16.3    Definition der Unternehmensstrategie

Wie wir es schon in den vorherigen Abschnitten erläutert haben, ist die Definition der Unternehmensstrategie der erste Schritt für die Bewertung aller Projekte. Bei der Flughafenplanungsgesellschaft AIRBI GmbH muss Reiner Sonnenschein als Verantwortlicher für das Projektportfoliomanagement zusammen mit Heinrich Schmidt eine klar definierte Strategie entwickeln. Sie müssen sich zusammensetzen und entscheiden, welche Ziele die AIRBI GmbH innerhalb des nächsten Jahres erreichen soll. Nachdem diese Entscheidung getroffen wurde, werden die Geschäftsziele über sogenannte Treiber in Microsoft Project Server angelegt.

16.3.1    Geschäftsziele anlegen

Nach mehreren langen Diskussionen über die Zukunft der Firma haben die beiden eine Liste der wichtigen Ziele zusammengestellt, die in den nächsten Jahren erreicht werden sollen:

Die Beschreibung eines Geschäftsziels wird in Project Server als Treiber angelegt und priorisiert. Diese Treiber definieren Sie in der Project Web App unter Treiberbibliothek:

  1. Klicken Sie auf Neu um einen neuen Treiber zu erstellen.
  2. Eines der Ziele, die von den Geschäftsführern der AIRBI GmbH definiert wurden, ist »Anzahl der europäischen Reiseziele steigern«. Schreiben Sie unter Name also »Anzahl der europäischen Reiseziele steigern«, und klicken Sie dann auf Speichern.

Zusätzlich zu einer reinen Beschreibung des Ziels müssen Sie immer fünf Projektauswirkungsebenen pro Treiber definieren (siehe Abbildung 16.4):

Treiberdefinition

Abbildung 16.4    Treiberdefinition

Während der Projektpriorisierung bewerten Sie später das Projekt hinsichtlich dieser Auswirkungsebenen: Sie geben ein, ob das Projekt eine niedrige, mittlere oder starke Auswirkung auf das Geschäftsziel hat. Für eine Orientierung bei der Bewertung der Projekte sollten Sie die Auswirkungsebenen beschreiben: Was ist eine starke Steigerung der europäischen Reiseziele? Ein Projekt, das diese Reiseziele um 5 % steigert? Um 10 %?

Über die Beschreibung der Auswirkungsebenen legen Sie die Voraussetzung für eine präzise Bewertung der Projekte. Unterschätzen Sie die Bedeutung dieser Treiber nicht. Sie geben die Richtung für Ihre zukünftige Projektplanung und Ihre Projektinvestitionen vor. Definieren Sie sie daher so exakt und sorgfältig wie möglich. Zur Definition von Geschäftszielen siehe Abschnitt 16.1.2, »Eine Strategie in Geschäftsziele umwandeln«.

Was ist eine starke Auswirkung auf die Zufriedenheit der Fluggäste? Wie könnte man diese beurteilen? Natürlich ist es schwierig, bei einem Thema wie Zufriedenheit messbare Indikatoren zu definieren. Kundenzufriedenheit ist nicht so direkt zu messen wie z.B. eine Umsatzsteigerung. Um zu entscheiden, ob ein Projekt eine »mittlere« oder »starke« Wirkung auf Ihr Ziel »Zufriedenheit der Fluggäste steigern« hat, müssen hier jedoch messbare Kriterien genau festgelegt werden. Reiner Sonnenschein muss z.B. später einschätzen, ob ein Projekt wie »Interaktive Info-Säulen« tatsächlich die Zufriedenheit der Gäste erhöht. Um diese Frage zu beantworten, muss er in erster Linie wissen, wie zufrieden seine Kunden gerade mit den Leistungen der AIRBI GmbH sind. Und er müsste sich die Frage stellen, wie die Fluggäste noch zufriedener werden können.

Als ersten Schritt definiert Reiner Sonnenschein Kriterien, um die Kundenzufriedenheit zu bewerten. Kommen z.B. Beschwerden bei den Mitarbeitern an? Wenn ja, wie viele? Über welche Bereiche beschweren sich die Fluggäste, wie häufig? Er führt eine Kundenzufriedenheitsumfrage durch, um messbare Werte der aktuellen Zufriedenheit zu erhalten. Den Indikator legt er dann auf Basis des Ergebnisses der Umfrage fest mit dem Ziel, dieses Ergebnis im nächsten Jahr zu verbessern. Die Definition des Treibers »Fluggäste-Zufriedenheit« sieht dann folgendermaßen aus:

Anzahl der Bewertungen:

Die Projektbewertung ist durch die genaue Definition des Geschäftsziels vereinfacht. Nehmen wir wieder als Beispiel das Projekt »Interaktive Info-Säulen«: Falls die Fluggäste einen schnellen Zugriff auf alle relevanten Informationen zum Flughafen wünschen, sollte dieses Projekt eine Bewertung »Stark« für den Treiber »Kundenzufriedenheit« erhalten. Dabei muss es aber für das Projektteam deutlich sein, dass dies ein wesentliches Ziel des Projekts darstellt und dass Sie die Kundenwünsche entsprechend in der Projektausrichtung berücksichtigen müssen.

Hinter ein paar wenigen Eingaben, die Sie mal eben in Project Server vorgenommen haben, steckt also eine Menge Arbeit. Die Definition der Treiber ist ein wichtiger und teilweise aufwendiger Prozess, der diverse Projektbeteiligte aus allen betroffenen Unternehmensbereichen berücksichtigen sollte. Natürlich möchten Sie diesen Definitionsprozess so kurz und einfach wie möglich halten. Berücksichtigen Sie hierbei jedoch Folgendes.

Qualität der Treiber

autorDie Qualität Ihrer strategischen Treiber entscheidet über die Qualität aller zukünftigen Projektbewertungen. Wenn Ihre Projektpriorisierungen nicht wirklich aussagekräftig sind, kann der gesamte Analyseprozess für die Projektbewertung und die Projektauswahl infrage gestellt werden.

 

Sie können die Definition einfacher gestalten, ohne an Qualität zu verlieren, indem Sie die Treiber pro Abteilung separat definieren: In einem ersten Schritt legen Sie z.B. die Treiber für den Bereich IT fest und sammeln erste Erfahrungen. In einer späteren Iteration können Sie dann auf Basis Ihrer ersten Erfahrungen die Treiber auf weitere Unternehmensbereiche erweitern.

Abteilungsspezifische Treiber

autorIn Microsoft Project Server können Sie Treiber einer Abteilung zuordnen. So können Sie unterschiedliche Geschäftsziele für IT und für Marketing definieren. Sie können später in der Projektbewertung globale und abteilungsspezifische Treiber kombinieren.

 

Für IT-Projekte können Sie z.B. den IT-Treiber »Reduzierung IT-Wartungskosten« und den globalen Treiber »Gepäcklogistik beschleunigen« kombinieren.

16.3.2    Geschäftsziele priorisieren

Nachdem Reiner Sonnenschein und Heinrich Schmidt die Treiber definiert haben, müssen sie diese gegeneinander priorisieren. »Gepäcklogistik beschleunigen« und »Fluggäste-Zufriedenheit steigern« sind zwar beides Ziele der AIRBI GmbH, sie sind aber nicht unbedingt gleich wichtig. Für die spätere Projektauswertung muss klar definiert sein, welche Priorität jedes Ziel im Vergleich zu allen anderen hat, insbesondere weil diese Ziele möglicherweise in Konkurrenz zueinander stehen werden. Die Priorisierung hilft, Zielkonflikte zu lösen.

Project Server bietet zwei Methoden für die Treiberpriorisierung an:

Im Folgenden werden wir mit der Methode Berechnet arbeiten. Wie oben erwähnt, benutzt diese Methode einen Paarvergleich, um Sie bei der Festlegung der Prioritäten zu unterstützen. Alle Elemente einer Entscheidung werden in einer Tabelle dargestellt. Der Entscheider prüft systematisch die Beziehungen der Elemente miteinander, indem er einfach durch alle Zellen der Tabellen geht.

In der AIRBI GmbH ist die Priorisierung der Ziele Aufgabe vom Vorstand. Als erster überlegt sich Heinrich Schmidt, wie er die Ziele priorisieren will. Tun Sie dies für Ihre Geschäftsziele:

  1. In der Project Web App klicken Sie auf Treiberpriorisierungen.
  2. Klicken Sie auf Neu, um eine neue Priorisierung zu erstellen.
  3. Geben Sie der Priorisierung einen aussagekräftigen Namen, z.B. »Priorisierung von Heinrich Schmidt«.
  4. Unter Priorisierungstyp wählen Sie die Methode Berechnet.
  5. Unter Verfügbare Faktoren wählen Sie die Treiber, die Sie priorisieren möchten.
  6. Klicken Sie auf Faktoren priorisieren, um die Priorisierung zu starten.

Als Nächstes sehen Sie das Bild aus Abbildung 16.5.

Treiberpriorisierung

Abbildung 16.5    Treiberpriorisierung

Der erste Treiber der Liste (links) wird mit allen anderen (rechts) verglichen. Legen Sie für jedes der Elemente die Bewertung fest:

So wird jeder der ausgewählten Treiber mit den anderen verglichen. Anschließend klicken Sie auf Prioritäten überprüfen, und die berechneten Prioritäten der Treiber werden angezeigt (siehe Abbildung 16.6).

Treiberpriorität

Abbildung 16.6    Treiberpriorität

Zusätzlich wird ein sogenannter Konsistenzfaktor berechnet. Ein niedriger Konsistenzfaktor bedeutet, dass das System eine Inkonsistenz in Ihrer Priorisierung erkannt hat. Ein Konsistenzproblem könnte z.B. aus der folgenden Priorisierung stammen:

Wenn »Umsatz steigern« und »Anzahl der europäischen Reiseziele steigern« gleich wichtig sind, ist es unlogisch, dass »Gepäcklogistik beschleunigen« wichtiger ist als das eine und viel weniger wichtig als das andere. Diese unlogische Bewertung führt deswegen zu einem niedrigen Ratiowert.

Der Konsistenzfaktor hat eine Skala von 0 % bis 100 %. 100 % bedeutet eine perfekte Konsistenz in der Zielpriorisierung. Ein Konsistenzfaktor von 100 % ist nicht notwendig, bei einem zu niedrigen Wert sollten Sie jedoch Ihre Priorisierung überprüfen (siehe Abbildung 16.7).

Konsistenzfaktor

Abbildung 16.7    Konsistenzfaktor

Eine Priorisierung können Sie global für das gesamte Unternehmen vornehmen oder pro Abteilung. So können Sie IT- und HR-Faktoren separat priorisieren. Die IT-Priorisierung können Sie dann für die Analyse von IT-Projekten einsetzen.