitationsfelder und kleine Teilchengeschwindigkeiten vc ergibt. Aus den Feldgleichungen muss also in diesem Grenzfall die Poisson-Gleichung
$$ \Delta {\phi}_{\mathrm{m}}\left(\boldsymbol{x}\right)=4\pi G{\rho}_{\mathrm{m}}\left(\boldsymbol{x}\right) $$
(12.1)
resultieren.
Die Newton'schen Bewegungsgleichungen, $$ \ddot{\boldsymbol{x}}=-\mathbf{\nabla}{\phi}_{\mathrm{m}} $$, folgen aus einem Variationsprinzip, dem Hamilton'schen Prinzip.2 Sei $$ \mathcal{L} =T-V-m{c}^2 $$ die Lagrange-Funktion des betrachteten Systems, wobei wir hier zur kinetischen Energie auch die Ruheenergie mc2 hinzuzählen, so gilt für die Bahn des Teilchens vom Punkt P1 zum Punkt P2
$$ \delta \underset{P_1}{\overset{P_2}{\int }}\mathcal{L} \,  \mathrm{d}t=0. $$
(12.2)
Für die Lagrange-Funktion finden wir die explizite Form
$$ \mathcal{L} =m{c}^2\left(-1+\frac{{\dot{\boldsymbol{x}}}^2}{2{c}^2}-\frac{1}{c^2}{\phi}_{\mathrm{m}}\right)\approx -m{c}^2\sqrt{1-\frac{{\dot{\boldsymbol{x}}}^2}{c^2}+\frac{2{\phi}_{\mathrm{m}}}{c^2}}, $$
(12.3)
mit dem Gravitationspotential ϕm = Vm und dem Zusammenhang $$ 1+x/ 2\approx \sqrt{1+x} $$ für x ≪ 1. Hier haben wir den aus der klassischen Mechanik folgenden Ausdruck für die Lagrange-Funktion als Näherung für den Wurzelausdruck auf der rechten Seite aufgefasst, da wir mit diesem weiterarbeiten möchten. Die Einschränkung
$$ \frac{1}{c^2}\left(\frac{\dot{\boldsymbol{x}}}{2}-{\phi}_{\mathrm{m}}\right)\ll 1 $$
(12.4)
bedeutet physikalisch zum einen die Voraussetzung schwacher Gravitationsfelder mit zugehörigen kleinen Potentialen ϕm. Die räumlichen Ableitungen von ϕm müssen ebenfalls klein sein, und die zeitliche Ableitung vernachlässigen wir ganz, sodass wir in allen weiteren Rechnungen in diesem Kapitel Produkte von ϕm und seinen Ableitungen als Terme höherer Ordnung vernachlässigen können. Zum anderen betrachten wir nur Teilchen mit kleinen Geschwindigkeiten $$ \mid \dot{\boldsymbol{x}}\mid \ll c $$, also genau der Bereich, in dem die Newton'sche Mechanik gilt.
Einsetzen von (12.3) in das Variationsprinzip liefert
$$ {\displaystyle \begin{array}{rll}\delta \underset{P_1}{\overset{P_2}{\int }}\mathcal{L} \,  \mathrm{d}t& =- mc\,  \delta \underset{P_1}{\overset{P_2}{\int }}\sqrt{c^2\mathrm{d}{t}^2\left(1+\frac{2{\phi}_{\mathrm{m}}}{c^2}\right)-{\dot{\boldsymbol{x}}}^2\mathrm{d}{t}^2}& \\ {}& =- mc\,  \delta \underset{P_1}{\overset{P_2}{\int }}\sqrt{{\left(c\mathrm{d}\ t\right)}^2\left(1+\frac{2{\phi}_{\mathrm{m}}}{c^2}\right)-\mathrm{d}{x}^2-\mathrm{d}{y}^2-\mathrm{d}{z}^2}=0,\end{array}} $$
(12.5)
wegen
$$ {\dot{\boldsymbol{x}}}^2\mathrm{d}{t}^2=\left[{\left(\frac{\mathrm{d}x}{\mathrm{d}t}\right)}^2+{\left(\frac{\mathrm{d}y}{\mathrm{d}t}\right)}^2+{\left(\frac{\mathrm{d}z}{\mathrm{d}t}\right)}^2\right]\mathrm{d}{t}^2=\mathrm{d}{x}^2+\mathrm{d}{y}^2+\mathrm{d}{z}^2. $$
(12.6)
In der ART folgt die Geodätengleichung ebenfalls aus einem Variationsprinzip:
$$ \delta \underset{P_1}{\overset{P_2}{\int }}\mathrm{d}s=\delta \underset{P_1}{\overset{P_2}{\int }}\sqrt{-{g}_{\mu \nu}\mathrm{d}{x}^{\mu}\mathrm{d}{x}^{\nu }}=0. $$
(12.7)
Durch Vergleich der beiden Formeln ergibt sich
$$ \mathrm{d}{s}^2=-\left({c}^2+2{\phi}_{\mathrm{m}}\right)\mathrm{d}{t}^2+\mathrm{d}{x}^2+\mathrm{d}{y}^2+\mathrm{d}{z}^2=0, $$
(12.8)
bzw.
$$ {g}_{\mu \nu}=\left(\begin{array}{cccc}-\left({c}^2+2{\phi}_{\mathrm{m}}\right)& 0& 0& 0\\ {}0& 1& 0& 0\\ {}0& 0& 1& 0\\ {}0& 0& 0& 1\end{array}\right)={\eta}_{\mu \nu}+{h}_{\mu \nu}, $$
(12.9)
das heißt, die Gravitation steckt in der kleinen Störung
$$ {h}_{\mu \nu}=\left(\begin{array}{cccc}-2{\phi}_{\mathrm{m}}& 0& 0& 0\\ {}0& 0& 0& 0\\ {}0& 0& 0& 0\\ {}0& 0& 0& 0\end{array}\right). $$
(12.10)
Da wir in der ART den Faktor c vor der Zeitkoordinate der Metrik zuordnen, gilt außerdem ab jetzt
$$ {\eta}_{\mu \nu}=\operatorname{diag}\left(-{c}^2,1,1,1\right)\,  \mathrm{und}\,  {\eta}^{\mu \nu}=\operatorname{diag}\left(-1/ {c}^2,1,1,1\right). $$
(12.11)

12.2 Formulierung der Feldgleichungen

In diesem Abschnitt werden wir die Feldgleichungen nun ,,herleiten“. Da diese die Metrik mit der Materie- und Energieverteilung verknüpfen sollen, benötigen wir zunächst eine Größe, die diese beschreibt. Dies führt auf den Energie-Impuls-Tensor, den wir bereits in der SRT in Abschn. 7.​7 für das elektromagnetische Feld kennengelernt haben.

12.2.1 Energie-Impuls-Tensor

Für das Gravitationspotential ϕm(r) gilt die Poisson-Gleichung (12.1) . Wir erinnern uns an die Struktur für den Energie-Impuls-Tensor, die wir in Abschn. 7.​7 gefunden haben:
$$ \boldsymbol{T}=\left(\begin{array}{ll}\hfill \mathrm{Energiedichte}\hfill & \hfill \mathrm{Str}\ddot{\mathrm{o}} \mathrm{me}\hfill \\ {}\hfill \mathrm{Str}\ddot{\mathrm{o}} \mathrm{me}\hfill & \hfill \mathrm{Druck}\ \mathrm{und}\ \mathrm{Scherspannungen}\hfill \end{array}\right). $$
(7.91)
In der tt-Komponente tritt die Energiedichte auf. In der Poisson-Gleichung steht die Massendichte. Wenn wir diese mit c2 multiplizieren, erhalten wir ebenfalls eine Energiedichte:
$$ {\varepsilon}_{\mathrm{m}}={\rho}_{\mathrm{m}}{c}^2, $$
(12.12)
die Ruheenergiedichte der Materie. Wir können also vermuten, dass die Poisson-Gleichung im nichtrelativistischen Grenzfall aus dem Gleichsetzen der tt-Komponenten des Energie-Impuls-Tensors mit einem anderen Tensor folgt. Ein Tensor 2. Stufe, der Informationen über die Krümmung des Raumes enthält, ist der Ricci-Tensor aus (11.​100), den wir in zweifach kovarianter Form eingeführt haben. Für die tt-Komponente des zweifach kovarianten Energie-Impuls-Tensors ergibt sich mit Ttt = −ρmc2 und Herunterziehen mit (12.9)
$$ {T}_{tt}\simeq {c}^4{\rho}_{\mathrm{m}}. $$
(12.13)

12.2.2 Ricci-Tensor in Schwachfeldnäherung

Der Ausdruck für den Ricci-Tensor vereinfacht sich in unserer Näherung zu
$$ {R}_{\kappa \nu}\simeq {\varGamma^{\mu}}_{\kappa \nu, \mu }-{\varGamma^{\mu}}_{\kappa \mu, \nu }, $$
(12.14)
da Produkte von Christoffel-Symbolen nur aus Produkten von ϕm und seinen Ableitungen bestehen, die wir ja vernachlässigen. Für die tt-Komponenten bleibt dann sogar nur
$$ {R}_{tt}\simeq {\varGamma^{\mu}}_{tt,\mu }, $$
(12.15)
da wir keine Zeitableitungen berücksichtigen. Für die Metrik (12.9) ergeben sich die Christoffel-Symbole
$$ {\varGamma^t}_{it}\simeq \frac{\phi_{\mathrm{m},i}}{c^2}\,  \mathrm{und}\,  {\varGamma^i}_{tt}\simeq {\phi}_{\mathrm{m},i}. $$
(12.16)
Daraus folgt für die tt-Komponente des Ricci-Tensors
$$ {R}_{tt}={\varGamma^i}_{tt,i}\simeq \Delta {\phi}_{\mathrm{m}}. $$
(12.17)
An dieser Stelle scheinen wir schon praktisch am Ziel zu sein, denn wir sehen, dass die tt-Komponenten des Energie-Impuls-Tensors und des Ricci-Tensors bis auf einen Faktor genau die Poisson-Gleichung ergeben. Wir müssten diesen Zusammenhang also einfach nur auf die ganzen Tensoren verallgemeinern.
Tatsächlich haben wir aber ein Problem, denn für den Energie-Impuls-Tensor der elektromagnetischen Felder gelten im Vakuum die vier Kontinuitätsgleichungen aus (7.​89). Diese Gleichungen entsprechen der Forderung der Divergenzfreiheit von Tμν, d. h. Tμν,ν = 0. Dies soll auch für den Energie-Impuls-Tensor der Materie gelten, wobei wir aber statt der normalen Ableitung jetzt die kovariante Ableitung verwenden müssen:
$$ {\nabla}_{\nu }{T}^{\mu \nu}={T^{\mu \nu}}_{;\nu }=0. $$
(12.18)
Im Allgemeinen ist aber Rμν;ν ≠ 0, d. h. wir können den Ricci-Tensor nicht direkt als linke Seite der Feldgleichungen verwenden, sondern müssen noch etwas weitergehen.

12.2.3 Bestimmung der Feldgleichungen

Dabei stellen wir folgende Anforderungen an die linke Seite der Feldgleichungen:
  1. 1.

    Die linke Seite ist ein symmetrischer Tensor 2. Stufe wie Tμν.

     
  2. 2.

    Auf der linken Seite sollen keine höheren als zweite Ableitungen von gμν stehen.

     
  3. 3.

    Die zweiten Ableitungen sollen nur linear auftreten.

     
  4. 4.

    Die linke Seite soll wie Tμν divergenzfrei sein.

     
  5. 5.

    In der minkowskischen Raumzeit soll die linke Seite identisch verschwinden, denn im leeren Raum ist auch Tμν = 0.

     
Aus den Bedingungen 1–3 folgt, wie durch Weyl [1] gezeigt, für die Feldgleichungen
$$ {R}_{\mu \nu}+a{g}_{\mu \nu}R+\varLambda {g}_{\mu \nu}=\kappa {T}_{\mu \nu}, $$
(12.19)
wobei a, Λ und κ freie Parameter sind, die wir im Folgenden bestimmen müssen, und R ist der Ricci-Skalar aus (11.​103). Wir gehen dabei anders vor, als die Feldgleichungen ursprünglich von Einstein abgeleitet wurden. Er wählte Λ = 0 als Voraussetzung. Das ist insofern sinnvoll, als wir bald sehen werden, dass nur für Λ = 0 die linke Seite der Feldgleichungen im Grenzfall verschwindender Materie- bzw. Energiedichte verschwindet. Man spricht bei Λ von der kosmologischen Konstante . Auf die Bedeutung dieses Parameters kommen wir in der Kosmologie ab Kap. 26 zurück, wir lassen ihn aber bereits jetzt in den Feldgleichungen stehen.
Die Bedingung 4 liefert
(12.20)
Da die Metrik divergenzfrei ist, d. h. gμν;ν = 0, lässt sich Λ nicht aus dieser Bedingung bestimmen. Im Folgenden zeigen wir, dass sich a = −1∕2 ergibt und bestimmen damit die weiteren Konstanten.
Aus der Bianchi-Identität (11.​105) folgt nach Verjüngung und unter Verwendung der Symmetrieeigenschaften des Riemann-Tensors (s. (11.​97))
$$ {R^{\mu}}_{\nu \mu \beta; \gamma }+{R^{\mu}}_{\nu \gamma \mu; \beta }+{R^{\mu}}_{\nu \beta \gamma; \mu }={R}_{\nu \beta; \gamma }-{R}_{\nu \gamma; \beta }+{R^{\mu}}_{\nu \beta \gamma; \mu }=0. $$
(12.21)
Wir multiplizieren diese Gleichung mit gνβ und erhalten unter Verwendung der Definition (11.​103) des Ricci-Skalars
$$ {R}_{;\gamma }-{R^{\beta}}_{\gamma; \beta }+{g}^{\nu \beta}{\delta}_{\alpha}^{\mu }{R^{\alpha}}_{\nu \beta \gamma; \mu }=0. $$
(12.22)
Dabei haben wir im dritten Term den Faktor $$ {\delta}_{\nu}^{\mu } $$ eingeschoben, den wir jetzt über $$ {\delta}_{\nu}^{\mu }={g}^{\mu \lambda}{g}_{\lambda \nu} $$ weiter umschreiben. Damit lässt sich der dritte Term weiter umformen in
$$ {\displaystyle \begin{array}{rll}{g}^{\nu \beta}{g}^{\mu \lambda}{g}_{\lambda \alpha}{R^{\alpha}}_{\nu \beta \gamma; \mu }& ={g}^{\nu \beta}{g}^{\mu \lambda}{R}_{\lambda \nu \beta \gamma; \mu }=-{g}^{\nu \beta}{g}^{\mu \lambda}{R}_{\nu \lambda \beta \gamma; \mu },& \\ {}& =-{g}^{\mu \lambda}{R^{\beta}}_{\lambda \beta \gamma; \mu }=-{g}^{\mu \lambda}{R}_{\lambda \gamma; \mu }=-{R^{\mu}}_{\gamma; \mu }.\end{array}} $$
(12.23)
Setzen wir diese Beziehung wieder in (12.22) ein und benennen den Summationsindex μ in β um, so erhalten wir R;γ − 2Rβγ;β = 0, bzw.
$$ {R^{\beta}}_{\gamma; \beta }-\frac{1}{2}{\left({\delta}_{\gamma}^{\beta }R\right)}_{;\beta }=0. $$
(12.24)
Abschließend ziehen wir γ hoch und kommen auf $$ {R^{\beta \gamma}}_{;\beta }-\frac{1}{2}{\left({g}^{\beta \gamma}R\right)}_{;\beta }=0. $$ Mit a = −1∕2 haben wir also einen divergenzfreien Ausdruck für die linke Seite der Feldgleichungen (12.19) gefunden, denn es gilt
$$ {\left({R}^{\mu \nu}-\frac{1}{2}R{g}^{\mu \nu}\right)}_{;\nu }=0. $$
(12.25)
Mit diesen Ergebnissen haben wir jetzt
$$ {R}_{\mu \nu}-\frac{1}{2}{g}_{\mu \nu}R+\varLambda {g}_{\mu \nu}=\kappa {T}_{\mu \nu}. $$
(12.26)
Multiplikation mit gμν führt wegen gμνgμν = 4 auf
$$ -R+4\varLambda =\kappa T,\,  \mathrm{bzw}.\,  R=4\varLambda -\kappa T $$
(12.27)
mit der Spur T = gμνTμν des Energie-Impuls-Tensors. Wir setzen diesen Ausdruck für R in (12.26) ein und erhalten
$$ {R}_{\mu \nu}-\varLambda {g}_{\mu \nu}=\kappa {T}_{\mu \nu}^{\ast}\,  \mathrm{mit}\,  {T}_{\mu \nu}^{\ast }={T}_{\mu \nu}-\frac{1}{2}T{g}_{\mu \nu}. $$
(12.28)
Um nun Λ und κ zu bestimmen, müssen wir wieder den nichtrelativistischen Grenzfall betrachten und diese Parameter so wählen, dass in diesem Fall die Poisson-Gleichung resultiert.

Im vorangegangenen Abschnitt haben wir bereits gesehen, dass aus der nichtrelativistischen Bewegung von Teilchen im Gravitationsfeld für die gtt-Komponente des metrischen Tensors gtt = −(c2 + 2ϕm) mit dem Newton'schen Potential ϕm folgt (s. (12.9)). Dabei müssen wir aber eine wichtige Feinheit beachten: Aufgrund der Voraussetzung vc ist in dem Ausdruck $$ -\mathrm{d}{t}^2\left({c}^2+2{\phi}_{\mathrm{m}}\right)+{\dot{\boldsymbol{x}}}^2\mathrm{d}{t}^2 $$ in (12.5) der hintere Ausdruck sehr viel kleiner als der vordere. Das heißt, kleine Störungen der Komponenten im Raumanteil dl2 = dx2 + dy2 + dz2, ähnlich zur tt-Komponente der Metrik, wären vernachlässigbar. Wir können die Metrik (12.9) also z. B. nicht zur Untersuchung der Bewegung von Licht in schwachen Gravitationsfeldern heranziehen, da hier die Bedingung $$ \mid \dot{\boldsymbol{x}}\mid \ll c $$ offensichtlich nicht erfüllt ist. Desweiteren folgt diese Metrik auch nicht als nichtrelativistischer Grenzfall aus den Feldgleichungen. Bisher war das aber kein Problem, da wir mit ihrer Hilfe nur die tt-Komponente des Ricci-Tensors analysiert haben und daraus auf die richtige Spur für einen Ansatz für die Feldgleichungen gekommen sind.

In Verallgemeinerung dieses Resultats wählen wir jetzt die Komponenten des metrischen Tensors zu
$$ {g}_{\mu \nu}={\eta}_{\mu \nu}+{k}_{\mu \nu},\,  \mathrm{mit}\,  {k}_{\mu \nu}\ll 1\,  \mathrm{und}\,  {k}_{tt}=2{\phi}_{\mathrm{m}}. $$
(12.29)
Im nichtrelativistischen Grenzfall sind Geschwindigkeiten und damit Ströme und ebenso Drücke und Spannungen vernachlässigbar klein gegen die Ruheenergiedichte. Dann ist nur die tt-Komponente des Energie-Impuls-Tensors wesentlich von Null verschieden mit Tttρmc4. Mit der gerade eingeführten Form der Metrik ist dann weiter
$$ T={g}^{\mu \nu}{T}_{\mu \nu}={\eta}^{tt}{T}_{tt}=-{\rho}_{\mathrm{m}}{c}^2. $$
(12.30)
Alle Korrekturen zu diesem Term sind von der Form ϕρm und damit zu vernachlässigen. Allgemein wollen wir aus diesem Grund zum Herauf- und Herunterziehen von Indizes die Minkowski-Metrik ημν und nicht gμν verwenden. Wenn wir diese Ergebnisse in (12.28) einsetzen und wieder aufgrund unserer Näherung $$ {T}_{\mu \nu}^{\ast }={T}_{\mu \nu}-T{\eta}_{\mu \nu}/ 2 $$ setzen, so erhalten wir die Bedingungen
$$ {R}_{tt}-\varLambda {g}_{tt}\,  =\frac{1}{2}\kappa {\rho}_{\mathrm{m}}{c}^4,\,  $$
(12.31a)
$$ {R}_{ii}-\varLambda {g}_{ii}\,  =\frac{1}{2}\kappa {\rho}_{\mathrm{m}}{c}^2,\,  $$
(12.31b)
$$ {R}_{\mu \nu}\,  =0,\,  \mathrm{f}\ddot{\mathrm{u}}\mathrm{r}\,  \mu \ne \nu .\,  $$
(12.31c)
Um die 5. Bedingung exakt zu erfüllen sehen wir, dass Λ = 0 gelten muss, denn im minkowskischen Grenzfall gilt ρm → 0 und Rμν = Tμν = 0. Physikalisch lässt sich aber argumentieren, dass Λ nur sehr klein sein muss, sodass die Abweichung nur auf kosmologischen Skalen wichtig wird und auf kleineren Skalen mit Bedingung 5 verträglich ist.
Da wir aus allen Diagonalkomponenten des Ricci-Tensors bis auf den Faktor c2 auf dieselbe Gleichung geführt werden und alle Nichtdiagonalterme verschwinden müssen, liegt es nahe,
$$ {k}_{\mu \nu}=\left\{\begin{array}{ll}-{\phi}_{\mathrm{m}}& \mathrm{f}\ddot{\mathrm{u}}\mathrm{r}\,  \mu =\nu =t,\\ {}-{\phi}_{\mathrm{m}}/ {c}^2& \mathrm{f}\ddot{\mathrm{u}}\mathrm{r}\,  \mu =\nu =1,2,3,\\ {}0& \mathrm{f}\ddot{\mathrm{u}}\mathrm{r}\,  \mu \ne \nu \end{array}\right. $$
(12.32)
zu setzen. Damit erhalten wir die Metrik
$$ {g}_{\mu \nu}=\left(\begin{array}{cccc}-{c}^2-2{\phi}_{\mathrm{m}}& 0& 0& 0\\ {}0& 1-\frac{2{\phi}_{\mathrm{m}}}{c^2}& 0& 0\\ {}0& 0& 1-\frac{2{\phi}_{\mathrm{m}}}{c^2}& 0\\ {}0& 0& 0& 1-\frac{2{\phi}_{\mathrm{m}}}{c^2}\end{array}\right). $$
(12.33)
Um diesen Ansatz zu testen, berechnen wir den Ricci-Tensor zu dieser Metrik. Dazu berechnen wir auch für diesen Ansatz die linear in ϕmc2 genäherten Christoffel-Symbole. Wir finden
$$ {\varGamma^i}_{tt}={\phi}_{\mathrm{m},i},\,  {\varGamma^i}_{jj}={\varGamma^i}_{ii}={\varGamma^t}_{ti}=-{\varGamma^j}_{ji}=\frac{\phi_{\mathrm{m},i}}{c^2},\,  \mathrm{f}\ddot{\mathrm{u}}\mathrm{r}\,  i\ne j. $$
(12.34)
Um den linearisierten Ricci-Tensor zu berechnen, verwenden wir den linearisierten Ausdruck (12.14). Wenn wir die Christoffel-Symbole (12.34) einsetzen, so finden wir in der Tat
$$ {R}_{\mu \nu}=\left\{\begin{array}{ll}\Delta {\phi}_{\mathrm{m}}& \mathrm{f}\ddot{\mathrm{u}}\mathrm{r}\,  \mu =\nu =t,\\ {}\Delta {\phi}_{\mathrm{m}}/ {c}^2& \mathrm{f}\ddot{\mathrm{u}}\mathrm{r}\,  \mu =\nu =1,2,3,\\ {}0& \mathrm{f}\ddot{\mathrm{u}}\mathrm{r}\,  \mu \ne \nu .\end{array}\right. $$
(12.35)
Mit der Definition des Ricci-Skalars R = ημνRμν in linearer Näherung finden wir außerdem
$$ R=-2\frac{\Delta {\phi}_{\mathrm{m}}}{c^2}. $$
(12.36)
Jetzt fehlt uns nur noch der letzte freie Parameter κ. Wenn wir z. B. (12.31a) mit der Poisson-Gleichung (12.1) vergleichen, sehen wir, dass
$$ \kappa =\frac{8\pi G}{c^4} $$
(12.37)
sein muss. Der Zahlenwert von κ ist sehr klein. In SI Einheiten ergibt sich
$$ \kappa =2,07650(25)\cdotp 1{0}^{-43}{\mathrm{s}}^2\,  {\mathrm{m}}^{-1}\,  \mathrm{k}{\mathrm{g}}^{-1}. $$
(12.38)
Vereinfacht gesagt bedeutet dies, dass nur sehr große Massen den Raum merklich krümmen können. Das erstaunt uns natürlich nicht, denn anderenfalls wären allgemein-relativistische Effekte auch im Alltag von Bedeutung.

Da Rμν und R zweite Ableitungen und Quadrate der ersten Ableitungen des metrischen Tensors enthalten, sind die Feldgleichungen nichtlineare Differentialgleichungen zweiter Ordnung. Das Superpositionsprinzip gilt daher nicht. Aufgrund ihrer komplexen mathematischen Struktur ist es nur für wenige Spezialfälle möglich, die Einstein'schen Feldgleichungen analytisch zu lösen, und auch die numerische Lösung ist in vielen Fällen schwierig.

12.2.4 Formulierungen der Feldgleichungen

Um die Feldgleichungen möglichst kompakt schreiben zu können haben wir in Ergänzung zum Energie-Impuls-Tensor Tμν in (12.28) den erweiterten Ausdruck $$ {T}_{\mu \nu}^{\ast }={T}_{\mu \nu}-T{g}_{\mu \nu}/ 2 $$ eingeführt. Alternativ können wir einen vom Ricci-Tensor abgeleiteten Tensor definieren:
$$ {G}_{\mu \nu}\equiv {R}_{\mu \nu}-\frac{1}{2}R{g}_{\mu \nu}. $$
(12.39)
Dieser trägt den Namen Einstein-Tensor. Mit ihm haben wir jetzt zwei kompakte Formulierungsmöglichkeiten für die Feldgleichungen.
$$ {G}_{\mu \nu}+\varLambda {g}_{\mu \nu}=\kappa {T}_{\mu \nu} $$
(12.40a)
oder alternativ
$$ {R}_{\mu \nu}+\varLambda {g}_{\mu \nu}=\kappa {T}_{\mu \nu}^{\ast }. $$
(12.40b)
Mit (12.35) und (12.36) finden wir in nichtrelativistischer Näherung
$$ {G}_{tt}=2\Delta {\phi}_{\mathrm{m}} $$
(12.41)
als einzige nichtverschwindende Komponente, was mit der einzigen nichtverschwindenden Komponente Ttt = ρmc4 des Energie-Impuls-Tensors wiederum auf die Poisson-Gleichung führt.