[1]
Die Kommission bestand aus fünf Kardinälen und hatte die Funktion, auf Anweisung des Papstes den Präsidenten des IOR zu ernennen. Neben Bertone bestand sie aus den Kardinälen Telesphore Placidus Toppo, Odilo Pedro Scherer, Jean-Louis Tauran und Attilio Nicora. Vor allem Letzterer war nicht mit dem Misstrauensantrag gegen Gotti Tedeschi einverstanden.
[2]
Der Skandal um das IDI, das dermatologische Krankenhaus Roms, Flaggschiff des katholischen Gesundheitswesens unter der Verwaltung der mächtigen Kongregation der Söhne der Unbefleckten Empfängnis, brach 2011 aus, als sich in den Bilanzen ein Loch von beinahe einer Milliarde Euro auftat: Die römische Staatsanwaltschaft erkannte, dass eine Gruppe von Managern erhebliche Beiträge der Region Latium abgezweigt hatte. Der Prozess läuft noch.
[3]
Man sollte nicht außer Acht lassen, dass Profiti im Mai 2008 wegen illegaler Bieterabsprache eine Woche Hausarrest absitzen musste. Im sogenannten Mensopoli-Skandal ging es um die Ausschreibungen für die Belieferung der Kantinen des örtlichen Gesundheitsamtes 2 in Savona. Laut Staatsanwaltschaft hatte Profiti die Straftat als Generaldirektor für Personal und Finanzen der Region Ligurien begangen. In erster Instanz sowie in der Berufung wurde er zu sechs Monaten Haft verurteilt, aber im April 2013 sprach der Kassationsgerichtshof den Manager endgültig frei.
[4]
Genau dies kennzeichnet nebenbei die strategische Ausrichtung des damaligen Staatssekretariats. Persönlichkeiten wie Wells, Balestrero oder Becciu gewinnen dank der verantwortungsvollen Aufgaben, die ihnen von Bertone übertragen werden, an Statur. Besonders der intelligente, wenn auch schnodderige und grobe Becciu behält die Übersicht, geht den Problemen auf den Grund und baut seine Macht in der Kurie aus. Manche halten nicht so sehr Bertone, sondern Becciu für den eigentlichen Entscheidungsträger. Ihm wird auch eine ausgeprägte Fähigkeit zum Knüpfen von Beziehungen nachgesagt. Das belegt sein gutes Verhältnis zu den Prälaten Gianfranco Piovano und Alberto Perlasca, die sich in der Führung der Verwaltungsabteilung des Staatssekretariats ablösten.
[5]
Am 26. März 2015 organisierte die von Erzbischof Konrad Krajewski geführte Apostolische Almosenverwaltung für 150 Obdachlose eine Besichtigung der Sixtinischen Kapelle und der vatikanischen Museen.
[6]
Diesbezüglich hatte Papst Franziskus in seinem ersten Interview, das er am 19. August 2013 Antonio Spadaro von La Civiltà Cattolica gegeben hatte, eine gewisse Statik im Engagement und in den Perspektiven der Synode beklagt. Online (auch in deutscher Sprache) unter: https://w2.vatican.va/content/francesco/de/speeches/2013/september/documents/papa-francesco_20130921_intervista-spadaro.html [Zugriff: 4.6.2018].
[7]
Becciu wurde Ende Juni 2018 zum Kardinal und mit Wirkung ab September desselben Jahres zum Präfekten der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse ernannt. [A.d.Ü.]
[8]
Calcagno hielt sich ein kleines Waffenlager, das einen Präzisionskarabiner ebenso wie Pumpguns enthielt und ihm den Spitznamen »Monsignor Rambo« einbrachte.
[9]
In Emiliano Fittipaldis Buch Avarizia (Mailand 2015, S. 111–113) findet man eine Spesenabrechnung des Kardinals. In den wenigen Monaten von Juli 2014 bis Anfang 2015 hatte er sich über eine halbe Million Euro erstatten lassen. Die Liste führt eine Reihe zumindest eigenartiger Ausgaben auf: einen Spülunterschrank für 4600 Euro, 7292 Euro für Wohntextilien, 47 000 Euro für Möbel und Schränke, verschiedene Arbeiten für 33 000 Euro. Auch Einkäufe in der Schneiderei Gammarelli, einem Vatikanausstatter, in Höhe von 2508 Euro rechnete er ab.
[10]
Bis kurz zuvor hatte Pell seiner rechten Hand, dem Australier Danny Casey, freie Hand gelassen. Der Business Manager der Erzdiözese Sydney ist inzwischen nach Australien zurück.
[11]
Schon unter Benedikt XVI. hatte Pell darauf gedrängt, ein Amt in der Kurie zu erhalten. 2010 hatte er Bertone offen gebeten, zum Präfekten der Kongregation für die Bischöfe ernannt zu werden. In letzter Minute ging dieser Posten an den Kanadier Marc Ouellet. Anscheinend war Pell schon damals bestrebt, Australien, wo die Probleme im Zusammenhang mit dem Kindesmissbrauch ihn zunehmend in Bedrängnis brachten, möglichst weit hinter sich zu lassen. Bei Franziskus gelang es ihm, endlich ein Kurienamt zu ergattern. Allerdings geriet er 2015 und 2016 in einen Strudel der Anschuldigungen. Im Juni 2015 kam es zum Eklat, als Peter Saunders, ein inzwischen suspendiertes Mitglied der päpstlichen Kinderschutzkommission, in einem Fernsehinterview mit dem australischen Sender Channel Nine erklärte: »Pell verhöhnt die päpstliche Kommission, den Papst selbst, aber vor allem die Opfer und die Überlebenden, deshalb sollte er seiner Ämter enthoben und nach Australien zurückgeschickt werden.«
[12]
Kardinal Pell ist inzwischen nach Australien zurückgekehrt und am 1.5.2018 wurde in Melbourne das Hauptverfahren gegen ihn eröffnet. Er darf das Land vorerst nicht verlassen. [A.d.Ü.]
[13]
Bereits im März 2016 hatte Pell per Videokonferenz von Rom aus vor der Royal Commission zum Umgang australischer Institutionen mit sexuellem Kindesmissbrauch ausgesagt und zugegeben, er hätte gegenüber Edward Dolan »mehr tun müssen«, nachdem 1974 ein Student des St. Patrick’s College Pell gemeldet hatte, der Priester verhalte sich den Jungen gegenüber ungebührlich. Aber »er sagte es in einem Gespräch, beiläufig, er hat nicht von mir verlangt, etwas zu tun … Ich nahm an, es handele sich technisch gesprochen um eine Beschwerde«, verteidigte sich Pell. Laut Ermittlungen gab es in Pells Geburtsstadt Ballarat in den 1970er-Jahren mindestens fünf pädophile Priester. Pell selbst war damals stellvertretender Pfarrer und Berater des Bischofs. In der Vergangenheit hat Pell auch von Gerald Ridsdale gesprochen, der nach jahrzehntelangen Verbrechen 1993 verhaftet wurde und aus dem Priesterstand austreten musste, weil er 54 Kinder missbraucht hatte, aber immer nur von einer Pfarrei in die nächste versetzt wurde. »Ich erinnere mich, alles falsch gemacht zu haben, ich bereue meine frühere Wortwahl. Ich war sehr verstört und habe ungehörig geantwortet«, sagte Pell, als er auf die Frage, warum er Ridsdale zur ersten mündlichen Verhandlung begleitet habe, zur Antwort gab, es sei seine »Christenpflicht«.
[14]
Im Vatikan erzählt man sich hinter vorgehaltener Hand von einer Besprechung Anfang 2016 zwischen den Führungsriegen der APSA und des Wirtschaftssekretariats, bei der Pell auf den Tisch haute und Calcagno anschrie: »Ihr müsst tun, was ich sage, Ihr müsst über mich gehen.« Calcagno blieb still und erwiderte nichts.
[15]
Generalsekretär des Wirtschaftssekretariates und damit Assistent des Präfekten ist ein weiteres Schwergewicht aus der Ära Benedikts XVI., Alfred Xuereb. Der aus Malta stammende Prälat war lange dessen zweiter Privatsekretär. Er war auch kurz erster Privatsekretär von Papst Franziskus. Nach der Ankunft von Fabián Pedacchio wurde er aber nicht zum Bischof geweiht und nach Hause geschickt (wie das bis vor Kurzem in solchen Fällen gehandhabt wurde), sondern in die Leitung der Wirtschaftsbehörde versetzt. Xuereb ist ein zurückhaltender Mensch, der sich aber nie mit wirtschaftlichen Themen befasst hat. Als Theologe und Fachmann für die Liturgie übte er fast immer Sekretariatsfunktionen aus.
[16]
Ricca verwaltet mehrere Gästehäuser: von der Domus Romana Sacerdotalis über die Domus Paulus VI bis hin zur Domus Sanctae Marthae, in der Papst Franziskus wohnt.
[17]
Zitiert nach: https://de.catholicnewsagency.com/story/dokumentiert-die-worte-von-papst-franziskus-auf-dem-ruckflug-aus-afrika-0255 [Zugriff: 4.6.2018].
[18]
Auch die Ernennung von Fernando Vérgez Alzaga zum Generalsekretär des Governatorats löste in den vatikanischen Palästen Kritik aus. Vérgez ist Mitglied der Legionäre Christi und war früher Sekretär des mächtigen argentinischen Kardinals Eduardo Francisco Pironio, eines guten Freundes Papst Bergoglios. Vérgez war auch mit Kardinal Antonio Quarracino gut befreundet, der als Erzbischof von Buenos Aires den jungen Jesuiten Bergoglio zum Weihbischof gemacht hatte. Eine sehr persönliche Ernennung also. Schade, dass Vérgez heute vorgehalten wird, alles geschickt »auszusitzen«. Keiner, der sich an ihn wendet, um sich über irgendeinen Missstand innerhalb der Vatikanstadt zu beklagen, erhält je eine Antwort: »Man redet gegen eine Wand«, heißt es. »Du erläuterst das Problem, er sieht dich an und sagt nichts, nickt nur, trifft keinerlei Entscheidung und lässt dich wieder gehen.«
[19]
Siehe auch Massimo Franco, »Libero Milone: ›Volevano arrestarmi. La mia verità sull’addio al Vaticano‹«, Corriere della Sera, 24. September 2017.