[1]
Franca Giansoldati, »Vaticano, Padre Georg: ›La mia vita, divisa tra due papi‹«, 22. Oktober 2013, online unter: https://www.ilmessaggero.it/primopiano/vaticano/padre_georg_papi_francesco-208592.html [Zugriff: 4.6.2018].
[2]
Im weiteren Verlauf des Interviews erinnert Gänswein daran, dass Benedikt XVI. nach Gotti Tedeschis Absetzung »aus Gründen der Gebotenheit den Kontakt mit Gotti in angemessener und diskreter Weise aufrechterhalten hat, ohne ihn allerdings zu empfangen«. Tatsächlich ließ der Papst am nächsten Morgen von seinem Sekretariat aus eine beschwichtigende Botschaft an den abgesetzten Präsidenten schicken, in der er ihm zusicherte, sich um die Sache kümmern zu wollen. In den darauffolgenden Monaten versuchte Benedikt XVI. unter Einbeziehung Bertones Gotti Tedeschi auf irgendeine Weise zu »rehabilitieren« und ihm ein anderes Amt anzuvertrauen, doch der Plan scheiterte definitiv am allzu großen Widerstand.
Sagt Gänswein die Wahrheit? Seine Aussage ist durchaus plausibel, gerade wegen seiner damaligen Rolle und wegen der Entsagung, mit der er Benedikt XVI. vor möglichen Fallstricken und falschen Auslegungen zu schützen versuchte, damit dieser nicht unbeabsichtigt zum Spielball irgendwelcher Machtinteressen werden konnte. Er war somit ein treuer Verbündeter des Papstes.
[3]
Benedikt XVI., Letzte Gespräche, mit Peter Seewald. München 2016, S. 252.
[4]
In seinem Briefkopf listet Lasalvia, der 1966 in Taranto geboren ist und seinen Universitätsabschluss cum laude an der römischen La Sapienza gemacht hat, seine weiteren Qualifikationen auf: »Ergotherapie in der Psychotherapie; Fortbildung in Beratungspsychiatrie und psychosomatischer Klinik; Spezialisierung in Psychotherapie; auf der Liste der Therapeuten bei der Ärztekammer eingetragen; Vertragsprofessor im Studiengang Gesundheitsberufe der zweiten Fakultät für Medizin und Chirurgie der Universität La Sapienza.« Daneben ist er noch Leiter des Vorsorge- und Schutzdienstes unter der Schirmherrschaft der Arbeitsschutzbehörde ISPESL und Chef des Ärzteteams der Scuola del mare [Meeresschule], mit Aufgaben »psychosomatischer« Forschung bei Regatten, an denen die Schiffspatrouillen der Finanzwache von Gaeta teilnehmen.
[5]
Francesco Anfossi, »Cipriani, l’ultimo manager travolto dalle vicende Ior«, Famiglia Cristiana, 2. Juli 2013.
[6]
An die Freimaurervergangenheit Lasalvias erinnert der nicht linientreue Freimaurer Gioele Magaldi, Gründer der Loge Grande Oriente democratico, der auch Lasalvias Vorgehen tadelt. Magaldi erlebte 1998 seine Initiation als Freimaurer in der Loge Har Tzion Monte Sion 705 all’Oriente di Roma, wurde zum Gehorsam gegenüber dem Logendachverband Grande Oriente d’Italia von Palazzo Giustiniani verpflichtet, und erlangte 2005 den Titel Meister vom Stuhl. Ein nicht unbedeutendes Detail, denn genau in dieser Loge lernte er Lasalvia kennen und verfolgte seinen Aufstieg. Die Website des Grande Oriente democratico enthält eine sehr harte Stellungnahme gegen den Freimaurer-Bruder http://www.grandeoriente-democratico.com/Il_Massone_Pietro_La_Salvia_getta_discredito_su_Ettore_Gotti_Tedeschi.html [Zugriff: 5.6.2018]:
»Den kennen wir gut. Bruder Magaldi hat seine Einweisung als Freimaurerlehrling betreut, da er seinerzeit Zweiter Aufseher der Loge war, und dann als Meister vom Stuhl seine weitere Reifung im Rahmen dieser berühmten und angesehenen Loge verfolgt. Wenn wir uns recht erinnern, übt Bruder Pietro Lasalvia in der Loge Monte Sion derzeit das Amt des Ersten Aufsehers aus, faktisch als Stellvertreter des Meisters vom Stuhl, und führt sich als Gefolgsmann des ehemaligen Gran Segretario des GOI [Grande Oriente d’Italia, A.d.Ü.], Giuseppe Abramo auf. Wir sprechen von Freimaurerbrüdern in der Absicht, deren freimaurerische Identität nur in den Fällen zu enthüllen, in denen diese sich aus unserer Sicht der Falschheit, der Heuchelei oder wenig löblicher Verhaltensweisen schuldig machen. Nun, diese Rolle des unaufgeforderten psychiatrischen Gutachters, mit der Bruder Lasalvia den Betroffenen Gotti Tedeschi heimtückisch hintergeht und ihm Schaden zufügt (nicht ohne offenkundige Schatten und Verdachtsmomente hinsichtlich der auftraggebenden Dritten, Feinden des ehemaligen IOR-Präsidenten) haben wir weder als tugendhaft noch als schätzenswert empfunden. Wir würden gleichfalls gerne erfahren, ob der Freimaurer Lasalvia, der seit Jahren einer Loge zionistischer Ausrichtung angehört, seine vatikanischen Bezugspersonen fair und ehrlich über seine Leidenschaft für Winkel, Zirkel und Schürze unterrichtet hat.«
Anschuldigungen, die man nur als Produkt von Verschwörungstheorien lesen könnte, wenn man sie nicht in den Rahmen jener für den Vatikan besonders dramatischen Phase einordnet.
[7]
Interview des Autors mit Francesco De Pasquale, Hotel Marcella Royal, Via Flavia, Rom, am 14. Juni 2016.
[8]
Die gesamte Mannschaft engster Mitarbeiter Bertones war anwesend: Kardinal Dominique Mamberti, damals noch Erzbischof im Amt des Sekretärs für die Beziehungen mit den Staaten; Prälat Peter Wells, Assessor für die Allgemeinen Angelegenheiten; der bereits genannte Ettore Balestrero, und mit aller Wahrscheinlichkeit, auch wenn er im Interview nicht genannt wird, Erzbischof Fernando Filoni, Substitut für die Allgemeinen Angelegenheiten.
[9]
Sein schroffer Charakter führt ihn später auf Kollisionskurs zu Franziskus, sei es wegen einiger Missverständnisse während der USA-Reise des aktuellen Papstes, sei es wegen der Bitte um eine Wohnung in dem Heim, das Kardinal Sodano für Nuntien im Ruhestand bestimmt hatte. Der Antrag wurde abgelehnt, Viganò bittet darauf den Chef der Vermögensverwaltung APSA, Calcagno, um eine Wohnung, erhält aber nicht einmal eine Antwort. Darauf bittet und erhält er eine Besprechung mit Franziskus, die er aber mit finsterer Miene verlässt. Die Gründe sind nicht bekannt, aber es heißt, in dem Gespräch sei es um ein peinliches Dokument gegangen, von dem man noch nicht weiß, wer es hat verschwinden lassen.