Zu diesen ungewöhnlichen Bauformen kommt noch hinzu, dass der Zeitverlauf und die Ortswechsel allem bis dahin in der Tragödie Bekannten widersprechen.
Die Szenen am Kaiserhof (I. Akt) und der Krieg mit dem Gegenkaiser (IV. Akt) spielen im ausgehenden Mittelalter, der Gang zu den Müttern, die Klassische Walpurgisnacht und die Begegnung mit Helena sind als innerseelische Erlebnisse Fausts anzusehen, die nach den Verlaufsformen des Traumes die unterschiedlichsten Raum- und Zeitebenen ineinanderschieben und Gestalten der Mythologie und der Geschichte mischen.
Damit ist inhaltlich und formal etwas ganz Neuartiges entstanden. Goethe selbst sagt: »Welchen Wert man endlich auch dem Stücke zuschreiben mag, dergleichen habe ich noch nicht gemacht, und so darf es gar wohl als das Neuste gelten.«14
Darüber hinaus haben aber auch einzelne Akte Prologteile, die jeweils darauf hinweisen, wie der Fortgang der Handlung zu verstehen ist. So zum Beispiel zu Beginn des II. Aktes »Laboratorium« und zu Beginn des IV. Aktes »Hochgebirge«. Gerade in der letztgenannten Szene wird sichtbar, wie Fausts Monolog von der »Seelenschönheit« (10064) Gretchens auf seinen Aufstieg in der Szene »Bergschluchten« vorausweist.