5Gnome, KDE, Unity & Co.
Unter Windows oder OS X gibt es jeweils nur eine Desktop-Umgebung, deren Aussehen und Verhalten sich nur bei Versionswechseln merklich ändert. Unter Linux stehen dagegen eine ganz Menge Desktop-Systeme zur Auswahl:
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Gnome ist das populärste Desktop-System. Es kommt standardmäßig in allen Enterprise-Distributionen sowie unter Debian und Fedora zum Einsatz.
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Unity ist eine Eigenentwicklung von Ubuntu. Der Desktop weist zwar etliche Besonderheiten auf, das Fundament ist aber ebenfalls Gnome. Deswegen sehen z.B. die Dateimanager unter Fedora und Ubuntu nahezu gleich aus.
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Gnome hat mit Version 3 einen Neuanfang gewagt, der in seiner Radikalität manche langjährige Gnome-Fans überfordert bzw. verärgert hat. In der Folge sind mehrere Gnome-Ableger entstanden, unter anderem der Cinnamon Desktop und MATE. Selbst innerhalb des Gnome-Projekts gibt es mit dem sogenannten Gnome-Klassikmodus eine Variante, die in vielerlei Hinsicht Ähnlichkeiten zur Gnome-Version 2 zeigt.
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KDE ist ein Desktop-System für technisch versierte Anwender. Es bietet viel mehr Konfigurationsmöglichkeiten als Gnome und Unity, was leider mit vielen unübersichtlichen Dialogen einhergeht.
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Pantheon ist das Desktop-System der Distribution Elementary OS. Das Ziel der Pantheon-Entwickler ist es, die Einfachheit und Eleganz von OS X unter Linux nachzubilden. Optisch ist dies auch gut gelungen, Pantheon und Elementary OS sind aber noch unausgereift.
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Xfce und LXDE sind Desktop-Systeme, die speziell für Rechner mit nicht so leistungsstarker Hardware optimiert sind. LXDE hat zuletzt große Verbreitung auf Raspberry Pis gefunden.
Dieses Kapitel stellt die oben aufgezählten Desktop-Systeme näher vor, wobei ich den Schwerpunkt auf Gnome, Unity und KDE lege. Auf die im jeweiligen Desktop-System verfügbaren Programme gehe ich allerdings nur fallweise ein, z.B. auf den Dateimanager und die Konfigurationswerkzeuge. Weitere Programme lernen Sie in themenspezifischen Kapiteln kennen – das Bildverwaltungsprogramm Shotwell beispielsweise in Kapitel 7, »Fotos und Bilder«.
5.1Gnome
Bevor Sie unter Gnome arbeiten können, müssen Sie sich mit Ihrem Benutzernamen (Login-Namen) und dem Passwort anmelden. Falls auf Ihrem Rechner mehrere Desktop-Systeme installiert sind, können Sie auf der Login-Seite das gewünschte System auswählen.
Zum Herunterfahren des Rechners öffnen Sie das Systemmenü ganz rechts im Panel. Dort finden Sie einen Ein/Aus-Button, mit dem Sie den Rechner ausschalten oder neu starten können. Gut versteckt sind die restlichen Optionen:
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Um den Rechner in den Ruhemodus zu versetzen, müssen Sie (Alt) drücken. Der Ein/Aus-Button verändert dann seine Form und dient nun zur Aktivierung des Ruhezustands.
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Zum Abmelden klicken Sie im Systemmenü auf Ihren Benutzernamen. Damit erscheinen unterhalb des Namens die Zusatzkommandos Benutzer wechseln, Abmelden und Kontoeinstellungen. Alternativ können Sie auch das Kommando gnome-session-quit ausführen.
Unmittelbar nach dem ersten Login erscheint ein Willkommens-Assistent. Dort können Sie die Sprache sowie das Tastaturlayout einstellen und Gnome mit einem Online-Konto verbinden, also z.B. mit Google oder ownCloud. Diesen Schritt können Sie aber ebenso gut später in den Systemeinstellungen erledigen.
Wenn mehrere Benutzer einen Rechner verwenden, ist es nicht notwendig, dass sich der eine abmeldet, nur damit der andere rasch seine E-Mails lesen kann. Vielmehr klicken Sie im Systemmenü zuerst auf Ihren Namen und dann auf den Eintrag Benutzer wechseln. Intern wird für jeden Benutzer ein eigenes Grafiksystem ausgeführt. Mehrere parallele Logins erfordern daher eine Menge Ressourcen.
Bedienungselemente
Das einzige ständig sichtbare Bedienungselement des Desktops ist das Panel, das unverrückbar am oberen Bildschirmrand angezeigt wird (siehe Abbildung 5.1). Es enthält den Button Aktivitäten, ein Icon für das gerade aktive Programm, die Uhrzeit sowie am rechten Rand diverse Status-Icons und -Menüs. Ganz rechts befindet sich das bereits erwähnte Systemmenü. Der eigentliche Arbeitsbereich ist – wenn man von eventuell offenen Fenstern einmal absieht – vollkommen leer. Die Darstellung von Icons auf dem Desktop ist nicht mehr vorgesehen.
Abbildung 5.1Der Gnome-Desktop
Einige Gnome-Programme machen ihre wichtigsten Menükommandos auch über das sogenannte »Applikationsmenü« zugänglich. In dieses Menü gelangen Sie, wenn Sie im Panel auf den Namen des gerade aktiven Programms klicken.
Die im rechten Teil des Panels angezeigten Miniprogramme (Applets) sind nicht ohne Weiteres veränderlich. Es gibt keinen Dialog, um weitere Applets hinzuzufügen. Stattdessen können Sie über die Seite https://extensions.gnome.org Gnome-Erweiterungen herunterladen und aktivieren.
Ein Mausklick auf den Button Aktivitäten, das Verschieben des Mauscursors in die linke obere Ecke des Bildschirms oder das Drücken der (è)-Taste oder der Tasten (Alt)+(F1) öffnet die Aktivitäten-Ansicht. Standardmäßig zeigt diese Ansicht links ein Dock mit den Icons oft benötigter sowie aller laufenden Programme an, rechts eine Vorschau der aktiven Arbeitsflächen. Dazwischen werden in einer Art Exposé-Ansicht alle Fenster der Arbeitsfläche angezeigt. Nun können Sie beispielsweise Fenster in eine andere Arbeitsfläche verschieben, Icons von häufig benötigten Programmen in der Icon-Leiste am linken Bildschirmrand neu positionieren etc.
In der Aktivitäten-Ansicht ist ein Suchfeld aktiv. Sobald Sie per Tastatur einen Suchbegriff eingeben, ersetzt Gnome die Exposé-Ansicht aller Fenster durch die Suchergebnisse, wobei Programme, Systemeinstellungsmodule, Verzeichnisse, Kontakte sowie die zuletzt verwendeten Dateien berücksichtigt werden. Das gewünschte Objekt können Sie wahlweise mit der Maus oder mit den Cursortasten auswählen.
Die Suchfunktion ist eine ungemein praktische Sache. Wenn Sie beispielsweise rasch GIMP öffnen möchten, geben Sie einfach (è) gi (¢) ein. Sobald Sie sich daran gewöhnt haben und die Anfangsbuchstaben der wichtigsten Programme auswendig kennen, gelingt der Programmstart so äußerst schnell und effizient.
Beachten Sie, dass (è) xxx (¢) bereits laufende Programme aktiviert und nicht eine neue Instanz startet. Das ist meistens zweckmäßig, aber nicht immer: Wenn Sie beispielsweise nicht ein bereits laufendes Terminalfenster aktivieren möchten, sondern ein neues Terminalfenster öffnen möchten, müssen Sie (Strg)+(¢) drücken bzw. das Terminal-Icon zusammen mit (Strg) anklicken.
In Gnome gibt es keine ständig sichtbare Task- oder Fenster-Leiste. Diese Rolle übernimmt die vertikale Icon-Leiste am linken Rand der Aktivitäten-Ansicht. Die Gnome-Entwickler bezeichnen sie als Dash, ich bleibe in diesem Buch aber bei dem gebräuchlicheren Begriff Dock.
Das Dock enthält im oberen Bereich standardmäßig einige Programme, von denen die Gnome-Entwickler denken, dass Sie sie häufig benötigen werden. Der untere Bereich des Docks enthält Icons aller gerade laufenden Programme, soweit sich diese nicht sowieso im Dock befinden. Laufende Programme werden hervorgehoben. Die Icon-Größe im Dock wird automatisch so angepasst, dass alle Icons angezeigt werden können. Wenn also viele Programme gleichzeitig laufen, schrumpfen die Icons entsprechend.
Um ein Icon aus dem Dock zu entfernen, führen Sie das Kontextmenükommando Aus Favoriten entfernen aus. Um dem Dock ein Programm hinzuzufügen, verschieben Sie das betreffende Programm per Drag&Drop aus der Ansicht Anwendungen in das Dock. Alternativ führen Sie bei einem bereits laufenden Programm das Kontextmenükommando Zu Favoriten hinzufügen aus.
Im linken unteren Eck des Bildschirms befindet sich ein kleines Statusfeld: Im Hintergrund laufende Programme wie der Dropbox-Client können dort durch Icons auf ihre Aktivitäten aufmerksam machen.
Programme ausführen
Um ein Programm zu starten, dessen Namen Sie nicht kennen, klicken Sie in der Aktivitäten-Ansicht auf den Button Anwendungen anzeigen unten im Dock. Damit gelangen Sie in eine Icon-Übersicht, die anfänglich die zuletzt benutzten Programme zeigt. Um zwischen allen Programmen wählen zu können, klicken Sie auf den Button Alle. Nun werden alle installierten Programme angezeigt, wobei weniger häufig benötigte Programme in Gruppen wie Hilfsprogramme oder Verschiedenes verborgen sind.
Gewöhnungsbedürftig ist die Bedienung von Gnome mit der Tastatur. (Alt)+(ê) wechselt nicht wie unter Windows zwischen Fenstern, sondern zwischen Programmen. Dieses Konzept verfolgt OS X schon lange, aber auch Apple hat mich nicht überzeugen können, dass das eine gute Idee ist.
Besteht ein Programm aus mehreren Fenstern, müssen Sie nun recht umständlich mit den Cursortasten das gewünschte Fenster auswählen. Dafür gibt es zwei neue Tastenkürzel: (Alt)+(Esc) wechselt zwischen den beiden zuletzt aktiven Fenstern, und (Alt)+(^) zwischen den Fenstern des gerade aktiven Programms. Und so haben wir nun drei Tastenkürzel, um das zu tun, was bisher mit einem Tastenkürzel wunderbar funktionierte.
In Gnome fehlen die Fensterbuttons Minimieren und Maximieren. Um ein Fenster zu minimieren, klicken Sie die Fensterleiste mit der rechten Maustaste an und führen Minimieren aus; um es zu maximieren, verschieben Sie es an den oberen Bildschirmrand oder doppelklicken auf die Fensterleiste. Wenn Sie sich nach »normalen« Fensterbuttons sehnen, führen Sie die entsprechende Konfiguration am besten mit dem Gnome Tweak Tool durch. Dieses Programm stelle ich Ihnen gleich vor.
Wie unter Windows können Sie ein Fenster in der linken oder rechten Bildschirmhälfte platzieren, indem Sie es an den linken oder rechten Fensterrand verschieben.
Arbeitsflächen ermöglichen es, die Fenster der laufenden Programme auf mehrere virtuelle Desktops zu verteilen und zwischen diesen Desktops zu wechseln. Das erleichtert die Arbeit und verbessert die Übersicht, wenn Sie sehr viele Fenster gleichzeitig öffnen. In der Aktivitätenansicht können Sie Fenster in eine zweite Arbeitsoberfläche verschieben. Sobald es zwei aktive Arbeitsflächen gibt, sieht Gnome eine dritte, vorerst leere Arbeitsfläche vor. Ganz egal, wie viele Arbeitsflächen Sie einsetzen – es gibt immer noch eine.
Für ständig benötigte Fenster besteht die Möglichkeit, diese so zu kennzeichnen, dass sie nicht auf einer, sondern auf allen Arbeitsflächen sichtbar sind. Dazu öffnen Sie mit der rechten Maustaste oder mit (Alt)+Leertaste das Fenstermenü und aktivieren die Option Immer auf der sichtbaren Arbeitsfläche.
Um zwischen den Arbeitsflächen zu wechseln, können Sie die Aktivitätenansicht verwenden. Noch schneller klappt es mit den Tastenkürzeln (Strg)+(Alt)+(ì) bzw. +(ë).
Tabelle 5.1 fasst die wichtigsten Tastenkürzel zusammen. Weitere Tastenkürzel finden Sie in den Systemeinstellungen, Modul Tastatur, Dialogblatt Tastenkürzel.
Tastenkürzel |
Bedeutung |
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(é) oder (Alt)+(F1) |
wechselt zwischen der Standardansicht und der Desktop-Übersicht (Exposé-Ansicht). In diese Ansicht gelangen Sie auch, wenn Sie die Maus in die linke obere Ecke des Fensters bewegen. Sie können nun die Tastatur zur Eingabe von Suchtexten verwenden. |
(Alt)+(F2) |
startet das Programm, dessen Namen Sie angeben. |
(Alt)+(ê) |
wechselt zwischen Programmen (nicht Fenstern!). |
(Alt)+(Esc) |
wechselt zwischen allen Fenstern (so wie früher |
(Alt)+(^) |
wechselt zwischen den Fenstern innerhalb des gerade aktiven Programms. |
(Strg)+(Alt)+(ê) |
bewegt in der Standardansicht den Eingabefokus in das Panel und ermöglicht so eine Bedienung der Panelelemente. In der Desktop-Übersicht wechselt (Strg)+(Alt)+(ê) zwischen verschiedenen Desktop-Elementen, also dem Panel, der Seitenleiste (Dash), den Fenstern, den Arbeitsflächen etc. |
(Strg)+(Alt)+(ì)/(ë) |
wechselt zwischen den Arbeitsflächen. |
(ª)+(Strg)+(Alt)+(ì)/(ë) |
verschiebt das aktuelle Fenster in die nächste Arbeitsfläche. |
Tabelle 5.1Wichtige Gnome-Tastenkürzel