Die Basilika, ein Ort des Schreckens

Die verschwundenen Gebeine 

In jenen Monaten der fieberhaften Ermittlungen habe ich das Grab von Renatino De Pedis besucht, Zeugnis der riskanten Beziehung zwischen dem Vatikan und der schlimmsten Unterwelt. Begleitet werde ich von einem älteren Geistlichen, der freien Zugang zu der Kirche hat und sie bis in den letzten Winkel kennt. Sein Aufenthalt in der Kirche weckt keinerlei Verdacht oder Aufmerksamkeit. Er geht immer ein paar Schritte voraus, führt mich so durch die Räume und bedeutet mir, wohin und vor allem wann ich ihm folgen soll. Als wir die Basilika betreten, bin ich sofort von der Stille überwältigt, die mich umfängt, und fühle mich zugleich leicht unbehaglich. Schon nach wenigen Schritten signalisiert mir der Priester mit einem Handzeichen, zu warten. Endlose Minuten vergehen; unweigerlich muss ich an Emanuela denken. Vor mir sehe ich ein glückliches, heiteres Mädchen, das unversehens aus seinem Alltag gerissen wird. Bestimmt hat sie die Basilika aufgesucht, sich niedergekniet und für ihre Familie, Mama, Papa, Bruder, Schwester, die Großeltern gebetet. Dann verließ sie die Kirche, schlüpfte durch das Nachbartor, nahm unbekümmert die breite rechte Treppe und erreichte schließlich die heiß geliebte Musikschule, das Institut »Tommaso Ludovico da Vittoria«.

Aber der Leichnam von De Pedis ruht nicht dort, wo ich jetzt stehe, nicht inmitten der Grabstätten von Musikern, Prälaten und Kardinälen, nein, er liegt vor neugierigen Blicken gut versteckt in der Kirchenkrypta. Der Weg dorthin ist nicht leicht zu finden, wie ich merke, als ich endlich weitergehen darf. Mein Begleiter weist auf eine Rundtreppe. Ich nehme die Stufen nach unten, dann gehen wir durch einen kurzen Gang, der zu einer Tür führt. Die Tür ist geschlossen. Als wir sie öffnen, stehen wir in einem kleinen Raum und vor dem Grab. Durch die wertvolle Marmorverkleidung wirkt es wie ein Mausoleum. Der Leichnam von De Pedis liegt, umgeben von einer Bleihülle, die den Verfall der sterblichen Überreste verlangsamt, in einem Sarkophag. Etwas überrascht mich allerdings: Wir befinden uns nicht gerade im schönsten Bereich der Kirche, im Gegenteil. Der Raum ist nicht einmal geweiht, wie mir der Rektor von Sant’Apollinare, Huidobro, später erklärt. Ich wundere mich: Wieso erweist man einem hohen Mafiamitglied die Ehre, in dieser berühmten Kirche beerdigt zu werden, und verbannt ihn dann in einen abgelegenen Kellerraum? »Mittlerweile sieht es hier ja gut aus, weil renoviert wurde«, flüstert mir der Geistliche zu, der meine Gedanken wohl erraten hat. »Vorher war der Weg hierhin das reinste Abenteuer.« Er hat mir sogar Fotos mitgebracht: Auf den leicht verblichenen Bildern erkenne ich die verfallenen Kellerräume von Sant’Apollinare. Nur der Raum, in dem De Pedis liegt, ist renoviert, übrigens von derselben Firma, die man mit dem Grab von Papst Johannes XXIII. beauftragt hat. Doch rundherum nichts als Schimmel, Feuchtigkeit und massenhaft Dreck.

Nachdem die Spurensicherung der Polizei alle auffindbaren Pläne von Sant’Apollinare gesichtet hat, begibt sie sich am 14. Mai 2012 in die unteren Räume der Basilika – und stößt auf einen wahren Friedhof. Die Männer in den weißen Overalls sind drei Monate lang mit einer vermutlich in der Forensik weltweit einmaligen Operation beschäftigt.

Zunächst öffnen sie das Grab von De Pedis. Der Sarkophag »ist identisch mit dem von Papst Johannes XXIII.«, wie auch der Rektor Piero Vergari auf Capaldos Frage 2009 und 2010 drei Mal unter Eid bezeugt hatte. Die DNA-Analyse beweist, dass es sich bei dem Leichnam tatsächlich um De Pedis handelt. Schließlich nimmt man sich die Gebeine vor. Bei der Renovierung durch den Opus Dei, nach De Pedis’ Begräbnis, waren alle vorhandenen 52.188 konservierten menschlichen Knochen und Knochenfragmente in Hunderte Zinkkassetten umgelagert worden, die nun im Beinhaus, unter dem Altar und in einer Grube unter dem Kryptaboden, in der »Grotte der Märtyrer«, aufbewahrt wurden.

Noch nie zuvor ist in der Forensik ein ganzer Friedhof als Beweis aufgenommen worden, mit fast 60.000 Beweisstücken. Jeder Knochensplitter wird analysiert. Man bestimmt die DNA aller Knochen, die nach Alter und Geschlecht von Emanuela stammen könnten, und vergleicht sie mit Speichelproben der Familie. Die Ermittler hegen den Verdacht, dass die sterblichen Überreste des armen Mädchens unter den vielen schon vor einem Jahrhundert offiziell bestatteten Knochen versteckt sein könnten. Schließlich wird das gesamte Gebäude durchsucht, mit Speichern, Zwischendecken und in keinem Plan verzeichneten Gängen. Echte Millimeterarbeit, die den Rektor Huidobro verärgert: »Man hat in der Basilika mit ziemlicher Verbissenheit nach den Überresten des Mädchens gesucht, kein Zentimeter ist verschont geblieben.«[1] Am Ende liegt den Ermittlern ein Bericht vor:

Bei der Suche nach Gebeinen in der Kirchenkrypta wurden im Raum gegenüber des Grabs [von De Pedis, A.d.A.] 89 eingemauerte Kassetten und ein schwarzer Sack mit Knochen gefunden, sowie in einer Grube unter dem Kryptaboden, »Grotte der Märtyrer« genannt, 240 [Kassetten, A.d.A.] Insgesamt fanden sich 409 Kassetten und damit mehr als die 200 ursprünglich vermuteten.[2]

Während Analysen und Grabungsarbeiten weitergehen, befragen die Ermittler alle, die für die Renovierungsarbeiten, die Beschaffung der Kassetten und die Einlagerung der Knochen zuständig waren. Es ergeben sich erste Verdachtsmomente, auf die auch der von der Staatsanwaltschaft bestellte Sachverständige verweist, die aber in den Medien bislang nie wirklich thematisiert wurden. Der Sachverständige äußert in seinem Abschlussbericht »Restzweifel hinsichtlich der laut Zeugenaussagen 100 oder 110 fehlenden Skelette«.[3] Mit anderen Worten: Zahlreiche Zinkkassetten fehlen. Wann und von wem wurden sie weggeschafft? Und vor allem warum? Dass Kassetten fehlen, scheint keine bedeutungslose Nebensache, denn es bieten sich hierfür unzählige Erklärungen an. Der Leitende Oberstaatsanwalt Pignatone ist allerdings schnell mit einer Erklärung bei der Hand:

Selbst wenn man davon ausgeht, dass tatsächlich eine nicht unbeträchtliche Zahl an Skeletten zu unterschiedlichen Zeiten entfernt, in Kassetten verpackt und anschließend nicht nach Sant’Apollinare zurückgebracht wurde, ist zu berücksichtigen, dass gerade die von dem Sachverständigen beschriebene Typologie der Gebeine und der Skelettaufbewahrung dieser mit Kleidungsstücken und Schildern in Kassetten aufgefundenen Gruppe darauf schließen lässt, dass auch die fehlenden Kassetten zu dieser Gruppe gehörten und somit ähnlich alt sind.[4]

In Ermangelung gesicherter Erkenntnisse muss man sich in der Ermittlungsarbeit manchmal mit Hypothesen zufriedengeben. So auch hier. Pignatone vermutet, dass den verschwundenen Knochen keine Bedeutung zukomme, weil sie höchstwahrscheinlich zu einer bedeutungslosen typologischen Gruppe gehören. Ebenso denkbar wären aber auch völlig andere Szenarien, etwa dass die sterblichen Überreste des jungen Mädchens längst fortgeschafft wurden, damit sie nicht entdeckt würden. Gerade in den Kassetten mit bedeutungslosen Gebeinen hätte jemand ohne Weiteres Knochen verstecken können. Konnte es denn ein besseres Versteck geben? Die Ermittler versuchen zudem herauszufinden, ob während der Renovierung von Sant’Apollinare oder in den Folgejahren Zinkkassetten mit Knochen an andere Kirchen überstellt wurden: »Das wurde jedoch ausgeschlossen. Daher konnte dem nicht weiter nachgegangen werden, auch in Anbetracht der objektiven Schwierigkeiten, andere kirchliche Liegenschaften bei einem aller Voraussicht nach negativen Ergebnis zu durchsuchen.«[5] Eine vielleicht etwas voreilige Schlussfolgerung.

Eine »komplizierte« Wahrheit 

Und wehe, wenn jemand mit Petitionen, Demonstrationen oder Appellen Gerechtigkeit verlangt, wie die Familie Orlandi, die sich seit Jahren an den Papst wendet. »Was wollen die überhaupt? Was hat der Papst damit zu tun?«, platzt Vergari am Telefon heraus. An jenem Tag rückt die Spurensicherung zur Durchsuchung der Krypta an, und Vergari ist nervös. »Was hat der Vatikan damit zu tun? Und was ist mit all den anderen, die tot oder spurlos verschwunden sind? Was soll man denn da machen? Nur weil die Krach schlagen, sollen die jetzt die Wahrheit hören? Die Wahrheit ist eben kompliziert!« Vergari, zur Zeit von Emanuelas Verschwinden Rektor der Basilika, scheint die Wahrheit also nicht unbekannt gewesen zu sein, auch wenn er nun gegenüber jedem behauptet, er kenne sie nicht.

Eben, die Wahrheit im Fall der verschwundenen und vermutlich ermordeten Emanuela Orlandi ist »kompliziert«. Dieses Adjektiv verwendet auch der erste Mitarbeiter von Papst Franziskus, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, 2017 bei einem bis heute geheim gebliebenen Treffen. Alles begann am 27. März 2016, einem Ostersonntag. Die aufrüttelnde Osterbotschaft von Papst Franziskus hallt über die Menschenmenge, die sich zum Segen Urbi et Orbi auf dem Petersplatz drängt: »Überall setze man sich dafür ein, eine Kultur der Begegnung, der Gerechtigkeit und der gegenseitigen Achtung zu ermöglichen, die allein das geistige und materielle Wohl der Bürger garantieren können.«[6] Unter den Zuhörern auf dem Platz ist auch Pietro Orlandi, Emanuelas Bruder. Wenn er die Stimme des Papstes hört, muss er unweigerlich an jenen glücklichen Tag, den 7. März 2013 denken. Der neue Papst war gerade gewählt worden und wenige, entscheidende Sekunden lang konnte er ihn treffen und mit ihm sprechen.

Als ich erfuhr, dass Papst Franziskus an diesem Tag die Messe in Sant’Anna halten würde, ging ich mit meiner Mutter dorthin. In der Hoffnung, den Papst nach der Messe zu treffen, begab ich mich kurz vor Ende in die Sakristei. Dort wartete ich einige Minuten, aber er kam nicht. Ein paar Diener sagten mir dann, er verabschiede die Gläubigen auf dem Kirchplatz. Also reihte ich mich mit meiner Mutter in die Warteschlange ein. Als mich Domenico Giani, der Chef der Gendarmerie, sah, flüsterte er dem Papst, der etwa einen Meter neben ihm stand, etwas zu und blickte dabei in meine Richtung. Als ich an der Reihe war, habe ich allen Mut zusammengenommen und dem Papst die Hand gegeben. Da sagte er zu mir: »Emanuela ist im Himmel.« Ich konnte vor Schreck nichts sagen. Das Blut gefror mir in den Adern. Dasselbe hat er eine Minute später auch zu meiner Mutter gesagt. Es waren nur vier Worte, aber die haben mir nie gereicht. Auch weil wir keinen Beweis dafür hatten, dass Emanuela ermordet worden war. Warum hat der Papst das gesagt? War es ein Zeichen, dass die Zeit des Schweigens nun beendet war? Ab diesem Tag habe ich den Papst und seine engsten Mitarbeiter daher um Hilfe gebeten.[7]

An jenem Tag auf dem Petersplatz lässt sich Orlandi die Worte des Papstes durch den Kopf gehen: Achtung, Begegnung, Gerechtigkeit. Die Worte vertragen sich schlecht mit dem, was er vor Kurzem erfahren hat: In den Archiven des Vatikans liege ein geheimer Bericht über Emanuela. Wieder hofft er, endlich die Wahrheit zu erfahren. Was wohl darin steht? Wenige Wochen zuvor hat er einen Assistenten von Kardinal Parolin kontaktiert und um ein Treffen mit dem Staatssekretär gebeten. Er möchte endlich an höchster Stelle vorsprechen. Und tatsächlich wird ihm das Treffen gewährt. Ein paar Tage nach Ostern betritt Emanuelas Bruder die Büroräume im ersten Stock des Apostolischen Palasts: »Setz dich, Pietro«, sagt Parolin jovial und lässt ihn im Vorraum des päpstlichen Arbeitszimmers Platz nehmen. Pietro Orlandi setzt sich und redet fast eine Stunde, geht alle Ereignisse noch einmal durch und erwähnt auch den geheimen Bericht. Der Staatssekretär hört aufmerksam zu, stellt Fragen und zeigt sich angesichts mancher Details, wie jener über Vergari, überrascht. Als Orlandi ausgeredet hat, schweigt Parolin, spannt einen Moment die Gesichtsmuskeln an, doch wirkt er betroffen und bereit, der Sache nachzugehen: »Da muss man unbedingt etwas tun: Natürlich frage ich mich, was dahinter steckt, und mir ist klar, dass das eine schwierige Sache ist. Ich werde mit dem Papst sprechen und dich auf dem Laufenden halten.« Seitdem wartet Pietro Orlandi.

Luca und Emanuela, Musik und Gewalt

Luca B. ist, wie Emanuela Orlandi, ein Teenager. Beide haben vieles gemeinsam. Sie lieben die Musik, sind eher schweigsam, aber unter engen Freunden gesellig und gesprächig. Und sie tragen immer ein Lächeln auf dem Gesicht. Doch eines Tages sollte sich alles ändern. Für Emanuela und für Luca.

An einem Nachmittag im Frühsommer lädt Luca seine Freundin auf ein Eis ein. Sie quatschen so unbekümmert, wie man es in dem Alter eben tut, verabreden sich für den nächsten Tag und verabschieden sich. Das Mädchen schaut sich noch einmal zu ihm um, ist einen Moment lang abgelenkt und wird beim Überqueren der Straße von einem Auto überfahren. Von Todeskrämpfen geschüttelt und schreiend stirbt sie vor Lucas Augen.

Seitdem redet Luca fast nicht mehr. Die Eltern versuchen ihn aufzumuntern und abzulenken, aber der Schock drückt ihm wie ein Felsblock aufs Herz. Er scheint beinah nicht mehr leben zu wollen, hat das Interesse an allem verloren und verkriecht sich jeden Tag ein bisschen mehr in sein Schneckenhaus. Doch es gibt eines, was seine Umgebung noch hoffen lässt. In seinem Zimmer läuft ständig der Kassettenrekorder. Er hört seine Lieblingsmusik, italienische Lieder und Rockmusik. Der Vater meldet ihn in einer letzten verzweifelten Eingebung zum Musikunterricht an.

Die Musikschule wurde dem Vater von Freunden der Familie empfohlen, eine Schule im Komplex von Sant’Apollinare. Es ist dieselbe Schule, die die Nonnen an Emanuelas Mittelschule »Maria Santissima Bambina«, neben dem Petersplatz, auf der linken Seite der Kolonnaden, Emanuelas Eltern nahegelegt hatten.

Der Vater nimmt seinen Sohn also an die Hand und bringt ihn in die Basilika Sant’Apollinare, weil er hofft, dass dessen große Musikleidenschaft dort mithilfe von Partituren, Noten und Klängen neu zum Leben erweckt wird. Zuerst möchte er allerdings mit dem Lehrer reden, dem er seinen Jungen anvertraut. Er informiert ihn über das Trauma seines Sohnes, der fast nur noch schweigt, und bittet ihn, ein besonderes Augenmerk auf ihn zu haben und sich um den beinah verloren gegebenen Jungen zu kümmern. Der Lehrer hört aufmerksam zu und lächelt. Er möchte das Vertrauen des Vaters gewinnen, was ihm schließlich auch gelingt. »Ich werde persönlich auf ihn achtgeben«, sagt er beruhigend zu dem Vater. »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde ihm besondere Aufmerksamkeit schenken, damit er wieder neuen Lebensmut gewinnt.«

Es ist Anfang Herbst. Zögernd schreitet Luca durch das Tor von Sant’Apollinare, durch das einige Jahre zuvor auch Emanuela gegangen ist. Die beiden kennen sich nicht, weil Luca die Musikschule erst im Oktober 1988, fünf Jahre nach Emanuelas Verschwinden besucht. Doch zwischen beiden gibt es einen Berührungspunkt: Sie werden vom selben aufmerksamen Lehrer unterrichtet. Die Geschichte des Jungen nimmt sich der Lehrer so sehr zu Herzen, dass er ihn mehrfach missbraucht. Er ist pädophil. Luca ist für ihn ein Spielzeug, mit dem er seine perfiden Gelüste befriedigt.

Luca hat Angst, das zu erzählen. Doch nach und nach wagt er es. Und redet. Im Jahr 1990 vertraut er sich einem Geistlichen an, den der Vatikan geschickt hat, und nennt den Namen des Mannes, der ihn missbraucht hat. Am 23. Februar 2013 soll Luca in der Staatsanwaltschaft erscheinen, aber statt seiner kommt sein Bruder, mit ärztlichen Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass Luca »psychisch schwer erkrankt ist«. »Mein Bruder ist seit 1986 krank«, bezeugt er. »Durch seine Krankheit kann er keine normalen Beziehungen mehr leben und nur noch aus dem Haus gehen, wenn er auf bekannten Straßen in unmittelbarer Nähe bleibt. Damals erlaubte es sein Gesundheitszustand noch, dass er eine Musikschule besuchte. Solange er die Schule besuchte, ging es ihm relativ gut; sein Zustand verschlechterte sich aber, als die Musikschule 1991 geschlossen wurde.« Als psychisch Kranker gilt Luca als unzuverlässig.  

»Natürlich konnten wir ihn nicht vor Gericht als Zeugen präsentieren«, sagt Capaldo, »aber was er erzählt hat, ist zu detailliert, um erfunden zu sein. Dem müsste man eigentlich nachgehen.« Doch seither sind dreißig Jahre vergangen und die mutmaßlichen Taten damit verjährt. Der Justiz sind die Hände gebunden. Die Wunden, die die Ereignisse in Lucas Herz geschlagen haben, werden dennoch niemals wirklich heilen.

Ein höchst peinliches Telefonat

Die Basilika Sant’Apollinare verwandelt sich Tag für Tag mehr von einem Ort des Betens und Musizierens in einen Ort des Schreckens. Die Ermittlungen decken Geschichten auf, die den Tempel der Religion als einen düsteren Tümpel erscheinen lassen, aus dem die unvorstellbarsten Dinge aufsteigen können. Hier ist nicht nur Emanuela verschwunden, durch das Kirchenschiff zieht sich auch ein verwirrendes Knäuel aus Perversionen und Skandalen, die nun endlich ans Tageslicht kommen.

 

Als Erstes fallen den Ermittlern, die nun endlich kritisch und sehr genau hinschauen, die Seminaristen auf. Der Rektor von Sant’Apollinare widmet den oft armen, aus Entwicklungsländern stammenden Jugendlichen, die man wegen »moralischer Verwirrung« aus Kirchen, Schulen und Klöstern hinausgeworfen hat, ausgesprochen viel Zeit und Aufmerksamkeit, um sie wieder auf den Pfad der Tugend zurückzuführen. Die jungen Menschen sind psychisch labil, manche zweifeln auch an ihrer Berufung. Zur Zeit von Emanuela Orlandi wohnen sie in einem schmucklosen Raum des Gebäudekomplexes. Essen bekommen sie gratis bei »Popi Popi«, der Pizzeria des Bruders von De Pedis in Trastevere. Renatino lässt mitunter Pasta, Fleisch und Wein für vierzig Leute in die Kirche bringen. Als De Pedis’ Witwe im Winter 2009 von Capaldo als Zeugin befragt wird, erinnert sie sich, dass im ersten Stock von Sant’Apollinare sechs bis sieben Seminaristen in winzigen Zimmern mit Stockbetten untergebracht waren. Vergari bestreitet gegenüber der Staatsanwaltschaft allerdings, jemals Seminaristen beherbergt zu haben. Warum streitet er ab, was zweifelsfrei bewiesen ist? Der Ex-Rektor hatte starken Einfluss auf die »verwirrten« Jungen, die auf der Suche nach einem Halt waren. Die Ermittler hegten sogar den Verdacht, dass er mit einigen sexuelle Beziehungen unterhielt. Dafür sprach unter anderem, dass die Nonnen der anliegenden Musikschule, angefangen mit der verantwortlichen Schwester Dolores, ihre Chorproben nicht in Sant’Apollinare, sondern lieber in weit entfernten Kirchen abhielten.[8] Und obwohl der damalige Rektor alle Vorwürfe stets bestritt, scheint ein bisher unveröffentlichter Telefonmitschnitt den Verdacht der Ermittler zu bestätigen:

Im August 2009 telefoniert Vergari mit dem Seminaristen Don Firmino, eigentlich Htwe Khin Maung, der 1971 in Myanmar geboren wurde, aber in Italien nun seiner Berufung nachgehen möchte. Das Telefonat gehört zu den wenigen, die zum besseren Verständnis der »Persönlichkeit« vollständig in den Ermittlungsakten wiedergegeben sind:

 

Vergari: Hallo.

Seminarist: Ja.

Vergari: Ich bin’s.

S.:Guten Abend.

V.:Firmino! … Gestern war die Heilige Firmina! Ich habe an dich gedacht; ich habe gedacht, das ist dein Fest. Aber wo finde ich dich überhaupt, habe ich gedacht. Ich habe noch nicht einmal die Telefonnummer von Firmino …

S.:Wo sind Sie jetzt?

V.:In Sigillo … in Sigillo! Und du?

S.:In meinem Zimmer …

V.:In Foligno?

S.:Nein, nein, auf halbem Wege.

V.:Sehr gut, sehr gut … Wie geht es dir? Was machst du?

S.:Ööh, ich spiele.

V.:Du spielst? Okay … Wenn man spielt, dann läuft wohl alles gut oder?

S.:Öh.

V.:Wenn du spielst, läuft alles gut, weil man dann Spaß hat …

S.:Mmmh, ich spiele allerdings mit meinem Penis.

V.:Ach so, schon gut, schon gut.

S.:Sind Sie allein in Sigillo?

V.:Ja, ich bin allein.

S.:Es ist keiner da? Keiner?

V.:Nein, keiner. Weil ich mir gesagt habe, jetzt ist es genug. Sonst hört das ja gar nicht mehr auf, und da haben wir das mit den Jungen gelassen …

S.:Könnte ich nicht ab und zu mal kommen?

V.:Tja, okay. Wenn du willst. Ich bin hier. Hey, hey, das ist kein Problem …

S.:Aber ich habe Angst.

V.:Vor wem?

S.:Ich habe Angst, allein zu schlafen.

V.:Ach komm, du brauchst keine Angst haben. Ich bin doch da …

S.:Kann ich bei Ihnen schlafen?

V.:Natürlich, klar. Ich habe ein großes Zimmer.

S.:In einem Bett mit Ihnen, da würde ich gern schlafen.

V.:Nein, das geht nicht, nein …

S.:Weil jeder in seinem eigenen Bett schlafen muss, ich hab verstanden, in seinem Bett. Aber ich hab doch Angst!!! Angst … Kann ich also in Ihrem Bett schlafen?

V.:Oh … Sag mal, du studierst so viel, du studierst doch oder was machst du?

S.:Ich spiele.

V.:Okay, gut. Ich meine, studierst du an keiner Fakultät?

S.:Nein, nein, ich spiele, ich spiele oft.

V.:Ach so, ja, ja gut … mmmh.

S.:Jeden Abend!!!

V.:Ja, ist ja gut … gut, hey.

S.:Ich spiele mit meinem Penis, ich spiele mit meinem Penis. Alleine. Keiner ist da.

V.:Was ist mit dem Garten? Dem kleinen Garten?

S.:Nein, da ist kein Platz. Ich spiele, ich spiele einfach […] Wenn ich spiele, werde ich müde, sehr sehr müde.

V.:Du musst arbeiten … Erinnerst du dich noch daran, wie das da unten war, wie hieß der Ort, wo wir hingefahren sind? Wo du im Naturschutz gearbeitet hast. Du hast den kleinen Garten gemacht und mir das Gemüse gegeben. Die Zucchini, die Auberginen …

S.:Bananen … die Bananen

V.:Nein, Bananen nicht. In Neapel gibt es keine Bananen, nicht in Italien, nein hier nicht …

S.:Die Bananen.

V.:Da musst du nach Neapel gehen, was heißt Neapel, nach Afrika, nach Myanmar …

S.:Bananen, Zucchini, Auberginen. Die sind alle lang, lang und rund. Ich spiele, Sie nicht?

V.:Firmino, hör mal Firmino …

S.:Sollen wir spielen?

V.:Okay.

S.:Sollen wir spielen?

V.:Das nächste Mal, ja? Okay.

S.:Das nächste Mal spielen wir zusammen?

V.:Wir seh’n uns. Aber wann! Du bist immer so weit weg.

S.:Ich spiele.

V.:Ist gut. Jetzt sagen wir uns gute Nacht, was meinst du, ja?

S.:Es ist Milch gekommen.

V.:Ja, ist gut.

S.:Sahne.

V.:Ja, hör mal.

S.:Er zittert!

V.:Wir sagen uns jetzt gute Nacht, ja?

S.:Warum zittert er?

V.:Ich hab keine Ahnung, ob er zittert. Es wird ja wohl nicht die Grippe sein, du bist doch nicht krank?

S.:Er zittert wegen der Banane.

V.:Na also.

S.:Von der Banane.

V.:Ist ja gut.

S.:Es kommt immer noch was.

V.:Hör mal, mein Kleiner, also mein Kleiner. Erinnerst du dich noch, wie du einmal zum Superior gesagt hast: »Don Piero, was hast du denn verstanden?« [er versucht, das Thema zu wechseln, A.d.A.]

S.:Ich spiele. Ich glaub’, es ist besser, wenn man spielt, weil die Gedanken, all die Gedanken … oder?

V.:Komm schon, hör auf Firmino. Sei jetzt brav, bete ja?

S.:Nein, ich spiele ganz viel!

V.:Aber danach bist du doch müde, oder?

S.:Ja, aber wenn die Milch kommt, dann bin ich sehr glücklich. 

V.:Man kann nicht immer spielen. Das Leben ist ernst, verstanden?

S.:Nein … ich spiele zwei Mal am Tag.

V.:Ja, ist ja gut.

S.:Er wird auch länger.

V.:Ja, ist gut jetzt, jetzt sagen wir ciao, ja? Okay?

S.:Kann ich dann bei Ihnen schlafen?

V.:Ist ja gut, ist ja gut, aber in deinem eigenen Bettchen zwei Meter von mir entfernt. Okay?

S.:Wer weiß. Schauen wir mal. Ich spiele so gern … Ich bin dünner geworden, vor allem im Gesicht.

V.:Bist du wieder klein? Bist du wieder ein kleiner Mann? Ja?

S.:Weil ich so viel spiele.

V.:Ja? Okay. Das tut dir gut. Sagen wir, das ist ein bisschen Gymnastik, oder? Das tut deinem Körper gut.

S.:Ich spiele viel.

V.:Ist gut Firmino, also …

S.:Es kommt noch, ganz langsam. Es sieht aber wie Milch aus, wie Milch.

V.:Ja, ich weiß.

S.:Es sieht ein bisschen wie Milch aus. Oh Mamma mia. So viel.

V.:Ist gut Firmino. Jetzt sagen wir uns aber gute Nacht. Ciao.

S.:Gute Nacht, bis zum nächsten Mal.

V.:Bis zum nächsten Mal, was?[9]

Bei der Befragung durch die Ermittler hat der Seminarist zunächst jeglichen sexuellen Annäherungsversuch an Vergari abgestritten, woraufhin ihm die Staatsanwaltschaft das obige Telefonat vorspielte. Als er nicht mehr leugnen konnte, behauptete er nun, das Ganze sei ein Scherz gewesen, und als ihm auch das keiner abnahm, er habe den Ex-Rektor provozieren wollen. Die Ermittler glaubten ihm keine der drei Versionen.

Ich beschloss darum, den Seminaristen persönlich aufzusuchen. Nachdem ich seine Adresse ausfindig gemacht hatte, besuchte ich ihn in einem kleinen Dorf in Kampanien, wo er mit anderen Seminaristen wohnte. Er öffnete mir die Tür, bat mich, in einem sehr kahlen Wohnzimmer Platz zu nehmen und bot mir Kaffee an. Als er erfuhr, dass ich das peinliche Telefonat mit Vergari kannte, wurde er erst bleich und ließ dann eine Schimpftirade gegen mich und alle Journalisten insgesamt los. Ich sollte bei der Bibel, mit der er mir vor der Nase herumfuchtelte, schwören, dass er keine Schwierigkeiten bekommen würde. Scham oder eine Abwehrhaltung konnte ich in seinen Reaktionen nicht erkennen. In seinem Blick sah ich vor allem Angst, die Angst eines Menschen, der ahnt, dass er sich unvorsichtigerweise in etwas begeben hat, das größer ist als er. »Don Vergari hat uns aufgenommen. Wir waren fünf oder sechs. Wir wollten wieder zu Gott finden und Priester werden«, erzählte er schließlich. »Er hat uns ein Zuhause gegeben. Es ging uns damals nicht anders als den Jungen, die an den Ampeln Windschutzscheiben waschen, nur damit sie zu essen und einen Platz zum Schlafen haben. Wir waren in einer schwierigen Situation, wir wollten Priester werden, aber wussten nicht, wohin.«

Ich habe auch versucht, mit Piero Vergari zu sprechen, und ihn darum in Taurania, einem kleinen Dorf in der Nähe von Rieti aufgesucht. Der Ex-Rektor von Sant’Apollinare hatte dort Ende der achtziger Jahre einen Verein gegründet, der seine Aufgabe in einem großen »Werk der Berufungsentscheidung« sah. Er unterstützte junge Ausländer, bot ihnen Unterkunft, half ihnen bei der Beschaffung der italienischen Aufenthaltserlaubnis, beurteilte ihre Möglichkeiten, in ein Seminar aufgenommen zu werden und ihre Eignung als Priester. Der Verein war nicht unbedeutend: »Von 1988 bis 1991 sind gut 130 meiner Jungen Priester geworden«, verkündete Vergari stolz gegenüber den Ermittlern. Doch der Verein hatte auch seine Schattenseiten. Er wurde schon bald durch den Bischof von Tivoli aufgelöst, und 2002 wies die italienische Bischofskonferenz die Diözesen an, niemanden aus dem Umfeld Vergaris anzustellen oder zum Priester zu weihen. Meine Begegnung mit Vergari sollte nur wenige Minuten dauern. Er öffnete mir die Tür, bat mich herein, und als er hörte, dass ich Journalist bin, warf er mich hochkant wieder hinaus.

Als Seine Exzellenz auf das überwachte Telefon verwies 

Am 3. Mai 2012 nimmt die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Entführung mit Todesfolge gegen den ehemaligen Rektor von Sant’Apollinare auf, muss aber bald erkennen, dass Vergari trotz seiner wenig vorzeigbaren sexuellen Orientierung großen Schutz im Vatikan genießt. Am 19. Mai, als Sant’Apollinare gerade durchsucht wird, erfährt Vergari aus der Zeitung, dass sich aufgrund der Aussagen von Sabrina Minardi und anderer Erkenntnisse die Ermittlungen im Fall Orlandi nun auf die Basilika konzentrieren und auch gegen ihn ermittelt wird. Er bekommt es mit der Angst zu tun. Um 11.01 Uhr wählt er eine Nummer im Vatikan. Er ahnt nicht, dass sein Telefon überwacht wird, doch die Ermittler hören jedes Wort mit. Nach dem dritten Klingeln wird abgehoben. Vergari hat Angst, ist aber wie sonst auch gegenüber Oberen unterwürfig. Er nennt seinen Gesprächspartner »Exzellenz«, es dürfte sich also um einen höheren Prälaten oder Bischof handeln, auch wenn seine genaue Identität leider nie festgestellt werden konnte. Aus den Abhörberichten, die im Anhang wiedergegeben sind, lässt sich jedenfalls Erstaunliches entnehmen. Nach wenigen Sätzen teilt »Exzellenz« dem alten Priester etwas mit, was diesen offensichtlich schockiert:

 

Vergari: Exzellenz, hören Sie. Hier spricht Don Piero.

Exzellenz: Ja.

V.:Also … was soll ich machen … diese Leute.

E.:(unterbricht ihn brüsk) Da müssen Sie nicht mich fragen, Don Piero, weil … seien Sie doch … seien Sie ruhig … seien Sie still. Ich hab es Ihnen von Anfang an gesagt …

V.:Ich bin ganz ruhig. Hören Sie, ich sage die Wahrheit. Ich habe diese Person nie in meinem Leben gesehen, ich kenne sie überhaupt nicht.

E.: (unterbricht ihn wieder) Ja, aber so bleiben Sie doch ruhig.

V.:Jawohl.

E.:Wie ich Ihnen schon immer gesagt habe, denn immer, wenn Sie den Kopf verlieren, passiert, was passieren muss.

V.:Jawohl.

E.:Bleiben Sie also jetzt ruhig.

V.:Jawohl.

E.:Sie brauchen nicht …

V.:Jawohl. Aber hören Sie, die Leute rufen mich an … Da kommen Anrufe. Ich antworte niemandem … Wenn die Journalisten etwas von mir wissen wollen …

E.:Passen Sie bloß auf. Ihr Telefon wird abgehört.

V.:Jawohl. Ja.

E.: (in entschiedenem Ton) Ich will damit nichts zu tun haben. Die haben mich schon wie eine Zitrone ausgepresst.

V.:Okay. So gehe ich vor. Ich sage keinem Journalisten auch nur ein einziges Wort.

E.:Genau, Sie sagen gar nichts … Punkt, aus!

V.:Ich danke Ihnen.

E.:Die Oberen wissen ja Bescheid.

V.:Ja, ja. Sie wissen das. Das kann ich mir schon denken …

E.: (unterbricht ihn, er will das Telefonat beenden) Auf Wiedersehen.

V.:Jawohl. Wir sehen uns. Danke.[10]

Vergari wird also von einem hohen Prälaten darüber informiert, dass sein Telefon abgehört wird. Ein anderer Satz des Gesprächspartners lädt zudem zu höchst beunruhigenden Interpretationen ein: »Immer, wenn Sie den Kopf verlieren, passiert, was passieren muss.« Was meint er überhaupt damit? Der Prälat ermahnt ihn und fordert ihn auf, keine falschen Schritte zu unternehmen. Ab jetzt ist Vergari beim Telefonieren sehr vorsichtig. Doch woher weiß die geheimnisvolle »Exzellenz«, dass das Telefon des Ex-Rektors abgehört wird? Von wem hat er diese entscheidende Information? Handelt es sich um eine pure Vermutung, mit der Vergari eingeschüchtert werden soll? Oder konnte sich der Vatikan auf einen Maulwurf in den Ermittlungsbehörden verlassen? Leider wurde diese Frage nie geklärt, weil ihr niemand wirklich nachgegangen ist.

Im Übrigen herrscht im Vatikan große Aufregung. Man bietet dem Ex-Rektor in der schwierigen Lage, die ihn erheblich unter Druck setzt, umfassende Hilfe an. Bischöfe, hohe Prälaten und einfache Priester rufen ihn an: Alle ermuntern ihn, sich nicht unterkriegen zu lassen. Besonders Wagemutige entwickeln Strategien und geben ihm Ratschläge. So empfiehlt ihm ein Geistlicher, sich auf das Beichtgeheimnis zu berufen, um nichts über sein Vertrauensverhältnis zu De Pedis sagen zu müssen. Die verblüffende Verteidigungsstrategie zeugt von bedingungsloser Unterstützung, als wäre Vergari eine arme, verlorene Seele.

Drei Tage nach dem Telefonat mit »Seiner Exzellenz« ist die Reihe an Ennio Appignanesi, dem ehemaligen Bischof von Potenza. Laut der Ermittler wendet sich Vergari an ihn, um zu erfahren, wie er sich bei einem Verhör verhalten soll. Der Bischof kennt sich mit Ermittlungen und Verhören aus: Beinah stolz berichtet er dem Ex-Rektor von Sant’Apollinare, dass er im Fall der 1993 ermordeten Elisa Claps befragt worden war, deren Überreste man auf dem Speicher der Kirche Santissima Trinità in Potenza gefunden hatte. Wie von »Seiner Exzellenz« wird Vergari auch von dem Bischof Appignanesi gewarnt. Aus den Ermittlungsakten geht hervor:

[Der Bischof Appignanesi, A.d.A.] warnt Vergari, dass sein Telefon mit Sicherheit abgehört werde. Bei dem Gespräch scheint es sich weniger um eine Unterhaltung unter Freunden zu handeln als um die Planung einer Prozessstrategie, in der alle Aussagen übereinstimmen müssen: Der Bischof erklärt Vergari, dass er nur glaubwürdig sein könne, wenn er stets bei demselben bleibe, wobei es noch besser sei, sich auf sein Aussageverweigerungsrecht zu berufen, da alles »falsch interpretiert« werden könne. Vergari scheint lange darüber nachgedacht zu haben, wie er sich bei der Staatsanwaltschaft am besten verhalten soll, und sagt, er werde sich als geistiger Führer von Enrico De Pedis präsentieren. Der Bischof zeigt sich begeistert. Eine solche Aussage würde allen weiteren Fragen einen Riegel vorschieben, da sich Vergari damit auf das Beichtgeheimnis berufen könne.

Vergari: […] Ich kannte da mal jemanden, Enrico De Pedis. Wohlgemerkt … Enrico De Pedis. Er heißt Enrico! Dann gibt es einen, der Renatino genannt wird.

Appignanesi: Ehm … hör mal … am Telefon. Wenn gegen dich ermittelt wird … als … aufgrund … kann gut sein, dass sie dein Telefon überwachen.

V.:Meinen Sie?

A.:… Wir haben doch nichts zu verbergen, vor niemandem.

V.:… Nein, nein … nichts … nichts zu verbergen? Nichts zu verbergen! Weil, was meinen Sie, machen wir jetzt weiter oder nicht? Was sagt Don E …?

A.:[…] Nein, was ich sagen will. Wenn sie dich schon zum dritten Mal vorgeladen haben, dann pass auf! Vor allem muss man immer bei demselben bleiben! […] Damit man glaubwürdig bleibt … Vielleicht können dir da auch andere raten … Wenn du nämlich offen und ehrlich bist … Man kann die Dinge ja immer auf zig Weisen auslegen …

V.:Ja.

A.:Also greift man manchmal zurück auf … will man nicht aussagen, ob einer schuldig ist oder dies und das … Stellt doch Ermittlungen an, ich habe dazu nichts zu sagen … Ich weiß es einfach nicht … ich höre die Frage …!

V.:Im Grunde bin ich 25 Jahre ins Gefängnis Regina Coeli gegangen, ich war so etwas wie ein geistlicher Führer … sozusagen ein Hilfskaplan, nicht? Und als geistiger Führer habe ich das noch einige Jahre weitergemacht … So könnte man sagen, oder? […] Man könnte also sagen, im Grunde war ich ein geistiger Führer, nicht? […]

A.:Ja, und dazu darf dich niemand befragen … das geht niemanden etwas an … da gilt das Beichtgeheimnis … das darf man nicht entwerten. [Du sagst, A.d.A.] Dazu sage ich nichts … Darüber spreche ich nur mit meinem Gewissen und Gott! … Ich habe nur getan, was jeder Geistliche getan hätte. Punkt und aus!

V.:Genau! Richtig! Ich habe keine anderen verschwundenen Personen gekannt, mehr oder weniger.

A.:Sehr gut … sehr gut, wirklich!

Das undurchdringliche Schweigen 

Die Ermittler sind von dem, was sie in den Telefongesprächen hören, nicht überrascht. In den vergangenen Jahren hatten Zeugen immer wieder versucht, ausweichend zu antworten, sobald es unbequem wurde. Das zeigt auch der Mitschnitt eines peinlichen Telefonats zwischen dem Vatikanpolizisten Raul Bonarelli und einem von diesem »Capo« (Chef) genannten Mann, bei dem es sich, wie sich später herausstellte, um Camillo Cibin, den Generalinspekteur des damaligen Gendarmeriekorps Vigilanza del Vaticano handelte. Das Telefonat wird am 12. Oktober 1993 geführt, einen Tag, ehe Bonarelli von der italienischen Justiz zum Fall Emanuela Orlandi befragt werden soll:

 

Cibin: Ich habe mit Seiner Exzellenz Bertani gesprochen … Und er sagt … als Zeuge, du sagst einfach, was du weißt … und was weißt du über den Fall Orlandi? Nichts! Wir wissen nichts darüber! … Wir wissen, was in den Zeitungen steht, aus den Nachrichten! Von der Sache, die herauskam … zuständig ist … die italienische Rechtsordnung.

Bonarelli: Das soll ich also sagen?

C.:Tja, ja … Was wissen wir schon? Wenn du sagst: Ich habe hier nie ermittelt … Das Amt hat intern ermittelt … die Sache ging dann an … Aber sag nicht, dass sie ans Staatssekretariat gegangen ist.

B.:Nein, nein. Über interne Sachen darf ich nichts sagen.

C.:Nichts.

B.:Ich muss sagen, über die internen Sachen darf ich nichts sagen. Und außen …

C.:Außen hingegen, wenn es die vatikanische Justiz war … kümmert sich die vatikanische Justiz darum … unter sich … du sagst nichts, du weißt ja nichts!

B.:Und wenn sie sagen, ich bin ja beim Vatikan angestellt, welches denn meine Aufgaben sind, ich muss mich ausweisen, sie wissen, wer ich bin.

C.:Na ja, dann wissen sie’s eben, was machst du schon? Du schiebst deinen Dienst, deine Schichten, für die Sicherheit in Vatikanstadt. Das ist doch alles. 

B.:Ja … Okay. Morgen früh gehe ich also, mache meine Zeugenaussage und dann komme ich, oder?

C.:Dann kommst du, ja.

B.:Okay.

C.:Schon gut, ciao.

Am 22. April 2004 wandten sich die Ermittler mit einem Rechtshilfeersuchen an den Vatikan, um Genaueres über die Rolle von Bonarelli und dem damaligen Generalsekretär des Governatorats Bruno Bertagna zu erfahren, dem das Gendarmeriekorps unterstellt war. Die beiden Männer sind Vatikanbürger und dürfen laut Lateranverträgen nicht einfach von ausländischen Staaten befragt werden. Die vatikanischen Behörden haben nie auf das Rechtshilfeersuchen reagiert.

Zurückblickend kann man sagen, dass die Ermittlungen von Anfang an durch ein ausweichendes Verhalten des Vatikans geprägt waren. In einem Bericht an den Untersuchungsrichter vom 9. Februar 1994 fand der damalige Vizedirektor des italienischen Inlandsgeheimdienstes Sisde, Vincenzo Parisi, deutliche Worte: »Meiner Meinung nach wurden die Ermittlungen dadurch beeinträchtigt, dass zwischen dem italienischen Staat und dem Heiligen Stuhl eine Barriere errichtet wurde.« Ähnlich äußerte sich 1997 auch Generalstaatsanwalt Giovanni Malerba: »Die gesamte Angelegenheit Orlandi war durch das durchgehend reservierte Verhalten des Vatikans geprägt, der sicherlich über die telefonischen Kontakte verfügte, aber den Inhalt seiner Berichte nicht an Justiz- und Polizeibehörden weitergab.«[11] 

Im Übrigen wurden vielleicht auch die letzten Ermittlungen im Fall Orlandi von Anfang an durch unbedachte Veröffentlichungen und befremdliche Fehler zum Scheitern gebracht. Am schlimmsten und verheerendsten war in dieser Hinsicht das unglaubliche Informationsleck vom Juni 2008. Am 22. Juni 2008 stellt Rosa Polito von der Presseagentur Agi eine Meldung ins Internet: Die ehemalige Geliebte von De Pedis, Sabrina Minardi, sei bereit, mit den Ermittlern zu kooperieren und über die Ermordung von Orlandi sowie die Beziehungen zwischen ihrem Ex-Freund und dem Vatikan auszusagen, angefangen von den Geldwäscheoperationen der Vatikanbank unter Marcinkus: »De Pedis hatte Interesse daran, mit Marcinkus zu dingsbumsen [sic], weil dieser Gelder aus den Entführungen im Ausland anlegen konnte.« Mit der Meldung hatte Polito zweifellos einen Coup gelandet, aber die Veröffentlichung der durchgesickerten Information durch die großen Tageszeitungen und Fernsehsender sollte sich auf die Ermittlungen negativ auswirken: unter anderem auf die Befragung von Sabrina Minardi durch die Staatsanwaltschaft. Die verängstigte Frau macht nur noch unglaubwürdige Angaben und ändert ihre Aussage mehrfach. Kurzum, sie ist eine unzuverlässige Zeugin. Durch die Veröffentlichung ihrer Aussage werden zudem alle Mitglieder der Magliana-Bande, die etwas über das Verschwinden von Emanuela Orlandi wissen könnten, gewarnt; sie passen nun genau auf, was sie am Telefon sagen, und stimmen ihre Aussagen untereinander ab. Und es gab noch einen seltsamen Zufall: Die Informationen sickern ausgerechnet zu dem Zeitpunkt durch, als die Leitung der Ermittlungen im Fall der Entführung und Ermordung von Emanuela Orlandi in andere Hände übergeht. Am 1. Juli 2008 wird der damalige Ermittlungsleiter Italo Ormanni den Fall an Giancarlo Capaldo übergeben.

Ormannis Ermittlungsarbeit stellte im Vergleich zu früher zweifellos eine Kehrtwende dar. Auf einmal hatten sich neue Perspektiven eröffnet. Die Aussage von Sabrina Minardi hätte auch andere dazu bewegen und ermutigen können, als Kronzeuge auszusagen. Doch dieser Weg war jetzt zur Sackgasse geworden. So wie 2012 plötzlich der Deal mit dem Heiligen Stuhl.

Ungeschickte Ermittlungen

Fehler, falsche Fährten, Informationslecks, die mögliche Kronzeugen zum Verstummen bringen, und das undurchdringliche Schweigen der Kurie führen die Ermittlungen 2015 schließlich aufs Abstellgleis. 

Nachdem der Chefermittler Pignatone den im Grunde ergebnislosen Bericht der Durchsuchung von Sant’Apollinare erhalten hat, lädt er am 14. April 2015 alle Ermittler in dem Fall zu einem vertraulichen Gespräch, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Ein entscheidender Moment also. Soweit sich das heute noch rekonstruieren lässt, standen damals drei mögliche Szenarien zur Auswahl: die Ermittlungen fortzusetzen, gegen die Verdächtigen Anklage zu erheben oder den Fall zu den Akten zu legen. Capaldo wollte die Mafiamitglieder, die Emanuela beschattet hatten, vor Gericht bringen. Seiner Überzeugung nach gab es genügend Anhaltspunkte für die Eröffnung eines Hauptverfahrens, das dann auch dazu beitragen würde, die Mauer des Schweigens unter den Zeugen zu brechen. Zudem wollte er unter den Klassenkameraden von Emanuela ermitteln, weil ihm dort einiges widersprüchlich schien. »Einige Schüler wussten offensichtlich etwas«, so der Oberstaatsanwalt, »wurden aber wahrscheinlich durch ihre Eltern zum Schweigen angehalten, andere wirkten förmlich durchgedreht oder als würden sie gar bedroht.« Tatsächlich hatten ziemlich viele vor, nach oder während der Ermittlungen zum Fall Orlandi den Verstand verloren, unter anderem Raffaela Monzi, eine Mitschülerin aus der Musikschule, die Emanuela als letzte noch gesprochen und lebend gesehen hatte.

Der Leitende Oberstaatsanwalt Pignatone vertritt hingegen von vornherein die entgegengesetzte Position. Er will die Ermittler davon überzeugen, den Fall zu den Akten zu legen. Zu dem unerwarteten Ende der Ermittlungen passt ein vielsagender Zufall: Als man drei Jahre zuvor das Grab von De Pedis geöffnet hatte, war genau das von einem Zeugen vorhergesagt worden. Es ist der 20. Mai 2012. Pignatone hat gerade das Ruder übernommen und beschlossen, das Grab öffnen zu lassen. Das Telefon von Vergari wird noch abgehört. In einem der mitgeschnittenen Telefonate beruhigt Vergari einen besorgten Freund mit einer unglaublichen Feststellung. In dem Ermittlungsbericht ist das Gespräch so zusammengefasst: »Piero Vergari sagt, das Grab sei ja jetzt geöffnet, es gäbe nichts, was er in diesem Zusammenhang sagen oder tun könne, und im Übrigen seien die Akten ja nun in den Händen eines Richters, der die Ermittlungen beenden will.« Eine Indiskretion oder eine bloße Vermutung? Die Information hatte er jedenfalls wenige Tage zuvor von De Pedis’ Witwe bekommen: »Unser Staatsanwalt spricht sowieso alle frei … er legt alles zu den Akten … Es kann sich nur noch um ein paar Tage handeln. Halten Sie einfach noch ein bisschen durch, Don Piero. Kopf hoch!«

Durch die Staatsanwaltschaft geht also ein bislang nie dagewesener Riss. Am 17. April 2015, drei Tage nach dem vertraulichen Gespräch, schickt Capaldo einen bislang unveröffentlichten Brandbrief an den Leitenden Oberstaatsanwalt, den wir im Anhang abdrucken. Darin unterstreicht er noch einmal, dass die »Stichhaltigkeit« der gegen diverse Mitglieder der Magliana-Bande gesammelten Indizien es »zwingend erfordere, eine Vorverhandlung in Erwägung zu ziehen«. Einig sind sich die beiden Männer nur in einem Punkt, die Ermittlungen gegen Piero Vergari einzustellen, weil »die Indizien gegen ihn nicht ausreichen, nicht jedoch, weil er nachweislich nichts mit der Entführung zu tun hätte«. Capaldo möchte zudem gegen einen zwielichtigen Mann ermitteln, der einige Monate zuvor auf der Bildfläche erschienen war. Marco Accetti, von Beruf Regisseur und voller Widersprüche, hatte mehrere Journalisten kontaktiert, unter anderem auch mich, und anschließend die Behörden aufgesucht. Er war anscheinend bestens über den Fall informiert und wies den Ermittlern den Weg zu einer Querflöte, die sich allerdings nicht mit abschließender Sicherheit Emanuela zuordnen ließ. In seinem Schreiben listet Capaldo alles auf, was darauf hindeutet, dass Accetti beunruhigend viel weiß und somit verdächtig ist. Aber Pignatone will davon nichts wissen und weist alle Wünsche seines höchsten Mitarbeiters zurück. Nachdem er noch die Meinung von Staatsanwältin Maisto eingeholt hat, beantragt er beim Ermittlungsrichter am 5. Mai 2015, den Fall zu den Akten zu legen. Allerdings ist Capaldo nicht gewillt, aufzugeben. Er verweigert seine Unterschrift auf dem Antrag, ein Ausdruck schärfster Kritik. Doch obwohl er die Ermittlungen im Fall Emanuela Orlandi seit Jahren geleitet hat, wird der Antrag auch ohne seine Unterschrift angenommen. Alle Richter der nachfolgenden Instanzen teilen die Haltung des Leitenden Oberstaatsanwalts. Am 6. Mai 2016 werden die Ermittlungen vom Kassationsgerichtshof endgültig eingestellt.

Im Oktober darauf bringt der Regisseur Roberto Faenza einen Film über die Geschichte von Emanuela Orlandi heraus: La verità sta in cielo (Die Wahrheit kennt der Himmel). In der Schlussszene sieht man, wie sich ein Staatsanwalt mit einem hohen Würdenträger trifft und man sich gegenseitige Unterstützung verspricht. Aber obwohl der Regisseur erklärte, alles in dem Film entspreche genauestens den Tatsachen, wollte sich niemand näher mit dieser Szene beschäftigen. »Viele Filme«, so Faenza, »weisen den Zuschauer explizit darauf hin, dass alle Personen und Orte frei erfunden sind. Damit soll häufig von vornherein jeder Ärger vermieden werden. Aber in meinem Film nenne ich alle Personen mit vollem Namen und erzähle, was sich tatsächlich zugetragen hat.«[12] Die neuen, beunruhigenden Erkenntnisse, die dieses Buch enthüllt, bestätigen jetzt, was in dem Film nur angedeutet wurde: Monatelang hat die römische Staatsanwaltschaft mit hohen Würdenträgern des Vatikans geheim verhandelt.

Als letzte Hoffnung blieb der Familie Orlandi jetzt nur noch, dass Kardinalstaatssekretär Parolin Emanuelas Bruder versprochen hatte, mit dem Papst über die Angelegenheit zu sprechen. Kurz vor Ostern 2017 lässt der Staatssekretär den Bruder erneut in sein Büro kommen. Er empfängt ihn in demselben Raum wie beim ersten Mal und kommt, wie sich Pietro Orlandi erinnert, sofort zur Sache: »Ich habe mit Franziskus gesprochen, aber man redet offenbar nicht gern darüber. Die ganze Sache ist wohl kompliziert.« Mit wenigen Worten nimmt er der Familie alle Hoffnung. »Die Wahrheit wiegt auch heute anscheinend noch zu schwer«, bemerkt Orlandi. Allerdings überrascht, dass Parolin indirekt zugibt, etwas zu wissen, was nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Als sich wenige Monate später, im Juni 2017, das Verschwinden von Emanuela erneut jährt, stellt die Familie Orlandi einen offiziellen Antrag auf Einsicht in den Bericht über Emanuela. Doch der Substitut des Staatssekretariats, Giovanni Angelo Becciu, nimmt der Familie auch diesmal alle Hoffnung: »Der Fall Orlandi ist für uns abgeschlossen. Wir haben alles gesagt, was man von uns wissen wollte. Wir können nichts mehr weiter tun, als den Angehörigen zu versichern, dass wir zutiefst mit ihnen fühlen und leiden. Ich weiß nicht, ob die italienische Staatsanwaltschaft neue Erkenntnisse hat, aber vonseiten des Vatikans ist alles gesagt.«

Jedes Mal, wenn sich die Tür einen winzigen Spalt zu öffnen scheint, wird sie sofort wieder zugeschlagen. Damit bleibt die Wahrheit das Geheimnis weniger Eingeweihter und wird, wie andere Geheimnisse im Vatikan auch, zur ungesicherten Waffe, die jederzeit als Druckmittel, zur Erpressung und für andere Gewaltakte eingesetzt werden kann. Das war wohl auch die Situation, die Johannes Paul I. vorfand, als er wenige Jahre vor Emanuelas Verschwinden zum Papst gewählt wurde. Er war zutiefst erschüttert. Die Händler hatten sich des Tempels mittlerweile vollständig bemächtigt. Es war eine unbequeme Wahrheit, die unter keinen Umständen ans Tageslicht kommen durfte.