Bus
Die automobile Realität holt jeden Venedigbesucher auf dem Lido wieder ein. Aber das hat auch Vorteile, denn dort verkehren die öffentlichen Inselbusse der ACTV. Mehr dazu im Lido-Kapitel (→ S. 240) und unter „Ankunft am Aeroporto Marco Polo/Weiter mit dem Bus“ (→ S. 67).
Gondola, gondola ...
Teurer Spaß
Die Gondel gehört untrennbar zu Venedig, sie ist zum Wahrzeichen der Wasserstadt geworden. Waren es einst über 10.000 Gondeln, die die venezianischen Wasserstraßen befuhren, so sind es heute lediglich an die 450, gerudert von ebenso vielen Gondolieri, die schon immer eine eigene Zunft bildeten. Nach wie vor übertragen die Gondolieri die Kunst des Gondelfahrens samt Lizenz bevorzugt auf ihre Söhne, die erst nach jahrelanger Lehrzeit selbst ans Ruder dürfen. Nach Jahrhunderten männlicher Vorherrschaft gibt es mittlerweile eine Frau in der Zunft: Gondoliera Giorgia Boscolo, Jahrgang 1986, blond!
Mehr oder weniger fantasievolle Vergleiche musste die venezianische Gondola schon viele über sich ergehen lassen: Edgar Allan Poe nannte sie einen „schwarz gefiederten Kondor“, Mark Twain einen „Leichenwagen“, nur Jean-Paul Sartre konnte sich nicht so recht entscheiden: „Von außen sieht die Gondel aus wie ein von Picasso gemaltes Musikinstrument, man weiß nicht so recht, wo man die Saiten anbringen soll, wahrscheinlich vom Bug zum Heck. Sitzt man darin und fährt, ist es ein Schlittschuh. Sie gleitet, fast ohne es aufzuritzen, über ein Wasser wie aus Glas.“
Schwarz sind die Gondeln übrigens seit 1562. Vorher waren sie - zumindest die der reichen Venezianer - farbenprächtig und aufwendig verziert, bis der amtierende Doge allen Gondeln im Rahmen der Luxusgesetzgebung einen schwarzen Anstrich verordnete, damit ja kein Neid aufkam. Das führte jedoch dazu, dass die Innenausstattung der kleinen Holzkabine (Felze), die damals gegen Wind und Wetter schützte, umso prachtvoller und luxuriöser ausfiel.
Die hohe Kunst des Gondelbaus ist so gut wie ausgestorben, Gondelwerften (Squero) gibt es nicht mal mehr eine Handvoll. Die Nachfrage ist zu gering und der Preis mit 25.000-30.000 € zu hoch. Die traditionelle Gondel besteht aus 280 Einzelteilen, acht verschiedenen Hölzern und ist asymmetrisch gebaut (auf der rechten Seite 24 cm schmaler), 10,15 m lang und 1,40 m breit. Ihr Leergewicht liegt bei 350 kg. Die asymmetrische Bauweise verleiht der Gondel einen leichten Rechtsdrall und erhöht die Manövrierfähigkeit. Der Vordersteven ist mit einem schweren Bugeisen (Ferro) verziert, das das Gewicht des Gondoliere ausgleicht, der hinten links steht. Die sechs scharfen Zacken des Eisens symbolisieren Venedigs sechs historische Stadtteile, die Sestieri. Das Herzstück der Gondel ist die spezielle Rudergabel (Forcola), die hinten rechts angebracht ist. Diese kunstvoll aus Nussbaumholz gearbeitete Holzdolle ist exakt auf die Körpermaße des Gondoliere abgestimmt und garantiert die enorme Wendigkeit in den engen Kanälen.
Beleuchtete Plastikgondel - Kitsch ist Kult
Problematisch geworden ist die Verwendung der acht verschiedenen Holzsorten. Spanten aus dem Wurzelholz der Ulme werden schon seit einem halben Jahrhundert nirgendwo mehr hergestellt. Andere Bauhölzer wie Fichte, Eiche und Nussbaum gibt es zwar noch, sie sind aber in der benötigten Qualität einfach zu teuer geworden. Zunehmend wird deshalb auch im traditionellen Gondelbau schichtverleimtes Sperrholz benutzt.
Das Einzige, was Ortsansässige angeblich niemals tun, ist Gondel fahren. Haben die Venezianer etwa keine romantische Ader mehr, ist es ihnen schlicht zu teuer oder wollen sie nicht für Ausländer gehalten werden? Die Gondelfahrt ist heute jedenfalls eine rein touristische Angelegenheit geworden - zudem eine recht kostspielige, denn der 40-minütige Gondeltrip durch die Kanäle des historischen Zentrums kostet tagsüber offiziell 80 € (ab 19 Uhr 100 €). Grundsätzlich verlangen die Gondolieri jedoch mehr, gewissermaßen ein Zwangstrinkgeld. Bestehen Sie immer auf den offiziellen Tarif! Ganz abgesehen vom Preis soll es Menschen geben, die sich genieren, dieses seltsame Gefährt zu besteigen - wie etwa Jean-Paul Sartre, der es so formulierte: „In den schmalen Kanälen begegnet man sich von Tourist zu Tourist in der Gondel, und jeder findet den anderen leicht lächerlich.“
Für alle, die ihren Mittouristen gegenüber toleranter sind: In der Dunkelheit ist eine Gondelfahrt ungleich romantischer als tagsüber. Maximal sechs Personen können zusteigen - eine Besetzung, die garantiert jeden Gondoliere missmutig stimmt. Den Preis unbedingt vorher festmachen. In der Regel kommt man zum Ausgangspunkt zurück. Das Ständchen mit Musikbegleitung kostet selbstverständlich extra.
Gondelankerplätze: Bacino Orseolo (am Markusplatz, Nordwest-Ecke), Trinità (Campo San Moisé), San Marco und Hotel Danieli (Riva degli Schiavoni), Dogana (San Marco, Vallaresso), Santa Maria del Giglio (Canal Grande, Unterlauf), San Tomà (Canal Grande, San Polo), Rialto (Riva del Carbon), Santa Sofia (Canal Grande, Cannaregio), Ferrovia (Bahnhof, Ponte Scalzi).