19Basiskonfiguration
Dieses Kapitel ist das erste einer ganzen Reihe von Kapiteln zur Linux-Systemkonfiguration. Nach einigen einleitenden Informationen geht es in diesem Kapitel um elementare Funktionen:
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Konfiguration von Textkonsolen
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Einstellung von Datum und Uhrzeit
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Benutzerverwaltung
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Internationalisierung, Zeichensatz, Unicode
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Überblick über die Hardware-Konfiguration
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Logging-Dateien
Die weiteren Kapitel behandeln dann die Paketverwaltung, die Verwaltung der Systembibliotheken, die Konfiguration des Grafiksystems (X), die Administration des Dateisystems, den Systemstart (GRUB, Init-System) und den Umgang mit dem Kernel und seinen Modulen.
19.1Einführung
Dieses und die folgenden Kapitel geben Ihnen einen Blick hinter die Kulissen der Linux-Konfigurationsprogramme. Sie sollen verstehen, was wie wo gesteuert und voreingestellt wird. Daher werden Sie hier eine Menge Hintergrundinformationen darüber finden, wie das Gesamtsystem funktioniert.
Leider unterscheiden sich unterschiedliche Distributionen bei der Konfiguration in vielen kleinen Details. In diesem Buch versuche ich, den gemeinsamen Nenner möglichst vieler Linux-Systeme zu beschreiben. Dennoch kann es vorkommen, dass gerade bei Ihrer Distribution einzelne Details ein wenig anders gelöst sind. In solchen Fällen bleibt Ihnen ein Blick in die Dokumentation bzw. eine Internet-Suche nicht erspart.
Auch wenn das für Sie vielleicht hin und wieder unangenehm ist, bin ich dennoch überzeugt, dass der allgemeingültige Ansatz der bessere ist als ein Buch zur Red-Hat-Administration, ein weiteres zur SUSE-Administration etc. – nicht zuletzt deswegen, weil sich ja auch die einzelnen Distributionen von Version zu Version ändern. Über kurz oder lang müssen Sie also in jedem Fall lernen, selbst die oft englischsprachigen Manuals, Hilfeseiten etc. zu lesen und zu verstehen. Dieses Buch will keine Originalhandbücher oder Schritt-für-Schritt-Anleitungen ersetzen, sondern Grundlagenwissen vermitteln!
Bisher war der sogenannte Systemadministrator vielleicht irgendeine fremde Person, die Ihnen – oft unwillig und überarbeitet – zu Hilfe kam. Wenn Sie nicht in einem großen Betrieb arbeiten, dann ist der Administrator wohl überhaupt nur ein abstrakter Begriff aus vielen Büchern, so etwa nach dem Motto: »Wenn's nicht mehr weitergeht, fragen Sie den Systemadministrator ...«
Indem Sie Linux selbst auf Ihren Rechner installiert haben, ändert sich dieses Bild: Nun sind Sie der Systemadministrator! Erschrecken Sie nicht vor diesem Begriff – der Systemadministrator ist einfach die Person, die sich um die Konfiguration des Rechners kümmert. Solange es um die Linux-Grundfunktionen geht, kann das jeder!
Einige Distributionen bieten komfortable Konfigurationsprogramme an, die sowohl während als auch nach der Installation verwendet werden können. Besonders zeichnet sich hier SUSE mit YaST aus. Auch Desktop-Systeme wie KDE und Gnome enthalten Konfigurationswerkzeuge, deren Wirkung über den Desktop hinausgeht. Diese Werkzeuge sollten bei grundlegenden Konfigurationsproblemen immer die erste Wahl sein!
Neben den mitgelieferten Konfigurationsprogrammen gibt es auch externe Werkzeuge bzw. eigene Linux-Distributionen mit zusätzlichen Administrationswerkzeugen. Viele davon lassen sich über eine Webschnittstelle bedienen. Tabelle 19.1 gibt einen Überblick über einige populäre Werkzeuge. Beachten Sie bitte, dass der Einsatzzweck und der Funktionsumfang dieser Werkzeuge sehr weit variiert. Ein Teil der aufgezählten Werkzeuge ist speziell zur Wartung vieler gleichartiger Linux-Installationen gedacht; andere sind nur zur Server-Konfiguration vorgesehen. Ein Bullet in der Spalte frei bedeutet, dass es sich um Open-Source-Software handelt, die auch in Unternehmen kostenlos genutzt werden kann. Auch bei den meisten kommerziellen Produkten gibt es freie Varianten mit reduziertem Funktionsumfang.
Link |
Funktion |
frei |
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System- und Netzwerkadministration |
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Software-Verteilung und -Installation |
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Software-Verteilung und -Administration |
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LDAP-Benutzeroberfläche für RHEL/Fedora |
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Red-Hat-Administration |
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Novell/SUSE-Administration |
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Ubuntu-Administration |
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LAN- und Mail-Server-Konfiguration |
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LAN-Server-Konfiguration (ehemals eBox) |
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Root- und Webserver-Administration |
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Root- und Webserver-Administration |
Tabelle 19.1Ausgewählte Administrationswerkzeuge
Vermeiden Sie Abhängigkeiten!
Mit kommerziellen Administrationswerkzeugen rutschen Sie leicht in neue Abhängigkeiten. Zudem habe ich in der Vergangenheit schon eine Menge Administrationswerkzeuge kommen und wieder gehen gesehen. Entscheiden Sie sich nicht leichtfertig für externe Administrationswerkzeuge!
Ausgefeilte Konfigurationswerkzeuge mit schönen Benutzeroberflächen nehmen Ihnen die Mühe ab, Linux-Konfigurationsdateien direkt zu verändern. Gerade für Linux-Einsteiger ist dies zweifelslos praktisch. Es gibt aber eine ganze Reihe von Gründen, sich dennoch mit den Konfigurationsdateien und damit mit den Interna von Linux auseinanderzusetzen:
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Die Konfigurationsdateien lassen sich mit jedem beliebigen Texteditor verändern, auch in einer Textkonsole oder über eine SSH-Verbindung.
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Sobald Sie einmal verstanden haben, wie die Konfiguration einer bestimmten Linux-Funktion erfolgt, können Sie dieses Wissen bei beinahe jeder anderen Linux-Distribution anwenden.
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Nur durch die direkte Veränderung der Konfigurationsdateien können Sie alle Aspekte einer Systemfunktion steuern. Konfigurationswerkzeuge beschränken sich dagegen oft auf einige besonders wichtige Details.
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Konfigurationsdateien lassen sich leicht von einem Rechner zum anderen kopieren. Das kann eine Menge Zeit sparen, wenn Sie einen Distributionswechsel durchführen, Linux auf einem anderen Rechner neu installieren etc.
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Je besser Sie verstehen, wie die Konfigurationsdateien aufgebaut sind und welche Steuerungsmöglichkeiten sie bieten, desto besser verstehen Sie Linux und desto weniger ist Ihr Rechner die sprichwörtliche »Black Box«, in die keiner hineinblicken kann.
Das Zeilenende kann entscheidend sein!
Achten Sie beim Editieren von Konfigurationsdateien darauf, dass auch die letzte Zeile mit (¢) abgeschlossen wird. Manche Linux-Programme bearbeiten Dateien nicht korrekt, wenn in der letzten Zeile das Zeilenende fehlt.
Fast alle Linux-Konfigurationsdateien befinden sich im /etc- Verzeichnis. Eine Referenz aller im Buch behandelten Konfigurationsdateien finden Sie daher im Stichwortverzeichnis unter dem Buchstaben E. Zusammengehörende Konfigurationsdateien größerer Programme sind oft in eigenen Unterverzeichnissen organisiert (siehe Tabelle 19.2).
Verzeichnis |
Inhalt |
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/etc/default |
distributionsspezifische Dateien (Debian, Ubuntu) |
/etc/init.d, /etc/rc*.d |
Init-V-System (siehe Abschnitt 25.1) |
/etc/init |
Upstart (siehe Abschnitt 25.2) |
/etc/systemd |
Systemd (siehe Abschnitt 25.3) |
/etc/sysconfig |
distributionsspezifische Dateien (Fedora, Red Hat, SUSE) |
/etc/X11 |
Grafiksystem |
Tabelle 19.2Wichtige /etc-Verzeichnisse
Es ist eine gute Idee, eine Sicherheitskopie des gesamten /etc-Verzeichnisses anzulegen. Damit können Sie nach Änderungen jederzeit rasch feststellen, wie der ursprüngliche Zustand einer bestimmten Konfigurationsdatei war.
Wenn Sie eine Konfigurationsdatei in Ihrer Distribution nicht finden, kann das mehrere Ursachen haben: Möglicherweise sind die zugrunde liegenden Programmpakete gar nicht installiert, oder die Konfigurationsdateien befinden sich bei Ihrer Distribution an einem anderen Ort. Verwenden Sie zur Suche die Kommandos locate, find und grep. Das folgende Kommando zeigt, wie Sie in /etc und allen Unterverzeichnissen nach Dateien suchen können, deren Inhalt (nicht der Dateiname) das Wort abcde enthält:
Während der Arbeit an diesem Buch habe ich oft danach gesucht, wo bei der Distribution x die Funktion y gesteuert oder das Programm z aufgerufen wird. Dazu hätte ich das obige Kommando wohl einige Hunderte Male eintippen müssen. Um Zeit und Mühe zu sparen, habe ich als Alternative das Mini-Script grepall geschrieben, das diese Aufgabe übernimmt (siehe Abschnitt 12.8, »bash-Script-Beispiele«).
Bei manchen Programmen werden Änderungen an den Konfigurationsdateien erst wirksam, wenn Sie das Programm neu starten bzw. es explizit dazu auffordern, die Konfigurationsdateien neu einzulesen. Hierfür müssen Sie je nachdem, welches Init-System in Ihrer Distribution zum Einsatz kommt, eines der folgenden Kommandos ausführen (siehe auch Abschnitt 14.5, »Systemprozesse (Dämonen)«):
Anders als unter Windows ist es fast nie erforderlich, den Rechner neu zu starten. Ausnahmen sind nur Veränderungen am Kernel sowie einige hardware-spezifische Einstellungen, die nur unmittelbar beim Systemstart durchgeführt werden können.