6.8Geary

Die in diesem Kapitel vorgestellten E-Mail-Programme sind durchweg schon ein bis zwei Jahrzehnte alt. Das merkt man an den ausgereiften Funktionen, aber leider auch an den verkrusteten Strukturen und dem oft trostlosen Erscheinungsbild. Das Entwicklerteam Yorba hat 2012 mit Geary einen Neuanfang gewagt. Das Ziel war bzw. ist es, einen einfach zu bedienenden und gleichzeitig optisch ansprechenden E-Mail-Client zu schaffen. In der getesteten Version 0.10 ist dies im Großen und Ganzen bereits gut gelungen (siehe Abbildung 6.12).

Geary unter Elementary OS

Abbildung 6.12Geary unter Elementary OS

Gescheitert ist Yorba allerdings 2013 beim Versuch, das Projekt durch Crowdfunding zu finanzieren. Die IndieGoGo-Initiative scheiterte. Die einzige mir bekannte Distribution, die Geary als Default-Mail-Client einsetzt, ist Elementary OS. Aktuelle Geary-Pakete stehen aber auch in den meisten anderen Distributionen zur Verfügung.

Beim ersten Start des Programms müssen Sie zumindest ein Konto einrichten. Unterstützt werden die Dienste GMail, Yahoo Mail und Outlook.com sowie standardkonforme IMAP-Server (z.B. Postfix). Beachten Sie, dass Sie bei vielen IMAP-Servern den SMTP-Port von 587 auf 25 umstellen müssen, wenn Sie das übliche Verschlüsselungsverfahren STARTTLS verwenden möchten. Die Account-Konfiguration und die Passwörter werden sofort überprüft und erst gespeichert, wenn eine Kommunikation mit dem Server möglich ist. Weitere E-Mail-Server können über das Gnome-App-Menü Konten eingerichtet werden.

Geary fasst automatisch alle zu einer Konversation gehörenden E-Mails zusammen. Das macht es leicht, das Frage-Antwort-Spiel auch später noch nachzuvollziehen.

Die Konfigurationsmöglichkeiten des Programms beschränken sich – durchaus Gnome-typisch – auf ein absolutes Minimum. Eine Bedienung des Programms nur über die Tastatur ist nahezu unmöglich. Auf fortgeschrittene Funktionen müssen Sie ebenfalls verzichten. Aus meiner Sicht besonders schmerzhaft ist das Fehlen von Filterregeln zur automatischen Verarbeitung eintreffener E-Mails.

Probleme hatte ich auch bei der Anzeige der E-Mails in IMAP-Ordnern. Geary zeigte mitunter nur die aktuellsten E-Mails an – ohne einen Indikator, dass auch ältere E-Mails vorliegen, und ohne eine Möglichkeit, diese zu lesen. Das ist inakzeptabel und ein weiteres Indiz dafür, dass Geary eben noch nicht richtig ausgereift ist.