Hunt stellte gleichzeitig Rienzi schwört, Gerechtigkeit zu erlangen aus. In Rom streiten sich mehrere Parteien von Adligen, ein Kampf hat stattgefunden. Der tote Rienzi ist auf einen Schild gebettet und sein älterer Bruder reckt die Faust gen Himmel. Wieder hat Dante Rossetti für diese Figur Modell gestanden. Die Landschaft war nach der Natur gemalt, was damals fast nie geschah und auch heute noch bei Hintergründen für historische Bilder selten ist.
Der dritte P.R.B., Rossetti, stellte ein Gemälde aus, das die Mädchenzeit der Jungfrau Maria (1849) zeigt, aber nicht an der Akademie, sondern in der Chinese Gallery am Hyde Park Corner, wo auch sein Meister Madox Brown ein Bild hingeschickt hatte, nämlich das berühmte Cordelias Anteil nach einer Szene aus King Lear. So setzten die drei P.R.B.’s und ihr Vorreiter im Frühjahr 1849 gemeinsam den ersten Stein für eine neue Kunst.
Am Anfang ging alles sehr gut. Die Bilder von Hunt und Millais hingen an guten Plätzen und als die jungen Leute am Morgen zur Private View, zur Vernissage, erschienen, nahmen sie zahlreiche Glückwünsche entgegen. Ihr Realismus schockierte das Publikum in keinster Weise, die Times war wohlwollend, die Professoren der Royal Academy gemäßigt in ihrer Kritik. Niemand hatte die geheimnisvollen Buchstaben P.R.B., die sichtbaren Zeichen der Verschwörung, auf der Stuhllehne der Isabella bemerkt. Die Präraffaeliten fanden sogar Käufer, was in England, wie überall und vielleicht mehr als anderswo, ein gutes Vorzeichen ist. Sie bereiteten sich auf die Ausstellung von 1850 vor und gründeten, nach einer kurzen Reise nach Frankreich und durch den ersten Erfolg ermutigt, eine kleine Zeitschrift mit dem Namen Germ, um darin die präraffaelitische These zu formulieren und weiter zu entwickeln, als jemand die Buchstaben P.R.B. entdeckte und ihre Bedeutung enthüllte. Das war umso leichter, als die Freunde der Erneuerer in jeder Nummer des Germ, die von Januar bis April 1850 erschien, ihre Vorlieben, Antipathien und Ziele preisgaben.
Diese Enthüllung kam wie ein Donnerschlag. Die Vorstellung, dass die Präraffaeliten etwas an dem ästhetischen Zustand des Landes ändern wollten, verwirrte genau die Leute, die sich bisher an ihren Werken überhaupt nicht gestoßen hatten. Das konservative England stieß einen Schreckensschrei aus. Es schien, als ob Raffael zu Horatio Nelson oder Arthur Wellington geworden wäre, an die man nicht rühren darf, und als ob sich Präraffaelit zu nennen eine Bedrohung für die Sicherheit der britischen Küste wäre. Dann kamen die Salons von 1850, auf denen Millais seinen Christus im Haus seiner Eltern (1850), Hunt den Christlichen Missionar und Rossetti Die Verkündigung (1850) ausstellten[13].
Die gesamte Presse schrie auf. Selbst der berühmte Charles Dickens stieg in den Ring und setzte eine energische Schmähschrift gegen Millais auf. Millais’ Bild zeigte Jesus als Kind in der Werkstatt seines Vaters. Er hat sich gerade mit einer Zange verletzt. Die Jungfrau kniet vor ihm und tröstet ihn mit einem Kuss. Der heilige Joseph hält seine Hand. Der kleine heilige Johannes bringt Wasser, um die Wunde zu waschen. Die heilige Anna nimmt die Zange vom Tisch. Ein Lehrling legt ein Brett zurecht und arbeitet nach der Unterbrechung weiter. Das war eine neue und seltsam realistische Auslegung der schrecklichen Prophezeiung: „Und man wird ihn fragen: Was sind das für Wunden an deiner Hand? Das sind die Wunden, die man mir im Hause meiner Freunde angetan hat.“ Dickens schrieb:
„Wenn Sie sich dieser heiligen Familie nähern, müssen Sie jedes religiöse Streben aus Ihrem Kopf vertreiben, jeden höheren Gedanken, jede Verbindung mit zarten, dramatischen, traurigen, noblen, heiligen, reizvollen oder schönen Ideen, und sich darauf einstellen, bis auf den Grund dessen vorzudringen, was elend, widerwärtig, abstoßend und empörend ist.“[14]