Unter „Grunewald“ versteht man nicht nur das bekannteste Forstareal Berlins, sondern auch das gleichnamige Villenviertel, das es sich zwischen Wald und Kurfürstendamm bequem macht - die Beletage Berlins ist dort zu Hause. Durch den weitläufigen 3000 ha großen Forst selbst spaziert, joggt und radelt an schönen Wochenenden halb Berlin - zum Schrecken der heimischen Wildschweinfamilien oft mit dem Wauwau im Schlepptau. Allzu viel Einsamkeit sollte man daher nicht erwarten.
Aufgrund der großen Entfernungen wählt man für die Erkundung des Grunewalds am besten das Fahrrad. Ein möglicher Ausgangspunkt ist der S-Bahnhof Grunewald, ein Ort mit schrecklicher Geschichte. Während des Dritten Reiches wurden hier über 50.000 Juden in Güterwaggons gepfercht und in den Tod geschickt. Daran erinnert eine Gedenkstätte mit dem Mahnmal des polnischen Künstlers Karol Broniatowski: eine 18 m lange Betonwand zeigt Negativabdrücke menschlicher Körper, die den Deportationszug symbolisieren sollen (Ausgang Fontanestraße nehmen und nach Verlassen des Bahnhofs links halten).
Vom S-Bahnhof Grunewald führen diverse Wege zum 120 m hohen Teufelsberg, einem Trümmerberg: Unter Kriegsschutt begraben liegen hier auch die Rohbauruinen der von den Nazis geplanten Wehrtechnischen Fakultät. Obenauf bastelten sich die Amerikaner im Kalten Krieg eine Abhör- und Störstation mit riesigen weißen Antennenkuppeln. Die bizarre Anlage ist heute im Verfall begriffen und nur mit Führung (s. u.) zugänglich. Die Hänge darunter werden fleißig genutzt - hier lässt man Drachen steigen und jagt im Winter mit dem Schlitten hinab, selbst Ski wird gefahren.
Der Teufelssee südlich des Bergs hat eher etwas von einem Tümpel, was die Berliner jedoch nicht hindert, im Sommer in Scharen hineinzuhüpfen und an seinen Ufern dem ausgiebigen Sonnenbraten zu frönen. Zum Baden (s. u.) steuert man aber besser die im Süden des Forsts gelegenen Seen Grunewaldsee, Krumme Lanke und Schlachtensee an. An Letzterem wird auch eifrig geangelt, Ersterer besitzt mit dem idyllisch gelegenen Jagdschloss Grunewald aus dem 16. Jh. eine Sehenswürdigkeit. Das Schlösschen gilt als einer der wenigen erhaltenen, wenn auch später barockisierten Renaissancebauten der Stadt. Im Inneren kann man rund 30 Werke von Lucas Cranach dem Älteren und dem Jüngeren bewundern.
Essen & Trinken
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Alte Liebe
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Forsthaus Paulsborn
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Fischerhütte am Schlachtensee
Die Havel, die im Süden in den Wannsee übergeht, markiert das westliche Ende des Grunewalds. Die buchtenreiche Havellandschaft lässt sich vom 86 m hohen Grunewaldturm an der Havelchaussee überblicken (204 Stufen!). Der Turm im Stil der märkischen Backsteingotik entstand Ende des 19. Jh., ihm zu Füßen ein gemütliches Ausflugsrestaurant mit Biergarten.
Nördlich davon träumt der verwunschene, mitten im Wald gelegene Friedhof Grunewald-Forstvor sich hin. Prominentestes Grab ist das von Christa Päffgen (1938-1988), besser bekannt als Nico. Die Ikone des Underground ruht in einem unscheinbaren, von Fans jedoch liebevoll dekorierten Grab.
Praktische Infos
Anfahrt/Radverleih
Ausgangspunkt für die Erkundung des nördlichen Grunewalds ist der S-Bahnhof Grunewald (neben dem Bahnhof verleiht das Restaurant Scheune Räder für 12 €/Tag, 8924903), für den Süden der S-Bahnhof Schlachtensee o. Krumme Lanke, vom Zentrum in rund 30 Min. zu erreichen. Für die Wegbeschreibungen zu den Sehenswürdigkeiten und Restaurants s. u.
Öffnungszeiten
Teufelsberg, Grunewald, von dort zu Fuß oder per Rad weiter. Wann Führungen starten, erfahren Sie unter 8585096 und www.berlinsightout.de.
Jagdschloss Grunewald, Anfahrt wie Grunewaldsee, → Baden. April-Okt. tägl. (außer Mo) 10-18 Uhr, sonst nur Sa/So Führungen um 11, 13 u. 15 Uhr. 6 €, erm. 5 €. www.spsg.de.
Grunewaldturm, von Heerstraße mit Bus 218 bis Haltestelle Grunewaldturm. Tägl. 10 Uhr bis Sonnenuntergang. 4 €.
Friedhof Grunewald-Forst, von Heerstraße mit Bus 218 bis Haltestelle Havelweg, dann zu Fuß weiter (mit unscheinbaren Holzschildern ausgeschildert). Im Sommer 7-20 Uhr, im Winter 8-16 Uhr.
Baden
Badestellen (keine offiziellen Freibäder) gibt es rund um den Grunewaldsee(von Dahlem-Dorf mit Bus X 83 bis Haltestelle Königin-Luise-Straße/Clayallee, dann weiter zu Fuß), die Krumme Lanke (die eher etwas von einem ruhigen Fluss denn von einem See hat, Krumme Lanke) und den Schlachtensee, der einer der saubersten Berliner Badeseen ist. An bzw. nahe seinen Ufern pompöse Villen und ein tolles Ausflugsrestaurant (Krumme Lanke o. Schlachtensee).
Essen & Trinken
Forsthaus Paulsborn2 In einer schönen Neorenaissancevilla ganz im Süden des Grunewaldsees. Da zurückversetzt, leider kein Seeblick von der wunderbaren Sommerterrasse. Gehobene deutsche Küche mit viel Wild, Hg. 10,50-20,50 €. Nebenan ein einfacherer Biergarten mit Selbstbedienung. Kein Problem, wenn Sie hier einen über den Durst getrunken haben: Es werden auch Zimmer vermietet. Di-So ab 12 Uhr. Hüttenweg 90, Anfahrt → Baden/Grunewaldsee, 8181910.
Unser Tipp: Fischerhütte am Schlachtensee 3 In idyllischer Lage direkt am Wasser. Gediegenes Weinrestaurant in der historischen Fischerhütte (gehobenere Preisklasse). Draußen schöne Terrassenlandschaft mit Selbstbedienungs-Kiosk (billiger). Überall gute Küche und viele freche Vögel, die diese von den Tellern stibitzen wollen. Tägl. ab 10 Uhr. Fischerhüttenstr. 136, Krumme Lanke, 80498310.
Alte Liebe1 Gemütliches Restaurantschiff in der Havel. Ambiente wie Speisekarte (Bauernfrühstück, Berliner Sülze, diverse Fischgerichte, Hg. 9-16 €) etwas altbacken. Bei großem Andrang an schönen Sommertagen kann es dauern. Im Sommer tägl. 12-22 Uhr, im Winter verkürzt. Havelchausee 107, von Heerstraße mit Bus 218 bis Haltestelle Postfenn, 3048258.