Hafis Nameh

BUCH HAFIS*

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THE BOOK OF HAFIZ

Sey das Wort die Braut genannt,

Bräutigam der Geist;

Diese Hochzeit hat gekannt

Wer Hafisen preist.

Let the word be called the bride,

the spirit the bridegroom;

whoever praises Hafiz has known these

nuptials.

18

Beyname

DICHTER

Mohamed Schemseddin sage,

Warum hat dein Volk, das hehre,

Hafis dich genannt?

HAFIS

Ich ehre,

Ich erwiedre deine Frage.

Weil, in glücklichem Gedächtniß,

Des Corans geweiht Vermächtniß

Unverändert ich verwahre,

Und damit so fromm gebahre

Daß gemeinen Tages Schlechtniß

Weder mich noch die berühret

Die Prophetenwort und Saamen*

Schätzen wie es sich gebühret,

Darum gab man mir den Namen.

DICHTER

Hafis drum, so will mir scheinen,

Möcht’ ich dir nicht gerne weichen:

Denn wenn wir wie andre meynen,

Werden wir den andern gleichen.

Und so gleich ich dir vollkommen

Der ich unsrer heil’gen Bücher

Herrlich Bild an mich genommen,

Wie auf jenes Tuch der Tücher

Sich des Herren Bildniß drückte,

Mich in stiller Brust erquickte,

Trotz Verneinung, Hindrung, Raubens,

Mit dem heitren Bild des Glaubens.

18

Pen-Name1

POET

Muhammad Shams al-Din, say, why have your people, that noble folk, named you Hafiz?

HAFIZ

I honour your question and reply to it. Because I preserve in glad memory the sanctified legacy of the Qur’an2 without any alteration and so reverently bring it forth that the miseries of the quotidian afflict neither me nor those who treasure the Prophet’s word and seed, as is fitting – this is why I was given the name.

POET

Because of this, Hafiz, so it appears to me, I would not gladly draw apart from you: for if we think as others do, we come to be like others. And so I am like you utterly for I have taken within myself from our own sacred books3 that splendid image of the Lord’s likeness that was impressed upon that shroud of shrouds, quickening me in my silent breast, despite denial or oppression’s theft,4 with the serene image of belief.

19

Anklage

Wißt ihr denn auf wen die Teufel lauern,

In der Wüste, zwischen Fels und Mauern?

Und, wie sie den Augenblick erpassen,

Nach der Hölle sie entführend fassen?

Lügner sind es und der Bösewicht.

Der Poete warum scheut er nicht

Sich mit solchen Leuten einzulassen!

Weiß denn der mit wem er geht und wandelt?

Er der immer nur im Wahnsinn handelt.

Gränzenlos, von eigensinn’gem Lieben,

Wird er in die Oede fortgetrieben,

Seiner Klagen Reim, in Sand geschrieben,

Sind vom Winde gleich verjagt;

Er versteht nicht was er sagt,

Was er sagt wird er nicht halten.

Doch sein Lied man läßt es immer walten,

Da es doch dem Coran widerspricht.

Lehret nun, ihr des Gesetzes Kenner,

Weisheit-fromme, hochgelahrte* Männer,

Treuer Mosleminen feste Pflicht.

Hafis, in’s besondre, schaffet Aegernisse,

Mirza sprengt den Geist ins Ungewisse,

Saget, was man thun und lassen müsse?

19

Lament

Do you know then whom the devils spy upon in the desert,5 between cliff and walls? And how they await the moment to seize and lead them off to hell? Liars are they and the evil spirit.

Why does the poet not shrink from allowing such people in!

Does he even know with whom he walks and rambles? He who always traffics only in madness. Boundless, he is driven by stiff-necked love into the wasteland, the rhymes of his lament, written on the sand, are swept away at once by the wind; he does not understand what he says, he does not abide by what he says.6

And yet, his song is allowed to prevail forever, despite the fact that indeed it contradicts the Qur’an. O you experts in the Law, pious in your wisdom, deeply learned men, teach faithful Muslims their bounden duty.

Hafiz in particular concocts vexations,7 Mirza8 detonates the mind into uncertainty: Say what one must do and not do.

20

Fetwa*

Hafis Dichterzüge sie bezeichnen

Ausgemachte Wahrheit unauslöschlich;

Aber hie und da auch Kleinigkeiten

Außerhalb der Gränze des Gesetzes.

Willst du sicher gehn, so mußt du wissen

Schlangengift und Theriak zu sondern –

Doch der reinen Wollust edler Handlung

Sich mit frohem Muth zu überlassen,

Und vor solcher, der nur ew’ge Pein folgt,

Mit besonnenem Sinn sich zu verwahren,

Ist gewiß das beste um nicht zu fehlen.

Dieses schrieb der arme Ebusuud euch,

Gott verzeih ihm seine Sünden alle.

21

Der Deutsche dankt

Heiliger Ebusuud, du hast’s getroffen!

Solche Heilige wünschet sich der Dichter:

Denn gerade jene Kleinigkeiten

Außerhalb der Gränze des Gesetzes,

Sind das Erbtheil wo er, übermüthig,

Selbst im Kummer lustig, sich beweget.

Schlangengift und Theriak muß

20

Fatwa

In his poetic effects Hafiz delineates perfected truth inexhaustibly; and yet, now and then there are trifles that go beyond the limits of the Law. If you would proceed surely, you have to know how to distinguish between the venom of the snake and its antidote. But to surrender oneself with blithe mind to a pure delight in noble dealing, and with well-considered reflection to guard yourself against those who only pursue eternal pain, is certainly what’s best so as not to err. The wretched Abu Su῾ud9 wrote this for you. May God forgive him all his sins.

21

The German Gives Thanks

Holy Abu Su῾ud, you’ve hit the mark! The poet always wishes for such holy men; for just those very trifles, outside the limits of the Law, are the legacy by which he in high spirits, merry even in sorrow, operates. Snake venom and its antidote must one and the other seem the same to him. That one will not kill, this other will not heal. For true life is the everlasting innocence of action that reveals itself in such a way that it harms no one but itself. And so the old poet can hope that in paradise the houris will receive him as a transfigured youth. Holy Abu Su῾ud, you’ve hit the mark!

Ihm das eine wie das andere scheinen,

Tödten wird nicht jenes, dies nicht heilen:

Denn das wahre Leben ist des Handelns

Ew’ge Unschuld, die sich so erweiset

Daß sie niemand schadet als sich selber.

Und so kann der alte Dichter hoffen,

Daß die Houris ihn im Paradiese,

Als verklärten Jüngling wohl empfangen.

Heiliger Ebusuud, du hast’s getroffen!

22

Fetwa*

Der Mufti las des Misri Gedichte,

Eins nach dem andern, alle zusammen,

Und wohlbedächtig warf sie in die Flammen,

Das schöngeschriebne Buch es ging zu nichte.

Verbrannt sey jeder, sprach der hohe Richter,

Wer spricht und glaubt wie Misri – er allein

Sey ausgenommen von des Feuers Pein:

Denn Allah gab die Gabe jedem Dichter.

Misbraucht er sie im Wandel seiner Sünden,

So seh’ er zu mit Gott sich abzufinden.

22

Fetwa

The Mufti read Misri’s10 poems, one after the other, all together, and after full consideration tossed them into the flames. The beautifully written book was annihilated.

May everyone, the high judge11 spoke, be burned to death who speaks and believes like Misri – but may he alone be exempted from the agony of the Fire12: for it was Allah who gave that poet his gift.13 If he misused it in the turmoil of his sins, so let him see to it to find his peace with God.

23

Unbegrenzt

Daß du nicht enden kannst das macht dich groß,

Und daß du nie beginnst das ist dein Loos*.

Dein Lied ist drehend wie das Sterngewölbe,

Anfang und Ende immerfort dasselbe,

Und was die Mitte bringt ist offenbar,

Das was zu Ende bleibt und Anfangs war.

Du bist der Freuden ächte Dichterquelle,

Und ungezählt entfließt dir Well’ auf Welle.

Zum Küssen stets bereiter Mund,

Ein Brustgesang der lieblich fließet,

Zum Trinken stets gereizter Schlund,

Ein gutes Herz das sich ergießet.

Und mag die ganze Welt versinken,

Hafis, mit dir, mit dir allein

Will ich wetteifern! Lust und Pein

Sey uns den Zwillingen gemein!

Wie du zu lieben und zu trinken

Das soll mein Stolz, mein Leben seyn.

Nun töne Lied mit eignem Feuer!

Denn du bist älter, du bist neuer.

23

Unbounded

What makes you great is that you cannot end, and that you never begin, that is your destiny. Your song is spinning like the starry vault, beginning and end everlastingly the same, and what the midpoint brings is manifestly what remains at the end and in the beginning ever was.14

You are the poet’s true source15 of joys, and wave upon wave flows from you beyond count. A mouth always primed to kiss, a song from the breast that flows in loveliness, a maw16 ever aroused to drink, a kindly heart that pours itself out.

And, Hafiz, though the whole world go under, with you, with you alone, will I strive to compete! Let pleasure and pain be held in common for us, twins that we are! Like you to love and to drink shall be my pride, my life.

Now, Song, ring out with your very own fire! For you are older, you are newer.17

24

Nachbildung

In deine Reimart hoff’ ich mich zu finden,

Das Wiederholen soll mir auch gefallen,

Erst werd’ ich Sinn, sodann auch Worte finden;

Zum zweytenmal soll mir kein Klang erschallen,

Er müßte denn besondern Sinn begründen,

Wie du’s vermagst begünstigter vor allen.

Denn wie ein Funke fähig zu entzünden

Die Kaiserstadt, wenn Flammen grimmig wallen,

Sich winderzeugend, glühn von eignen Winden,

Er, schon erloschen, schwand zu Sternenhallen;

So schlangs von dir sich fort mit ew’gen Gluten

Ein deutsches Herz von frischem zu ermuthen.

Zugemeßne Rhythmen reizen freylich,

Das Talent erfreut sich wohl darin;

Doch wie schnelle widern sie abscheulich,

Hohle Masken ohne Blut und Sinn.

Selbst der Geist erscheint sich nicht erfreulich,

Wenn er nicht, auf neue Form bedacht,

Jener todten Form ein Ende macht.

24

Imitation

In the art of your rhymes I hope to find myself, repetition18 shall be my pleasure too; first I’ll find the sense and then I will find the words; on a second try no echo will sound for me, it has to establish the specific sense, as you do, most gifted of all!

Then, like the spark that can kindle the imperial city19 when the flames rage furiously, and engendered by the wind glow in their own hot drafts, and the spark, long extinguished, disappears in the great halls of the stars: so it spirals on from you, with eternal glow, to fire up a German heart afresh.

It’s true that measured cadences can charm, and talent takes keen pleasure in them; and yet, how quickly they turn tiresome and repel, hollow masks20 that lack both blood and sense. The mind seems not to enjoy itself when, set on new form, it doesn’t put an end to such dead form.

25

Offenbar Geheimnis

Sie haben dich heiliger Hafis

Die mystische Zunge genannt,

Und haben, die Wortgelehrten,

Den Werth des Worts nicht erkannt.

Mystisch heißest du ihnen,

Weil sie närrisches bey dir denken,

Und ihren unlautern Wein

In deinem Namen verschenken.

Du aber bist mystisch rein

Weil sie dich nicht verstehn,

Der du, ohne fromm zu seyn, selig bist!

Das wollen sie dir nicht zugestehn.

26

Wink*

Und doch haben sie Recht die ich schelte:

Denn daß ein Wort nicht einfach gelte

Das müßte sich wohl von selbst verstehn.

Das Wort ist ein Fächer! Zwischen den Stäben

Blicken ein Paar schöne Augen hervor.

Der Fächer is nur ein lieblicher Flor,

Er verdeckt mir zwar das Gesicht;

Aber das Mädchen verbirgt er nicht,

Weil das schönste was sie besitzt

Das Auge, mir in’s Auge blitzt.

25

Open Secret

Holy Hafiz, they have called you the mystical tongue21 but those men so learned in words haven’t recognised the value of the word.

For them you are called mystical because they think foolish things of you and pass their illicit wine around in your name.

But you are mystically pure because they do not understand you – you who without being pious, are blessed!22 They will never concede you that.

26

Hint

And yet, those whom I scold are right: That a word not simply be valid, that must be understood of itself. The word is a fan! Between its pleats a pair of lovely eyes gazes out. The fan is only the thinnest veil. True, it hides her face from me and yet, it does not conceal the girl. For the loveliest thing she owns – her eye – flashes upon my eye.

27

An Hafis*

Was alle wollen weißt du schon

Und hast es wohl verstanden:

Denn Sehnsucht hält, von Staub zu Thron,

Uns all in strengen Banden.

Es thut so weh, so wohl hernach

Wer sträubte sich dagegen?

Und wenn den Hals der eine brach

Der andre bleibt verwegen.

Verzeihe Meister, wie du weißt

Dass ich mich oft vermesse

Wenn sie das Auge nach sich reisst,

Die wandelnde Cypresse.

Wie Wurzelfasern schleicht ihr Fuss

Und buhlet mit dem Boden

Wie leicht Gewölk verschmilzt ihr Gruss

Wie Ost-Gekos ihr Oden.§

Das alles drängt uns ahndevoll||

Wo Lock’ an Locke kräuselt,

In brauner Fülle ringelnd schwoll,

Sodann im Winde säuselt.

27

To Hafiz23

You already know what everyone wants and have understood it well: for longing24 holds us all, from the dust-speck to the throne, in mighty bonds.

It hurts so and yet afterwards it is good, who can struggle against it? If one breaks his neck, another remains emboldened.

Pardon, Master, as you know that often I presume when she tears her eyes away, that strolling cypress.25

Like root-tendrils her foot creeps on and forms liaisons with the ground; like light cloud her greeting melts, like the east wind her breath.

That all urges us mysteriously where lock26 upon lock is tousled, swells up curling in brown profusion, then murmurs in the wind.

Nun öffnet sich die Stirne klar

Dein Herz damit zu glätten,

Vernimmst ein Lied so froh und wahr

Den Geist darin zu betten.

Und wenn die Lippen sich dabey

Aufs niedlichste bewegen;

Sie machen dich auf einmal frey

In Fesseln dich zu legen.

Der Athem will nicht mehr zurück,

Die Seel’ zur Seele fliehend

Gerüche winden sich durchs Glück

Unsichtbar wolkig ziehend.

Doch wenn es allgewaltig brennt,

Dann greifst du nach der Schaale

Der Schenke läuft der Schenke kömmt

Zum erst und zweytenmale.

Sein Auge blitzt, sein Herz erbebt

Er hofft auf deine Lehren,

Dich, wenn der Wein den Geist erhebt,

Im höchsten Sinn zu hören.

Ihm öffnet sich der Welten Raum

Im Innern Heil und Orden,*

Es schwillt die Brust, es bräunt der Pflaum,

Er ist ein Jüngling worden.

Und wenn dir kein Geheimnis blieb,

Was Herz und Welt enthalte,

Dem Dencker winckst du treu und lieb

Dass sich der Sinn entfalte.

Now the brow opens up in its clarity to soothe your heart, you hear a song so glad and true, you lay your mind down in it.

And when lips move in the most fetching way they set you free at once to lay yourself in shackles down.

The breath will return no more, soul fleeing to soul, scents coil themselves through the happiness, invisibly cloudily drawing.27

But when all-consumingly it burns, then you reach for the cup; the cup-bearer28 runs, the cup-bearer comes for a first and a second time.

His eye flashes, his heart trembles. He is hoping for instruction29 from you, to hear you when wine exalts your mind to its sublimest sense.

For him the space of the worlds falls open. Salvation and order deep within, his breast swells, his down30 darkens, he has become a young man.

And if you have no secret left that encompasses heart and world, you offer hints31 both true and fond so that the meaning may unfold.

Auch dass vom Throne Fürstenhort

Sich nicht für uns verliere

Giebst du dem Schach ein gutes Wort

Und giebst es dem Veziere.

Das alles kennst und singst du heut

Und singst es morgen eben.

So trägt uns freundlich dein Geleit

Durchs rauhe milde* Leben.

So, too, that the princely hoard from the throne may not be lost to us, give the Shah32 a goodly word, and give the vizier one too.

All this you know and you sing it today, and you’ll sing it again tomorrow. So may your friendship companion us through life both rough and genial.