Kahle Adler, moosige Grotten

Eine Geschichte der Intimbehaarung

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Eine der besten und unheimlichsten Eigenschaften von Twitter ist das sofortige Feedback. Ich habe schon alle möglichen historischen Schmankerl gepostet, und einige davon führten zu ziemlich hitzigen Debatten in der Twitterblase. Aber auf nichts reagieren die Menschen so stark wie auf Intimbehaarung. Wann immer ich ein Bild von einer Frau mit stattlichem bush (1600) poste, folgt darauf unweigerlich eine Diskussion. Interessanterweise hat in all der Zeit, die ich das schon tue, noch nie jemand die Intimfrisur von Männern kommentiert, aber knicker whiskers (»Schlüpfer-Schnurrhaare«, 1942) regen immer irgendwen auf. Ein Thema, das immer und immer wieder auftaucht, ist Sauberkeit. Aus irgendeinem Grund wird viel Intimbehaarung mit schmutzig und unhygienisch sein assoziiert.

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Die Twitter-Reaktionen auf ein Foto aus dem 19. Jahrhundert, das eine Frau mit Intimbehaarung zeigt.

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Eine viktorianische Lady mit prächtigem Pelz.

Lasst mich eine Sache klarstellen: In diesem Kapitel werde ich weder irgendwen dazu ermuntern, sich einen Busch stehenzulassen, noch, einem Aal nachzueifern und in Veet zu baden. Was auch immer ihr mit euren Körpern anstellt, das ist absolut euer Bier: Wachst euch das Zeug weg und dekoriert euren blanken Venushügel mit Makkaroni und Glitzer, oder macht Dreadlocks draus und lasst sie euch bis zu den Knien runterbaumeln. Es ist euer Haar, und was auch immer ihr damit macht, es soll mir recht sein. Aber ich bitte euch, über eine Sache nachzudenken: Wann haben wir uns derart von unserer eigenen Körperbehaarung entfremdet? Wie sind wir zu dem Schluss gekommen, dass Intimbehaarung »eklig« oder »unappetitlich« ist? Denn das ist immer der Ursprung aller Diskussionen: Jemand ist völlig entsetzt über den Anblick einer Frau mit einer Intimbehaarung, an der man sich die Schuhe abstreifen könnte, und äußert das online. Einen bestimmten Geschmack zu haben, ist das eine, aber diese Äußerungen gehen meistens deutlich darüber hinaus, eine persönliche Präferenz auszudrücken, sie zeigen eine unverhohlene Abscheu vor dem verwilderten garden (1966) einer Frau.

Wann ist das passiert? Wann hat unser Körperhaar, Haar, das wir alle haben, Haar, das genau dort sein soll, wo es ist, dasselbe Ekellevel erreicht wie der filzige Klumpen, der den Abfluss verstopft? Das Ganze wird noch merkwürdiger, wenn man bedenkt, dass keinen Meter nördlich von diesem fürchterlichen »stummen Bart« (1702; silent beard) ein weiteres Haarbüschel wächst, das wir uns alle für Millionen von Euro im Jahr stylen lassen. Ein kurzer Blick in egal welches Hairstyle-Magazin lässt einen über Adjektive wie »glamourös«, »sinnlich«, »fließend«, und »luxuriös« stolpern, alles Wörter, die gebraucht werden, um einen Haarwuschel zu beschreiben, während mit einem anderen kurzer Prozess gemacht wird, weil er erwachsene Leute entsetzt zusammenzucken lässt. Noch einmal, ich versuche hier nicht, euch davon zu überzeugen, euer Haar wild wuchern zu lassen, ich möchte lediglich einmal innehalten und die Frage stellen, warum wir da so anti sind. Denn das ist der momentane Stand der Dinge: Unser eigener Körper stößt uns ab, und wir zeigen mit dem Finger auf Menschen, die Haare haben, die wir auch haben.

Also, wo hat das alles angefangen?

Viele meinen, unsere Haarentfernungsbesessenheit sei von Sex and the City befeuert worden, und vielleicht ist das in Teilen tatsächlich wahr, aber Haarentfernung reicht viel weiter zurück als bis zu Carrie Bradshaw und ihren Mädels, die bei einem Cocktail über Waxing diskutieren. Die frühesten sicheren Belege für Haarentfernung stammen aus dem alten Ägypten und Mesopotamien. Ich sage sicher, weil darüber spekuliert wird, ob schon prähistorische Männer sich ihrer Bärte und Haare angenommen haben – aber bevor niemand einen steinzeitlichen Gillette Mach3 ausbuddelt, lässt sich dieser Verdacht nicht erhärten.

Die Entfernung der Intimbehaarung ist auch eine alte islamische Tradition, sie wird sowohl aus hygienischen als auch aus religiösen Gründen vorgenommen. Obwohl der Koran Körperbehaarung nicht erwähnt, sagte Abu Huraira (um 603 – 681), ein Zeitgenosse Mohammeds: »Fünf Dinge gehören zur fitra: Beschneidung, das Rasieren der Schamhaare, das Trimmen des Bartes, Nägel zu schneiden und Achselhaare zu entfernen.«[1] Das Archäologische Museum Niğde und das Museum für anatolische Zivilisationen in Ankara beherbergen beide Obsidian-Rasierklingen aus dem 7. vorchristlichen Jahrhundert, die die weltweit ältesten erhaltenen Belege für Haarentfernung darstellen.[2] Die Intimrasur ist im Islam noch immer eine weit verbreitete Praxis.

Laut der Encyclopedia of Hair wurden in ägyptischen und mesopotamischen Ruinen Rasiermesser aus Kupfer gefunden, die auf etwa 3000 v. Chr. datiert werden, in ägyptischen Gräbern fand man Pinzetten und Bimssteine.[3] Diese hatten einen ästhetischen und einen religiösen Zweck: Altägyptische Priester rasierten oder enthaarten sich täglich den ganzen Körper, um mit diesem »reinen« Körper vor ihren Göttern zu erscheinen.

Die Beweislage für Intimhaarentfernung wird im antiken Griechenland und Rom dünner. Der griechische Komödiendichter Aristophanes (um 446 – 386 v. Chr.) lässt seine Lysistrate sagen: »Wenn wir […] in unseren durchsichtigen Hemdchen an ihnen vorbeiliefen, halb nackt und unten in Dreiecksform gezupft, die Männer dann einen Steifen hätten […].«[4] Sehr wohlhabende Römerinnen konnten sich die Anstellung einer Picatrix leisten, einer jungen Sklavin, die für die Intimfrisur ihrer Herrin zuständig war.[5] Es gibt allerdings auch Beweise dafür, dass nicht alle in der antiken Welt unten ohne bevorzugten. An den Mauern der römischen Stadt Pompeji stehen die unsterblichen Zeilen: »Eine behaarte Fotze zu vögeln, ist viel besser als eine rasierte. Sie hält gleichermaßen die Wärme zurück und krault dabei den Schwanz.«[6] Was uns dieser charmante Zuruf aus dem Jahr 79 n. Chr. verrät, ist, dass manche Frauen unter ihrer Tunika glatt waren und manche behaart.

In Griechenland und Rom wurde natürlich öffentlich gebadet, die Intimfrisur hatte also eine gewisse Bedeutung, allerdings scheint die frisierte Fotze mit dem Mittelalter aus der Mode gekommen zu sein. Das Schönheitsideal zumindest europäischer Frauen waren eine blasse, glatte Haut und ein leicht rundliches, glänzendes Gesicht mit einer hohen Stirn; nirgends werden »einer Dame Schwanzfedern« (a lady’s tail feathers; 1890) erwähnt.[7] Es ist frustrierend, aber Erwähnungen von Haarentfernungen, mit denen dieses Schönheitsideal erreicht werden sollte, sind in mittelalterlichen Texten sehr rar. Eine bemerkenswerte Ausnahme ist die Abhandlung De Ornatu Mulierum (»Von der Schönheitspflege der Frauen«) von der bereits erwähnten Trota von Salerno aus dem 11. Jahrhundert, die folgenden Eintrag enthält: »Wenn man Haar dauerhaft entfernen möchte: Man nehme Ameiseneier, rotes Auripigment und den Saft des Efeus, mische alles mit Essig und reibe es auf die Stelle.«[8] Mit dem veränderten Konzept sexueller Sünde änderte sich auch die Haltung zum intimen Hairstyling, und so betrachtete man die Haarentfernung bald als eitel und damit sündig. In der Schrift Confessionale von 1485 werden Kirchenmänner ermuntert, die Beichtenden zu fragen, ob sie »die Haare im Nacken, der Brauen oder ihres Bartes gezupft« hätten, »aus Lüsternheit oder um Männern zu gefallen«, denn dies sei »eine Todsünde, außer sie tut es, um eine ernsthafte Verunstaltung zu beheben oder damit ihr Ehemann sie nicht verachtet«.[9]

Eine der berühmtesten Erwähnungen von Intimbehaarung in mittelalterlicher Literatur stammt aus Chaucers The Miller’s Tale von 1400 (Die Erzählung des Müllers aus The Canterbury Tales). Ein verliebter, aber einfältiger Küster, Absolon, hat sich in die junge Frau des Müllers, Alison, verguckt (die es wiederum mit ihrem Untermieter Nicolas treibt). Absolon steht spät am Abend singend vor ihrem Fenster und bettelt um einen Kuss. Hart genervt von seinem Werben, streckt Alison ihren nackten Hintern aus dem Fenster, woraufhin Absolon »ihr Loch« küsst, das er in der Dunkelheit für ihren Mund hält. Absolon fühlt »ein Ding, ganz rau und lang« und schreckt zurück. Angewidert ruft er »Frauen haben keine Bärte«, und Alison und Nicolas lachen sich halb krank: »Ein Bart! Ein Bart!« Denn wenn Alisons Brazilian Blowout als »rau und lang« wie ein »Bart« beschrieben wird, legt das die Vermutung nahe, dass dieses Betthäschen hier nichts mit Rasieren am Hut hat.[10]

Mit dem 16. Jahrhundert verbreiteten sich zunehmend Texte, die medizinische Verfahren mit Schönheitsbehandlungen kombinierten. Ein Beauty-Handbuch von 1532 enthält dieses Rezept für selbst gemachte Enthaarungscreme: »Kochen Sie eine Lösung aus einem Pint Arsen und einem Achtel Pint Branntkalk. Gehen Sie in ein Badezimmer oder einen aufgeheizten Raum und schmieren Sie sich die Medizin auf die Stellen, an denen Haare entfernt werden sollen. Wenn die Haut warm wird, rasch mit heißem Wasser abwaschen, damit die Haut nicht runterkommt.«[11] Es gibt keine Hinweise darauf, ob dieses Gebräu auch im Intimbereich angewendet wurde, aber wollen wir es mal nicht hoffen. Francisco Delicados La Lozana Andaluza von 1528 handelt von einer römischen Sexarbeiterin namens Lozana. Sie erzählt von Huren, »die ihre Augenbrauen zupfen« und von anderen, »die ihre Blöße rasieren«. Sie berichtet außerdem, wie sie einmal versehentlich »das ganze Haar der Blöße einer Dame aus Bologna« versengt und die Stelle dann mit Butter beruhigt habe.[12] Während manche Frauen offensichtlich bereit waren, ihre trouser sprouts (2000; »Hosensprösslinge«) in Säure zu baden, wurde Intimbehaarung von vielen anderen Menschen in Europa als sexuelles Must-have angesehen. Die umgangssprachlichen Ausdrücke für Intimbehaarung sind in der Renaissance überwiegend positiv, da ist die Rede von Feder, Vlies, Blüte, Moos, Plüsch und »begehrtem Domizil«.

Bei Shakespeare gibt es zahlreiche schmutzige Intimhaar-Zweideutigkeiten, die nahelegen, dass der muff (1655) ein absolutes Muss war. In Venus and Adonis schreibt Shakespeare von »süßem Gras im Tale«, das zwischen »rund sich erhebenden Hügeln« liegt,[13] in Much ado about nothing (Viel Lärm um nichts) wird Amor ironisch als good hare finder* bezeichnet,[14] und viele haben zu bedenken gegeben, ob die »schwarzen Drähte«, die auf dem Kopf der Herrin des Ich-Erzählers im Sonett 130 wachsen, nicht eigentlich deren Intimbehaarung meinen.[15] Wuchs die üppig, wurde das nicht einfach nur als normal empfunden, sondern als Zeichen guter Gesundheit, Jugend und sexueller Lebendigkeit. Der Held in Richard Heads The English Rogue (Simplicianischer Jan. Perus, 1665) beklagt sich darüber, dass eine ältere Frau, mit der er schläft, keine Intimbehaarung habe: »Meine Furcht wurde noch größer, als ich sah, dass dort kein Schilf wuchs, denn, so sagen es die Leute, nur der Sumpf, der von solchem bewachsen wird, kann als passierbar betrachtet werden.«[16] Während der Renaissance bevorzugte man eindeutig einen Hairy Potter. Spenser fragt sich in Strange and True Conference (1660), was es mit der »spanischen Mode, den Dirnen all das Haar von ihrer Ware zu rasieren«, auf sich habe.[17] Und der Earl of Rochester macht klar: »Nie mehr soll mein Schwanz in kahler Fotze Zuflucht suchen.«[18]

* »Guter Hasenfinder«. Hare bedeutet Hase, wird aber wie hair (Haare) ausgesprochen (Anm. d. Ü.).

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Thomas Rowlandson, Haarige Aussichten, oder: Der Teufel hat Angst, 1800.

Ein guter Anlass, sich zu rasieren, waren Läuse, die man nur auf diesem Wege loswurde, ein noch unangenehmerer Grund für Kahlschlag war die Syphilis. Deren erste Erwähnung stammt aus dem Jahr 1495 aus Neapel. Eines der vielen unschönen Symptome der Syphilis ist Haarverlust (Kopfhaar, Augenbrauen und Intimbehaarung). Auch wenn dieses Symptom selten ist, so war es spätestens die damals übliche Behandlung mit Quecksilber, die unabwendbar zu Haarausfall führte. Die Folge davon war, dass fehlendes Haar als Anzeichen von Krankheit gewertet wurde. Heute finden Leute einen Busch »eklig«, der durchschnittliche elisabethanische Liebhaber dagegen hätte das bei einem bald eagle (1987; »kahler Adler«) so empfunden. In Thomas Middletons Trick to Catch the Old One von 1605 wird eine Figur namens Audrey als »gerupfte, abgenutzte Hure, du Ausgeburt der Krätze« beschimpft.[19] In Westminster Whore (1610) wird eine »wollüstige Schlampe« verflucht, sie solle »eine Fotze ohne Haare und zehntausend Pocken« bekommen.[20] Und in A Night’s Search von 1640 schreibt Humphrey Mill über Huren, die »abgelaufen, ramponiert, manche ohne Pelz, manche ohne Nase« daherkommen.[21] Ein liederliches Lied von 1650 erzählt von einem Mann, der sich weigert, mit einer haarlosen Frau Sex zu haben, denn sie »knirscht untenrum wie ein poliertes Lederwams«.[22]

Wenn eine Dame an den Punkt kam, wo kein Überkämmen mehr half, die Intimglatze zu kaschieren, konnte sie immer noch zum »Schamhaartoupet« greifen. Laut Oxford Companion to the Body taucht das Wort malkin – von dem das heutige Wort für Intimhaarperücken, merkin, herkommt – zum ersten Mal 1450 auf.[23] Rochester beschwert sich, die »Toupets fallen ab und verderben einem den Spaß«.[24] In zahlreichen Slangwörterbüchern vom 16. bis zum 19. Jahrhundert werden die Toupets erwähnt, und auch in Alexander Smiths A Complete History of the Lives and Robberies of The Most Notorious Highwaymen von 1714 tauchen sie auf, und zwar in der bizarren Story über einen Straßenräuber, der dem Kardinal das Toupet einer Prostituierten verkauft und ihm erzählt, es sei der Bart von Petrus: »Da kam ihm ein merkwürdiger Einfall; er wollte sich das haarige Perücken-Dreieck einer Prostituierten besorgen […] dies würde er gut trocknen und ausbürsten, dann dem Kardinal überbringen und ihm sagen, er brächte ihm des heiligen Petrus’ Bart.«[25]

Auch wenn manche Frauen ihm hier und da zu Leibe rückten, während des 18. Jahrhunderts war ein üppiger Busch mit Sicherheit schwer angesagt. Und auch wenn Jean-Jacques Perret 1770 seinen Sicherheitsrasierer erfand, wurde Intimbehaarung nach wie vor mit unerschütterlicher Gesundheit assoziiert. Harris’s List of Covent Garden Ladies (1757 – 1795), ein Almanach mit allen verfügbaren Sexarbeiterinnen Londons, ist sehr für »moosige Grotten«. Miss Devenport wird als »gut gedeckt« beschrieben, »dabei aber nicht buschig«; Miss Betsy hat »tiefschwarze Ringellocken, die ihre Grotte übermütig umranken«, und Madam D.s »untere Locken, die ihr alabasterner Venushügel zur Schau trägt, sind gemacht, um Vergnügen zu bereiten«.[26] Clelands Heldin Fanny Hill (1749) berichtet von den »moosigen Hügeln« ihres »zarten Liebes-Labors« und dem darüber wuchernden »lockigen Haar«.[27]

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Zwei Mädels und ein Muff, 19. Jahrhundert.

Fanny staunt über die Finger ihrer Kollegin Phoebe, wie sie »spielten und sich in die jungen Ranken dieses Mooses zu winden suchten, welches zu gleichen Teilen zum Nutzen und zur Zierde geschaffen wurde«.[28]

Die erotische Literatur der viktorianischen Epoche ist voll des Lobes für den happy trail (2003), der offen gesagt mancherorts beschrieben wird, als könnte man damit die Kochtöpfe scheuern. Charlie Roberts, der Held in Romance of Lust (1875), berichtet von zahlreichen pelzigen Liebhaberinnen, ihn turnt Körperbehaarung total an.

Ihre Stellung legte die ganze Schönheit der gewaltig wuchernden Masse an schwarzem lockigem Haar offen, das ihre prachtvolle Möse untenrum dicht überzog, dann hinunter über ihre Schenkel lief und zwischen ihre Hinterbacken wieder hinauf, bis es sich in zwei Büscheln auf dem Weg zum Rücken wiederfand, genau unter den beiden hübschen Grübchen, die so charmant unter ihrer Taille saßen. Da war so viel Haar, wie es den meisten Frauen auf ihren Venushügeln wächst. Auf ihrem ganzen Körper wuchs glattes, seidiges Haar, besonders dicht auf Schultern, Armen und Beinen, und darunter zeigte sich eine wunderschön cremefarbene Haut. Sie war die am stärksten behaarte Frau, die ich je gesehen hatte, und ganz ohne Zweifel war der Haarwuchs Folge oder auch Grund für ihr außerordentlich lüsternes und sinnenfreudiges Temperament. Der Anblick, den ich genoss, erweckte meinen Schwanz zum Leben; als wir uns erhoben, sah sie ihn unter meinem Hemd hervorragen.[29]

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Es heißt, Francisco de Goyas La maja desnuda (Die nackte Maja) von 1797 sei eines der ersten Objekte in der westlichen Kunst, das weibliche Intimbehaarung zeigt.

Francisco de Goyas La maja desnuda (Die nackte Maja, um 1797) soll das erste europäische Gemälde sein, das die Intimbehaarung einer Frau zeigt, aber davon abgesehen wurden Frauen in der Hochkunst das ganze 19. Jahrhundert hindurch weiterhin mit merkmalslosen Genitalien dargestellt.

Einer der Gründe, so wird diskutiert, warum der berühmte Kunstkritiker John Ruskin unfähig gewesen sein soll, seine Ehe mit Euphemia Gray zu vollziehen, war der, dass er völlig schockiert davon war herauszufinden, dass echte Frauen (anders als in der Kunst) Intimbehaarung besitzen.

Die Ehe wurde nie vollzogen und letztendlich annulliert, und der einzige Hinweis auf den möglichen Grund findet man in einem Brief Euphemias aus dem Jahr 1848:

In diesem Jahr nannte er mir endlich den wahren Grund (und der ist für mich genauso niederträchtig wie der ganze Rest), nämlich, dass er sich Frauen ganz anders vorgestellt habe und dass er mich nicht zu seiner Frau gemacht habe, weil er an jenem ersten Abend von meiner Person abgestoßen gewesen sei.[30]

Ungeachtet Ruskins Unbehagen entfernten sich manche Frauen damals tatsächlich die Haare, wie die nächsten zwei Seiten beweisen. Dort sehen wir sogar die ersten »Landebahnen«.

Die Abwesenheit des Schamhaartoupets lässt vermuten, dass ein gemähter Rasen wieder in Mode kam oder zumindest nicht mehr als Krankheitssymptom empfunden wurde. Es scheint wahrscheinlich, dass der Rückzug der Intimbehaarung in der westlichen Welt im Zusammenhang steht mit der Entwicklung von Fotografie und Pornografie. Mit Sicherheit aber damit, »gesehen« zu werden.

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Diese viktorianische Dame zeigt, dass Pornografie Spaß machen kann, und liefert gleichzeitig den Beweis dafür, dass es im 19. Jahrhundert Intimhaarentfernungen gab.

Römische und griechische Frauen zupften sich ihre Venushügel, weil Nacktheit alltäglich war, als Körper aber verhüllt und »sündig« genannt wurden, verlor die Pussy-Parade merklich an Teilnehmerinnen. Mit dem Aufkommen von Fotografie und Film wurden Genitalien wieder sichtbar. Man kann sich seine eigenen natürlich selbst anschauen, vielleicht sogar die von Freunden oder Freundinnen, aber nichts lässt einen die eigene sexuelle Wirkung so anzweifeln wie das sexualisierte Bild einer fremden Person. Mode hat dabei immer eine Rolle gespielt: Die Entfernung von Achselhaaren steht in direkter Verbindung zum Aufkommen ärmelloser Kleider in den Zwanzigern – und einer cleveren Werbekampagne, die Frauen erzählte, sie würden stinken. Beinrasuren nahmen zu, als Rocklängen abnahmen, und mit dem Schrumpfen der Unterwäsche auf Zahnseidenformat (huhu, G-String!) verschwand auch die Intimbehaarung.

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Eine unbekannte viktorianische Dame präsentiert ihre Intimfrisur, während sie die neuesten Nachrichten studiert.

So oft habe ich schon gehört, dass die Hochzeit des Busches in den Sechziger- und Siebzigerjahren war, aber das stimmt einfach nicht. Es war lediglich die Zeit, als Pornos langsam Mainstream wurden. Es war keineswegs so, dass der »Teppich« (1939; rug) wieder in Mode war – er war es nie wirklich gewesen –, wir kriegten einfach nur mehr davon zu Gesicht. Und ja, die Frauen waren prächtig ausgestattet, es hatte ihnen ja auch niemand etwas Gegenteiliges nahegelegt. Zum ersten Mal tauchte Intimbehaarung in einer Penthouse-Ausgabe von 1970 auf. 1974 zeigte Hustler die ersten »Pink Shots«, also Vulven im Detail, und auch Haare waren noch schwer angesagt. Mitte der Siebzigerjahre hatte der Playboy eine Auflage von über sieben Millionen Exemplaren. Dass der Pussypelz sich seit Jahren mehr und mehr auf dem Rückzug befindet, wird oft direkt auf die Mainstream-Pornografie bezogen, aber vielleicht sollten wir unsere Netze etwas weiter auswerfen. Ja, der Zugang zu Pornografie ist heute viel leichter, aber darüber hinaus leben wir in einer mit Bildern übersättigten Gesellschaft, die unablässig bekräftigt, was »normal« ist. Und es sind nicht nur Pornos, die Frauen zu Spielbällen machen: Spielzeug, Mode, Zeitschriften, Zeitungen, Filme, Fernsehen, Werbung, Musikvideos und so weiter – nirgends wird man hier auch nur ein einziges Schnurrhärchen zu sehen bekommen (außer es geht um künstlerisch-subversive Inhalte). Es ist, als würde man das Intimhaar im Heuhaufen suchen. Der Grund dafür, dass Menschen so stark auf Frauen mit Intimbehaarung reagieren, liegt darin, dass sie es nicht gewohnt sind, sie zu sehen. Das entspricht nicht dem, was sie unter normal verstehen. Je weniger wir etwas sehen, desto komischer kommt es uns vor, wenn wir es dann tun.

Eine wirklich beunruhigende Assoziation mit Intimhaarentfernung ist Hygiene. Ich höre das die ganze Zeit: Es wäre einfach »sauberer«. Untersuchungen, die an der University of California durchgeführt wurden, zeigten, dass mehr als die Hälfte von dreitausend befragten Frauen, die ihre Intimbehaarung pflegten, dies aus Gründen der Hygiene taten, auch wenn es Belege dafür gibt, dass Intimrasuren Vulva und Vagina anfälliger für Irritationen und Infektionen machen können.[31] Also, ich sage das jetzt nur dieses eine Mal: Wenn die Haare auf dem Kopf eure Kopfhaut nicht stinken lassen, dann machen eure Intimhaare auch eure Vulven nicht »dreckig«.

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Werbung für »Ashes Enthaarungscreme«, die 1922 in Harper’s Bazaar abgedruckt wurde. Diese Anzeige macht sich zwei grundlegende Bedürfnisse zunutze – Peinlichkeiten vermeiden und gut aussehen.

In den letzten Jahren hieß es immer wieder, der Busch würde zurückkommen. 2014 stellte American Apparel Schaufensterpuppen mit Schamhaartoupets ins Schaufenster des New Yorker Flagship-Stores. 2016 verkündete das Magazin Tatler »Der Busch ist wieder da«. Caitlin Moran erklärte, alle Frauen sollten einen »großen, haarigen Muff« haben. Gwyneth Paltrow verriet, bei ihr herrschten untenrum »Seventies-Vibes«. Ich glaube, wenn mehr und mehr Promis den mächtigen Muff »normalisieren«, wird er auch wieder willkommener werden. Intimbehaarung steht immer wieder an vorderster Feminismus-Front: Wenn man sich ein neues ZZ-Top-Bandmitglied in seiner Unterhose wachsen lässt, wird das oft als felliges Fuck-you in Richtung Patriarchat gewertet, das einen wortwörtlich dazu bringt, sich die Haare zu raufen. Wie dem auch sei, ich hoffe, dieses Kapitel hat deutlich gemacht, dass die Sorge um Menge und Qualität der Intimbehaarung eine lange und verworrene Geschichte hat, genau wie die vielen schmerzhaften und gefährlichen Methoden, die wir ersonnen haben, um diese zu entfernen. Aber für die längste Zeit dieser Geschichte war Intimbehaarung nicht nur normal, sie wurde auch als sexy, gesund und sinnlich betrachtet. Was auch immer du also mit deiner anstellen möchtest, ich verspreche dir, das ist alles schon mal da gewesen.