So schlafen Sie nachts durch – wirklich!
Die junge Mutter lief im Kinderzimmer auf und ab und wiegte dabei ihr Baby in den Armen. Es kam ihr vor, als täte sie das schon seit Stunden. Durch das geöffnete Fenster drang kühle Meeresluft ins Zimmer. Als schließlich nichts mehr zu hören war außer den Wellen, die ein paar Hundert Meter weiter an den Strand schlugen, legte die Mutter das kleine Bündel langsam und sehr vorsichtig zurück in sein Bettchen. Dabei hielt sie den Atem an, aus Angst, dass das leiseste Geräusch die hart erkämpfte Stille wieder zerstören würde. Auf Zehenspitzen schlich sie aus dem Zimmer und stolperte fast über den Labrador, der sich direkt vor der Tür niedergelassen hatte. Wie ein Schatten folgte ihr der Hund ins Schlafzimmer, wo ihr Ehemann im Bett lag, das Kopfkissen strategisch günstig über die Ohren gelegt. Die Frau fiel ins Bett, seufzte tief und schlief ein, sobald ihr Kopf das Kissen berührte. Aber die friedliche Ruhe hielt nicht lange an. Keine zwei Stunden später wachte sie vom Schreien ihres Babys im Nebenzimmer auf. Sie lauschte und konzentrierte sich darauf, das Baby durch die Wand hindurch zurück in den Schlaf zu zwingen. Aber als es sich an seinen Tränen verschluckte, wurde seine Verzweiflung nur noch lauter. Resigniert und völlig erschöpft erhob sich die Mutter vom Bett und hoffte inständig, dass das nächtliche Schreien bald aufhören würde, wenn sie nur geduldig und freundlich blieb. Sie schleppte sich durch den Flur, der Labrador folgte ihr.
Diese junge Mutter war ich. Ich war 25 Jahre alt, und wir lebten damals in Australien. Nachdem mein erstes Kind geboren worden war, habe ich vier Jahre lang nicht eine Nacht durchgeschlafen. Ich las jedes Buch über kindliches Schlafverhalten, das ich finden konnte, und ich probierte alles aus, einschließlich der Vorschläge wohlmeinender Freunde und unseres Kinderarztes, aber nichts half. Und schuld an meiner Misere war allein ich selbst.
Als ich mit meinem Neugeborenen nach Hause gekommen war, fand ich es wie viele junge Mütter ganz wunderbar, es in meinen Armen in den Schlaf zu wiegen. Es war ein so friedliches und entspannendes Abendritual, und ich liebte es, meinen Sohn beim Einschlafen zu betrachten. Aber natürlich liebte auch er dieses Ritual, und fortan wollte er sich mit nichts anderem mehr zufriedengeben. Wenn ich ihn in sein Bettchen legte, schlief er immer fest, aber ungefähr eine Stunde später wachte er auf und schrie, bis ich ihn wieder in die Arme nahm. Mein Mann versuchte vergeblich, ihn zu beruhigen. Auch tagsüber war es nicht besser. Wegen der unruhigen Nächte war mein Sohn oft müde und quengelig. Bald waren wir beide völlig erschöpft, und jeden Tag betete ich darum, wenigstens zwei oder drei Stunden durchschlafen zu können.
Ich habe meine Lektion gelernt. Eineinhalb Jahre später bekam ich meinen zweiten Sohn Brendan und noch einmal eineinhalb Jahre später meine Tochter Julianne. Beide Male machten wir es anders als beim ersten Kind, wir wiegten die Babys nicht, bis sie in unseren Armen einschliefen. Wir praktizierten weiter ein zärtliches und liebevolles Abendritual mit Küsschen und Wiegenliedern. Doch danach legte ich die Babys sanft in ihre Bettchen, satt und mit sauberen Windeln, und verließ nach einem letzten Kuss das Zimmer, solange die Augen der Kinder noch geöffnet waren. Sie verbanden die Einschlafsituation nicht damit, in Mamas oder Papas Armen gewiegt zu werden. Stattdessen lernten sie von Anfang an, dass es sicher und bequem war, in ihren eigenen Bettchen zu schlafen, bis sie Hunger bekamen oder am nächsten Morgen die Sonne aufging – oder bis ihr großer Bruder sie mit seinem Geschrei weckte.
Als ich Jahre später meine Ausbildung zur Kinderärztin absolvierte, bestätigte mir die Literatur über den Schlaf von Säuglingen, was ich in Australien selbst herausgefunden hatte: Babys sind Gewohnheitswesen, und so, wie ein Baby in seinen ersten Lebenstagen einzuschlafen lernt, so wird es immer einschlafen wollen. Leider ist es häufig vergeblich, dieses Wissen weiterzugeben. Eine Studie der University of Michigan ergab, dass nur etwa 30 Prozent der Eltern die Ratschläge ihres Kinderarztes befolgen, und wenn es um das Thema Schlaftraining geht, sind es sogar nur 18 Prozent!73 Ich brauchte allerdings keine Studie, um mir darüber klar zu werden – ich sehe jeden Tag, dass es so ist.
So, wie ein Baby in seinen ersten Lebenstagen einzuschlafen lernt, so wird es immer einschlafen wollen.
Als ich in der Kinderklinik arbeitete, begegnete ich vielen Babys bei der hierzulande obligatorischen Untersuchung am dritten Lebenstag, manchen sogar früher. Bei diesen Terminen konzentrierte ich mich erst einmal auf das Wichtigste. Ich wog das Baby und fragte die Eltern, ob es seine Windeln nass machte. Dann stellte ich Fragen zum Füttern und Schlafen. Wenn wir fertig waren, gab ich der Familie eine kurze Liste mit Leitlinien mit nach Hause, in denen es um die Bedürfnisse des Babys und der Mutter in Bezug auf Schlaf und Ernährung ging. Meist wusste ich, noch bevor die Familie mein Behandlungszimmer verlassen hatte, wer meinen Rat annehmen würde und wer nicht. Ob ich richtiggelegen hatte, merkte ich, wenn die Eltern – meist die Mütter – zum in den USA üblichen Zwei-Wochen-Check-up wiederkamen. Die Mütter, die meine Anleitungen befolgt hatten, sahen ruhig und gelassen aus, die anderen waren oft erschöpft, unruhig und manchmal auch ungepflegt. In ihnen konnte ich mich selbst mit 25 Jahren wiedererkennen. Viele Eltern glauben mir einfach nicht, wenn ich ihnen sage, dass es nicht nur wichtig ist, ihre Babys gut zu ernähren und ihnen regelmäßig die Windeln zu wechseln, sondern dass sie ihnen auch gleich im ersten Monat beibringen sollten, ohne Mama einzuschlafen, damit sie eine ruhige Nacht haben und in ihren eigenen Bettchen bleiben.
Wieso nur können junge Eltern so schwer akzeptieren, dass ihre Babys ihre ständige Gegenwart gar nicht brauchen, um nachts durchzuschlafen? Ich vermute, weil eine solche Feststellung in vielen Kreisen wie Ketzerei klingt. Im 19. und auch noch im 20. Jahrhundert haben Kinderärzte Eltern fälschlicherweise geraten, nicht zu liebevoll mit ihren Kindern umzugehen und sie nachts, wenn sie schreien, nicht hochzunehmen.74 Ihre Begründung war, dass man die Kleinen dadurch verwöhnen würde. Heute haben wir das gegenteilige Problem: Erziehungsexperten bezeichnen es als natürlich, dass Säuglinge oder sogar Kleinkinder dicht neben der Mutter schlafen, vor allem wenn die Mütter Stillen nach Bedarf praktizieren. Ihre Empfehlung dahingehend wäre angemessen, wenn wir noch in unbeheizten Häusern wohnen oder in einer Hütte auf der Erde schlafen würden, mit knappen Essensvorräten und Raubtieren, die uns nachts gefährlich werden könnten. Vielleicht wäre der Ratschlag auch noch in Erwägung zu ziehen, wenn nicht viele von denen, die ihn zu befolgen versuchen, im Morgengrauen aufstehen müssten und einen langen Arbeitstag vor sich hätten oder sich tagsüber allein um weitere Kinder, sämtliche Erledigungen und das Essen kümmern müssten. Aber wie die Dinge stehen, versuchen viele Eltern, die Praktiken unserer Vorfahren zu befolgen und gleichzeitig leistungsfähige Bürger des 21. Jahrhunderts zu sein, vorbildliche Angestellte und engagierte romantische Partner. Der Druck, allem gerecht zu werden, kann einen an den Rand der Erschöpfung bringen. Unser Lebensstil macht es uns immer schwerer, die Ruhe zu finden, die wir brauchen. Doch könnten wir viel bessere Eltern, Bürger, Angestellte und romantische Partner sein, wenn wir es uns zu einer Hauptaufgabe machten, diese Ruhepausen einzuplanen. Ist das für junge Eltern überhaupt möglich – oder ist Schlafmangel unvermeidbar?
Nein, das ist er nicht. In ihrem Buch Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris beschreibt Pamela Druckerman, wie erstaunt sie war, als sie feststellte, dass die meisten französischen Babys in ihrem Umfeld mit spätestens sechs Monaten nachts durchschliefen und manche sogar schon mit sechs Wochen.75 Niederländische Babys schlafen im Alter von sechs Monaten im Durchschnitt zwei Stunden mehr pro Tag als amerikanische Babys.76 Wie kommt das? Kay Hymowitz, Wissenschaftlerin am Manhattan Institute, vermutet, dass es teilweise an den kulturellen Unterschieden liegt. Sie nimmt an, dass junge Eltern ihren Kindern von Anfang an beibringen, sich an ihre soziale Umgebung anzupassen;77 dabei benutzen sie »das Material ihrer Kultur, die gemeinsamen Glaubensvorstellungen und das damit zusammenhängende Repertoire an Verhaltensmustern, die ihre Kinder schließlich zu japanischen, italienischen oder amerikanischen Erwachsenen machen.« Dieser Einfluss macht sich schon bei Säuglingen bemerkbar. Hymowitz bezieht sich auf eine Vergleichsstudie78 zwischen holländischen und amerikanischen Müttern und ihren Kindern. Diese ergab, dass holländische Mütter der Ansicht waren, ihre Kinder müssten »ruhig, fröhlich und in wohlgeordneten Verhältnissen aufwachsen«; entsprechend richteten sie ihr Erziehungsverhalten aus. Amerikanische Mütter waren dagegen der Ansicht, dass ihre Kinder »angeregt« werden müssten. Folgerichtig konnten die Forscher beobachten, dass holländische Babys dazu neigen, in einem Zustand ruhiger Wachsamkeit zu verharren, während amerikanische Babys sehr viel aktiver sind. Da überrascht es nicht, dass holländische Babys mehr schlafen. Mit anderen Worten: Man erntet, was man sät.
Ob es ihnen bewusst ist oder nicht, Eltern haben für ihre Kinder vom ersten Lebenstag an kulturell bedingte Ziele im Kopf. US-Amerikaner schätzen Werte wie Geschäftigkeit, Unabhängigkeit und Produktivität, daher ist der typische Tag eines amerikanischen Kindes oft mit anregenden Aktivitäten und Ausflügen gefüllt, auch wenn das Kind noch sehr klein ist. Umso wichtiger wäre es folglich, dass die Kleinen viel schlafen. Doch der anregende Tagesablauf kann dazu führen, dass es dem Kind schwerfällt, einzuschlafen oder sich an einen festen Schlafrhythmus zu gewöhnen. Und genau darin liegt häufig das Problem.
Wie wir unseren Babys das Schlafen beibringen
In den USA gibt es zwei besonders populäre Methoden für das Schlaftraining, die CIO-Methode und das Bedsharing. Obwohl sie einander entgegengesetzt sind, funktionieren beide. Der Erfolg ist aber bei beiden Methoden leider meist teuer erkauft. Allzu oft haben Babys, die nachts regelmäßig durchschlafen, Eltern, die dafür ihren eigenen Schlaf opferten oder immer noch opfern. Eine Überprüfung beider Praktiken zeigt uns, warum das so ist.
Die CIO-Methode
Viele denken, dass die CIO-Methode (von englisch crying it out, soviel wie »ausschreien lassen«) das Gleiche wie die Ferber-Methode sei. Diese wurde nach dem Kinderarzt Dr. Richard Ferber benannt, der eine Schlaftrainingsmethode entwickelte, bei der Babys lernen sollen, allein und in ihrem eigenen Bettchen einzuschlafen. Aber CIO war nur eine von vielen Strategien, die Ferber bei Schlafproblemen von Säuglingen vorschlug. Idealerweise sollten Ferbers Tipps dazu führen, dass diese Probleme gar nicht erst entstehen.
Die sogenannte CIO-Methode ist sowohl für die Eltern als auch die Babys ziemlich unangenehm. Wichtig ist auch, dass sich die CIO-Methode nicht für jedes Kind eignet. Wenn ein Kind beispielsweise unter Reflux leidet oder Probleme mit der Nahrungsaufnahme hat, dann hat es Schmerzen und kann sich nicht selbst beruhigen. Man darf nicht erwarten, dass ein krankes Baby wieder zurück in den Schlaf findet, ohne getröstet zu werden.
Ferber geht davon aus, dass Babys, die nachts kurz aufwachen – wie es übrigens alle Menschen tun – und sich in derselben Umgebung befinden, in der sie eingeschlafen sind, leicht wieder zurück in den Schlaf finden. Theoretisch ängstigt sich ein Baby, das allein in seinem Bettchen eingeschlafen ist, also nicht, wenn es nachts dort wieder aufwacht. Es bewegt sich vielleicht ein bisschen, schläft dann aber wieder ein – folglich ist auch keine CIO-Methode erforderlich.
Ferber betont, dass die Art und Weise, wie viele Eltern die CIO-Methode interpretieren – und sie oft als letztes Mittel einsetzen –, »eine falsche Auslegung dessen ist, was ich so lange gelehrt habe. Ich habe Eltern nie geraten, ihre Babys einfach schreien zu lassen.«79, 80
Babys sind, wie schon gesagt, Gewohnheitswesen. Wurde ein Säugling wochen- oder monatelang von seinen Eltern in den Schlaf gewiegt oder jedes Mal gefüttert, sobald er nachts aufwachte und leise wimmerte, hat er gelernt, dass er seine Eltern braucht, um wieder einzuschlafen. Und wenn Babys abends immer in Gegenwart ihrer Eltern einschlafen, sich beim nächtlichen Aufwachen dann aber allein in ihrem Bett wiederfinden, weinen sie natürlich. Eilen die Eltern nun ans Bettchen, um ihr Kleines zu beruhigen und zu trösten, lernt das Baby, dass Mama oder Papa kommen, wenn es schreit. Wenn das Baby also das nächste Mal aufwacht, wird es wahrscheinlich erneut schreien, anstatt einfach wieder einzuschlafen. Und wenn niemand kommt, wird es immer lauter schreien. Ein solches Kind ist weder verwöhnt, noch will es seine Eltern manipulieren. Es hat Angst und wird schließlich auch wütend. Es versteht nicht, was schiefgelaufen ist. Warum kommt jetzt plötzlich niemand mehr?
Babys sind Gewohnheitswesen.
Bei Ferbers Schlaftrainingsmethode der »stufenweisen Entwöhnung« wird das Baby langsam an seine neue Umgebung gewöhnt. In der ersten Nacht wird es zum Einschlafen in sein eigenes Bett gelegt und die Eltern lassen es allein. Entweder wehrt es sich gleich dagegen, allein einzuschlafen, oder es schläft ein, wacht irgendwann wieder auf und beginnt zu schreien. Die Eltern warten dann eine Weile, ob das Baby sich nicht vielleicht doch von allein beruhigt und wieder einschläft. Falls nicht, betreten sie leise das Zimmer und beruhigen das Kind mit ein paar sanften Worten, damit es weiß, dass jemand da ist. Es wird jedoch nicht aus dem Bett genommen. Dann verlassen die Eltern das Zimmer wieder, auch wenn das Baby noch immer schreit. Schließlich wird das Baby einschlafen, bald darauf aber vielleicht erneut aufwachen und schreien. Die Eltern warten jedes Mal etwas länger, bevor sie das Zimmer betreten, um ihr Baby zu beruhigen. Nach ein paar Tagen sollte das Kind verstanden haben, dass es fortan allein in seinem Bettchen schlafen wird und sich daran auch nichts ändert, wenn es schreit.
Normalerweise dauert es einige Tage, bis das Kind lernt, dass es alleine wieder einschlafen muss, wenn es mitten in der Nacht aufwacht oder eine unruhige Schlafphase hat. Doch wie gesagt: Die CIO-Methode ist sowohl für die Eltern als auch die Babys ziemlich unangenehm und eignet sich nicht für jedes Kind.
Bedsharing
Seit einigen Jahrzehnten vertreten immer mehr Menschen eine ganz andere Meinung zum Thema Babyschlaf. Für sie liegt der Fehler, den die meisten unter Schlafmangel leidenden Eltern machen, nicht darin, dass sie ihren Babys nicht beibringen, allein zu schlafen, sondern darin, dass sie das überhaupt wollen. Schließlich war es bis vor gar nicht allzu langer Zeit üblich, in Gruppen zu schlafen. Warum – so fragen die Befürworter dieser Methode – sollte sich diese biologische Konditionierung plötzlich ändern?
Das sogenannte Co-Sleeping ist praktisch – das Baby fühlt sich sicher und die Mutter hat es bequem, wenn sie nachts stillen oder die Windeln wechseln muss. In vielen Ländern, zum Beispiel in Japan, im Irak und in Indien, schlafen die Kinder oft im Schlafzimmer der Eltern, bis sie in die Pubertät kommen. Wo also liegt das Problem?
Technisch gesehen bedeutet Co-Sleeping, dass Eltern und Kinder im selben Zimmer schlafen, üblicherweise nahe beieinander. Das Kind schläft dabei meist in einem Beistellbettchen, das nur an drei Seiten mit einem Gitter versehen ist. Mit der offenen Seite lässt es sich am Bett der Mutter befestigen, sodass diese das Baby nachts leicht zu sich nehmen kann, um es zu stillen.
Doch viele, die von Co-Sleeping sprechen, meinen damit eigentlich das sogenannte Bedsharing, bei dem Eltern oder Mutter und Baby zusammen in einem Bett schlafen. Die vielen Befürworter des Familienbettes in diesem Land übersehen dabei einen sehr wichtigen und problematischen Umstand, nämlich das elterliche Bett selbst.
In den Ländern, in denen Bedsharing üblich ist und es nur wenige Fälle von plötzlichem Kindstod gibt, schlafen die Menschen auf dünnen, harten Matratzen oder sogar auf dem Fußboden, und haben wenig Decken und Kissen. Die Menschen in westlichen Ländern dagegen bevorzugen bauschige Kissen und große, weiche Matratzen, oft mit vielen Unterlagen und Decken. Deswegen ist bei Babys, die im Bett ihrer Eltern schlafen, die Wahrscheinlichkeit, nachts zu sterben, fünfmal höher als bei Babys, die im eigenen Bett schlafen.81 Mögliche Todesursachen sind der plötzliche Kindstod, Ersticken oder Überhitzen.
Bedsharing ist also keine vernünftige Alternative, und auch die Forschung macht deutlich, dass es das Risiko nicht wert ist. Eine Metastudie, die die Ergebnisse aus fünf Studien zusammenfasste und fast 1500 Fälle von plötzlichem Kindstod in Großbritannien untersuchte, ergab, dass 88 Prozent der überprüften Todesfälle hätten vermieden werden können, wenn die Babys nicht mit ihren Eltern im selben Bett geschlafen hätten.82 Forscher in den USA berichteten in der Zeitschrift Pediatrics, dass bei 8000 ungeklärten Todesfällen von Babys in einem Zeitraum von acht Jahren 74 Prozent der unter vier Monate alten Säuglinge Opfer von Bedsharing geworden waren.83
Die meisten Familien übernehmen die Methode des Bedsharings aus purer Verzweiflung. Menschen sind zu vielem bereit, um den Schlaf zu bekommen, den sie brauchen. Wenn das häufige nächtliche Aufwachen eines Babys unerträglich wird, nehmen die Eltern ihr Kleines lieber mit in ihr Bett – vor allem dann, wenn sie am nächsten Tag zur Arbeit gehen und dort im Rhythmus und in der Geschwindigkeit der Arbeitswelt funktionieren müssen. Eine Zeit lang klappt die Sache mit dem Bedsharing meist ganz gut, und alle schlafen viel besser als vorher. Aber wer auch immer den Ausdruck »schlafen wie ein Baby« geprägt hat, um einen tiefen, ruhigen Schlaf zu charakterisieren, hat höchstwahrscheinlich niemals neben einem Baby gelegen. Kinder drehen sich im Schlaf hin und her, sie treten, wimmern und schreien auf. Und je älter sie werden, umso länger werden ihre Gliedmaßen, sie treten kräftiger und ihre Knie und Ellbogen werden spitzer. Das Kind schläft dabei wunderbar, die Eltern allerdings weniger. Doch natürlich ist es dem Kind schon nach ein, zwei Tagen zur lieben Gewohnheit geworden, bei den Eltern zu schlafen. Die neue Regelung gefällt ihm sehr, und jeder Versuch, es zum Schlafen wieder in sein eigenes Bett zu legen, wird mit massivem und lautem Protest quittiert. In dieser Situation ist es für die meisten Eltern einfacher, das Kind bei sich zu behalten; sie beschließen, die Problemlösung zu vertagen, und hoffen, dass es irgendwann leichter sein wird, das Kind wieder an sein eigenes Bett zu gewöhnen. Wozu es erfahrungsgemäß aber nie kommt.
Natürlich gefällt auch manchen Müttern das Familienbett, vor allem wenn sie länger als nur ein paar Monate stillen. Sie haben ihr Baby dicht bei sich, und ein Schlaf mit Unterbrechungen ist immer noch besser als gar keiner. Aber ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viele Männer in meiner Klinik waren, die bereits jahrelang ihr Bett mit ihren Kindern teilten und mich anflehten, auf ihre Frauen einzuwirken, die Kinder wieder in ihr eigenes Bett übersiedeln zu lassen. Bedsharing und Co-Sleeping können, über einen langen Zeitraum praktiziert, eine zerstörerische Wirkung auf den Schlaf, aber auch die Intimität eines Paares ausüben.
Die CIO-Methode ist fast immer herzzerreißend und ruft Schuldgefühle hervor, Bedsharing ist riskant und kann andere negative Folgen haben. Ich rate deswegen seit Jahren vielen frischgebackenen Eltern in meiner Praxis zu einer sanften Schlaftrainingsmethode, mit der die ganze Familie nach ein paar Wochen ruhig schlafen kann.
Mit einfachen Schritten zu einem guten Schlaf:
Ich werde immer gefragt: »Wann soll ich mit dem Schlaftraining für mein Baby beginnen?« Sofort. Auf welche Art Sie Ihr wenige Tage altes Kind schlafen legen, ist das, was es fortan jedes Mal erwarten wird, sei es in der Nacht oder tagsüber. Wenn Sie plötzlich beschließen, das Baby nun auf andere Art schlafen zu legen, können Sie nicht erwarten, dass es damit zufrieden ist. Vermutlich wird es das nicht sein. Es mag das, was es gewohnt ist, daher werden sich die meisten Kinder gegen eine Veränderung wehren. Und dieses Verhalten kann man doch verstehen, oder?
»Wann soll ich mit dem Schlaftraining für mein Baby beginnen?« Sofort.
Erfolgreiches Schlaftraining erfordert Ihr Engagement. Am besten entscheiden Sie sich schon vor der Geburt Ihres Babys, wie das Kind die nächsten Jahre schlafen soll.
In vielen Ländern ist es üblich, dass Eltern und Kinder im selben Zimmer schlafen, manchmal viele Jahre lang. Aber ich vermute, dass diese Tradition weniger mit persönlichen Wünschen, sondern eher mit teurem Wohnraum, Platzmangel, mehr Sicherheit vor äußeren Gefahren und Effizienz zusammenhängt. Und falls das Schlafen in einem Raum gewünscht ist, passt es vielleicht gut zum Lebensstil und entspricht einfach dem, was man gewohnt ist. In Ländern, in denen Co-Sleeping die Norm ist, würden andere Schlafarrangements vielleicht sogar merkwürdig wirken.
Was nicht heißt, dass es merkwürdig wäre, wenn das Baby allein schläft. Für all die amerikanischen Familien, die in den 1950er-Jahren ihre engen Stadtwohnungen verließen, um in die Vororte zu ziehen, war es sicher eine reizvolle Aussicht. Und man kann wohl annehmen, dass auch Eltern in anderen Ländern einen Vorteil darin sähen, mehr Platz zu haben und nicht im selben Raum wie ihre Kinder zu schlafen, wenn sie nur die Möglichkeit hätten und die Gelegenheit, sich daran zu gewöhnen.
Nun müssen Sie sich also entscheiden: Möchten Sie Ihr Schlafzimmer in fünf Jahren noch immer mit Ihrem Kind teilen? (Das mag für Sie noch in ferner Zukunft liegen, aber wenn man Kinder hat, rast die Zeit.) Was glauben Sie, wo Sie in fünf Jahren wohnen werden? Werden Sie arbeiten gehen? Werden Sie noch weitere Kinder haben? Und bezogen auf die Gegenwart: Wird es Ihnen etwas ausmachen, sich nachts mehrere Male um Ihr Kind zu kümmern oder mit ihm im selben Bett zu schlafen? Was meint Ihr Partner dazu? Wenn Sie später nicht mehr mit Ihrem Kind im selben Raum schlafen möchten, sollten Sie es jetzt schon dazu bringen, im eigenen Bett zu schlafen (aber nicht notwendigerweise auch in seinem eigenen Zimmer) – und zwar vom ersten Tag nach Ihrem Krankenhausaufenthalt an. Ansonsten haben Sie und Ihr Kind (und Ihr Partner) höchstwahrscheinlich eine anstrengende Zeit des Schlaftrainings vor sich, wenn Sie sich irgendwann für eine Veränderung entscheiden.
Wenn Ihr Baby jedoch gesund und termingerecht geboren wurde, wenn weder Still- noch medizinische Probleme vorliegen und wenn Sie sich von Anfang an an meine Empfehlungen halten, dann werden Sie wahrscheinlich weder das Bett mit ihm teilen müssen, noch es beim Einschlafen oder Aufwachen schreien hören. Meine Methode sollte Ihr Kind nach zwei oder drei Wochen etwa vier bis fünf Stunden pro Nacht durchschlafen lassen, und mit acht bis zehn Wochen bis zu sieben oder acht Stunden. Dafür ist nur etwas Planung, Geduld und Beharrlichkeit nötig.
Viele Eltern glauben, dass das alles vom Temperament oder der Sturheit ihres Kindes abhängt, aber so ist es nicht. Fast immer hängt es von Ihrem Verhalten ab. Was Mama und Papa tun, gibt dem Baby Hinweise darauf, wie seine Schlafsituation aussehen wird.
Wann und wie lange sollten Babys, Kleinkinder, Kindergarten- und Schulkinder idealerweise schlafen?
Babys: In den ersten Lebenswochen gibt es keine Regelschlafzeit. Doch wenn das Baby mit der Zeit immer mehr trinkt und Sie die Abstände zwischen den Mahlzeiten tagsüber kurz halten, wird das Baby nächtliche Stillzeiten bald auslassen, sodass es von etwa 23 Uhr bis 5 Uhr morgens durchschläft. Die nächtlichen Stillzeiten werden mit der Zeit noch weniger, und der Nachtschlaf beginnt dann oft schon gegen 19 Uhr. Schließlich schläft das Baby etwa zwölf Stunden durch.
Kleinkinder: Kleinkinder schlafen oft genauso lange wie Babys und brauchen außerdem noch einen Vormittagsschlaf von ein oder zwei Stunden und einen Nachmittagsschlaf von etwa einer Stunde. Diese Tagesschlafzeiten variieren von Kind zu Kind.
Kindergartenkinder: Kindergartenkinder haben ähnliche Schlafzeiten wie Kleinkinder, machen aber normalerweise nur noch einen Mittagsschlaf und schlafen nachts zehn bis zwölf Stunden. Ich empfehle eine frühe Zubettgehzeit, ungefähr gegen 19 Uhr, damit die Eltern noch etwas Zeit für sich haben.
Schulkinder: Schulkinder brauchen noch acht bis zehn Stunden Schlaf. Oft sind sie in Aktivitäten eingebunden oder haben Hausaufgaben zu machen, und viele müssen morgens schon früh den Bus zur Schule nehmen. Sobald sie in der Schule gefordert werden, halte ich 20 Uhr bis 20:30 Uhr für eine angemessene Zeit, um ins Bett zu gehen. Kinder bringen bessere Leistungen, wenn sie ausgeruht sind.
Es ist völlig in Ordnung, mit dem Säugling im selben Zimmer zu schlafen, wenn das Schlafarrangement es Ihnen erlaubt, Ihr Kind später auszuquartieren, ohne dass es dadurch beunruhigt wird. Dafür schaffen Sie sich am besten gleich ein Stubenbett an. Viele Familien kaufen zunächst ein Beistellbettchen. Das Problem dabei ist, dass das Baby darin so nahe bei Ihnen ist, dass es sich eigentlich nur um eine Erweiterung Ihres eigenen Bettes handelt (es ist viel sicherer als das Bedsharing, aber nicht völlig risikofrei), es sich für das Kind also nicht wie ein eigenes Bett anfühlt. Doch Ihr Baby fühlt sich auch in seinem eigenen, eingegrenzten kleinen Raum innerhalb Ihres Schlafzimmers sicher und geborgen, solange es von Anfang an auf diese Art schläft. Deswegen ist ein Stubenwagen oder -bett die bessere Wahl als ein Beistellbettchen. Ja, Sie müssen sich aufsetzen (wenn der Stubenwagen direkt neben Ihrem Bett steht) oder aufstehen, um zu stillen, aber Sie müssen nicht weit laufen. Und wenn Sie Ihr Kleines in sein eigenes Zimmer umziehen lassen möchten – etwa zwischen sechs und zwölf Monaten –, können Sie das ohne Schuldgefühle tun – in diesem Fall wird Ihr Baby die Veränderung nämlich kaum bemerken. Da es nicht daran gewöhnt ist, nachts direkt neben Ihnen zu liegen, wird es Ihre Gegenwart nicht vermissen und ist wahrscheinlich nicht beunruhigt.
Regelmäßigkeit ist das A und O, wenn Sie Ihrem Baby eine (für alle) angenehme Schlafroutine angewöhnen wollen. Es sollte immer zur gleichen Zeit schlafen gelegt werden. Vor dem letzten Stillen und dem Schlafen ist eine sanfte Massage besonders schön oder auch ein Bad (nachdem die Nabelschnur abgefallen ist). Lassen Sie Ihr Baby erst einmal eingewickelt in seinem warmen, kleinen Badehandtuch oder einer weichen Decke liegen und kuscheln Sie ein bisschen mit ihm. Das Licht im Schlafzimmer sollte jetzt gedämpft sein. Es gibt nichts Schöneres, als kurz vor der Schlafenszeit des Babys noch einmal gemeinsam zu kuscheln; genießen Sie diesen ruhigen Moment. Und setzen Sie sich dabei in den Schaukelstuhl, den Sie extra dafür gekauft haben! Während Ihr Baby die letzte Flasche bekommt oder gestillt wird, können Sie ihm etwas vorsingen oder Gedichte aufsagen – Ihr Kind liebt es, Ihre Stimme zu hören – oder schon einmal mit dem Ritual zu beginnen, ihm leise etwas vorzulesen.
Folgende Vorgehensweise müssen Sie perfektionieren: Nach jeder Stillmahlzeit achten Sie auf den Moment, in dem Ihr Baby genug getrunken hat und kurz davor zu sein scheint, die Augen zu schließen und wegzudämmern. Warten Sie jetzt nicht, bis es in Ihren Armen einschläft! Lassen Sie es sein Bäuerchen machen, falls es das noch nicht getan hat, dann wechseln Sie seine Windel, ziehen ihm seine Schlafkleidung an und legen es ruhig in sein Bettchen. Da all seine Bedürfnisse gestillt sind, sollte es nun zur Ruhe kommen und einschlafen. Wenn es ungefähr eine Stunde später eine leichte Schlafphase hat und aufwacht, wird es merken, dass es genau da ist, wo Sie es hingelegt haben. Dadurch wird es sich sicher fühlen und wieder einschlafen. Vielleicht klappt es nicht beim ersten Mal, aber wenn Sie alles genau so durchführen, hat sich Ihr Baby spätestens nach einigen Malen oder ein paar Tagen an dieses Einschlafritual gewöhnt.
Fängt Ihr Baby an zu weinen, kurz nachdem Sie es ins Bett gelegt haben, warten Sie eine Minute, bevor Sie es hochnehmen. Vielleicht wimmert es nur ein wenig, um sich selbst zu beruhigen. Sollte das Weinen oder Schreien anhalten, reagieren Sie, damit sich das Baby gar nicht erst an langes Schreien gewöhnt. Nehmen Sie es dann aus seinem Bett. Babys weinen oder schreien normalerweise nicht, wenn alles in Ordnung ist. Vielleicht hat es Blähungen, oder es hat nicht genug getrunken. Versuchen Sie, das Problem zu beheben, dann legen Sie es – nachdem es aufgehört hat zu weinen und solange es noch wach ist – wieder ins Bett.
Es funktioniert nicht! Und jetzt?
Wenn Sie die Anleitungen in den vorhergehenden Abschnitten genau befolgt haben und Ihr Baby nach drei oder vier Wochen nachts noch immer keine vier oder fünf Stunden durchschläft, könnte das einen der folgenden Gründe haben.
Hunger
Das häufigste Problem für Schlafprobleme ist, dass das Baby noch nicht genug Milch trinken kann, um länger davon zu zehren. Säuglinge können von Woche zu Woche mehr Milch aufnehmen. Wenn sie erst einmal genug trinken, um eine Mahlzeit auslassen zu können, können Sie nachts einen längeren Zeitraum am Stück schlafen. Die Natur unterstützt diese Entwicklung, indem die Mutter im Lauf der Zeit immer mehr Milch produziert. Gleichzeitig wird der Magen des Kindes größer, und auch sein Appetit wächst.
Die meisten Babys brauchen etwa acht Mahlzeiten am Tag – das heißt, sie sollten alle zweieinhalb oder drei Stunden Nahrung bekommen. Die Anzahl der Mahlzeiten sollte langsam verringert werden, bis das Baby schließlich in der Nacht etwa zehn bis zwölf Stunden durchschläft. Es wird auch tagsüber immer wieder ein wenig schlafen, aber achten Sie darauf, dass es über den Tag verteilt nicht länger als vier oder fünf Stunden schläft. Ansonsten lässt es eine Mahlzeit aus, die es stattdessen mitten in der Nacht verlangen wird, um insgesamt genug zu sich zu nehmen. Daher ist es besser, tagsüber etwa alle drei Stunden zu stillen oder das Fläschchen zu geben, damit Ihr Baby genügend Nahrung bekommt und gedeiht. Wecken Sie Ihr Baby, wenn es tagsüber zu lange schläft, und machen Sie die regelmäßigen Nahrungsaufnahmen zur Routine. Damit ein Baby, das voll gestillt wird, in den ersten Lebensmonaten genug Kalorien bekommt, muss es etwa 0,7 Liter pro Tag trinken. Wenn das Baby wächst und nachts länger schläft, erhöht sich die Nahrungsmenge, die bei den einzelnen Mahlzeiten aufgenommen wird, sodass die Gesamtmenge pro Tag gleich bleibt.
Reflux
Die Gründe für Reflux werden im nächsten Kapitel ausführlicher erläutert. Reflux jedenfalls ist häufig die Ursache, wenn ein flach auf dem Rücken liegendes Baby Schmerzen hat. Bei Neugeborenen arbeitet der Ringmuskel zwischen Speiseröhre und Magen häufig noch nicht richtig. Legt man das Baby dann nach dem Stillen hin, hat das die gleiche Wirkung, als würde man eine Sprudelwasserflasche auf die Seite legen – die Milch fließt aus dem Magen des Babys wieder hoch in die Speiseröhre. Sind die Körperfunktionen intakt, verschließt ein Muskel den Eingang zur Speiseröhre, und die Milch bleibt im Magen. Ist dieser Muskel noch nicht ausgereift, kann ein Gemisch aus Milch und den natürlichen Magensäuren in die Speiseröhre gelangen und ein brennendes Gefühl erzeugen. Oft hilft es, das Baby in einer etwas aufrechten Position schlafen zu lassen – zum Beispiel in einem Autositz oder, viel besser, in einem Stubenbett, dessen Matratze am Kopfende etwas angehoben wird. Ein Autositz ist nicht ideal, weil es für das Baby besser ist, sich frei in seinem Bett bewegen zu können – dort ist auch die Schlafqualität besser. Aber wenn das Baby an Reflux leidet und der Autositz Ihre einzige Option ist, behebt die so geschaffene aufrechte Position das Problem meist. Normalerweise tritt Säuglingsreflux nur bis zum Alter von vier Monaten auf. Falls nötig, lässt sich der Reflux auch medizinisch behandeln, ein Thema, auf das ich im sechsten Kapitel eingehen werde.
Zu viel oder zu wenig Schlaf
Tagsüber zu schlafen ist wichtig für die Gesundheit und die Entwicklung von Babys und kleinen Kindern – sie brauchen normalerweise mehr Schlaf, als sie nachts an einem Stück abdecken können. Der natürliche Schlafrhythmus eines Babys wird von chemischen Prozessen gesteuert, und Babys, die diesem natürlichen Rhythmus folgen können, sind ruhiger und zufriedener. Wird dieser Rhythmus jedoch durch unregelmäßige Schlafzeiten oder Schlafmangel gestört, sind die Babys ständig müde. Das beeinflusst nicht nur ihr Verhalten, sondern kann sogar zu Funktionsstörungen führen. Sogar in Ländern, in denen kleine Kinder oft spätabends noch wach sind, liegt dem Ganzen ein bestimmter Schlafrhythmus zugrunde. Kinder in Spanien und einigen lateinamerikanischen Ländern sind, gemessen an US-Standards, oft sehr spät noch auf und manchmal sogar mit ihren Familien in Cafés oder Restaurants anzutreffen. Aber dort, wo die Wohnungen im Allgemeinen klein sind, findet das soziale Leben meist auf öffentlichen Plätzen statt – diese sind sozusagen ein Ersatz für das Wohnzimmer, in dem man sonst Familien und Freunde trifft. Außerdem startet man in diesen Ländern morgens später als in den USA mit der Arbeit und der Schule, sodass die Kinder ihren Schlaf bekommen, auch wenn sie erst spät ins Bett gehen. Und auch wenn moderne spanische und lateinamerikanische Unternehmen die Tradition der Siesta aufgegeben haben, um auf dem globalen Markt bestehen zu können, halten doch zumindest die Kinder normalerweise einen Mittagsschlaf. Die Gesellschaft ist also so ausgerichtet, dass die Bedürfnisse der Kinder erfüllt werden.
Was für ein anderes Bild dagegen in den USA, wo Babys oft im Auto oder gegen die Brust ihrer Eltern gedrückt schlafen. Sie schlafen, das stimmt, aber dieser Schlaf hat nicht die gleiche Qualität wie der in einem Bettchen. Unsere fortwährende Aktivität führt dazu, dass manche Kinder keinen regelmäßigen Tagesablauf haben; es ist aber die Mühe wert, unsere Tage um die Schlafenszeiten eines Kindes herum zu organisieren und diese genauso einzuhalten wie einen Termin mit dem Elektriker oder dem Installateur. Für Eltern, die tagsüber bei ihren Kindern zu Hause sind, heißt das, dass sie ihren Alltag um diese kurzen Schlafenszeiten herum planen müssen, was manchmal ziemlich frustrierend sein kann. Aber anstatt gereizt zu reagieren, überlegen Sie sich besser, wie Sie diese Ruhezeiten produktiv für sich selbst nutzen können. Wenn Sie es schaffen, für einen regelmäßigen Tagesablauf zu sorgen, werden Sie mit einem zufriedeneren Kind belohnt, was auch Ihre gemeinsame Zeit leichter und angenehmer macht. Das Einschlafritual am Tag sollte kürzer sein als das, was den Nachtschlaf einläutet. Nach einem kurzen Wiegenlied oder einer sehr kurzen Geschichte legen Sie Ihr Kind in sein Bettchen. So bleibt Ihnen eine Stunde und manchmal mehr, um selber auszuruhen oder ein paar Dinge zu erledigen.
Manchmal werden Kinder noch am Nachmittag um 15 oder 16 Uhr zum Schlafen hingelegt, oder man lässt sie mittags zu lange schlafen. Ein kurzer Schlaf am Vormittag ist meist günstiger; ältere Babys und Kleinkinder wachen oft schon um sechs oder sieben Uhr morgens auf, essen und werden dann gegen neun Uhr noch einmal müde. Nach einem Vormittagsschlaf spielen sie bis zum Mittagessen und sind dann um 13 oder 14 Uhr bereit für ein weiteres kurzes Nickerchen. Versuchen Sie, Ihr Kind am frühen Nachmittag zur Ruhe zu legen, damit es vor dem Nachtschlaf mindesten drei Stunden wach ist.
Mein Kind möchte tagsüber nicht schlafen. Braucht es vielleicht gar kein Nickerchen?
Kinder wissen nicht unbedingt, ob sie ein Nickerchen brauchen. Manche wollen tagsüber nicht schlafen und werden dann am frühen Abend müde, was ungünstig ist, weil um diese Zeit normalerweise alle zu Hause sind und zusammen Zeit verbringen könnten. Wenn Ihr Kind tagsüber nicht schlafen möchte, empfehle ich, dass Sie wenigstens auf einer Ruhepause bestehen. Legen Sie es in sein Bett oder auf eine Decke oder Matte auf den Boden. Es muss nicht schlafen, aber es soll eine Zeit lang ruhig liegen bleiben. Wenn es möchte, kann es sich ein Bilderbuch ansehen. So hält man es auch in vielen Kindertagesstätten. Fangen Sie möglichst früh an, Ihr Kind an eine tägliche Ruhepause zu gewöhnen, auch wenn es nicht schlafen möchte. Eine Ruhephase ist immer sinnvoll, selbst wenn sie nur eine Stunde dauert.
Und da wir gerade beim Thema Pausen sind, möchte ich an dieser Stelle betonen, dass ein Nachmittagsschlaf uns allen guttun würde, jungen und alten Menschen gleichermaßen. So eine Ruhephase verbessert die Konzentration und die Arbeitsfähigkeit und wirkt sich außerdem sehr positiv auf den Körper aus; für eine Weile werden die Auswirkungen der Schwerkraft auf Herz und Gefäßsysteme aufgehoben, und Wirbel und Gelenke werden entlastet. Das Ergebnis sind zufriedenere, gesündere und geduldigere Eltern – die sich sogar von schlafresistenten Kindern nicht aus der Ruhe bringen lassen.
Was hilft Ihrem Baby noch beim Einschlafen?
Pucken
Es gibt viele Videos, die Anleitungen zum Pucken geben; orientieren Sie sich an einem, das von Experten ins Netz gestellt wurde. Wenn es richtig ausgeführt wird, kann das Pucken – dabei wird das Baby vom Hals abwärts in eine Decke oder ein Tuch eingewickelt – beruhigend auf Kinder wirken und das Einschlafen fördern. Ich betone: Wenn es richtig ausgeführt wird. Viele Eltern meinen, Pucken funktioniere nicht, aber das hat meist einen der folgenden Gründe.
Das Wickeltuch sitzt zu locker
Sinn des Puckens ist es, die Bewegungen des Babys einzuschränken und ihm das gleiche Gefühl von Begrenztheit und Sicherheit zu geben, das es in Mamas Bauch empfunden hat. Wenn das Wickeltuch zu locker sitzt, fühlt sich das Baby unsicher und rudert mit den Armen. Außerdem stellen lose gewickelte Tücher ein Risiko für den plötzlichen Kindstod dar. Die amerikanische Kinderärztevereinigung American Academy of Pediatrics warnt davor, ein Baby in seinem Bettchen mit einem Laken oder einer Decke zuzudecken, weil Gefahr besteht, dass es sich darin einwickelt oder sich die Decke über den Kopf zieht. Decken erhöhen das Risiko für den plötzlichen Kindstod und einen Tod durch Ersticken, vor allem wenn das Baby sich schon zur Seite rollen kann. Ein loses Wickeltuch ist wie eine Decke, also ebenfalls gefährlich.
Das Wickeltuch sitzt zu eng
Wenn das Baby zu eng eingewickelt ist, kann dadurch die Atmung behindert werden. Zudem steigt das Risiko einer Hüftdysplasie oder einer Überhitzung. Beim Pucken geht es nicht darum, das Baby so fest wie möglich einzuwickeln, sondern das Gefühl zu erzeugen, das dem Kind im Bauch der Mama angenehm war. Dort hatte es die Beine fast über Kreuz und auch ein wenig Bewegungsspielraum. Sie würden sicher nicht gern im Bett festgeschnallt werden, und Ihr Baby möchte das ebenso wenig.
Legen Sie Ihr Baby auf den Rücken, und zwar in ein völlig leeres Bettchen – kein Spielzeug, kein Kissen. Für Sie sieht das vielleicht kahl und nüchtern aus, aber Ihrem Baby ist es egal. Um zu überprüfen, ob das Wickeltuch nicht zu fest sitzt, schieben Sie Ihre Finger zwischen das Tuch und die Brust des Babys – drei Finger müssten ohne Weiteres Platz finden.
Das Pucken sollte auch nicht zu lange durchgeführt werden. Die amerikanische Kinderärztevereinigung empfiehlt, mit dem Pucken aufzuhören, wenn Ihr Baby zwei Monate alt ist. Pucken hindert Ihr Baby daran, das Umdrehen zu lernen, und stellt ab diesem Alter ein Erstickungsrisiko dar: Wenn ein Baby sich nämlich erst einmal in dem Tuch auf die Seite windet, kann es auf den Bauch fallen. Sind seine Arme dann nicht frei, um sich abzustützen, liegt es hilflos mit dem Gesicht auf der Matratze. Leider sind schon Babys auf diese Art erstickt. Außerdem befürchten Kinderärzte, dass Babys beim Pucken überhitzen und in einen so tiefen Schlaf versetzt werden können, dass das Aufwachen erschwert wird – was wiederum das Risiko für den plötzlichen Kindstod erhöht.
Je älter Ihr Baby wird, umso weniger Zeit sollte es im Wickeltuch verbringen. Babys sollten nicht wach in dem Tuch liegen bleiben – zu viele Eltern lassen Ihr Baby gepuckt liegen, um es ruhig zu halten. Aber sobald das Baby wach ist und um sich schaut, ist es auch bereit zu spielen oder zu trinken. Je älter es wird, desto mehr Möglichkeiten sollte man ihm geben, sich zu bewegen und Dinge zu berühren. Mit dem Mund lernen Babys viel über ihre kleine Welt, daher sollten sie ihre Arme bewegen und die Finger an den Mund führen können, um daran zu saugen. Natürlich möchten Sie, dass Ihr Kind genug schläft, aber wenn es wach ist, soll es ja auch neue Erfahrungen sammeln. Sehr früh schon können Sie Ihr Baby in wachem Zustand eine Zeit lang auf den Bauch legen. So kann es üben, sich vom Boden hochzudrücken, es kann den Kopf von einer Seite zur anderen wenden und sich über seine neuen sinnlichen Erfahrungen freuen.
Schnuller
Einige Stillberater raten von Schnullern ganz ab, weil sie befürchten, dass diese das Baby verwirren und das Stillen erschweren könnten, oder dass Kinder sich womöglich so sehr an den Schnuller im Mund gewöhnen, dass die Angewohnheit später schwer wieder abzulegen ist. Ich bin nicht unbedingt dieser Ansicht, und auch die Vereinigung amerikanischer Kinderärzte ist es nicht. Physiologisch gesehen ist es zumindest im ersten Lebensjahr wichtig für das Baby zu saugen, ohne Nahrung aufzunehmen – Babys haben ein starkes Saugbedürfnis, und Schnuller können helfen, diesen natürlichen Reflex zu befriedigen. Doch die Einführung muss gut geplant werden. Ein bis zwei Wochen nach der Geburt und erst, wenn das Baby gut trinkt, sollte man ihm einen Schnuller anbieten.
Ein Schnuller sollte nicht zum Ruhigstellen verwendet werden und auch keine Einschlafhilfe sein, denn irgendwann fällt er dem Baby aus dem Mund. Wenn es dann aufwacht, ist die Situation eine andere als beim Einschlafen, und es wird schreien, bis Sie kommen und ihm den Schnuller wieder in den Mund stecken. Außerdem sollte der Schnuller endgültig wieder aufgegeben werden, bevor das Kind zwei Jahre alt ist, denn er kann sich negativ auf die Sprachentwicklung und auf die Ausrichtung von Zähnen und Gaumen auswirken. Ich rate auch dringend dazu, dass der Schnuller im Bett bleibt, sobald das Kind wach ist und herumläuft, was mit etwa zehn bis 14 Monaten der Fall ist. So bleibt der Schnuller sauber, und die Zeit, in der er benutzt wird, ist automatisch begrenzt. Ein Kind dazu zu bringen, den Schnuller nicht mehr zu benutzen, ist im Allgemeinen nicht so schwierig, wie ihm anzugewöhnen, allein in seinem Bett zu schlafen.
Eine hübsche Tradition besteht darin, dass die Eltern dem Kind die Gelegenheit geben, seinen Schnuller einem Baby zu schenken. Manche Kinderzahnärzte haben ein »Schnuller-Austauschprogramm« – das Kind darf bei ihnen seinen Schnuller gegen ein kleines Spielzeug eintauschen. Oder man macht es wie die Dänen und Schweden: Dort gibt es in städtischen Parks »Schnullerbäume« – Bäume, die mit all den farbenfrohen Schnullern geschmückt sind, von denen sich die Kinder getrennt haben. Wie auch immer Sie sich des Schnullers entledigen: Wenn er weg ist, ist und bleibt er weg. Sollte Ihr Kind seine Entscheidung bereuen und ihn wiederhaben wollen, geben Sie nicht nach. Es wird Ihnen vielleicht schwerfallen, aber ich verspreche Ihnen, nach ein oder zwei Tagen hört das Weinen auf, und Ihr Kind hat den Schnuller für immer vergessen.
Ich kann meinem Baby das Daumenlutschen nicht abgewöhnen. Was nun?
Das Daumenlutschen ist oft schwerer wieder abzugewöhnen als der Schnuller, doch Ihr Kind sollte auf jeden Fall damit aufhören, bevor es zwei Jahre alt wird. Bei älteren Kindern kann Daumenlutschen zu großen Problemen mit den Zähnen führen. Es gibt ein paar Tricks, die helfen können. Manche Apotheken verkaufen Tinkturen, die man auf den Daumen des Kindes streichen kann. Sie schmecken schrecklich, sind aber vollkommen harmlos. Blamieren Sie Ihr Kind nicht, indem Sie es ein »Baby« nennen, aber Sie können es sanft darauf hinweisen, dass es nun schon recht groß ist und seine Freunde sein Daumenlutschen vielleicht kommentieren könnten. Meist lutschen Kinder am Daumen, weil sie nervös, ängstlich oder müde sind. Wenn Sie sehen, dass Ihr Kind den Daumen im Mund hat, weisen Sie es sanft darauf hin und bitten Sie es, den Finger herauszunehmen; vielleicht war ihm gar nicht bewusst, dass es am Daumen gelutscht hat.
Musik
Vor dem Schlafengehen Musik zu hören, ist eine gute Idee, solange die Musik nicht zu anregend ist. Außerdem sollte sie möglichst wieder abgestellt werden, bevor das Baby einschläft. Am besten geeignet sind sanfte Wiegenlieder oder klassische Musik ohne Gesang. Denken Sie daran: Wenn das Baby einschläft, während die Musik noch läuft, wird diese zum Teil seines Einschlafrituals; das bedeutet, dass die Musik in einer Phase leichten Schlafs immer noch oder wieder zu hören sein muss, sonst findet das Baby nicht von selbst zurück in den Tiefschlaf.
Während gegen sanfte Musik im Schlafzimmer nichts einzuwenden ist, können viele andere Geräusche störend sein. In amerikanischen Kinderzimmern läuft oft der Fernseher, oder Eltern lassen den Fernseher im Wohnzimmer an, während ihr Kind daneben liegt und ein Nickerchen hält. Studien zeigen jedoch, dass der Schlaf eines Kindes neben einem laufenden Fernseher – selbst bei geringer Lautstärke – nicht dieselbe Qualität hat wie in einem ruhigen Zimmer oder bei leiser Musik. Das bedeutet aber nicht, dass Straßenlärm den Schlaf eines Babys negativ beeinflusst. Straßenlärm ist eher wie weißes Rauschen, ein Summen im Hintergrund. Viele Fernsehprogramme und besonders die Werbung sind jedoch bewusst stimulierend gestaltet, damit sie die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf sich ziehen. Deswegen wirkt sich ein eingeschalteter Fernseher negativ auf die Schlafqualität aus.
Sie möchten mittlerweile gern allein schlafen, Ihr Baby jedoch nicht. Was nun?
Wenn Sie die Schlafsituation verändern wollen, Ihr Baby jedoch auf seinen alten Gewohnheiten besteht, können Sie Ihrem Baby beibringen, allein zu schlafen, indem Sie es langsam und sanft dabei unterstützen. Vielleicht hilft es Ihnen bei der Lösung des Problems, wenn Sie Ihre eigene Rolle bei der Entstehung der jetzigen Situation erkennen. Wenn Sie das Problem geschaffen haben, ist es ja eigentlich nur gerecht, dass Sie jetzt auch bei der Lösung helfen, nicht wahr? Sehen Sie diesen Kampf als den ersten an, den Sie für Ihr Kind ausfechten müssen, vielleicht macht Sie das stark genug, die Situation durchzustehen. Und ich betone noch einmal, Sie müssen unbedingt konsequent sein. Beginnen Sie den Prozess nicht, nur um drei Tage später einzuknicken, sonst werden Sie ein weiteres Jahr mit dem Problem zu tun haben. Und das wäre für Sie beide von Nachteil. Ich weiß, wovon ich rede, ich habe es selbst erlebt!
Im Prinzip möchten Sie Ihr Baby dazu bringen, dass es sein Bedürfnis aufgibt, bei Ihnen zu schlafen. Das bedeutet, dass Sie ihm immer wieder zeigen müssen, dass es Sie nicht an seiner Seite braucht, um sich sicher zu fühlen. Zunächst sorgen Sie dafür, dass Ihr Baby tagsüber und am frühen Abend genug trinkt. Und falls es bis jetzt in Ihrem Bett oder einem Beistellbettchen geschlafen hat, fangen Sie damit an, dass Sie es in sein eigenes, abgetrenntes Stubenbett legen, dieses aber noch dicht neben Ihr Bett stellen. Vielleicht können Sie Ihre Hand neben dem Kind auf der Matratze liegen lassen, sodass es Sie noch riechen und Ihre Berührung fühlen kann. Wenn Ihr Kind sich nach ein paar Tagen an dieses neue Arrangement gewöhnt hat, stellen Sie sein Bettchen noch etwas weiter von Ihrem Bett weg. In den folgenden Tagen rücken Sie das Kinderbett nach und nach immer weiter weg, bis zum Schluss eine Tür dazwischen ist. Der ganze Prozess kann bis zu einem Monat dauern. Wenn Sie noch stillen, stellen Sie einen Stuhl neben das Bettchen. Dann brauchen Sie im Bedarfsfall nur Ihr Baby hochzunehmen und zu stillen und können es gleich wieder in sein Bett legen und in Ihr eigenes kriechen. Noch besser ist es, wenn Sie Ihren Partner bitten, nachts aufzustehen und dem Baby das Fläschchen zu geben. Dadurch wird der Prozess sogar beschleunigt.
Tauschen Sie die Bettseiten mit Ihrem Partner, damit Sie nicht mehr diejenige sind, die direkt neben dem Baby liegt. Wenn Sie nicht mehr können, bitten Sie Ihre Mutter, Ihre Schwiegermutter, Ihre Schwester oder eine Freundin, Sie zu unterstützen, damit Sie eine Pause bekommen. Für Ihr Baby ist es vielleicht erst einmal nicht gerade angenehm, wenn eine andere Person Ihre Aufgaben übernimmt, aber manchmal sind Mütter derart erschöpft, dass sie zumindest eine Nacht zur Erholung brauchen, um den Prozess bis zum glücklichen Ende durchstehen zu können.
Auch unproblematische kleine Schläfer können in alte Gewohnheiten zurückfallen, vor allem nach einer Krankheit oder einer Unterbrechung ihrer Routine (wenn Sie zum Beispiel verreist waren oder Besuch hatten). Dann wollen die Kinder plötzlich wieder bei Ihnen schlafen, verlangen schreiend nach der Mama oder – wenn sie schon älter sind – kommen mitten in der Nacht in Ihr Bett und wollen nicht wieder zurück in ihr eigenes. Es gibt viele Situationen, in denen das passieren kann, am häufigsten habe ich es dann erlebt, wenn ein weiteres Kind geboren wurde. Ich empfehle Ihnen, Ihrem Kleinen diese neue Angewohnheit so schnell wie möglich wieder abzugewöhnen oder, noch besser, das Verhalten gar nicht erst zur Gewohnheit werden zu lassen. Bringen Sie Ihr Kind immer wieder zurück in sein eigenes Bett und trösten Sie es, solange es krank ist oder sich aus anderen Gründen unsicher fühlt, in seinem Zimmer. Wenn ein neues Baby da ist, machen Sie Ihrem älteren Kind klar, dass die Situation so bleiben wird, aber dass es weiterhin ganz wichtig für Sie ist und sich zwischen Ihnen nichts verändert hat.
Wieder mehr für sich selbst tun
Es hat noch einen Vorteil, wenn Ihr Kind irgendwann in seinem eigenen Zimmer schläft: Sie können wieder mehr für sich selbst tun. Die übergroße Liebe zu unseren Kindern kann uns leicht so stark in Anspruch nehmen, dass wir anfangen, andere Beziehungen in unserem Leben und sogar uns selbst zu vernachlässigen. Eine Nacht ohne Unterbrechung durchzuschlafen kann Ihnen Erholung bringen, aber es gibt noch eine andere Art Erholung, die Sie stärkt – wenn Sie nämlich eine Weile ohne Ihre Kinder sind und diese Zeit mit Ihrem Partner, mit Freunden oder einfach allein verbringen. Beides hilft Ihnen, die beste Mutter und die beste Person zu sein, die Sie sein können.
Im Moment kann Ihr Baby natürlich noch nicht verstehen, dass Sie noch eine andere Identität haben und nicht nur seine Mutter sind. Aber wenn Sie ihm beibringen, dass Sie nicht die einzige Quelle für Trost und Sicherheit sind, schaffen Sie eine gute Grundlage für spätere Zeiten. Die momentane Situation bleibt nicht ewig bestehen. Im Interesse der Gesundheit Ihres Kindes, der Beziehung zu Ihrem Partner und Ihrer eigenen Gesundheit ist es wichtig, dass Sie sich etwas Zeit für sich selbst frei räumen und manchmal Ihre eigenen Bedürfnisse nach Ruhe, einer Pause oder etwas Unterhaltung an die erste Stelle setzen. Arbeiten Sie weiter daran, sich eine Gemeinschaft aufzubauen und nutzen Sie diese Zeit, um Ihrem Kind dabei zu helfen, sich auch bei Ihrem Partner und anderen Betreuungspersonen wohlzufühlen. Jeder Mensch braucht Auszeiten, jedes Paar braucht Zeit zu zweit, und wenn man beides bekommt, sinkt der Stresspegel. Groll hingegen entsteht, wenn man keine Zeit mehr für sich selbst hat oder dafür, sich zu erinnern, wer man war, bevor man Kinder hatte. Letztendlich machen die Stunden, die Sie ohne Ihre Kinder nutzen, die Zeit, die Sie mit Ihnen verbringen, so unendlich viel angenehmer, fröhlicher und entspannter für Sie beide.