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An einem eiskalten, bedeckten Wintertag des Jahres 1975 wurde ich – im Alter von zwölf Jahren – zu dem, der ich heute bin … Viel Zeit ist inzwischen vergangen, aber das, was man über die Vergangenheit sagt, stimmt nicht … Wenn ich heute zurückblicke, wird mir bewusst, dass ich in den letzten 26 Jahren immerzu in diese einsame Gasse gespäht habe.

Khaled Hosseini, Drachenläufer

Das Leben mancher Menschen fließt wie eine Geschichte dahin; in meinem hingegen gab es viele Stopps und Neustarts. So wirken Traumata. Sie unterbrechen die Geschichte … Etwas passiert plötzlich, und dann geht das Leben weiter. Niemand bereitet einen darauf vor.

Jessica Stern , Denial: A Memoir of Terror

Der Dienstag nach dem Wochenende des 4. Juli 1978 war der erste Tag, den ich als Psychiater in der Klinik der Veterans Administration (VA ) in Boston verbrachte. Während ich eine Reproduktion meines Lieblingsgemäldes von Pieter Brueghel dem Älteren, den Blindensturz , an einer Wand aufhängte, hörte ich, dass an der Rezeption ein Tumult ausbrach. Kurz darauf stürzte ein großer, ungepflegter Mann in einem verschmutzten Anzug mit einem Exemplar des Magazins Soldier of Fortune unter dem Arm in mein Zimmer. Er war so erregt und so offensichtlich verkatert, dass ich mich fragte, wie ich diesem ungeschlachten Menschen helfen sollte. Ich forderte ihn auf, sich zu setzen und mir zu sagen, was ich für ihn tun könnte.

Tom hatte zehn Jahre vorher in Vietnam bei den Marines seinen Militärdienst abgeleistet. Das vergangene Wochenende hatte er in seiner Anwaltskanzlei im Zentrum von Boston verbracht, sich dort betrunken und sich alte Fotos angeschaut, statt bei seiner Familie zu sein. Er wusste aus früheren Jahren, dass ihn der Lärm am amerikanischen Nationalfeiertag, das Feuerwerk, die Hitze und das Picknick im Garten seiner Schwester vor der Kulisse des frühsommerlichen Blätterkleids der Bäume – alles Dinge, die ihn an seine Zeit in Vietnam erinnerten – völlig verrückt machen würden. Und wenn er in einem aufgebrachten Zustand war, hielt er sich vorsorglich von seiner Familie fern, weil die Gefahr bestand, dass er sich seiner Frau und seinen beiden kleinen Söhnen gegenüber wie ein Monster verhielte. Der Lärm der Kinder regte ihn so auf, dass er fluchtartig das Haus verlassen musste, um ihnen gegenüber nicht handgreiflich zu werden. In solchen Situationen konnte er sich nur beruhigen, indem er sich entweder völlig betrank oder mit gefährlich hohem Tempo auf seiner Harley-Davidson umherfuhr.

Auch die Nacht brachte ihm keine Linderung, weil sein Schlaf immer wieder durch Albträume von einem Überfall in einem Reisfeld in Vietnam unterbrochen wurde, bei dem alle Mitglieder seines Zuges umgekommen oder verwundet worden waren. Auch sah er in Flashbacks oft schreckliche Bilder von toten vietnamesischen Kindern. Seine Albträume waren so entsetzlich, dass er sich vor dem Einschlafen fürchtete und deshalb oft fast die ganze Nacht wach blieb und sich betrank. Morgens fand seine Frau ihn dann ohnmächtig auf der Wohnzimmercouch, und sie und die beiden Jungen mussten auf Zehenspitzen um ihn herumschleichen und möglichst geräuschlos frühstücken, bevor sie die Kinder zur Schule brachte.

Tom berichtete mir, er habe im Jahre 1965 als Jahrgangsbester die Highschool abgeschlossen und sich dann, wie es in seiner Familie üblich gewesen sei, sofort beim Marine-Korps verpflichtet. Sein Vater hatte im Zweiten Weltkrieg in General Pattons Armee gedient, und Tom hatte nie infrage gestellt, was sein Vater von ihm erwartete. Er war sportlich, intelligent und eine natürliche Führungspersönlichkeit, und nach Abschluss seiner militärischen Grundausbildung fühlte er sich als vollwertiges Mitglied eines Teams, das bereit war, praktisch alles zu bewältigen, was von ihm verlangt und erwartet wurde. In Vietnam wurde er schnell zum Zugführer befördert und war in dieser Funktion für acht Kameraden verantwortlich. Sich im Maschinengewehrfeuer durch den Schlamm vorzuarbeiten kann bewirken, dass Menschen sich selbst und ihre Kameraden in einem ziemlich positiven Licht sehen.

Am Ende seiner Dienstzeit wurde Tom mit allen Ehren entlassen, und er wollte nichts anderes, als Vietnam hinter sich zu lassen. Äußerlich tat er das auch. Er besuchte mit einem GI -Stipendium ein College, studierte danach Jura, heiratete seine Freundin aus Highschool-Zeiten und bekam mit ihr zwei Söhne. Tom konnte einfach nicht begreifen, weshalb es ihm schwerfiel, für seine Frau echte Zuneigung zu empfinden, obwohl ihre Briefe ihn im Wahnsinn des Dschungelkampfes am Leben gehalten hatten. Er gab sich alle Mühe, ein normales Leben zu führen, in der Hoffnung, er könne wieder der werden, der er einmal war, indem er so tat, als sei er dies schon. Mittlerweile hatte er eine erfolgreiche Anwaltskanzlei und eine Bilderbuchfamilie, fühlte sich aber trotzdem alles andere als normal; innerlich hatte er das Gefühl, wie tot zu sein.

Obwohl Tom der erste Veteran war, den ich im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit kennenlernte, waren mir viele Aspekte seiner Lebensgeschichte wohlbekannt. Ich selbst bin nach dem Zweiten Weltkrieg in den Niederlanden aufgewachsen, habe in zerbombten Häusern gespielt, als Sohn eines Mannes, der ein so unverblümter Gegner der Nazis gewesen war, dass man ihn in ein Lager gesperrt hatte. Mein Vater hat über seine Erlebnisse im Krieg nie gesprochen, aber er bekam immer wieder heftige Wutanfälle, die mich als kleinen Jungen völlig schockierten. Warum wurde dieser Mann, den ich jeden Morgen unten im Haus leise beten und in der Bibel lesen hörte, während der Rest der Familie noch schlief, so entsetzlich wütend? Wie konnte jemand, der sein Leben dem Kampf für soziale Gerechtigkeit widmete, von solcher Wut erfüllt sein? Das gleiche schockierende Verhalten hatte ich auch bei meinem Onkel gesehen, der von den Japanern in der niederländischen Kolonie in Ostindien (dem heutigen Indonesien) gefangen genommen und als Zwangsarbeiter nach Birma gebracht worden war, wo er an der Errichtung der berühmten Brücke über den Kwai mitgearbeitet hatte. Auch er hatte nur selten über den Krieg geredet, und auch er hatte oft heftige Wutausbrüche bekommen.

Während ich Tom zuhörte, fragte ich mich, ob auch mein Onkel und mein Vater Albträume und Flashbacks erlebt hatten – ob auch sie keine Verbindung zu ihren nächsten Angehörigen gespürt und keine echte Freude an ihrem Leben empfunden hatten. Irgendwo im Hintergrund meines Geistes müssen auch meine Erinnerungen an meine verängstigte – aber oft auch furchterregende – Mutter gewesen sein, von deren eigenem Kindheitstrauma nur gelegentlich in Andeutungen die Rede gewesen war und die – wie ich heute vermute – das Trauma, das sie erlebt hatte, häufig reinszenierte. Sie hatte die nervtötende Angewohnheit, ohnmächtig zu werden, wenn ich sie fragte, wie ihr Leben als kleines Mädchen gewesen sei, und warf mir anschließend vor, ich hätte sie unnötig aufgeregt.

Als Tom gemerkt hatte, dass mich seine Geschichte wirklich interessierte, gestand er mir, wie verängstigt und verwirrt er in Wahrheit war. Er fürchtete, so wie sein Vater zu werden, denn dieser war auch ständig wütend gewesen und hatte mit seinen Kindern kaum geredet – es sei denn, um sie unvorteilhaft mit seinen Kameraden zu vergleichen, die im Jahre 1944 in der Weihnachtszeit in den Ardennen ihr Leben verloren hatten.

Gegen Ende unserer Sitzung tat ich etwas, das Ärzte oft tun: Ich wendete mich dem einzigen Aspekt von Toms Geschichte zu, den ich verstanden zu haben glaubte – seinen Albträumen. Als Medizinstudent hatte ich einmal in einem Schlaflabor gearbeitet, wo die Schlaf-/Traumzyklen der Patienten beobachtet wurden, und ich hatte an einigen wissenschaftlichen Artikeln über Albträume mitgearbeitet. Außerdem war ich an einigen frühen Untersuchungen über die positive Wirkung psychoaktiver Medikamente beteiligt gewesen, die in den 1970ern gerade in Gebrauch kamen. Obwohl ich also vom Ausmaß von Toms Problemen erst eine sehr vage Vorstellung hatte, hatte ich eine gewisse Beziehung zu seinen Albträumen, und weil ich damals von den Wohltaten der Pharmaindustrie ziemlich überzeugt war, verschrieb ich ihm ein Mittel, von dem wir herausgefunden hatten, dass es den Ergebnissen unserer Untersuchungen zufolge die Häufigkeit von Albträumen verringern und ihre Stärke lindern konnte. Zum Schluss vereinbarte ich mit Tom noch einen neuen Sitzungstermin zwei Wochen später.

Als er zu diesem Termin erschien, fragte ich ihn gleich zu Beginn, wie das Mittel gewirkt habe. Er antwortete, er habe keine einzige dieser Pillen eingenommen. Ich bemühte mich, meine Irritation zu verbergen, und fragte ihn, warum er das nicht getan hätte. Er antwortete: »Mir ist klar geworden, dass ich meine Freunde im Stich lassen würde, wenn ich die Pillen einnähme und meine Albträume dadurch verschwänden. Ihr Tod wäre dann völlig nutzlos gewesen. Ich muss ein lebendes Mahnmal für meine in Vietnam umgekommenen Freunde bleiben.«

Ich war fassungslos. Die Loyalität den Toten gegenüber hielt Tom davon ab, ein eigenes Leben zu führen, so wie auch sein Vater durch die Verbundenheitsgefühle seinen gefallenen Kameraden gegenüber daran gehindert worden war, ein eigenes Leben zu führen. Die Erlebnisse auf dem Schlachtfeld hatten sowohl für den Vater als auch für den Sohn das weitere Leben irrelevant gemacht. Wie war es dazu gekommen, und was konnten wir dagegen unternehmen? An jenem Morgen wurde mir klar, dass ich mich wahrscheinlich mein ganzes weiteres Berufsleben lang mit der Entschlüsselung der Geheimnisse des Traumas beschäftigen würde. Warum führen entsetzliche Erlebnisse dazu, dass sich Menschen hoffnungslos in ihre Vergangenheit verstricken? Was passiert in ihrem Geist und Gehirn, das sie erstarren lässt, gefangen an einem Ort, dem sie verzweifelt zu entfliehen versuchen? Warum endete der Krieg, in dem dieser Mann gekämpft hatte, nicht im Februar 1969, als seine Eltern ihn nach seinem langen Rückflug von Da Nang am Logan International Airport in Boston in ihre Arme schlossen?

Toms Bedürfnis, sein Leben zu einem Mahnmal für seine toten Kameraden zu machen, lehrte mich, dass er unter einem Zustand litt, der wesentlich komplexer war als üble Erinnerungen oder eine Schädigung der chemischen Prozesse – oder eine Veränderung der Furchtschaltkreise – in seinem Gehirn. Vor dem Überfall im Reisfeld war Tom ein treuer und loyaler Freund gewesen, jemand, der sein Leben genoss, der viele Interessen und an vielem Freude hatte. In einem einzigen entsetzlichen Augenblick hatte das Trauma in seinem Leben alles verändert.

In meiner Zeit bei der VA habe ich viele Männer kennengelernt, die ähnlich wie Tom reagierten. Schon bei der kleinsten Frustration bekamen unsere Veteranen oft extreme Wutanfälle. Die öffentlichen Bereiche der Klinik waren übersät von Abdrücken ihrer Fäuste auf Gipskartonwänden, und das Sicherheitspersonal hatte ständig alle Hände voll zu tun, die Fallbetreuer und das Empfangspersonal vor wütenden Veteranen zu schützen. Natürlich ängstigte uns ihr Verhalten, aber ich kann nicht leugnen, dass es mich gleichzeitig auch faszinierte.

Zu Hause versuchte ich gemeinsam mit meiner Frau, mit ähnlichen Problemen unserer kleinen Kinder fertigzuwerden. Diese bekamen regelmäßig Wutanfälle, wenn sie Spinat essen oder sich warme Socken anziehen sollten. Doch warum machte ich mir wegen des unreifen Verhaltens meiner kleinen Kinder keine Sorgen, war aber zutiefst besorgt darüber, was in den Veteranen, die ich behandelte, vor sich ging (natürlich einmal abgesehen davon, dass ihre Größe ihnen die Möglichkeit gab, wesentlich mehr Schaden anzurichten als meine Dreikäsehochs zu Hause)? Ich war mir ganz einfach ziemlich sicher, dass meine Kinder allmählich lernen würden, mit ihren Frustrationen und Enttäuschungen umzugehen, wohingegen ich sehr skeptisch war, ob ich meinen Veteranen würde helfen können, die Fähigkeit zur Selbstkontrolle und Selbstregulation, die sie im Krieg verloren hatten, jemals wiederzuerlangen.

Leider hatte mich in meiner Ausbildung zum Psychiater niemand darauf vorbereitet, mit Herausforderungen der Art umzugehen, mit denen Tom und seine Kameraden mich konfrontierten. Ich suchte in der medizinischen Bibliothek nach Literatur über Kriegsneurosen, Granatschock, Kampferschöpfung und anderen Diagnosen und Begriffen, von denen ich vermutete, dass sie mir über die Situation meiner Patienten Aufschluss geben würden. Zu meiner Überraschung enthielt die Bibliothek der VA -Klinik kein einziges Buch über eines der genannten Themen. Jahre nachdem der letzte amerikanische Soldat Vietnam verlassen hatte, hatte also offenbar noch niemand das Problem kriegsbedingter Traumatisierungen im Blick. Schließlich entdeckte ich in der Countway Library der Harvard Medical School ein Buch mit dem Titel The Traumatic Neuroses of War , das im Jahre 1941 ein Psychiater namens Abram Kardiner veröffentlicht hatte. Kardiner beschrieb darin Beobachtungen an Veteranen des Ersten Weltkriegs, und das Buch war in Erwartung einer Flut von Granatschockopfern veröffentlicht worden, die man unter den Verwundeten des Zweiten Weltkriegs zu finden vermutete. 1

Kardiner berichtete über ein Phänomen, das auch ich beobachtet hatte: Nach dem Krieg wurden seine Patienten von einem Gefühl der Sinnlosigkeit ergriffen; sie zogen sich zurück und distanzierten sich von allem und allen, auch wenn ihre allgemeine Funktionsfähigkeit vorher sehr gut gewesen war. Was Kardiner »traumatische Neurosen« nannte, nennen wir heute Posttraumatische Belastungsstörung oder PTBS . Kardiner weist in seinem Buch darauf hin, dass Menschen, die unter traumatischen Neurosen leiden, eine ständige Wachsamkeit und Sensibilität gegenüber Bedrohungen entwickeln. Insbesondere sein Resümee sprang mir ins Auge: »Der Kern der Neurose ist eine Physioneurose.« 2 Mit anderen Worten existieren posttraumatische Belastungen nicht »nur im Kopf«, wie einige glaubten, sondern sie haben eine physiologische Basis. Kardiner war sogar klar, dass die Traumasymptome aus der Reaktion des gesamten Körpers auf das erlebte Trauma resultieren.

Kardiners Beschreibung bestätigte meine eigenen Beobachtungen. Dies zu wissen war zwar beruhigend, half mir aber kaum, die Frage zu beantworten, wie ich meinen Veteranen hätte helfen können. Dass es über dieses Thema so wenig Literatur gab, war ein Handikap, doch mein großer Lehrer Elvin Semrad hatte mir ohnehin beigebracht, Lehrbüchern gegenüber grundsätzlich skeptisch zu sein. Er pflegte zu sagen, im Grunde hätten wir nur ein einziges wirklich zuverlässiges Lehrbuch, und das seien unsere Patienten. Wir sollten nur auf das vertrauen, was wir von ihnen – und aufgrund unserer eigenen Erfahrungen – lernen würden. Das klingt verblüffend einfach, doch obwohl Semrad uns empfahl, uns an unserem eigenen Erfahrungswissen zu orientieren, warnte er uns andererseits auch, dass dies ein sehr schwieriger Prozess sei, denn Menschen seien nun einmal Virtuosen des Wunschdenkens und des Verschleierns der Wahrheit. Ich erinnere mich, dass er einmal gesagt hat: »Am meisten leiden wir aufgrund der Lügen, die wir uns selbst erzählen.« Als ich für die VA arbeitete, entdeckte ich schon bald, wie unerträglich es sein kann, sich mit der Realität zu konfrontieren. Dies galt sowohl für meine Patienten als auch für mich selbst.

Wir wollen im Grunde nicht wissen, was Soldaten im Kampf durchmachen. Wir wollen auch nicht wissen, wie viele Kinder in unserer Gesellschaft sexuell belästigt, missbraucht oder misshandelt werden, und auch nicht, wie viele Paare – es ist fast ein Drittel – irgendwann in ihrer Beziehung gewalttätig werden. Wir möchten uns die Familie als einen sicheren Hafen in einer herzlosen Welt vorstellen und unser eigenes Land als von aufgeklärten und zivilisierten Menschen bewohnt. Wir ziehen es vor zu glauben, dass Grausamkeiten nur an fernen Orten wie in Darfur oder im Kongo stattfinden. Für Beobachter ist es schon schwer genug, Schmerz einfach nur als Zeugen mitzuerleben. Ist es da verwunderlich, dass die Traumatisierten selbst es nicht ertragen können, sich an ihre traumatischen Erlebnisse zu erinnern, und dass sie oft versuchen, ihr unerträgliches Wissen durch Drogen, Alkohol oder Selbstverletzungen zu neutralisieren?

Tom und seine Kameraden wurden meine ersten Lehrer bei meinen Bemühungen zu verstehen, wie das Leben von Menschen durch überwältigende Erlebnisse zerstört werden kann, und Möglichkeiten zu finden, solchen Patienten zu helfen, sich wieder völlig lebendig zu fühlen.

Trauma und der Verlust des Selbst

Meine erste Studie bei der VA begann damit, dass ich Veteranen systematisch nach ihren Erlebnissen in Vietnam befragte. Ich wollte herausfinden, was sie aus der Bahn geworfen hatte und warum einige an diesen Erlebnissen zerbrochen waren, während es anderen gelungen war, unbehelligt von ihnen zu leben. 3 Die meisten der Befragten waren mit dem Gefühl in den Krieg gezogen, sie seien durch die harte Grundausbildung gut vorbereitet und für die Gefahr, der sie gemeinsam entgegengingen, gestählt. Sie hatten einander Bilder von ihren Familien und Freundinnen gezeigt und gelernt, mit den Schwächen ihrer Kameraden umzugehen. Sie waren bereit gewesen, für ihre Freunde ihr Leben zu riskieren. Die meisten hatten ihre dunklen Geheimnisse einem Kameraden anvertraut, und einige hatten sogar Hemden und Socken mit ihnen getauscht.

Viele dieser Männer hatten Freundschaften wie die zwischen Tom und Alex gehabt. Alex, dessen in Malden, Massachusetts, lebende Familie aus Italien stammte, hatte Tom am ersten Tag in Vietnam kennengelernt, und sie waren sofort enge Freunde geworden. Sie waren zusammen in einem Jeep gefahren, hatten sich die gleiche Musik angehört und einander die Briefe, die sie aus der Heimat bekamen, zu lesen gegeben. Sie hatten sich auch gemeinsam betrunken und waren hinter den gleichen vietnamesischen Frauen her gewesen.

Nach ungefähr drei Monaten hatte Tom seine Gruppe bei einem Patrouillengang kurz vor Sonnenuntergang durch ein Reisfeld geführt. Plötzlich war aus dem umliegenden Dschungel ein Kugelhagel auf die Gruppe niedergegangen und hatte nacheinander alle seine Kameraden getroffen. Tom erzählte mir, er habe nur entsetzt und hilflos zuschauen können, wie die Männer um ihn herum innerhalb weniger Sekunden nacheinander getroffen und entweder getötet oder verletzt worden waren. Ein Bild war ihm seither nie mehr aus dem Sinn gegangen: das des Hinterkopfs von Alex, der mit dem Gesicht nach unten im Reisfeld lag, während seine Füße hoch in die Luft ragten. Tom weinte, als er sich an Alex erinnerte. Er sagte: »Er war der einzige wirkliche Freund, den ich jemals gehabt habe.« Auch später am Abend jenes grausamen Tages hatte Tom weiter die Schreie seiner Männer gehört, und er hatte sie immer wieder ins Wasser fallen sehen. Alle Geräusche, Gerüche und Bilder, die ihn an diesen Überfall erinnerten (so die Explosionen des Feuerwerks anlässlich des amerikanischen Nationalfeiertags), versetzten ihn in eine so gelähmte, entsetzte und wütende Stimmung, wie er sie an dem Tag empfunden hatte, als der Helikopter ihn aus dem Reisfeld evakuiert hatte.

Noch schlimmer als die sich ständig wiederholenden Flashbacks von dem Überfall waren für Tom vielleicht seine Erinnerungen daran, was danach geschah. Ich konnte mir leicht vorstellen, wie Toms Wut über den Tod seines Freundes zu der darauf folgenden Katastrophe führte. Erst nach Monaten wurde er mit seiner lähmenden Scham so weit fertig, dass er mir erzählen konnte, was geschehen war. Seit unvordenklichen Zeiten haben Veteranen – so auch Achilles in Homers Illias – nach dem Tod ihrer Gefährten entsetzliche Racheakte begangen. Am Tag nach dem Überfall auf seine Gruppe hatte Tom in einem benachbarten Dorf Kinder getötet, einen unschuldigen Bauern umgebracht und eine Vietnamesin vergewaltigt. Nach all diesem Grauen hatte er keinen Sinn mehr darin gesehen, nach seiner Dienstzeit zu Hause wieder ein normales Leben zu führen. Wie hätte er zu seiner Liebsten kommen und ihr sagen können, er habe eine Frau wie sie brutal vergewaltigt? Und wie hätte er die ersten Schritte seines Sohnes sehen können, ohne sich an das Kind zu erinnern, das er selbst ermordet hatte? Tom erlebte den Tod von Alex, als sei ein Teil von ihm selbst für immer zerstört worden – der Teil von ihm, der gut, ehrenvoll und vertrauenswürdig gewesen war. Traumata, ob sie aufgrund von etwas entstehen, das uns angetan worden ist, oder aufgrund von etwas, das wir selbst getan haben, machen es fast immer schwierig, in einer intimen Beziehung zu leben. Wie soll man nach einem so unsäglichen Erlebnis wieder lernen, sich selbst oder einem anderen Menschen zu vertrauen? Und wie kann man noch einmal Vertrauen zu einer intimen Beziehung fassen, nachdem man Opfer brutaler Gewalt geworden ist?

Tom kam regelmäßig zu seinen Sitzungsterminen, da ich für ihn zu einer Art Rettungsanker geworden war – dem Vater, den er nie gehabt hatte, einem Alex, der den Überfall überlebt hatte. Es erfordert enormes Vertrauen und großen Mut, die Erinnerung an solche Erlebnisse zuzulassen. Zu den Dingen, mit denen Traumatisierte die größten Schwierigkeiten haben, zählt, sich mit ihrer Scham über ihr eigenes Verhalten während der traumatisierenden Situation auseinanderzusetzen, und zwar völlig unabhängig davon, ob sich die Situation wirklich so zugetragen hat (wenn Traumatisierte selbst Gräueltaten begangen und sich diese eingestanden haben) oder nicht (wie bei einem Kind, das versucht, den Täter zu beschwichtigen). Zu den Ersten, die über dieses Phänomen geschrieben haben, zählt Sarah Haley, die in der VA -Klinik einen Raum unmittelbar neben meinem hatte. In einem Artikel mit dem Titel »When the Patient Reports Atrocities « 4 , einem der wichtigsten Anstöße für die Entwicklung der Diagnose PTBS , beschreibt sie, wie unvorstellbar schwer es für Veteranen ist, über die entsetzlichen Handlungen, die Soldaten in Reaktion auf ihre Kriegserlebnisse begehen, zu reden (und solchen Berichten zuzuhören). Es fällt ihnen schon schwer genug, sich mit dem Leiden auseinanderzusetzen, das andere Menschen verursacht haben, aber tief innen werden Traumatisierte oft noch stärker von Scham geplagt, die sie empfinden, weil sie selbst in den fraglichen Situationen Dinge getan oder nicht getan haben. Sie verachten sich, weil sie sich so entsetzt, abhängig, begeistert oder wütend gefühlt haben.

In späteren Jahren beobachtete ich bei missbrauchten Kindern ein ähnliches Phänomen: Die meisten leiden unter quälender Scham wegen Dingen, die sie zur Sicherung ihres Überlebens getan haben und weil sie zu der Person, die sie missbraucht oder misshandelt hat, immer noch Kontakt haben. Dies war besonders häufig der Fall, wenn der Täter dem Kind nahestand, wenn es in irgendeiner Hinsicht von ihm abhängig war – was oft so ist. In solchen Fällen kann bei den Betroffenen Verwirrung darüber bestehen, ob sie Opfer oder willige Mitwirkende waren – was wiederum Verwirrung hinsichtlich des Unterschieds zwischen Liebe und Schrecken sowie zwischen Schmerz und Lust hervorruft. Auf dieses Dilemma kommen wir im Laufe des Buches zurück.

Völlige Gefühlstaubheit

Das wohl schlimmste von Toms Symptomen war, dass er sich emotional völlig taub fühlte. Er sehnte sich verzweifelt danach, seine Familie lieben zu können, fühlte sich aber zu tiefen Gefühlen ihr gegenüber einfach nicht in der Lage. Er empfand allen Menschen in seiner Umgebung gegenüber emotionale Distanz, als wäre sein Herz erstarrt und als lebe er hinter einer Glaswand. Die emotionale Empfindungslosigkeit bezog sich auch auf ihn selbst. Außer seinen plötzlichen Wutanfällen und seiner Scham spürte er keinerlei Gefühle. Er sagte, er erkenne sich kaum wieder, wenn er beim Rasieren in den Spiegel schaue. Wenn er sich vor Gericht ein Plädoyer halten höre, beobachte er sich wie aus der Ferne und frage sich, wie dieser Kerl, der so aussah und so redete wie er, so überzeugende Argumente vortragen könne. Wurde in einem Prozess zugunsten seines Mandanten entschieden, tat er, als ob er darüber zufrieden sei; verlor er, war es, als habe er den Misserfolg kommen sehen und sich schon in das Urteil gefügt, bevor es überhaupt gesprochen worden war. Trotz seines offensichtlich großen Erfolgs als Anwalt hatte er ständig das Gefühl, frei im Raum zu schweben, ohne jeden Sinn und Zweck und ohne Orientierung.

Das Einzige, was sein Gefühl der Ziellosigkeit seiner Existenz manchmal milderte, war die intensive Auseinandersetzung mit einem Fall. In der Zeit unserer gemeinsamen Arbeit musste Tom einmal einen wegen Mord angeklagten Gangster verteidigen. Während er an diesem Fall arbeitete, war er völlig mit der Entwicklung einer Strategie beschäftigt, die es ihm ermöglichen würde, diesen Prozess zu gewinnen. Er blieb oft die ganze Nacht auf, um sich in besonders interessante Details zu vertiefen. Er sagte, es sei dann für ihn so, als befände er sich wieder im Kampf: Er fühle sich sehr lebendig, und nichts anderes spiele für ihn eine Rolle. Nachdem Tom diesen Prozess gewonnen hatte, verschwand die mobilisierte Energie zusammen mit dem Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. Die Albträume kehrten zurück und die Wutanfälle auch – und Letztere waren so stark, dass er sich gezwungen sah, in ein Motel zu ziehen, um sichergehen zu können, dass er seiner Frau und seinen Kindern nichts antat. Aber auch das Alleinsein ängstigte ihn, weil sich dann die Dämonen des Krieges mit voller Stärke zu Wort meldeten. Tom versuchte, sich vor jeder Konfrontation mit seinen Dämonen durch Geschäftigkeit, Arbeit, Alkohol- und Drogenkonsum zu schützen.

Immer wieder blätterte er im Magazin Soldier of Fortune und entwickelte dann Fantasien darüber, dass er sich als Söldner für einen der vielen Regionalkriege in Afrika verpflichten könnte. Im Frühjahr brauste er mit seiner Harley über den Kancamagus Highway in New Hampshire. Die Vibrationen der Maschine, die Geschwindigkeit, mit der er fuhr, und die Gefahr bei dieser Fahrt halfen ihm, sich so weit zu fassen, dass er sein Zimmer im Motel aufgeben und zu seiner Familie zurückkehren konnte.

Die Veränderung der Wahrnehmung

Eine andere Untersuchung, die ich in der VA -Klinik durchführte, war anfangs eine Studie über Albträume, entwickelte sich aber im Laufe der Arbeit zu einer Untersuchung über die Veränderung von Wahrnehmung und Imagination durch Traumata. Bill, ein ehemaliger Sanitäter, der ein Jahrzehnt vorher in Vietnam schwere Kampfhandlungen miterlebt hatte, war der erste Freiwillige gewesen, der sich für meine Untersuchung über Albträume gemeldet hatte. Nach seinem Militärdienst hatte er zunächst ein Priesterseminar besucht und später in einer freikirchlichen Gemeinde in der Umgebung von Boston seine erste Pfarrstelle übernommen. Alles lief gut in seinem Leben, bis seine Frau ihr erstes Kind bekam. Kurz nach der Geburt des Babys hatte sie ihre Arbeit als Krankenschwester wieder aufgenommen, während er zu Hause an seinen wöchentlichen Predigten arbeitete, andere Pflichten seines Priesterberufs erfüllte und sich um das Neugeborene kümmerte. Am ersten Tag, den er mit dem Baby allein verbrachte, fing es plötzlich an zu weinen, woraufhin er völlig unerwartet von unerträglichen Bildern von sterbenden Kindern in Vietnam überflutet wurde.

Bill hatte in dieser Situation seine Frau anrufen und sie bitten müssen, sich um das Kind zu kümmern. Nach ihrer Rückkehr nach Hause war er in Panik in die VA -Klinik geeilt. Er beschrieb, dass er immer wieder die Geräusche schreiender Kinder und Bilder von blutenden und durch Verbrennungen entstellten Kindergesichtern vor sich sehe. Meine Arztkollegen hielten das, was sie bei ihm sahen, für eine Psychose, weil nach den damaligen Lehrbüchern auditiv und visuelle Halluzinationen Symptome einer paranoiden Schizophrenie waren. Und dort wurde auch eine Erklärung dafür angegeben, was Bills »Psychose« ausgelöst haben müsse, nämlich dass die Zuneigung seiner Frau ihrem gemeinsamen neugeborenen Kind gegenüber ihm das Gefühl gebe, überflüssig zu sein.

Als ich an jenem Tag in den Aufnahmebereich der Klinik kam, sah ich Bill von besorgten Ärzten umringt, die sich darauf vorbereiteten, ihm ein starkes Antipsychotikum zu injizieren und ihn anschließend auf einer geschlossenen Station unterzubringen. Sie beschrieben Bills Symptome und forderten mich zu einer Stellungnahme auf. Weil ich in einem früheren Arbeitsverhältnis auf einer Station gearbeitet hatte, die auf die Behandlung Schizophrener spezialisiert gewesen war, faszinierte mich dieser Fall augenblicklich. Irgendetwas an der Diagnose schien mir nicht stimmig zu sein. Ich fragte Bill, ob ich mit ihm reden könne, und nachdem ich mir seine Geschichte angehört hatte, paraphrasierte ich, ohne es zu wissen, etwas, das Sigmund Freud im Jahre 1895 über Traumata gesagt hatte: »Ich glaube, dass dieser Mann unter Erinnerungen leidet.« Ich erklärte Bill, ich würde versuchen, ihm zu helfen, und nachdem ich ihm ein Medikament angeboten hatte, das seine Panik mildern sollte, fragte ich ihn, ob er bereit sei, ein paar Tage später erneut in die Klinik zu kommen, um an meiner Studie über Albträume teilzunehmen. 5 Damit war er einverstanden.

Im Rahmen dieser Studie ließen wir die Teilnehmer einen Rorschachtest absolvieren. 6 Im Gegensatz zu Tests, bei denen direkte Fragen beantwortet werden müssen, ist es fast unmöglich, bei einem Rorschachtest etwas vorzutäuschen. Er bietet uns eine einzigartige Möglichkeit zu beobachten, wie Menschen aus einem im Grunde sinnfreien Reiz – einem Tintenklecks – ein mentales Bild konstruieren. Weil wir sinnstiftende Wesen sind, neigen wir dazu, aus solchen Tintenklecksen ein Bild oder eine Geschichte zu entwickeln, so wie wir es auch tun, wenn wir an einem schönen Sommertag auf einer Wiese liegen und in den über uns dahinziehenden Wolken Bilder sehen. Was Menschen in solche Kleckse hineinsehen, sagt uns etwas über die Vorgänge in ihrem Geist.

Als Bill die zweite Karte des Rorschachtests sah, rief er offensichtlich entsetzt aus: »Das ist das von einer Bombe getroffene Kind, das ich in Vietnam gesehen habe. In der Mitte ist verkohltes Fleisch zu sehen, und aus seinem ganzen Körper quillt Blut.« Bill keuchte, und auf seiner Stirn standen Schweißperlen; er war in einer ähnlichen Panik wie bei seinem ersten Eintreffen in der Klinik. Zwar hatte ich auch vorher schon Veteranen ihre Flashbacks beschreiben hören, aber in dieser Situation wurde ich erstmals selbst Zeuge eines solchen Erlebnisses. In jenem Augenblick in meinem Behandlungsraum sah Bill offenbar die gleichen Bilder, roch er die gleichen Gerüche und spürte er die gleichen körperlichen Empfindungen wie während des Ereignisses, das ihn traumatisiert hatte. Zehn Jahre nachdem er hilflos ein sterbendes Baby in seinen Armen gehalten hatte, erlebte er dieses Trauma beim Anblick eines Tintenkleckses wieder.

Dass ich Bills Flashback persönlich in meinem Behandlungsraum miterlebte, half mir zu verstehen, mit welchen Qualen die Veteranen, die ich zu behandeln versuchte, regelmäßig konfrontiert wurden. Aufgrund dieses Erlebnisses wurde mir noch einmal besonders klar, wie wichtig es war, eine Möglichkeit zu finden, solche Probleme zu lösen. Das traumatische Ereignis selbst, so entsetzlich es auch gewesen sein mochte, hatte einen Anfang, eine Mitte und ein Ende gehabt; doch nun wurde mir klar, dass Flashbacks noch wesentlich schlimmer sein konnten als das, was real geschehen war, weil man nicht wissen konnte, wann man erneut von ihnen heimgesucht wurde und ob dieses Wiedererleben jemals aufhören würde. Ich brauchte viele Jahre, bis ich lernte, Flashbacks wirksam zu behandeln, und im Laufe dieser Bemühungen erwies sich Bill als einer meiner wichtigsten Mentoren.

Wir ließen noch 21 andere Veteranen den Rorschachtest absolvieren und stellten fest, dass ihre Reaktionen denjenigen Bills weitgehend entsprachen: Sechzehn der Probanden reagierten beim Anblick der zweiten Karte, als würden sie ein Kriegstrauma wieder erleben. Die zweite Karte des Rorschachtests ist die erste farbige und löst häufig die sogenannte Farbschockreaktion aus. Die Veteranen deuteten sie in Form von Beschreibungen wie »Dies sind die Därme meines Freundes Jim, nachdem eine Mörsergranate seinen Körper zerfetzt hatte« oder: »Das ist der Hals meines Freundes Danny, nachdem eine Granate seinen Kopf abgerissen hatte, als wir gerade beim Lunch saßen.« Keiner der Untersuchungsteilnehmer sah in den Tintenklecksen tanzende Mönche, umherflatternde Schmetterlinge, Männer auf Motorrädern oder irgendein anderes jener alltäglichen und manchmal skurrilen Bilder, welche die meisten Menschen darin sehen.

Während die überwiegende Zahl der befragten Veteranen auf das, was sie sahen, sehr aufgebracht reagierten, waren die Reaktionen derjenigen, die keine Traumareminiszenzen darin gesehen hatten, noch beunruhigender: Sie hatten in den Tintenklecksen einfach gar nichts gesehen. Einer hatte erklärt: »Das ist nichts, nur ein Tintenklecks.« Natürlich war das die Wahrheit, doch die normale Reaktion von Menschen auf mehrdeutige Reize ist, dass sie mithilfe ihrer Imagination etwas in das reale visuelle Bild »hineinlesen«.

Aufgrund dieser Reaktionen auf den Rorschachtest fanden wir heraus, dass Traumatisierte dazu neigen, ihr Trauma in alles, was in ihrer Umgebung geschieht, hineinzusehen, und dass sie das, was um sie her geschieht, kaum jemals adäquat verstehen können. Offenbar konnten sie zwischen dem realen gegenwärtigen Geschehen und ihren traumatischen Erinnerungen kaum unterscheiden. Außerdem wurde uns durch den Test klar, dass Traumata sich auf die Imagination auswirken. Die fünf Testteilnehmer, die in den Tintenklecksen gar nichts gesehen hatten, waren nicht mehr in der Lage, ihrem Geist freies Spiel zu lassen. Aber im Grunde ging es auch den übrigen sechzehn Teilnehmern nicht anders, denn indem sie in den Tintenklecksen Szenen aus der Vergangenheit sahen, ließen auch sie nicht jene mentale Flexibilität erkennen, die für die volle Funktionsfähigkeit der Vorstellungskraft charakteristisch ist. Sie spielten einfach immer wieder eine uralte Aufnahme ab.

Die Vorstellungskraft ist für die Lebensqualität von größter Bedeutung. Sie ermöglicht uns, der Routine unseres Alltagslebens zu entkommen, indem wir Fantasien über Reisen, Essen, Sex, Verliebtheit oder darüber, dass wir in irgendeiner Sache das letzte Wort haben könnten, entwickeln – über all die Dinge, die das Leben eines Menschen interessant machen. Mithilfe der Imagination können wir uns neue Möglichkeiten vorstellen; sie ist eine wichtige Voraussetzung für die Verwirklichung unserer Hoffnungen. Sie befeuert unsere Kreativität, erlöst uns von der Langeweile, lindert unseren Schmerz, vergrößert unsere Freude und bereichert unsere intimsten Beziehungen. Wenn Menschen wie unter Zwang immer wieder in ihre Vergangenheit zurückgezogen werden, in die Situation, in der sie das letzte Mal ein starkes persönliches Engagement erlebt und tiefe Emotionen empfunden haben, leiden sie unter einem Versagen ihrer Vorstellungskraft, einem Verlust ihrer mentalen Flexibilität. Ohne die Imagination gibt es keine Hoffnung, keine Chance, sich eine bessere Zukunft vorzustellen, keinen Ort, an den man sich begeben, und kein Ziel, das man erreichen kann.

Durch die Studie mit den Rorschachtests fanden wir auch heraus, dass Traumatisierte die Welt völlig anders sehen als andere Menschen. Für die meisten von uns ist ein Mann, der auf der Straße auf uns zukommt, jemand, der einen Spaziergang macht. Ein Vergewaltigungsopfer jedoch sieht in solch einem Menschen oft jemanden, der es belästigen könnte, und gerät deshalb in Panik. Ein strenger Lehrer ist für ein normales Kind eine einschüchternde Person. Für ein Kind, das von seinem Stiefvater immer wieder geschlagen wird, ist dieser Mensch möglicherweise ein Folterer, was bei ihm einen Wutanfall auslösen oder es dazu bringen kann, sich entsetzt in einer Ecke zu verkriechen.

Im Trauma gefangen

Unsere Klinik wurde geradezu überschwemmt von Veteranen, die psychiatrische Hilfe suchten. Doch aufgrund akuten Mangels an qualifizierten Ärzten mussten wir die meisten von ihnen auf eine Warteliste setzen, obwohl große Gefahr bestand, dass sie sich selbst und ihre Familien ernstlich schädigten. Wir verfolgten besorgt, dass Veteranen immer häufiger wegen Gewalttätigkeit und Schlägereien in betrunkenem Zustand inhaftiert wurden und dass die Zahl der Selbstmorde in dieser Bevölkerungsgruppe alarmierend anstieg. Schließlich erhielt ich die Erlaubnis, eine regelmäßige Gruppensitzung für junge Vietnamveteranen durchzuführen, die als eine Art »Zwischenlager« bis zum Beginn einer »richtigen« Therapie gedacht war.

In der ersten Sitzung, die ich für eine Gruppe ehemaliger Marines veranstaltete, erklärte der erste Teilnehmer, der das Wort ergriff, ohne Umschweife: »Ich will nicht über den Krieg sprechen.« Ich antwortete ihm, die Gruppenteilnehmer könnten reden, worüber sie reden wollten. Nach einer halbstündigen nahezu unerträglichen Stille sprach schließlich ein Veteran über den Absturz seines Helikopters. Zu meiner Verblüffung erwachten daraufhin auch alle anderen plötzlich zum Leben und sprachen mit hoher Intensität über ihre traumatischen Erlebnisse. Alle kamen zur nächsten Sitzung in der folgenden Woche und auch in der Woche danach wieder. In der Gruppe fanden sie Gehör und einen Sinn in dem, was für sie vorher nur mit Empfindungen des Entsetzens und der Leere verbunden gewesen war. Sie entdeckten auch das Gefühl der Kameradschaft wieder, das für sie während des Krieges so wichtig gewesen war. Sie beharrten darauf, dass ich zu ihrer neu gebildeten »Kampfeinheit« gehören müsse, und schenkten mir zum Geburtstag eine Hauptmannsuniform der Marines. Rückblickend ist mir klar, dass diese Geste einen Teil der Problematik offenbarte: Man konnte in ihren Augen nur entweder »in« oder »out« sein – dazugehören oder nicht. Entweder gehörte man zu ihrer Einheit, oder man war ein Niemand. Nach einem schweren Trauma teilt sich die Welt für die Betroffenen in diejenigen, die wissen, worum es geht, und diejenigen, die davon keine Ahnung haben. Menschen, die das Trauma nicht selbst erlebt haben, sind nicht vertrauenswürdig, weil sie die Betroffenen unmöglich verstehen können. Leider betrifft das häufig auch Ehepartner, die eigenen Kinder und Arbeitskollegen.

Später organisierte ich eine andere Gruppe, diesmal für Veteranen der Armee Pattons aus dem Zweiten Weltkrieg – Männer, die mittlerweile in den Siebzigern waren, also im Alter meines Vaters. Wir trafen uns montags morgens um acht Uhr. Obwohl in Boston im Winter manchmal Schneestürme das gesamte öffentliche Transportsystem lahmlegen, erschienen sogar bei Schneestürmen alle immer pünktlich zum Sitzungsbeginn, was einige Teilnehmer zwang, mehrere Meilen durch den Schnee zu Fuß zur VA -Klinik zu gehen. Zu Weihnachten schenkten mir die Männer dieser Gruppe eine Armbanduhr aus einem speziellen Sortiment für GI s aus dem Jahre 1940. Ebenso wie meine Marines konnten auch diese Veteranen mich erst als ihren Arzt akzeptieren, nachdem sie mich zu einem der ihren gemacht hatten.

So bewegend die Erlebnisse mit den Gruppen auch waren, wurden mir die Grenzen einer solchen Gruppentherapie schnell klar, als ich die Männer aufforderte, über ihre Probleme im Alltagsleben zu reden: in ihren Beziehungen zu ihrer Frau, ihren Kindern, ihren Freundinnen und ihrer Ursprungsfamilie; über ihren Umgang mit ihrem Chef, über ihre Zufriedenheit mit ihrer Arbeit und über ihren oft starken Alkoholkonsum. Gewöhnlich scheuten sie vor solchen Fragen zurück, weigerten sich, sie zu beantworten, und erzählten stattdessen zum wiederholten Mal, wie sie im Hürtgenwald einem deutschen Soldaten einen Dolch ins Herz gestoßen hatten oder wie ihr Helikopter im Dschungel von Vietnam abgeschossen worden war.

Ob das Trauma zehn oder vierzig Jahre zurücklag, blieb sich gleich; meine Patienten waren nicht in der Lage, die Kluft zwischen ihren Kriegserlebnissen und ihrem gegenwärtigen Leben zu überbrücken. Irgendwie war das Ereignis, das ihnen so großen Schmerz zugefügt hatte, gleichzeitig zum einzigen Faktor geworden, der ihrem Leben einen Sinn gab. Sie fühlten sich nur in Kontakt mit ihrer traumatischen Vergangenheit völlig lebendig.

Die Entstehung der Diagnose »Posttraumatische Belastungsstörung«

Zu jenem frühen Zeitpunkt in der VA -Klinik stellten wir den Veteranen, die wir behandelten, alle möglichen Diagnosen – Alkoholismus, Substanzmissbrauch, Depression, Affektive Störung und sogar Schizophrenie –, und wir probierten an ihnen jede Behandlung aus, die wir in unseren Lehrbüchern finden konnten. Doch trotz all unserer Bemühungen erreichten wir im Grunde ziemlich wenig. Die starken Psychopharmaka, die wir verschrieben, benebelten diese Männer oft so stark, dass eine schwere Störung ihrer allgemeinen Funktionsfähigkeit die Folge war. Forderten wir sie auf, über die Einzelheiten eines traumatischen Ereignisses zu berichten, lösten wir oft unabsichtlich einen voll ausgeprägten Flashback aus, statt ihnen bei der Lösung ihres Problems zu helfen. Viele dieser Patienten brachen ihre Behandlung ab, weil wir ihnen nicht nur nicht halfen, sondern ihre Situation sogar noch verschlimmerten.

Einen Wendepunkt brachte das Jahr 1980, als eine Gruppe von Vietnamveteranen, die von den New Yorker Psychoanalytikern Chaim Shatan und Robert J. Lifton betreut wurden, es schaffte, die American Psychiatric Association dazu zu bewegen, eine neue Diagnose zu kreieren: die der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS ), die einen Cluster von Symptomen beschreibt, welche mehr oder minder stark ausgeprägt bei allen unseren Veteranen zu finden waren. Die systematische Suche nach Symptomen und deren Zusammenfassung zu einem Störungsbild führte schließlich zur Entwicklung eines Namens für das Leiden von Menschen, die von Entsetzen und Hilflosigkeit überwältigt wurden. Der neu geschaffene konzeptionelle Rahmen der PTBS ermöglichte eine radikale Veränderung unseres Verständnisses der Situation unserer Patienten. Dies hatte eine regelrechte Explosion der Traumaforschung und der Bemühungen, effektive Behandlungen für Probleme dieser Art zu finden, zur Folge.

Inspiriert durch die Möglichkeiten, die diese neue Diagnosekategorie uns eröffnete, empfahl ich der VA , eine Untersuchung über die biologischen Aspekte traumatischer Erinnerungen durchzuführen. Unterschieden sich die Erinnerungen derjenigen, die unter einer PTBS litten, von den Erinnerungen anderer Menschen? Bei den meisten Menschen verblassen Erinnerungen an ein unangenehmes Ereignis irgendwann oder werden in etwas Gutartigeres umgewandelt. Doch die meisten unserer Patienten konnten die Vergangenheit nicht in eine Geschichte über etwas vor langer Zeit Geschehenes umwandeln. 7

Mein Antrag auf das Forschungsstipendium wurde abgelehnt. Die Begründung der Ablehnung begann wie folgt: »Es wurde nie nachgewiesen, dass PTBS für die Aufgaben der Veterans Administration relevant ist.« Mittlerweile steht die PTBS -Diagnose und stehen Schädigungen des Gehirns natürlich absolut im Mittelpunkt der Aufgaben der VA , und erhebliche Mittel werden darauf verwendet, traumatisierten Kriegsveteranen »evidenzbasierte Behandlungen« zu ermöglichen. Doch damals sah die Situation völlig anders aus. Und weil ich nicht bereit war, in einer Organisation zu arbeiten, deren Realitätssicht sich von meiner eigenen so deutlich unterschied, kündigte ich und übernahm 1982 eine Position am Massachusetts Mental Health Center , dem Lehrkrankenhaus der Harvard University , wo ich meine Facharztausbildung in Psychiatrie erhalten hatte. Meine neue Aufgabe bestand in der Betreuung eines gerade neu entstehenden Studienbereichs: der Psychopharmakologie, also der Nutzung chemischer Stoffe zur Linderung psychischer Krankheiten.

An meinem neuen Arbeitsplatz sah ich mich fast täglich mit Problemen konfrontiert, die ich in der VA -Klinik zurückgelassen zu haben glaubte. Meine Erfahrungen mit Kriegsveteranen hatten mich derart für die Wirkung von Traumata sensibilisiert, dass ich nun völlig anders hinhörte, wenn depressive und von starken Ängsten geplagte Patienten mir Geschichten über sexuellen Missbrauch und Gewalt in der Familie erzählten. Insbesondere erstaunte mich, wie viele weibliche Patienten berichteten, sie seien als Kind sexuell missbraucht worden. Dies war insofern verblüffend, als die maßgebenden Lehrbücher der Psychiatrie zu jener Zeit konstatierten, Inzest komme in den Vereinigten Staaten äußerst selten vor, nämlich nur etwa bei einer unter einer Million Frauen. 8 Da zu jener Zeit in den USA nur etwa hundert Millionen Frauen lebten, fragte ich mich, wie es sein konnte, dass 47, also fast die Hälfte der prognostizierten Fallzahl, ausgerechnet den Weg in meine Praxis im Keller des Krankenhauses, in dem ich arbeitete, gefunden hatte.

Weiter hieß es in jenem Lehrbuch: »Es besteht wenig Einigkeit hinsichtlich der Rolle des Vater-Tochter-Inzests als einer Ursache späterer schwerwiegender Psychopathologie.« Diejenigen unter meinen Patientinnen, die über Inzesterlebnisse berichteten, waren kaum »frei von späterer schwerwiegender Psychopathologie« – sie waren stark depressiv, verwirrt und hatten häufig sehr merkwürdige selbstschädigende Verhaltensweisen entwickelt, beispielsweise fügten sie sich mit einer Rasierklinge selbst Schnitte zu. In dem Lehrbuch wurde Inzest sogar praktisch gebilligt, denn es hieß dort: »Solche inzestuösen Aktivitäten verringern bei den Betroffenen die Gefahr, an einer Psychose zu erkranken, und sie ermöglichen ihnen eine bessere Anpassung an die Außenwelt.« 9 Wie wir heute wissen, hat Inzest in Wahrheit eine verheerende Wirkung auf das Wohlbefinden der betroffenen Frauen.

In vielerlei Hinsicht unterschieden sich diese Patientinnen gar nicht so sehr von den Veteranen, die ich in der VA -Klinik zurückgelassen hatte. Auch sie litten unter Albträumen und Flashbacks. Außerdem wechselten sich bei ihnen gelegentliche starke Wutausbrüche mit langen Phasen völliger emotionaler Verschlossenheit ab. Den meisten von ihnen fiel es sehr schwer, mit anderen Menschen zurechtzukommen und für sie selbst bedeutsame Beziehungen aufrechtzuerhalten.

Wie wir heute wissen, ist Krieg nicht das einzige Unglück, das die Existenz eines Menschen ruinieren kann. Während bei etwa einem Viertel der Soldaten, die an Kampfhandlungen teilnehmen, die Entstehung schwerwiegender posttraumatischer Probleme zu erwarten ist 10 , erlebt die überwältigende Mehrheit der Amerikaner irgendwann im Leben ein Gewaltverbrechen, und genauere Schätzungen haben ergeben, dass in den Vereinigten Staaten zwölf Millionen Frauen Vergewaltigungsopfer sind und über die Hälfte aller Vergewaltigungen Mädchen, die noch keine fünfzehn Jahre alt sind, betreffen. 11 Für viele Menschen beginnt der »Krieg« zu Hause. Jahr für Jahr werden in den USA drei Millionen Kinder als Opfer von Missbrauch, Misshandlungen und Vernachlässigung gemeldet. Eine Million dieser Fälle ist so schwerwiegend und glaubwürdig, dass die lokalen Kinderschutzbehörden und die Justiz im Interesse der Kinder aktiv werden müssen. 12 Auf jeden amerikanischen Soldaten, der in einem Krieg kämpft, kommen also zehn Kinder, die in ihrem eigenen Elternhaus gefährdet sind. Dies ist besonders tragisch, weil Kinder nur schwer genesen können, wenn die Verursacher ihres Entsetzens und ihres Schmerzes ihre eigenen Eltern oder Betreuer sind.

Ein neues Verständnis

In den drei Jahrzehnten, die seit meiner ersten Begegnung mit Tom mittlerweile vergangen sind, haben wir sehr viel gelernt, nicht nur über Wirkung und Erscheinungsformen von Traumata, sondern auch darüber, wie wir Traumatisierten helfen können, wieder gesund zu werden. Seit Anfang der 1990er-Jahre ermöglichen uns neu entwickelte bildgebende Verfahren, genau zu sehen, was in ihrem Gehirn vor sich geht. Dies ist sehr wichtig für das Verständnis der durch Traumata verursachten Schädigungen, und es hat uns geholfen, völlig neue Methoden der Heilung solcher Störungen zu entwickeln.

Wir verstehen inzwischen auch besser, wie sich überwältigende Erlebnisse auf unsere innersten Empfindungen und unsere Beziehung zur physischen Wirklichkeit auswirken – auf das Zentrum unseres Seins. Wir haben gelernt, dass ein Trauma nicht nur ein Ereignis aus ferner Vergangenheit ist, sondern dass durch dieses Erlebnis auch eine Prägung entsteht, die auf Geist, Gehirn und Körper wirkt und bleibende Folgen für die gegenwärtige Sicherung des Überlebens des menschlichen Organismus hat.

Traumata führen zu einer völligen Neuorganisation der Wahrnehmungen im Geist und im Gehirn. Sie verändern nicht nur, wie wir denken und womit wir uns dabei befassen, sondern auch unsere Denkfähigkeit selbst. Wir haben festgestellt, dass es durchaus sinnvoll ist, Traumatisierten zu helfen, ihre Erlebnisse in Worte zu fassen, dass allein dies aber in der Regel nicht ausreicht. Die Fähigkeit, eine Geschichte zu erzählen, verändert nicht zwingend die automatischen physischen und hormonellen Reaktionen eines weiterhin hypervigilanten Körpers, der in der bangen Erwartung verharrt, zu jedem beliebigen Zeitpunkt angegriffen oder verletzt werden zu können. Eine wirkliche Veränderung kann nur stattfinden, wenn der Körper lernt, dass die Gefahr vorüber ist und er wieder in der gegenwärtigen Realität lebt. Unsere Bemühungen, Traumata zu verstehen, haben uns dazu veranlasst, nicht nur über die Struktur des Geistes, sondern auch über die Prozesse, durch die der menschliche Geist geheilt werden kann, anders als bisher zu denken.