[1]
Bei ihrer Gründung am 11. Februar 1887 entstand die Vatikanbank IOR ursprünglich unter dem Namen Ad Pias Causas [zu frommen Zwecken, A.d.Ü.]. Es handelte sich damals um eine Kommission aus Kardinälen, die sich nach dem Wunsch Papst Leos XIII. um die Mittel »frommer Stiftungen« kümmern sollte. Diese Vermögensverwaltung war eigens für Hinterlassenschaften und Schenkungen der Gläubigen geschaffen worden. Die entsprechenden Immobilien und Geldbeträge sollten damals verborgen bleiben und damit der Gefahr möglicher Einziehung durch italienische Behörden entgehen. Das IOR selbst wurde 1942 während des II. Weltkriegs durch zwei Chirographen von Papst Pius XII. ins Leben gerufen. Von Anfang an gewährte der Papst der Bank volle Eigenständigkeit gegenüber der Kurie. Das IOR wurde zu einer »zentralen Behörde der Katholischen Kirche« und erhielt dadurch gemäß Artikel 11 der Lateranverträge für seine Angestellten die Immunität. In seiner Geschäftsordnung werden hehre Ziele genannt: »Verwahrung und Verwaltung von Geldern (in Form von Wertpapieren oder Bargeld) und Vermögenswerten, die für religiöse Aufgaben und solche christlicher Nächstenliebe bestimmt sind.« Doch jedem im Vatikan ist bekannt: Es handelt sich um ein rein formales Ziel. Seit den Zeiten des Präsidenten Alberto di Jorio und den Aktieninvestitionen von Geldern, die der Vatikan durch die Lateranverträge erhalten hatte, hat das Institut mehr Ähnlichkeit mit einer Geschäftsbank als mit einem Hüter der Ersparnisse frommer Bruderschaften.
[2]
Karol Wojtyła hatte Mutter Teresa gebeten, ihn jedes Mal wenn sie in den Vatikan kam, zu besuchen, und dies geschah in den 1980er- und 1990er-Jahren im Durchschnitt zweimal jährlich. José Luis González-Balado berichtet davon im Vorwort zu Il cuore della preghiera, Mailand 2012.
[3]
Mutter Teresa brachte auch großzügige Gönner ihrer Stiftung in den Vatikan, zum Beispiel ihre US-amerikanische Freundin Eileen Egan, Leiterin der Catholic Relief Services und Mitbegründerin der Gruppe American Pax Association.
[4]
De Bonis wurde am 13. April 1930 in Pietragalla in der Provinz Potenza geboren und 1953 zum Priester geweiht. 1993 empfing er durch Kardinal Corrado Ursi die Bischofsweihe. Er war zunächst Partikularsekretär von Kardinal Alberto di Jorio und wurde 1970 zum Generalsekretär der Bank ernannt.
[5]
Aus den im Archiv von Prälat Renato Dardozzi erhaltenen und in meinem Buch Vatikan AG veröffentlichten Unterlagen hatte sich ergeben, dass De Bonis die ›Parallelstruktur des IOR‹ bei zunehmender Schwächung der Person von Marcinkus gebildet hatte. Diese Schwächung hatte sich noch verschärft, als die Mailänder Staatsanwaltschaft 1987 wegen des Bankrotts der Banco Ambrosiano seine Verhaftung verlangt hatte – erfolglos.
[6]
»Tangentopoli« [Stadt der Schmiergeldzahlungen] bezeichnet ein weit verzweigtes System von Korruption, Amtsmissbrauch und illegaler Parteifinanzierung, das zu Beginn der 1990er-Jahre von der Mailänder Staatsanwaltschaft im Rahmen der umfangreichen Ermittlungen zu »Mani pulite« aufgedeckt wurde. Die gerichtliche Aufarbeitung führte zum Zusammenbruch der italienischen Parteienlandschaft und zum Entstehen der sogenannten »Zweiten Republik«.
Der Enimont-Skandal bezeichnete im Rahmen von Tangentopoli die größte seither bekannte Schmiergeldzahlung von über 130 Milliarden Lire, die zu zwei Dritteln über das IOR verschoben wurden. Erläuterung zu Enimont im Text auf S. 131, [A.d.Ü.].
[7]
https://rivaluta.istat.it.
[8]
Gennaro Pucino, »Intervista a Mario de Bonis, amico del grande Eduardo e cultore della sua arte poetica«, Dezember 2010, nachzulesen auf der Website http://napolinternos.it/index.php?option=com_content&view=article&id=194%3Aintervista-a-m-de-bonis-amico-del-grande-eduardo&catid=41%3Aattualita-e-cultura&Itemid=168&lang=it. Auch Mario de Bonis befreundete sich mit dem Schauspieler, befasste sich mit seiner gesamten Schauspiel- und vor allem mit seiner Dichtkunst. Mario de Bonis hat über die Jahre mehrere Essays und Studien über den Schauspieler verfasst; nicht zuletzt das Buch Eduardo visto da vicino, das am 7. Oktober 2014 in der Cineteca nazionale in Rom in Anwesenheit des ehemaligen Regierungschefs und Ehrengasts der Veranstaltung Gianni Letta vorgestellt wurde.
[9]
Aus der Einzahlung auf dem Kassenblatt des IOR Nr. C 187787 vom 19. Dezember 1978.
[10]
»Donato de Bonis. Intervista al fratello Mario – Incronaca«, La nuova tv canale 12, 12. Januar 2016.
[11]
Diese direkt vom Papst ausgesuchten Kämmerer gehörten zur päpstlichen Familie und übten jene Funktion aus, die heute den Gentiluomini di Sua Santità, den ›Edelmännern seiner Heiligkeit‹ vorbehalten ist und darin besteht, die Besucher bei den Privataudienzen des Papstes zu empfangen und zu betreuen.
[12]
Hochzeit mit außergewöhnlichen Trauzeugen: dem damaligen Ministerpräsidenten Fernando Tambroni und Maria Di Bernardo, der Ehefrau des Industriellen Franco Palma (Eigentümer der Firma Squibb und Onkel des ehemaligen Ministers Nitto Palma), damals Schwiegermutter von Francesco Bellavista Caltagirone und Zeugin im Prozess um die Ermordung des Journalisten Mino Pecorelli durch die Mafia.
[13]
Prälat Magliocchetti nutzte das Konto Nr. 051 6 03040L in Dollar und das Konto Nr. 001 3 06345Q in Lire.
[14]
So Staatsanwalt Guido Viola beim Plädoyer im Prozess wegen des Bankrotts von Sindona.
[15]
Am 7. April 1975 werden von den Girokonten Nr. 053 7 06229L und 057 7 06270G der Banca Unione 372.222 Schweizer Franken und 436.601 DM auf die Konten Nr. 053 7 35230J und 057 7 35270D der Banca Privata Italiana überwiesen.
[16]
Philip Willan, »Calvi e l’Italia dei poteri occulti«, MicroMega, Nr. 5, 1980.
[17]
Ebd.
[18]
Das Minerva war eine der guten Adressen der Hotelkette, die Vater Stefano und Sohn Alessandro Falez sich in Neapel mit dem Holiday Inn und vor allem in Rom mit dem Crown Plaza (in der Via Veneto der Dolce Vita), dem Hotel Residence und eben dem Minerva unter den Nagel gerissen hatten. Hinzu kamen Beteiligungen im Gesundheitswesen, durch die sie über das Roma America Hospital, das Diagnostikzentrum Health Care Italia und das Pflegeheim Salvator Mundi verfügten.
[19]
Erlass zur Einstellung des Verfahrens gegen die mutmaßlichen Auftraggeber der Ermordung Roberto Calvis, Richterin Simonetta D’Alessandro, Landgericht Rom.
[20]
Das Interview wurde im Winter 2012 in der Fernsehsendung Le inchieste di Gianluigi Nuzzi des Kanals La7 veröffentlicht.
[21]
Ebd.