Ein guter Umgang mit Gefühlen ist keinem Menschen in die Wiege gelegt. Alle müssen ihn lernen. Bei Gefühlen, die als negativ gelten, wird das gern verhindert. Kinder sollen solche Gefühle lieber unterdrücken: „Du musst keine Angst haben.“ „Hör auf damit, deine Wut herauszubrüllen.“ „Neid ist hässlich.“Leider schaden solche Ansichten der kindlichen Entwicklung sehr. Gerade Angst kann und soll man nicht wegreden. Sie muss verstanden und bewältigt werden, damit das Leben leicht sein kann.
Vielleicht hast du das als Kind auch so erfahren? Und vielleicht tust du dich jetzt deshalb manchmal schwer mit deiner Angst und auch damit, dein ängstliches Kind gut zu begleiten? Daran kannst du leicht etwas ändern.
In meinen Familienberatungen erlebe ich viele Eltern und Kinder, für die Ängste ein großes Problem darstellen. Wenn es bei dir auch so ist, bist du damit nicht allein. Die Eltern in den Beratungen sind unsicher, wie sie mit ihrem Kind an seiner Angst arbeiten können, denn oft haben sie den Umgang damit selbst nicht gut gelernt. Häufig vermeiden Eltern dann einfach, dass ihr Kind dem Angstauslöser begegnet, doch dieser vermeintliche Schutz lässt das bedrückende Gefühl noch größer werden. Nicht selten besteht die Herausforderung darin, dass auch die Eltern selbst sehr ängstlich sind und sich deshalb schwertun, ihr Kind sinnvoll mit seinen Ängsten zu konfrontieren.
Um der Angst den richtigen Platz in eurem Leben zu geben, ist es zunächst wichtig, dass ihr euch nicht für eure Ängste schämt. Nimm die Angstgefühle deines Kindes und auch deine ernst. Sie sind da. Sie dürfen da sein. Angst ist nichts Peinliches, über das ihr schweigen müsst. Aus dieser Ecke müssen wir Angst auch gesellschaftlich endlich herausholen. Sie gehört zum Leben dazu, und ein guter Umgang mit Angst muss genauso erlernt werden wie ein guter Umgang mit Geld, der eigenen Gesundheit oder anderen Selbstverständlichkeiten. Wenn du das zu Hause angehst, kann das Leben für dich und dein Kind leichter werden.
Gesellschaftlich tut sich noch eine andere Problematik auf: „Du Angsthase!“ „Stell dich nicht so an.“ „Das ist aber jetzt wirklich ein Getue!“ – Wir sind schnell dabei, ängstlichen Menschen, gerade Kindern, zu unterstellen, sie hätten eine Wahl. Aber sie können die Angst nicht einfach sein lassen. Niemand kann das mit einem Fingerschnipsen. Du weißt das sicher sehr gut: Die Angst kommt und macht sich breit, wie sie will. Ein einfaches „Ich hab jetzt keine Angst!“ in deinem Kopf hat gar keine Wirkung. Auch in Kinderbüchern wird das oft viel zu simpel dargestellt. Ein neuer, guter Umgang mit Angst braucht Zeit und clevere Strategien. Und Eltern wie dich, die sich trauen, das anzugehen.
Zu schnell werden gerade Kinder für ihre Gefühle beschämt. Doch niemand kann sich seine Gefühle aussuchen. Nur den Umgang mit ihnen können alle Menschen lernen und verändern, am besten schon im Kindesalter. Dein Kind kann jetzt von dir gut begleitet Entscheidendes lernen.
Sowohl deinem Kind als auch dir tut es nicht gut, die Angst einfach wegzuschieben. Und meist geht das auch gar nicht wirklich, denn die Emotion Angst ist so intensiv:
• Im Körper: Körperliche Reaktionen bei Angst kennst du sicher auch. Du zitterst vielleicht, atmest hektischer, spürst eine Unruhe in den Händen oder Beinen, reißt aufmerksam die Augen auf, bekommst möglicherweise Bauchschmerzen oder den Eindruck, dein Hals würde zuschwellen.
• Im Kopf: Die Angst kann alles andere beiseiteschieben. Sie ist unglaublich einnehmend und gibt dir das Gefühl, klein und hilflos zu sein.
• Im Verhalten: Du handelst aus Angst oft impulsiv und unüberlegt.
Ja, Angst bedeutet erst einmal eine starke Unsicherheit und Ohnmacht. Sie ist bei dir und bei deinem Kind im Körper zu spüren, bohrt sich in eure Gedanken und bestimmt damit schlussendlich euer Verhalten. Dieser Ablauf kann ein Ritual werden, das schwer zu durchbrechen ist.
Manchmal schleicht die Angst sich sogar in die Träume: Albträume sind bei Stress keine Seltenheit. Dein Kind wird sich gut erinnern, vielleicht nicht an jedes Geschehen, aber doch an die begleitenden Gefühle. Sein Kopf verarbeitet so Stress und Ängste. Das ist nicht schön, aber erstmal kein Drama, es sei denn, die Albträume bleiben über Monate. Dann wäre das ein Thema für ärztliche und therapeutische Hilfe.
Kennst du das auch? Du steckst bei Angst in einer gewohnten Ohnmacht fest: „Ich kann nichts tun. Die Angst hat alle Macht. Ich schaffe das nicht.“ Deinem Kind kann es genauso gehen. Darum ist der typische Satz „Du musst doch wirklich keine Angst haben“ so unsinnig, denn erstmal hat niemand eine Wahl. Nimm dich und dein Kind in dem Gefühl ernst! Angst taucht auf, so wie sie will. Wir haben alle keine Wahl, was wir fühlen.
Aber weder du noch dein Kind müsst euch der Angst ohnmächtig ausliefern. Ihr dürft die Angst anpacken und aufhören, ihr Opfer zu sein. Ihr könnt Gewohnheiten verändern und nachhaltige Regulation der Gefühle üben, also die Angst in den Griff bekommen. Ihr habt eine Wahl, wie ihr mit den Gefühlen umgeht, wenn ihr das gut gelernt habt.
Regulation
Der Begriff „Regulation“ wird dir an verschiedenen Stellen im Buch begegnen, aber ist dir vielleicht noch nicht so geläufig. Regulation in Bezug auf Angst meint bewusste Steuerung und Bewältigung der herausfordernden Gefühle. Damit Regulation sinnvoll ist, braucht sie folgenden Ablauf: • Angst erkennen • sich beruhigen • bewusst und gezielt sinnvoll handeln Kinder benötigen dafür anfangs elterliche Hilfe und sollen nach und nach (etwa im Grundschulalter) dahin kommen, dass sie die Regulation allein schaffen. |
![]() |
Angstgefühle und auch -gedanken sind normal. Aber deren Bewertung und die Reaktionen darauf dürfen nicht ausufern und das Leben einschränken, sodass du beispielsweise das Haus nicht mehr verlassen magst oder dein Kind bei jeder Begegnung mit einem Hund kaum noch Luft bekommt. Ihr könnt lernen, mit Angst bewältigungsstark umzugehen. Das bedeutet, das Gefühl wird wirklich angegangen und verarbeitet, nicht einfach weggeschoben. Dein Kind kann lernen, Angst sinnvoll und selbstständig anzupacken. Das braucht Sicherheit, Berechenbarkeit und Aktivität.
Sicherheit und Berechenbarkeit oder auch Zuverlässigkeit sowie Aktivität sind hier ganz wichtige Begriffe. Sie stehen eurer Angst gegenüber und beschreiben, was dein Kind von dir braucht, um bindungssicher und bewältigungsstark groß werden zu können:
• Erlebt dein Kind dich als sichernden, zuverlässigen Elternteil, kann Bindungssicherheit entstehen. Bindungssicherheit und Urvertrauen stärken dein Kind so sehr, dass es sich mit größter Wahrscheinlichkeit geistig, emotional und sozial gesund entwickelt.
• Bindungssicherheit und Urvertrauen entstehen auch, wenn du ein sensibles Gespür dafür hast, wann dein Kind Nähe und Begleitung benötigt und wann du es loslassen und anstupsen solltest, damit es allein Entwicklungsschritte meistern kann.
• Ein zugewandtes, feinfühliges Elternhaus und Bindungssicherheit können nicht verhindern, dass große Ängste entstehen. Aber du bietest deinem Kind so den besten Rahmen dafür, dass seine Ängste kleiner werden.
Mit diesem Buch wirst du lernen, wie du dein Kind im Umgang mit seiner Angst bindungssichernd und bewältigungsstark begleiten kannst. Dazu gehört, dass du mit deiner eigenen Angst neu umzugehen lernst, aber auch, dass du dein Kind wirklich nachhaltig dabei begleitest, irgendwann selbstständig mit seiner Angst zurechtzukommen. Denn du wirst nicht immer da sein, wenn es Angst hat. Es muss sich irgendwann selbst helfen können.
Du kannst den ersten Schritt in eine neue, aktivere Richtung machen, indem du anders über dein Kind sprichst: Statt „Mein Kind hat Angst“, formuliere, was es braucht:
• „Mein Kind braucht Sicherheit.“
• „Mein Kind braucht Ideen.“
• „Mein Kind braucht Unterstützung.“
• „Mein Kind braucht Beruhigungshilfe.“
• „Mein Kind braucht ein Machtgefühl.“
Dieser Blickwechsel hilft den Familien in meiner Beratung oft schon sehr.
Alle Gefühle – von Freude bis Traurigkeit – lösen in jedem Menschen etwas aus: nämlich ein Handeln oder ein Nichthandeln. Aktivität oder Passivität. Auch bei Angst ist das so. Jeder und jede geht irgendwie mit ihr um, aber nicht unbedingt bewältigungsstark und sinnvoll.
Wie nimmst du dich wahr, wenn die Angst in dir aufkommt?
Kannst du mit Angst sinnvoll umgehen?
Wirst du gut aktiv?
Kannst du dich regulieren?
Bewältigst du die Angstmomente wirklich?
Es ist wichtig, dass wir Angstgefühle nicht kleinreden oder ignorieren. In unserer Gesellschaft geht es aber Kindern wie Erwachsenen so, dass sie schnell als „Angsthasen“ verlacht und nicht für voll genommen werden. Wer Schwächen zeigt, bekommt weniger Platz im Leben. Folgendem Gesprächsverlauf begegnen wir deshalb leider allzu oft: „Du hast Angst?“ „Du bist krank?“ „Du hast Depressionen?“ – „Stell dich doch bitte einfach nicht so an. Das stört uns!“
Wenn jedoch jeder und jede so über seine oder ihre Ängste sprechen würde, wie über das, was ihn oder sie erfreut, wären wir im Umgang mit diesem Gefühl schon sehr viel weiter. Leider kann es zurzeit aber noch leicht passieren, dass auch du als erwachsene Person noch Lernbedarf hast und dich mit deinen Ängsten hier und da falsch und nicht gesehen fühlst. Das ist nicht einfach deine Schuld. Denn vielfach fehlen Rituale und ein starker Umgang mit Angst. Möglicherweise konntest du ihn daher bislang nicht gut lernen.
Viele Erwachsene haben hier noch einen ähnlichen Lernbedarf wie ihr Kind. Sie schauen sich ihre Angst nicht an und üben keinen sinnvollen Umgang mit dem Gefühl, sondern versuchen, irgendwie zurechtzukommen. Oft eher schlecht als recht. Sollte das bei dir auch so sein, schäme dich nicht dafür. Angst ist mächtig. Niemand kann sie sofort ganz locker händeln. Aber du darfst sie näher kennenlernen und sie schwächer werden lassen. Dafür sind in diesem Ratgeber besonders die Reflexionsfragen mit dem Spiegelsymbol gedacht.
Du hast mit diesem Buch die Chance, gemeinsam mit deinem ängstlichen Kind ein neues Kapitel aufzuschlagen, sogar, wenn nicht nur dein Kind ängstlich ist, sondern auch du Angst stark spürst: Lasst die Angst in eurem Leben zu einer Begleiterin werden, aber nicht mehr zur Bestimmerin. Egal, welche Art von Angst dich oder dein Kind umtreibt.
Ja, du hast richtig gelesen: Eure Angst soll nicht gänzlich aus eurem Leben verschwinden. Das wäre kein gutes Versprechen und kein kluges Ziel. „Ich will, dass sie weggeht“ ist ein verständlicher Wunsch, aber ohne Angst geht es nicht. Stell dir einen Menschen vor, der ohne jedes Angstgefühl an Steilwänden klettern, Straßen überqueren, Kreditverträge unterzeichnen oder sich anderen Menschen anvertrauen würde. Ja, diese Person hätte es vielleicht zunächst mal sehr leicht, aber sie würde auch sehr gefährlich leben. Manchmal sind kleine Kinder genauso, nämlich nahezu angstfrei. Sie trauen sich auf die hohe Rutsche und in das tiefe Wasser, aber sie sind wahrscheinlich auch unaufmerksamer und gefährdeter als andere.
Darum sind sowohl die Angst deines Kindes als auch deine eigentlich willkommen. Fremdes, Neues, Ungewohntes und Riskantes solltet ihr natürlich aufmerksam beobachten, bevor ihr handelt. Angst gehört zum Leben dazu. Sie kann euch wachsam machen und vor Gefahren schützen. Es kommt darauf an, wie groß du und dein Kind sie werden lasst, wie gut ihr sie verstehen lernt und wie stark ihr mit der Angst umgehen könnt.
Wenn ihr besonders ängstliche Menschen seid, fühlt euch damit nicht verkehrt. Fast jede Eigenschaft hat auch ihre guten Seiten. Ich möchte das nochmal betonen: Angst ist überlebenswichtig. Sensibilität im Umgang mit der Welt ist hilfreich und sinnvoll. Das darfst du auch zu deinem Kind sagen. Das ist das Gute an der Angst.
Das Gute an der Angst
Wenn du mit deinem Kind über Angst sprichst, sprecht auch darüber, wann sie gut ist. Wann warnt sie, wann schützt sie, wann macht sie euch auf gute Art vorsichtig und abwartend? So wird dein Kind Angst nicht gänzlich ablehnen, sondern kann verstehen, dass sie in gesundem Maße hilfreich ist.
Angst kann sogar Spaß machen, besonders wenn man sie gemeinsam und sicher erlebt: Gruselgeschichten, Abenteuer im Wald, Spannung in Detektivstorys, Nervenkitzel beim Karussellfahren. Überleg mit deinem Kind, welche aufregende Dinge es ausprobieren möchte, und wagt es gemeinsam. Selbst wenn dann seine Angst in anderen Situationen, zum Beispiel vor Hunden oder vor Arztbesuchen, immer noch da ist, kann es sich in solchen Momenten schon mal als mutig und beharrlich erleben.
Das Schlechte an der Angst ist, dass sie zu groß werden kann. Größer und mächtiger als du oder dein Kind. Dass die Vorsicht euch einschränkt, das Übertreiben euch belastet. Angst ist dann schlecht, wenn sie das Leben bestimmt.
Doch du und dein Kind könnt Experten und Expertinnen für Angstgefühle werden. Denn Angst kann man auch als Superkraft sehen: Ängstliche Menschen, die ihre Angst kennen und sinnvoll mit ihr umgehen können, sind vorsichtig, vorausschauend, oft gut vorbereitet und eher gut geschützt. Sie sind aktiv und fühlen sich selbstbestimmt und selbstwirksam.
Das ist der Weg, der vor euch liegt, wenn du und dein Kind einen sinnvollen Umgang mit der Angst erreichen möchtet: Ihr müsst die Angst erkennen und benennen, ihre Auslöser verstehen und sie am Ende gemeinsam bewältigen.
Denk dran: Macht Angst zur Begleiterin, nicht zur Bestimmerin. Ich nehme euch mit auf einen guten Weg im Umgang mit der Angst.
Nun kennst du schon einige Fakten zu eurer Angst, aber ich gebe dir noch einige weitere an die Hand. Denn Wissen ist der erste Schritt, damit ihr euch trotz Angst wieder mächtig fühlen könnt: „Ich kenne mich aus!“
Weißt du, wie Angst überhaupt entsteht und was der Unterschied zwischen Ängstlichkeit, Angst und einer Angststörung ist?
![]() |
Gesunde Ängstlichkeit
Bei allen Menschen wird im Kopf bewertet, ob eine Situation bedrohlich ist. Auch ihr macht das so. Ohne dass du viel nachdenken musst, bringt dich dein Gehirn beispielsweise bei einem Brand dazu, wegzulaufen oder den Feuerlöscher zu holen. Auch dein Kind würde sicher wegrennen. Solche prompten Reaktionen sind unter derartigen Umständen lebenswichtig. |
Wenn Letzteres bei dir und deinem Kind der Fall ist, ist das Buch genau das Richtige für euch.
Bei der Entstehung von Angst wirkt vieles mit, vor allem auch die Gedanken. Das ist einerseits gut, denn je älter und reifer wir werden, desto besser lässt sich mit dem Kopf gegen Angst anarbeiten: „Ich bin nur im Keller. Hier ist niemand. Ich bin sicher. Die Situation ist berechenbar.“ Aber andererseits ist auch gerade das oft das Problem, denn erst ein Kind mit ausgereifterem Denken kann sich ausmalen, dass da jemand im Keller sein könnte, und erinnert sich vielleicht an den Einbruch im Keller der Nachbarn. So können auch in deinem Kind Gedankenschleifen starten, die kaum zu unterbrechen sind. Und damit schränken sie das Leben ein. Aber: An eurem Denken könnt ihr arbeiten, Befürchtungen könnt ihr kleiner werden lassen. Weder du noch dein Kind seid den Gedanken einfach ausgeliefert.
Durch die Beteiligung des Denkens kann nicht nur etwas von außen, wie ein Brand oder ein gefährlicher Hund, akute Angst auslösen. Euer Denken kann auch die sogenannte Erwartungsangst verursachen, die euch schon Angstsymptome macht, bevor etwas überhaupt passiert ist (und vielleicht nie geschehen wird). Allein eure Vorstellungskraft reicht dafür aus. Das ist die Angst vor der Angst, und sie ist besonders schwierig. Denn Angst braucht einen ruhigen und klugen Kopf! Besonders mit Erwartungsangst müsst ihr euch also intensiv beschäftigen, sonst bleiben die Gedanken und Gefühle groß und mächtig.
Wie zeigt sich Angst nun konkret bei Kindern? Und wie ist dieses Gefühl wohl bislang bei deinem Kind abgelaufen?
Zum allerersten Mal „baden“ Säuglinge bei der Geburt im Angstgefühl: Der Wechsel aus dem geschützten Bauch in die Welt außerhalb des Mutterleibs sorgt für Stress und Unwohlsein vergleichbar mit anderen Ängsten. Konntest du dich (oder jemand anders sich) damals fürsorglich um dein Kind kümmern, konnte dieses Gefühl aber rasch eingedämmt werden. Du oder eine andere Bezugsperson hat deinem Kind so erstmals bei der Regulation geholfen.
Erste intensive Angst können Babys dann nach den ersten Lebenswochen empfinden. Besonders unerwartete, ungewohnte Reize lösen sie aus. Erinnerst du dich an solche Momente mit deinem Kind? Das können plötzliche Lautstärke oder ungewohnte Gesichter gewesen sein. Auch das Gefühl, allein oder in Gefahr zu sein, wenn sich Hunger oder Müdigkeit melden, kann dein Kind damals geängstigt haben. Dahinter steckte immer das Gefühl „Ich bin nicht sicher!“
Die erste länger anhaltende, aber normale Angst ist dann das „Fremdeln“ etwa im Alter von 4 bis 8 Monaten. Jedes Baby kennt seine liebste Bezugsperson dann bewusst und merkt vor allem, wenn sie nicht da ist oder eine fremde Person Kontakt zu ihm aufnehmen will. Vielleicht war das bei deinem Kind kaum zu merken, vielleicht auch sehr intensiv. Fremdeln ist von Kind zu Kind unterschiedlich stark ausgeprägt. Dazu erfährst du mehr im Kapitel „Angst vor Trennungen“ ab Seite 119.
Je älter dein Kind wird, desto mehr Bereiche können hinzukommen, in denen es sich ängstlich zeigen kann: Angst um die körperliche Unversehrtheit, Angst vor unangenehmen Gefühlen, Angst vor Ungewohntem, Angst vor Unverständlichem, Angst vor Strafe, Angst vor fehlender Autonomie – die Angstfelder werden vielfältiger. Denn sein Kopf kennt mehr und seine Lebenswelt wird größer. Sicher kennst du das von deinem Kind, da du dich für dieses Buch entschieden hast.
Du hast schon erfahren, dass Angst gut und sinnvoll sein kann, um aufmerksam durchs Leben zu kommen. Eigentlich ist der Mensch dazu imstande, aufkeimende Angstgefühle genauso rasch wieder abzubauen, wie sie entstanden sind: erkennen, sich beruhigen, sinnvoll handeln. Doch kleine Kinder brauchen dafür noch elterliche Unterstützung, unabhängig davon, wie ängstlich sie sind und welche Erfahrungen sie schon gemacht haben. Viele Gefühle sind im Vorschulalter gut allein regulierbar, aber bei Angst dauert das oft etwas länger. Und bei Kindern, denen eine hohe Ängstlichkeit angeboren ist, dauert das nochmal länger.
Die Angst deines Kindes braucht also auch in eurer Familie einen guten Rahmen, damit dein Kind in den selbstständigen Umgang damit kommen kann. Diesen Rahmen kannst du als kluge, hilfreiche Begleitung bieten. Dann kann Angst gute Dienste leisten: Sie warnt, lässt schnell reagieren, aber schränkt nicht ein.
Wo genau kommt die übermäßige Angst bei deinem Kind nun aber eigentlich her? Und woher bei dir? Warum haben nicht alle Menschen ein großes Problem damit?
Wie ängstlich ein Mensch ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ganz sicher ist das auch bei euch so. Einige können angeboren sein, andere haben mit Erfahrungen zu tun, die ihr gemacht habt.
Wichtig ist, dass du dir nicht sofort unterstellen lässt, die Ängste deines Kindes hätten ganz sicher damit zu tun, wie du mit ihm umgehst oder dass es schreckliche Erlebnisse gehabt haben muss. Genau wie bei dir und deiner Angst werden vermutlich verschiedene Ursachen zusammenspielen. Es ist gut, genauer hinzuschauen, welche die Gründe sein könnten, um die Angst bei deinem Kind richtig gut kennenzulernen. Und auch auf dich darfst du in diesem Kapitel schauen, wenn du selbst mit Ängsten kämpfst. Wo kommt das her?
Von allen ängstlich geborenen Babys ist etwa ein Drittel auch mit 2 Jahren noch ängstlich und mit 4 Jahren zumeist auch weiterhin sehr zurückhaltend. Ist dein Kind schon von Geburt an sehr zurückhaltend, schüchtern und schreckhaft und hält das im Kleinkindalter an, ist es also relativ wahrscheinlich, dass es mit einer ängstlichen Grundstimmung geboren wurde.
Angstsensitiv
Menschen mit angeborener Ängstlichkeit werden auch „angstsensitiv“ genannt. Ängste haben bei ihnen ein leichtes Spiel. Ihr Gehirn bewertet Reize tendenziell gefährlicher, als es notwendig wäre. Möglicherweise ist dein Kind dann so sensibel und rasch gestresst, dass normale Alltagselemente, wie Geräusche oder bestimmte Texturen, Konsistenzen oder Oberflächen, es übermäßig erschrecken und in seinem Tun ausbremsen. Und vielleicht bist auch du schon so zur Welt gekommen. |
![]() |
Andere Kinder kommen eher mit einem cooleren, analytischen Wesen zur Welt. Für sie ist der Umgang mit Angst in der Regel einfacher, da sie sehr mutig, optimistisch und planvoll in die Welt gehen können.
Denkst du, dein Kind kam schon mit einem ängstlichen Wesen, also angstsensitiv, zur Welt?
Hast du es als Baby und junges Kleinkind bereits sehr angstvoll erlebt?
Und wie angstsensitiv warst du schon in deinen ersten Lebensjahren?
Angeborene Ängstlichkeit ist erstmal nichts Schlimmes. Das hast du schon gesehen, als ich dir den Unterschied zwischen Ängstlichkeit, Angst und Angststörung erklärt habe (ab Seite 22). Die Skala der möglichen Naturelle ist ganz breit: von ängstlich und eher passiv bis mutig und erkundungsfreudig kann alles dabei sein und nichts davon ist „gestört“. Es wäre wünschenswert, dass unsere Gesellschaft die Buntheit der menschlichen Wesensarten mehr anerkennen würde. Zu oft wird alles Herausfordernde weggedrückt und betroffene Personen sollen sich ändern.
Aber natürlich kann die angeborene Ängstlichkeit zum Problem werden:
• wenn dein Kind manchmal extrem ängstlich reagiert, durch Angstauslöser vielleicht panisch wird und nicht ansprechbar ist,
• wenn es sehr lange braucht, um sich bei Angst zu beruhigen,
• wenn es auch mit 5 Jahren oder später nicht allein Ideen zum Umgang mit seinen Ängsten finden kann,
• wenn es so vorsichtig ist, dass es sich nicht traut, viele für seine Entwicklungen wichtige Erfahrungen zu machen (zum Beispiel im Bereich Bewegung oder bei Sinneserfahrungen; dazu gehören unter anderem Balancieren, Bauen, Kneten, das Ausprobieren verschiedener Nahrungsmittel)
• oder wenn es anfängt, Dinge aus Angst nicht mehr zu tun, obwohl es sie eigentlich gern machen würde.
Dann hat sich sein angeborenes Wesensmerkmal problematisch entwickelt und braucht extra Unterstützung. Wahrscheinlich seid ihr gerade an diesem Punkt und habt deshalb diesen Ratgeber gefunden. Durch gute, hilfreiche Erfahrungen und Strategien kann solch eine Empfindlichkeit eingefangen werden. Und oft reicht elterliche Hilfe aus, sodass ihr keinen weiteren (therapeutischen) Expertenrat benötigt.
Angstmachende Erfahrungen können sowohl ängstlich geborene Kinder als auch eigentlich mutige Charaktere negativ beeinflussen: „Mir ist etwas passiert und ich hatte keine Hilfe.“ – Ein solches Gefühl kann sich erst einmal festsetzen.
Vielleicht ist deinem Kind etwas Beängstigendes passiert. Das können ganz unterschiedliche Situationen sein. Manche würdest du wahrscheinlich auch sofort als beängstigend einschätzen, andere eher nicht, und dennoch können sie für dein Kind extrem gewesen sein:
• Kam Papa zu spät zum Abholen? Schon fünf Minuten können für ein kleines Kind eine halbe Ewigkeit sein.
• Hat der Nachbarshund seine Schnauze unerwartet heftig durch den Zaun geschoben?
• Hat Oma extrem laut aufgeschrien, als die Spinne auf den Tisch krabbelte?
• Hatte der Kinderarzt nicht nur eine fiese Spritze dabei, sondern trug er auch noch einen Vollbart, der sein Gesicht verdeckte?
• Haben mehrere tobende Kinder dein Kind auf dem Spielplatz aus Versehen umgeworfen?
• Kam im Radio eine Nachricht über eine Einbruchsserie?
• Hat dein Kind sich beim Essen mit der Gabel heftig in die Wangentasche gepikst?
Unerwartetes, was einmal ungute Gefühle ausgelöst hat, kann auch in Zukunft – nur beim Gedanken daran – Angst machen. Besonders wenn dein Kind sich in der Situation als hilflos und allein empfunden hat. Manchmal aber auch, obwohl du dabei warst und es so gut wie möglich begleitet hast.
Allerdings muss der Auslöser gar nicht immer konkret mit der dann gezeigten Angst zusammenhängen, sondern kann ganz allgemein Ängstlichkeit vergrößern. Stirbt zum Beispiel ein Elternteil, muss daraus nicht linear eine Angst vor Krankheit und Tod entstehen. Ein derartig belastetes Kind kann auch an andere Stellen das Gefühl der Ohnmacht und Angst mitnehmen und beispielsweise auf einmal Angst vor großen Plätzen oder vor tiefem Wasser entwickeln.
Wichtig ist hier, dass du nicht in einer Schuldsuche stecken bleibst: „Ich hätte das verhindern müssen!“ Ja und nein. Manche Erlebnisse sollten Kinder nicht haben müssen, aber das Leben ist keine Laborsituation. Dinge passieren. Wer oder was daran schuld war, ist meist nicht wirklich relevant. Wichtig ist, dass der Verlauf gesehen und für eine leichtere Zukunft bearbeitet wird. Und das tust du jetzt.
Unsicherheit aus dem Umfeld
Vielleicht spürt dein Kind eine dauerhafte Unsicherheit in seinem Umfeld. Eine unsichere äußere Situation kann die Ängstlichkeit im Inneren deines Kindes auslösen oder verstärken:
Eine Ursache für Angst ist Bindungsunsicherheit, die in den ersten Lebensjahren entstanden ist, beispielsweise durch dauerhaft streitende Eltern oder durch unberechenbare Eltern, die mal lieb waren und mal distanziert. Auch strafende Eltern oder solche, die ihr Kind ständig entmutigen und beschämen, oder eine hochstrittige Elterntrennung können die Bindung unsicher machen. Emotionale oder körperliche Gewalterfahrungen können das Bindungsmuster eines Kindes sogar nachhaltig stören und damit mehr als nur unsicher machen. Ängste fallen so auf einen fruchtbaren Boden.
• Situation
Eine andere Ursache für gesteigerte Ängstlichkeit kann eine politisch oder finanziell unsichere Familien- oder auch Gesamtsituation sein.
• Angst der Eltern
Und als dritte Ursache sind ängstliche Eltern denkbar, die ihre Gefühle auf das Kind übertragen. Wenn sie sich dauerhaft nicht sicher fühlen, wie soll ihr Kind das schaffen?
Durch all diese Aspekte kann auch dein Kind derartig in Unruhe geraten sein, dass es mit vermehrtem Stress und steigender Vorsicht durchs Leben geht. Das kann in vermehrter, erlernter Ängstlichkeit münden.
![]() |
Fragst du dich, ob dein Erziehungsstil oder vielleicht eure elterliche Kommunikation verstärkend sein könnte, suche unbedingt eine Erziehungsberatung auf und lass jemanden von außen auf eure Situation schauen. Mein Buch „Nicht zu streng, nicht zu eng“ (humboldt, 2022) kann dir dabei helfen. Verlier dich nicht in Schuldgedanken, sondern schau hin, was du tun kannst. Es gibt gute Gründe, warum Eltern in diesem oder jenem Erziehungsstil landen. Aber das Verhalten ist veränderbar. |
Gab oder gibt es eine unsichere Situation im Leben deines Kindes? Hat es psychische oder körperliche Gewalt oder starke Verunsicherungen erfahren, sprich auf jeden Fall mit eurer kinderärztlichen Praxis, ob zeitnah therapeutische Arbeit mit dem Kind notwendig ist. Wichtig ist, dich nicht von Schamgefühlen ausbremsen zu lassen. Wenn du erkennst, dass eure Lage Hilfe benötigt, bist du auf einem guten Weg nach vorn. Geh ihn an.
Denkst du, deine eigene Angst könnte so stark sein, dass sie sich auf dein Kind auswirkt? Auf die mögliche verstärkende Ursache „Angst der Eltern“ gehe ich im Kapitel „Achte gut auf dich und deine Angst“ ab Seite 44 gleich noch genauer ein, weil dieses Thema mehr Raum braucht.
Innere Unsicherheit
Vielleicht spürt dein Kind aber auch eine dauerhafte Unsicherheit in seinem Inneren. Das kann beispielsweise ganz schlicht eine nicht festgestellte Sehschwäche sein, aber auch ein starker Unterschied zwischen kognitiven und emotionalen Fähigkeiten (wenn dein Kind noch sehr jung ist, seine Gefühle noch nicht gut allein beherrschen kann, dabei aber eine hohe kognitive Intelligenz aufweist).
Eine vorliegende Depression, eine Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörung (wie ADHS) und bestimmte Überforderungen können ebenfalls Ängste erst wecken. Oft sind das zum Beispiel Trennungsängste. Denn wenn dein Kind innerlich nicht im Gleichgewicht und nicht gesund ist, braucht es die größte Sicherheit, die es sich vorstellen kann, und das sind in der Regel die Eltern. Aber die Ursache ist nicht das Vermissen, sondern die eigene Gesundheit.
Auch ein schlechter Zugang zum eigenen Körper und zur Innenwahrnehmung kann Ängste befördern. Wenn dein Kind nicht gut einschätzen kann, wie stark ein Herz klopfen oder die Atemfrequenz steigen darf, ohne dass wirklich Gefahr droht, kann es sein, dass es die Reize aus dem Körperinneren überinterpretiert. Besonders Kinder mit angeborener Ängstlichkeit können hier noch zusätzliche Last mitnehmen. Für Kinder unter 6 Jahren empfehle ich dir hierzu mein Buch „Mit allen Sinnen wachsen“ (humboldt, 2023). Damit kannst du korrekt einzuschätzen, wie gut dein Kind sich wahrnehmen kann, und bekommst Impulse, die Innenwahrnehmung spielerisch zu fördern. | ![]() |
Bist du sicher, dass all diese Faktoren für eine erworbene starke Ängstlichkeit ausgeschlossen werden können? Sonst mach dich bei großer Ängstlichkeit bei deinem Kind unbedingt auch hier mit ärztlicher Hilfe auf die Suche, um nichts zu übersehen. Zu oft wird nur auf die Angst geschaut.
Häufung von Ängstlichkeit
Vielleicht liegt in eurer Familie aber auch eine Häufung von Ängstlichkeit, Ängsten oder gar Angststörungen vor? Wenn es mehrere Personen mit starken Ängsten gibt, kann das Auswirkungen auf dein Kind haben. Diese Häufung kann die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass es im Umgang mit Angst eher Probleme hat und eine erlernte Ängstlichkeit zeigt. Alle in eurem Leben sind seine Vorbilder.
Woher kommt die Angst deines Kindes?
Hat etwas im Leben deines Kindes seine Ängstlichkeit möglicherweise vorangetrieben: unschöne Erfahrungen oder ungute familiäre Vorbilder?
Verstärkt irgendetwas seine Angst möglicherweise immer noch?
Ist gesundheitlich noch nicht alles abgeklärt?
Es ist wichtig, dass du dir diese Gedanken machst, um die Angst deines Kindes gut kennenzulernen. Hast du bei einem der Abschnitte gedacht, das könnte auf dein Kind und eure Situation zutreffen, hast du dort bereits Impulse bekommen, wie du damit umgehen kannst. Oft ist es lohnend, externe Hilfe hinzuzuholen, um die beeinflussenden Faktoren zu verändern: Eine Erziehungsberatung kann euch in dauerhaft unsicheren Situationen beiseitestehen, eure kinderärztliche Praxis ist der richtige Kontakt, um mögliche Unsicherheiten im Inneren deines Kindes zu klären. Gab es auslösende Situationen wie zum Beispiel einen Hundebiss oder eine schlimme Krankenhauserfahrung, wirst du dazu Impulse im zweiten Teil des Buches „Eure Angst bewältigen“ ab Seite 66 finden.
Wenn du an Angst denkst, siehst du wahrscheinlich eine Person vor dir, die Gänsehaut hat, sich nervös die Finger reibt, hektisch atmet, vielleicht die Hände vors Gesicht schlägt, schreit oder gar wegläuft. Doch Angst sieht nicht immer gleich aus. Und vielleicht kennst du das auch von dir und deinem Kind.
Manchmal ist Angst schwer zu erkennen. Das gilt für Erwachsene, aber gerade auch für Kinder. Sie wissen selbst noch nicht so gut, was in ihnen los ist oder können es nur schwer formulieren. Manchmal arbeitest du dich vielleicht an einem Verhalten deines Kindes ab, das gar nicht wie Angst aussieht, aber eigentlich Angst ist. Das können zum Beispiel Aggressionen sein.
Es ist wichtig, dass du lernst, hinter ein Verhalten zu gucken und nicht gleich die einfachste Lösung zu akzeptieren. Wenn dein Kind zu dir sagt, es hasse dich, heißt das oft nicht, dass es dich nicht mag, sondern, dass es sich unsicher fühlt und eine Schutzmauer hochzieht, zum Beispiel aus Angst. Und wenn dein Kind seine Freundin haut, heißt das nicht, dass es gemein und respektlos ist, sondern wahrscheinlich überfordert, verzweifelt und vielleicht auch voller Angst.
Angst kann nämlich durch verschiedenes Verhalten überdeckt und durch andere Symptome versteckt sein. Dann agiert man nicht typisch ängstlich, sondern verhält sich anders auffallend. Das ist nicht nur bei Kindern so, sondern oft auch bei Erwachsenen.
Ein einfaches Beispiel ist ein Klassiker: Dein Kind läuft unterwegs weg, du hast Angst, dass es auf die Fahrbahn rennt, brüllst, hältst es etwas zu heftig fest, schimpfst vielleicht danach. Nach außen hin zeigst du eher Wut und Aggression, dahinter liegt aber Angst. Du hast Angst gespürt und bis sofort ins aktive Handeln gekommen, statt wegzulaufen oder zu erstarren – ein recht normaler Ablauf und ein typisches Anzeichen von Angst. Und trotzdem würden sowohl Erwachsene als auch Kinder dein Auftreten wahrscheinlich erstmal mit Begriffen wie „wütend“ oder „laut“ und „vehement“ beschreiben, nicht mit „ängstlich“. Versteckte Angst solltest du aber kennen, um sie bei dir und vor allem auch bei deinem Kind gut erkennen und richtig an ihr arbeiten zu können.
Wut und Aggression
Angst kann sich hinter Wut und Aggression verbergen. Auch bei Kindern treten Gefühle nicht isoliert auf, sondern in Kombination: Angst und Zorn, Angst und Eifersucht, oder auch Angst, Aufregung und Vergnügen (vielleicht in der Achterbahn). Dabei versteckt sich möglicherweise ein Gefühl hinter einem anderen wie die Angst hinter den oben aufgezählten Emotionen. Oder es versteckt sich hinter einem Verhalten, das eigentlich typisch für andere Gefühle ist. Wichtig ist, alle Gefühle zu sehen und vor allem das beherrschende Gefühl zu erkennen und sinnvoll mit ihm umgehen zu können.
Ich kann dir verschiedene Beispiele geben:
• Ein Kind, das sich in der neuen Schulklasse unwohl fühlt und gern Teil der Gruppe wäre, wird auf dem Schulhof vielleicht nicht ängstlich in der Ecke sitzen, sondern mit dem Angstgefühl im Bauch versuchen, in Kontakt zu kommen, allerdings möglicherweise durch Treten oder Kneifen – Angst gepaart mit Wut und Aggression.
• Ein Kind, das in der Kindergartengruppe vor allen gesagt bekommt, es dürfe den geliebten Maltisch nicht mehr benutzen, weil es vielleicht zum wiederholten Male mit Farbe auf den Stuhl gemalt hat, wird vielleicht auch nicht erstarrt und mit aufgerissenen Augen reagieren, sondern die Stiftebox nach der Erzieherin schmeißen. Dabei hat es eigentlich Angst (und vielleicht auch Scham) verspürt, weil die Malerei ihm so wichtig ist und alle Kinder zugehört haben – Angst gepaart mit Scham, Wut und Aggression.
• Und ein Kind, das seinem neugeborenen Geschwisterkind ins Gesicht haut, will ihm sehr sicher nicht wehtun, aber hat vielleicht die Angst, es könne ihm seine Bezugspersonen streitig machen – Angst gepaart mit Eifersucht, Wut und Aggression.
Angst und Wut haben die Gemeinsamkeit, dass sie häufig entstehen, wenn ein Mensch sich ohnmächtig fühlt. Er verliert die Kontrolle über die Situation. Jemand anderes, die Umstände oder die Emotionen übernehmen die Macht. Bestimmte Verhaltensweisen wie Flucht, Erstarren oder eben Aggression sind dann die Signale dafür, dass die Person gerade starke Angst oder Wut empfindet und dass es ihr nicht gut geht.
Angst wie auch Wut sind also nicht nur schlecht, sondern oft wichtig als Marker. Der Umgang mit ihnen kann gut und sinnvoll sein oder eben nicht. Diese Gemeinsamkeit sorgt dafür, dass sich Angst immer wieder auch hinter Wut versteckt.
Fallen dir Situationen ein, in denen dein Kind wütend oder aggressiv war, und vielleicht Angst dahintersteckte?
Ängstliche Kinder entwickeln Strategien, um mit ihrem Angstgefühl aktiv umzugehen. Diese Verhaltensweisen können sich festsetzen, wenn das Kind erlebt, dass sie ihm helfen. Zeigt dein Kind also mehrfach aggressives Verhalten in Angstmomenten und merkt danach, dass sich sein Angstgefühl dadurch abgebaut hat, wird es diese Strategie immer wieder nutzen. Dann ist es in seiner Wahrnehmung erst einmal nicht ohnmächtig der Angst ausgeliefert. Nur richtig sinnvoll ist das Verhalten natürlich nicht.
Gefühlsstress motorisch auszuleben, also um sich zu hauen oder mit etwas zu werfen, ist typisch für Kinder. Und von außen denken wir nicht daran, dass hier ein Kind nicht gut mit Angst zurechtkommt, sondern wir sehen ein schwieriges, heftiges Kind, das ausgebremst werden muss, damit es sich und anderen nichts antut und nichts kaputt macht.
Maßregelst du dein Kind nun für seine Aggression, bestrafst es oder sagst auch nur „So macht man das nicht!“, lernt das Kind im Umgang mit seiner Angst nichts als „Ich bin falsch“ oder „Ich mache das falsch“. Damit wäre nichts gewonnen. Dein Kind bliebe ängstlich und ohnmächtig.
Leider ist diese Sichtweise noch sehr verbreitet: „Herausfordernde Kinder müssen lernen, sich zu benehmen. Notfalls auch mit Strafen. Das hat doch noch nie geschadet.“ Nein, nein, nein. So lernen Kinder nicht, sich reifer zu verhalten. Sie lernen nur, sich anzupassen, unter Umständen voller Stress und mit vermindertem Selbstwert. Du kannst es mit deinem Kind anders machen.
Versteckte Angst zu erkennen, ist nicht immer einfach. Es gibt keine Frage, die du deinem Kind stellen kannst, um eine klare Antwort zu bekommen. Du musst zum Detektiv oder zur Detektivin werden und Anhaltspunkte zu einer Lösung zusammenbringen.
Wann zeigt sich dein Kind wütend und aggressiv?
Was ist vorausgegangen?
Steckt eine Überforderung hinter seinem Verhalten? Und kann es sein, dass sie von Angst ausgelöst wurde?
Gab es eine bedrohliche Situation, in der dein Kind den Eindruck gehabt haben könnte, es würde in seinen Bedürfnissen eingeschränkt? War die Gesundheit in Gefahr, Selbstbestimmung nicht möglich oder eine Bezugsperson nicht greifbar?
Wurde sein Selbstwert beschädigt, fehlte ihm eine Handlungsidee oder fühlte es sich ohnmächtig?
Dann kann sich dahinter versteckte Angst verbergen.
Wenn du Angst entdecken kannst, ist es wichtig, …
• mit deinem Kind nicht nur zu überlegen, dass Aggressionen nicht gut sind,
• und was es stattdessen tun kann,
• sondern unbedingt auch nach der Angst selbst zu schauen und seinen Umgang mit diesem Gefühl zu verbessern.
Sonst veränderst du vielleicht das gezeigte Verhalten und die Aggressionen werden weniger. Aber der Stress und die Überforderung durch starke Angst bleiben bei weiteren auslösenden Situationen identisch. Besser ist es, dein Kind lernt den sinnvollen Weg.
Dauerhafte, länger als 3 bis 6 Monate bestehende Aggression verursacht durch Angst, die du nicht gehändelt bekommst, gehört in ärztliche Hände. Such dann auf jeden Fall ein Beratungsgespräch in eurer kinderärztlichen Praxis.
Angst kann auch hinter Stille und Rückzug stecken, sich also auch auf eine ganz andere Art verbergen. Dann werden Kinder nicht aktiv, sondern gehen passiv mit dem aufkommenden, überfordernden Gefühl um: „Ich sage nichts. Ich tue nichts. Ich laufe weg und verstecke mich. Ich vermeide das Gefühl in Zukunft möglichst.“ Wieder ist beides mit dem Eindruck von Ohnmacht verbunden. Du kannst dir vorstellen, dass Rückzug ebenso wie Wut und Aggression nicht dauerhaft sinnvoll ist, denn wieder behält die Angst die Oberhand und dein Kind geht nicht wirklich hilfreich mit ihr um. Es ergibt sich ihr eher.
Fallen dir Situationen ein, in denen dein Kind sehr still und zurückgezogen war, und bei denen Angst dahintergesteckt haben könnte?
Auch hierzu gebe ich dir Beispiele:
• Ein Kind, das immer von seinen Eltern angebrüllt wird, wenn ihm ein Malheur am Esstisch passiert, wird vielleicht immer weniger essen mögen, hatte jedoch sonst immer so viel Spaß am Broteschmieren und Tischdecken – Angst versteckt hinter Vermeidung und Appetitlosigkeit.
• Ein Kind, das mehrfach fies im Kindergarten geärgert wird, wird vielleicht nur noch im letzten Winkel des Außengeländes hocken und allein in der Erde graben, anstatt auf dem schönen Klettergerüst unterwegs zu sein – Angst versteckt hinter Vermeidung und Isolation.
• Und ein Kind, das im Grundschulunterricht von der Lehrkraft vor aller Augen und Ohren für eine falsche Antwort gemaßregelt wurde, wird sich möglicherweise gar nicht mehr zu Wort melden wollen, nicht mal in Sachkunde, das ihm eigentlich so viel Freude bereitet – wieder Angst versteckt hinter Vermeidung.
Sie alle wollen die unguten Angstgefühle verhindern: „Ich möchte mich nicht mehr so fühlen.“ Doch anstatt etwas gegen die Angst im Körper und im Kopf zu tun, wird etwas gegen den Angstauslöser getan. Er wird weggeschoben, soll nicht mehr auftauchen, sogar wenn das Kind dafür sehr geliebte Dinge nicht mehr macht. Es schränkt sich selbst ein.
Solches Vermeiden und derlei Hemmungen können sehr belastend sein und zu großem Leidensdruck führen. Wenn dein Kind seine Angst so versteckt, traut es sich möglicherweise bald auch andere Dinge nicht mehr zu. Und oftmals bemerkt das Umfeld sein Problem gar nicht, weil es ja leise und unauffällig ist und nichts für sich einfordert. Gerade in Gruppensituationen wie dem Kindergarten oder der Schule kann dein Kind dann leicht untergehen.
Das kann dein Kind sehr traurig machen. Denn Teilnahmslosigkeit ist nicht gesund. Alle Menschen haben das Bedürfnis nach sozialen Verbindungen und nach selbsttätigem Wirken. Einsamkeit und Passivität verursachen auf Dauer ein großes Unwohlsein.
Wieder musst du dich auf Detektivarbeit einstellen.
In welchen Momenten zeigt sich dein Kind still und teilnahmslos?
Seit welchem Ereignis ist es immer zurückgezogener?
Stecken unschöne, beschämende Erfahrungen hinter seinem Verhalten? Und kann es sein, dass hier Angst vor weiteren Beschämungen oder Überforderungen dahintersteckt?
Gab es eine bedrohliche Situation, in der dein Kind den Eindruck gehabt haben könnte, seine Bedürfnisse wurden übergangen, es wurde gefährdet und fühlte sich alleingelassen und überfordert?
Dann kann Angst die Ursache für seine Stille sein.
Wieder reicht es nicht, das Symptom zu bearbeiten: Selbst, wenn dein Kind sich dazu bewegen lässt, beängstigende Herausforderungen nicht mehr zu vermeiden, also seine Hemmung und seinen Rückzug aufzugeben, hat es noch nichts dazugelernt, um mit den Angstgefühlen zurechtzukommen. „Geh doch einfach wieder dahin!“ ist keine Lösung. Aber hast du herausgefunden, dass das grundlegende, beherrschende Gefühl Angst ist, kannst du mit deinem Kind an helfenden Strategien arbeiten, wie sie im zweiten Teil des Buches vorgestellt werden.
Ständiger Rückzug und Verstummen basierend auf Angst sollten in eurer kinderärztlichen Praxis besprochen werden, wenn du allein nach 3 bis 6 Montane nichts verändern konntest.
Körperliche Symptome
Angst kann auch hinter körperlichen Schmerzen stecken. „Ich habe so Bauchweh, ich kann nicht in die Schule gehen.“ „Mir tut der Kopf weh, ich gehe wohl lieber heute nicht zum Turnen.“ oder „Mein Hals ist immer wie zugeschwollen, wenn wir zu Opa fahren.“ – Manches, was wie eine körperliche Erkrankung wirkt, liegt gar nicht an einer Magenverstimmung, einer Allergie oder einer Erkältung, sondern hat eine seelische Ursache. Nichtsdestotrotz ist dein Kind dann nicht gesund. „Du hast ja gar kein echtes Bauchweh!“ ist nichts, was deinem Kind weiterhilft, wenn es seine Angst hinter körperlichen Beschwerden versteckt. Es braucht Aufdeckung und Anerkennung seines Problems.
Hast du mit deinem Kind schon Momente erlebt, in denen es körperliche Symptome zeigte, hinter denen sich eine Angst versteckt haben könnte?
Leider fordert dich eine solche Angst vermutlich am meisten heraus, denn die Detektivarbeit ist besonders schwer und dein schlechtes Gewissen springt rasch an: Kannst du dein Kind in den Kindergarten bringen, wenn es Bauchweh hat? Wenn du doch sicher bist, dass es keine körperliche Ursache dafür gibt? Und wenn dein Kind jeden Tag über Bauchschmerzen klagt, aber du auch wirklich dringend wieder zur Arbeit gehen müsstest? Puh, das sind große Entscheidungen. Und leider gibt es nicht immer die eine richtige Antwort.
Aber du hast auch hier die Chance, dich als Detektiv oder Detektivin auf den Weg zu machen.
Hat dein Kind weitere Anzeichen von Erkrankung wie Blässe, Schlappheit, Fieber?
Was für einen Eindruck macht es insgesamt auf dich?
Verschwinden die Symptome, wenn dein Kind zu Hause bleiben darf oder wenn du ihm besonders viel Nähe und Berührungen gibst?
Wann tauchen die Beschwerden auf? Erinnerst du dich, in welchem Zusammenhang sie sich zum ersten Mal gezeigt haben? Kann es sein, dass dein Kind überfordert war und Angst gespürt hat? War und ist es ideenlos, was es dagegen unternehmen könnte?
Auf diese Weise kannst du ganz gut feststellen, ob eine körperliche Ursache wahrscheinlich ist oder eher nicht.
Kommst du zu dem Schluss, dass Angst hinter den Schmerzen stecken muss, helfen Nähe und Kuscheln oder zum Beispiel eine Pause von Kindergarten oder Schule nur kurzzeitig. Aber Pausen sind legitim, um langsam wieder auf die Beine zu kommen, wie bei einer körperlichen Erkrankung auch. Wieder müsst ihr dem Angstauslöser auf die Spur kommen und dein Kind braucht Strategien dafür, wie es die Angstgefühle gut händeln kann.
Auch hier gilt es, die kinderärztliche Praxis spätestens nach einem Vierteljahr hinzuzuziehen, wenn du trotz intensiver Begleitung nichts erreichen konntest. Zeigen sich die Schmerzen in Zusammenhang mit Kindergarten oder Schule, gehören auch diese Institutionen mit an den Tisch, um das Problem zu lösen.
Alle versteckten Ängste müssen also aufgedeckt werden, um nicht an den falschen Symptomen und Verhaltensweisen zu arbeiten. Und sie benötigen im Anschluss Ideen zum sinnvollen, aktiven Umgang mit ihnen durch dein Kind. Die findest du im zweiten Teil des Buches ab Seite 66.
Angst ist manchmal gar nicht echt. Das zu erkennen, ist besonders herausfordernd. Wie oft sagen Erwachsene über kleine Kinder, sie würden irgendetwas mit „böser Absicht“ machen: kneifen, um Aufmerksamkeit zu bekommen, oder abends immer wieder aus dem Bett kommen, um die Eltern zu einer Reaktion zu bringen. Das ist alles nicht nett gemeint, sondern abfällig: „Die unartigen Kinder!“
Doch Kinder sind nicht einfach boshaft. Derartiges Verhalten hat immer Gründe, und das sind meistens keine ausgefeilten Pläne, schon gar keine bösen, mit denen ein Kind jemand anderem Leid zufügen will. Sowohl das kneifende Kind als auch das, das abends immer wieder aus dem Bett kommt, fühlt sich wahrscheinlich tatsächlich irgendwie unwohl, vielleicht zu wenig beachtet, unsicher. Kinder suchen kneifend oder „nervend“ Nähe.
Im Alter zwischen 5 und 7 Jahren bewegen sich Kinder allerdings in einer starken Fantasiewelt, lieben oft Rollenspiele und probieren sich gern aus. Sie sind im Denken so weit gereift, dass sie willentlich eine Rolle übernehmen können: die kleine Katze, den lauten Nachbarn und auch das verängstigte Kind. Gespielte Angst ist in diesem Fall durchaus geplant und entsteht nicht aus einer Überforderung oder einem Vermissen heraus.
Aber meist fehlt immer noch die böse Absicht: Wenn dein Kind Angst spielt, will es niemandem schaden. Auch nicht dir, wenn du wegen gespielter Angst einen Tag „kindkrank“ freinehmen musst. Vielleicht will es einfach nur spielen und spüren, wie der Tag dann so verläuft. Vielleicht will es so aber auch bezwecken, dass du mehr Zeit mit ihm verbringst – ja, das kann sein. Doch dann ist ein Kind immer noch nicht böse. Es überblickt nicht die Konsequenzen, die du im beruflichen Umfeld haben könntest. Es spürt nur ein großes Bedürfnis, von dem es nicht weiß, wie es sich das anders erfüllen soll.
Hattest du eine Situation mit deinem Kind, in der es eine Angst spielerisch vorgetäuscht hat?
Was hast du gedacht, was dabei in ihm vorging?
Habt ihr bereits darüber gesprochen?
Die Strategie deines Kindes ist es in solchen Momenten, nicht zu sagen, was es braucht, sondern etwas anderes vorzuspielen. Möglicherweise liegt das daran, dass es das noch gar nicht richtig erkennen und formulieren kann. Oder es hat die Erfahrung gemacht, dass es in seiner Bedürfnisformulierung nicht ernst genommen wird. Daher ist nun seine Strategie, die Angst vorzuspielen, weil es so sein Bedürfnis wahrscheinlich rasch erfüllt bekommt.
Besonders wichtig ist aber, jede Angst erst einmal ernst zu nehmen. Selbst wenn dein Kind eine großartige schauspielerische Leistung zeigt, die in ihrer Theatralik fast zum Lachen ist, solltest du dir das Lachen unbedingt verkneifen und ernsthaft hinschauen, ob es sich um Spiel oder echte Furcht handelt. Dafür brauchst du wieder Handwerkszeug.
Mit gespielter Angst umgehen
Beeinträchtigt dich die gespielte Angst nicht, sondern findet im Alltag so statt, dass du mitspielen kannst, ist sie kein Problem. Geh darauf ein, lass dein Kind im Spiel erfahren, wie Angst sich äußert und wie man aktiv mit ihr umgehen kann. Wichtig ist im Rollenspiel, dass Ängste hier eine gute Lösung erleben und nicht ungelöst bleiben.
Bist du unsicher, ob es gespielte Angst ist, geh wieder die Detektivfragen auf den Seiten 34 bis 39 durch.
Bist du sicher, dass es ein Spiel ist, und findet das Spiel in Situationen statt, die dir das Leben erschweren, beispielsweise weil dein Kind sich verweigert, das Haus zu verlassen, musst du ihm klarmachen, dass das Spiel kein Gutes ist.
Mit folgenden Anregungen kannst du ins Gespräch gehen:
• „Es ist schön, mit allem zu spielen, auch mit allen Gefühlen wie Freude oder Angst. Das darfst du gern machen. Aber das muss ein Spiel bleiben, wenn wir die Zeit dafür haben, zum Beispiel am Nachmittag.“
• „Das Spiel können wir nicht machen, wenn ich zur Arbeit muss oder du in den Kindergarten/in die Schule oder wenn andere wichtige Sachen anstehen. Dann wird unser Leben schwierig, denn die anderen Dinge sind kein Spiel.“
• „Und ich kann dann nicht unterscheiden, ob du wirkliche Angst hast oder nicht, wenn du sie so oft in solchen Momenten spielst.“
• „Gibt es etwas, was du gerade eigentlich lieber mit mir machen möchtest, als in den Kindergarten zu gehen?“
Jetzt weißt du, wie verschieden Angst sich zeigen kann, und hast Handwerkszeug, um sie aufzudecken. Als Nächstes zeige ich dir, was du speziell über deine Angst als Elternteil wissen solltest.