Schade, dass sie eine Hure ist

(John Ford, 1626)

Die Huren in Whores of Yore

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Im Kampf um soziale Gleichheit ist Sprache ein wichtiges Schlachtfeld. Der Linguist Daniel Chandler bringt es auf den Punkt: »Sprache erzeugt unsere Welt, sie dient nicht einfach nur dazu, über sie zu berichten oder sie zu kennzeichnen.«[1] Sprache ist fließend und formbar, sie steuert gesellschaftliche Gesinnungen viel mehr, als dass sie sie einfach bloß ausdrückt. Um uns die Evolution von Sprache vor Augen zu führen, müssen wir uns lediglich einmal ansehen, was einst alltägliche Terminologie zur Beschreibung von People of Colour war: Half-caste (»Mischling«, »Mulatte«) war ein völlig akzeptabler Begriff für Menschen verschiedenartiger ethnischer Herkunft, genauso wie coloured (»farbig«) für Schwarze Menschen. Solche Bezeichnungen waren nicht als Beleidigungen gedacht, sie waren rein deskriptiv und werden manchmal noch heute verwendet, wenn auch glücklicherweise seltener. Wenn wir jedoch die Machtstrukturen aufdröseln, die diesen Begriffen innewohnen, beginnen wir zu verstehen, wie Worte unsere Realität erzeugen und verfestigen. Eine Person, die half-caste ist, ist per Definition die Hälfte von irgendwas; sie ist halb ausgebildet, halb fertig, eine halbe Person und kein vollständiger, eigenständiger Mensch. Ein »Farbiger« wurde, metaphorisch gesprochen, angemalt, was andeutet, dass es einen Originalzustand gibt, der nicht koloriert ist (oder eben: weiß). So werden Unterschiede betont und implizit ethnische Hierarchien suggeriert. Vielleicht erkennen wir nicht auf Anhieb die Bedeutung solcher Ausdrücke, aber eine Person als »halb« zu bezeichnen, verstärkt einfach die Einstellung ihrer Ethnie gegenüber – ganz wie Chandler es ausdrückte, bildet diese Ausdrucksweise unsere Realität nicht einfach ab, sondern sie erschafft unsere Realität.

Eine Sprache, die das Menschsein von Personen reflektiert, unterliegt einem dynamischen Prozess, und auch wenn Political Correctness immer wieder Hohn und Spott ausgesetzt ist, werden wir niemals soziale Gleichheit erlangen, wenn wir mit der Sprache, die wir benutzen, um gesellschaftliche Randgruppen zu beschreiben, nur immer weiter Stigmen verfestigen. Sprache prägt in hohem Maße die Diskussion über LGBTQ-Rechte, Körperbilder, Altersdiskriminierung und natürlich Gender.

Die Verwendung von diskriminierender Sprache ist ein linguistisches Minenfeld. Niemand hat hier irgendwelche Regeln festgeschrieben, und trotzdem wissen wir, dass es sie gibt. Fag (»Schwuchtel«), ho’ (»Nutte«), bitch (»Schlampe«) etc. werden zu Ausdrücken von Zugehörigkeit und sogar Zuneigung, wenn sie innerhalb bestimmter Gruppen verwendet werden. Als heterosexuelle weiße Frau kann ich einen schwulen Mann nicht queer nennen, aber ich kann meine Freundin als Bitch bezeichnen, während ein Heteromann das nicht darf – ein schwuler Mann wiederum dürfte das vielleicht (wie gesagt, Minenfeld). Wenn sich Menschen stolz ein Schimpfwort wieder aneignen, mit dem sie einmal stigmatisiert wurden, dann ist das eine Provokation, die die Unterdrückenden entmachtet, die Identität stiftet unter den sonst Unterdrückten und die dem Establishment zwei politisch inkorrekte Mittelfinger zeigt.

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Die Babylonische Hure in der Lutherbibel, Ausgabe von 1534.

Natürlich argumentieren viele Menschen, dass solche Wörter, egal in welchem Kontext verwendet, nur dazu dienen, Vorurteile zu untermauern, weil sie ihren historischen Ballast niemals loswerden; sie erschaffen Realität eher, statt sie bloß abzubilden.

Auch das Wort whore (»Hure«) wird sich in bestimmten Gruppen innerhalb der Sexarbeitenden-Community wieder angeeignet (andere lehnen es komplett ab).

Eigentlich hätte ich whore nicht für meine Whores-of-Yore-Website benutzen sollen. Das Wort gehört mir nicht, und wenn du keine Sexarbeiterin bist, dann gehört es dir ebenso wenig. Es ist ein Schimpfwort, dass Sexarbeitende jeden Tag von Leuten zu hören kriegen, die sie abwerten und beschämen wollen, und das hatte ich nicht umfassend verstanden. Ich benutzte whore als Verweis auf ungehemmte Sexualität, so wie slut oder slag (»Schlampe«), nicht in Bezug auf eine Frau, die Sex verkauft. Für mich war dieses Wort immer viel mehr als das. Ich bekam von vielen Sexarbeitenden Feedback auf meine für sie fragwürdige Verwendung des Begriffs, und eine Zeit lang habe ich ernsthaft überlegt, ob ich den Namen der Seite ändere. Aber die Geschichte dieses Wortes ist wichtig, und ich möchte das deutlich machen. Die Diskussion darüber, was das Wort Hure eigentlich bedeutet, ist absolut lohnenswert.

Der deutsche Schriftsteller Georg Büchner (1813 – 1837) schrieb einmal, die Freiheit und eine Hure seien »die kosmopolitischsten Dinge unter der Sonne«.[2] Aber was bedeutet das Wort Hure eigentlich wirklich? Woher kommt es, und was muss jemand tun, um sich diesen speziellen Titel zu verdienen? Warum wurde Jeanne d’Arc, die als Jungfrau starb, die »französische Hure« genannt? Und warum wurde »Virgin Queen« Elizabeth I. von ihren katholischen Feinden als »englische Hure« beschimpft? Französische Revolutionäre nannten Marie Antoinette die »österreichische Hure«, Anne Boleyn war die »große Hure«, und im Präsidentschaftswahlkampf 2016 wurde Hillary Clinton wiederholt von Trumps Anhängern als »Hure« beschimpft.[3] Wir glauben ganz genau zu wissen, was wir meinen, wenn wir das H-Wort sagen, aber das Wort ist historisch und kulturell komplex. Diese zwei Silben sind randvoll mit den Versuchen aus über tausend Jahren, Frauen zu beherrschen und zu beschämen, indem man ihre Sexualität brandmarkt.

Das Wort ist so alt, dass sein genauer Ursprung verloren ist, aber es lässt sich zurückführen auf das altnordische hora (»Ehebrecherin«). Hora hat viele Ableitungen, genau wie das dänische hore, das schwedische hora, das niederländische hoer und das althochdeutsche huora. Geht man noch weiter zurück in der Zeit zur proto-indoeuropäischen Sprache (die gemeinsame Vorfahrin der indoeuropäischen Sprachen), stößt man auf Wurzeln in dem Wort qār, was »mögen, begehren« bedeutet. Qār ist der Ursprung von Bezeichnungen für »Liebhaber*in« in anderen Sprachen, wie das lateinische carus, das altirische cara und das altpersische kama (»begehren«).[4] »Hure« ist kein universelles Wort: Die Aborigines und die indigenen Völker Kanadas (First Nation People) und Hawaiianer*innen haben kein Wort für »Hure«, auch nicht für »Prostitution«.

Ab dem 12. Jahrhundert wurde »Hure« zum Schimpfwort für eine sexuell unkeusche Frau, aber es bezeichnete nicht gezielt eine Sexarbeiterin. Nach der Definition von Thomas Chobham aus dem 13. Jahrhundert war jede Frau eine Hure, die außerhalb der Ehe Sex hatte (alle Frauen, die gerade erfahren haben, dass sie 13.-Jahrhundert-Huren sind, bitte Handzeichen).[5] Shakespeare benutzte das Wort Hure fast einhundertmal in seinen Stücken, darunter in Othello, Hamlet und King Lear. In diesen Stücken ist die Hure aber keine Frau, die Sex verkauft, sondern eine mit promiskuitivem Lebenswandel. John Websters The White Devil (Der Weiße Teufel, 1612) untersucht Narrative über unfügsame Frauen. In einer denkwürdigen Szene beschreibt Monticelso, was eine Hure ist:

Soll ich euch erklären, was Huren sind? So hört, ich tu’s;

Ihr Wesen zeig ich euch genau. Zuerst sind sie

Wie Zuckerwerk, das rotten lässt den Esser; in Mannes Nüster

Parfum aus Gift. Trügerische Alchemie;

Schiffbruch in ruhigstem Gewässer. Was sind Huren!

Kalte russische Winter, die uns so öd erscheinen,

Als hätt’ die Natur den Frühling vergessen.

Sie sind gemacht aus Höllenfeuer:

Schlimmer noch als Low Lands’ Steuer

Auf Fleisch, auf Wein, auf Stoff und Schlaf,

Ach, auf eines jeden Manns Verderben, die Sünde, noch.

Sie sind die Tücken im Gesetz,

Die einen Mann, der nichts mehr hat, noch um sein Letztes bringen. Was sind Huren!

Sie schmeicheln dir wie Glockenton, stets gleich,

Ob Hochzeit, ob Beerdigung. Schatztruhen sind sie,

Eure Huren, bis oben hin Erpressungen

Und dann nur Leere, wüst Geschrei. Schlimmer sind sie,

Schlimmer noch als Leichen, vom Galgen abgeschwatzt durch den Chirurgen, belehren sie den Mann, wo seine Schwächen liegen. Was ist eine Hure!

Sie ist die böse falsche Münze,

Die, wer immer sie zuerst geprägt, in Not bringt den,

der sie empfängt.[6]

Monticelso gibt das nicht zu, aber was diesem Wutausbruch zugrunde liegt, ist eine Angst vor Frauen, die Angst, sie könnten Macht über einen Mann gewinnen, ihm zeigen, »wo seine Schwächen liegen«. Hier ist eine Hure keine Sexarbeiterin, sie ist eine Frau, die Gewalt über einen Mann hat und um jeden Preis zum Schweigen gebracht werden muss.

Das Wort Hure wird benutzt, um eine Person zu attackieren, die den Status quo auf den Kopf stellt und sich behauptet. Ziel dieser Attacke ist meistens die Rückgewinnung sexueller Kontrolle und Vorherrschaft über diese Person. Anders aber als das Wort »Prostituierte« ist »Hure« nicht an einen Beruf geknüpft, sondern an eine moralische Wahrnehmung. Aus diesem Grund werden viele mächtige Frauen, die rein gar nichts mit Prostitution zu tun haben, als Huren beschimpft. Mary Wollstonecraft, Phoolan Devi und sogar Margaret Thatcher, sie alle wurden Huren genannt. Das Wort soll sein Ziel beschämen, erniedrigen und letztendlich unterwerfen, und jede durchschnittliche Frau auf der Straße wird genauso wahrscheinlich mal eine Hure genannt wie eine Regierungschefin, vielleicht sogar noch wahrscheinlicher.

Auch heute ist »Hure« eine böse Beleidigung, in der Frühen Neuzeit war das Wort aber eine derart ernst zu nehmende Diffamierung, dass man dafür vor Gericht landen konnte. »Hure« ist die mit Abstand meistzitierte Beleidigung in Gerichtsfällen aus dieser Zeit, darunter unzählige kreative Varianten: »stinkende Hure«, »ticket-buying whore«*, »besoffene Pisspott-Hure«, »Hure im Spitzenunterrock« und »Hundeschlampen-Hure« – alles belegt.[7]

* Die Bedeutung dieser Variante ist unklar. Die Autorin nimmt an, dass ticket hier so viel wie »Beweis« bedeutet, die Frau also »das Ticket hat, eine Hure zu sein«. Oder aber es handelt sich um ein Ticket für eine Art Theater, in dem die Frau entweder als Hure arbeitet oder sich lasterhafter Unterhaltung hingibt (Anm. d. Ü.).

Im Jahr 1664 behauptete Anne Blagge, Anne Knutsford habe sie eine »pockenärschige Hure« genannt.[8] Die arme Isabel Yaxley beschwerte sich 1667 über eine Nachbarin, die gesagt hatte, sie sei eine »Hure«, die »für ein Stück billigen Fisch gefickt« werden könne.[9] 1695 beschuldigte Susan Town aus London eine Jane Adams, sie habe ihr zugerufen: »Komm raus, du Hure, und kratz dir mit mir den räudigen Arsch.«[10] 1699 klagte Isabel Stone aus York gegen John Newbald, weil er sie »eine Hure, eine ordinäre Hure und eine Pissarsch-Hure … eine Schlampe und eine Pissarsch-Schlampe« geschimpft hatte.[11] Und 1663 wurde Robert Heyward vors Gericht von Cheshire gezerrt, weil er Elizabeth Young eine »weinerliche Hure« und eine »dreckige Hure« genannt hatte. Im Gerichtssaal behauptete er dann, er könne beweisen, dass Elizabeth eine Hure sei, und sie solle nach Hause gehen und sich »die Flecken aus dem Pelz« waschen.[12]

Um auf Beleidigung klagen zu können, brauchte es erst einmal eine*n Zeug*in der Tat, dann ein Charakterzeugnis, um beweisen zu können, dass die Anschuldigung falsch war, und einen Nachweis darüber, wie rufschädigend diese gewirkt hatte. Die Strafen für Beleidigung rangierten von Bußgeldern und öffentlichen Entschuldigungen bis hin zur Exkommunikation (wenn auch selten). Ein Beispiel für eine solche Strafe stammt aus dem Jahr 1691, als William Halliwell sich öffentlich in einer Kirche bei Peter Leigh entschuldigen musste, weil er dessen Charakter beleidigt hatte:

Ich, William Halliwell, habe meine Pflicht vergessen, den Weg der Liebe und Barmherzigkeit zu meinem Nachbarn einzuschlagen, und habe in Wort und Schrift viele skandalöse, beleidigende und tadelnswerte Worte gegen Peter Leigh gerichtet […] Hiermit nehme ich diese Worte allesamt als falsch, skandalös und unwahr zurück […] Es tut mir aufrichtig leid, und hiermit gestehe ich und erkenne an, dass ich ihm starkes Unrecht getan und ihn verletzt habe.[13]

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Beispiele für »undamenhafte Sprache« aus New Art and Mistery of Gossipping, 1770. Links: Komm raus, du Schlampe, ich reiß dich in Stücke. Rechts: Leck mich am Arsch, du Hure, ich schnapp mir deinen Mann.

Die Anschuldigung »Hure« war besonders zerstörerisch, weil sie den Wert einer Frau auf dem Heiratsmarkt unmittelbar beeinflusste. Als also Thomas Ellerton im Jahr 1685 Judith Glendering eine Hure nannte, die von »Scheune zu Scheune« zog und von »Kesselflicker zu Fiedler«, tat er mehr, als sie einfach nur zu beleidigen. Er verhinderte, dass sie einen Ehemann fand.[14] 1652 behauptete Cicely Pedley, man habe sie mit der Absicht eine Hure genannt, ihre »Heirat mit einer Person von guter Qualität« zu vereiteln.[15] Auch das Geschäft konnte davon betroffen sein. Ein Friedensrichter entschied 1687, dass es strafbar sei, die Ehefrau eines Pensionswirts Hure zu nennen, weil dies das Geschäft schädige.[16]

Viele Beleidigungsfälle wurden von Männern vor Gericht gebracht, deren Frauen eine Hure genannt worden waren. Die Ehefrau von jemandem als Hure zu bezeichnen, war ganz besonders perfide, weil hier nicht nur die Ehefrau selbst beleidigt wurde, sondern der Ehemann plötzlich als Gehörnter dastand, der es nicht schaffte, seine Alte zu befriedigen. 1685 zum Beispiel wurde Abraham Beaver beschuldigt, Richard Winnell angewiesen zu haben: »Geht nach Hause, Ihr Hahnrei, und Ihr werdet Thomas Fox im Bette Eurer Frau finden«.[17]

Obwohl Fälle, in denen Männer wegen Beleidigung klagten, weniger häufig vorkamen, waren auch diese oft von sexueller Natur. Im Jahr 1680 wurde Elizabeth Aborne aus London von Thomas Richardson vor Gericht gebracht, weil sie gesagt hatte, sein Penis sei »verfault vor lauter Pocken«.[18] Männer wurden außerdem beleidigt als »Hurenhändler«, »Gehörnte«, »Bastard-Väter«, »Schurken« und in einem Fall als »eifersüchtiger kahlköpfiger Trottel und Arsch«.[19] Männer klagten gegen Menschen, die sie Diebe, Bettler oder Säufer genannt hatten. 1699 musste Thomas Hewetson in York vor Gericht erscheinen, weil er Thomas Daniel einen Bettler genannt hatte: »Er war ein Bettler und lief quer durchs Land von Tür zu Tür und bettelte.«[20]

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts gab es an den Kirchengerichten einen merklichen Rückgang der Beleidigungsklagen. Über die Gründe hierfür streiten sich Historiker*innen seit Langem. Möglicherweise war es so, dass sich Gerichte mit der zunehmenden Bevölkerung in den wachsenden Städten verstärkt um andere Verbrechen kümmern mussten als um Frauen, die sich gegenseitig »Busch-Huren« und »pockenärschige Huren« nannten. Es mag auch sein, dass es eine Verschiebung in der Gesellschaft gab und man seine persönlichen Schlammschlachten nun einfach nicht mehr vor einem Richter austrug.

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Google Ngram Viewer: Häufigkeit des Wortes »Hure« in der Literatur Englands von 1500 bis 2008.

Im Jahr 1817 schließlich besagte englisches Recht: »Eine verheiratete oder alleinstehende Frau Hure zu nennen, ist nicht strafbar, denn Unzucht und Ehebruch sind Gegenstände geistlicher, nicht weltlicher Kritik.«[21]

Die abgebildete Grafik zeigt den deutlichen Rückgang der Verwendung des Wortes Hure seit dem 17. Jahrhundert. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts war »Hure« noch ein Rechtsbegriff und taucht zwischen 1679 und 1800 in nicht weniger als hundertdreiundsechzig Gerichtsverfahren am Old Bailey auf. Historiker*innen wie Rictor Norton haben untersucht, wie »Prostituierte« oder common prostitute (»gewöhnliche Prostituierte«) das Wort Hure nach und nach als Rechtsausdruck für eine Person, die sexuelle Dienste verkauft, ersetzten.[22] Ich vermute, dass der starke Rückgang der Verwendung von »Hure« zum Ende des 17. Jahrhunderts hin in Zusammenhang steht mit der sprachlichen Bedeutungsverschiebung von Rechtsterminologie zu schlichter Beleidigung.

Heute ist »Hure« weitgehend Bestandteil einer beleidigenden und vulgären Sprache. Aber wie das Wort »Schlampe« ist auch »Hure« in einem Zustand der Wiederaneignung begriffen und kann dazu dienen, die Scham infrage zu stellen, die diesem Wort für Hunderte von Jahren innegewohnt hat. »Hure« mag ein Schimpfwort sein, aber eines, dessen Wurzeln in der Angst vor weiblicher Unabhängigkeit und sexueller Selbstbestimmtheit liegen. Die Entwicklung eines Wortes, das eine begehrende Frau beschreibt, hin zu einer Beleidigung, die genau dieses Begehren verurteilt, zeichnet kulturelle Einstellungen gegenüber weiblicher Sexualität nach. Wenn ich »Hure« sage, dann will ich damit niemanden beschämen, ich will damit all diejenigen anerkennen, die das gesellschaftliche Zartgefühl in einem Maß erschüttert haben, das ihnen diese Bezeichnung einbrachte. Ich verwende es, um der Schande, die es in sich birgt, die Luft abzulassen. Ich verwende es, um daran zu erinnern, dass Sprache beeinflusst, wie wir einander sehen, und sich ständig weiterentwickelt. Historisch gesehen bist du dann eine Hure, wenn du begehrst. Du bist eine Hure, wenn du die von Männern gemachten Regeln überschreitest und ihn in seiner überlegenen Stellung bedrohst. Historisch gesehen sind wir alle Huren.