»Schimpflich ist es, nicht zu gehen, sondern sich treiben zu lassen und mitten im Wirbel der Dinge verblüfft zu fragen: Wie bin ich bloß hierher gekommen?«
Seneca, römischer Dichter und Philosoph (etwa 1–65) 508
Die fetten Jahre sind in der Bundesrepublik endgültig vorbei. Daher ist es unabdingbar, sich aktiv um die eigene Zukunft und die der Familie zu kümmern. Zukünftig blühen uns immer weniger staatliche Leistungen für immer höhere Steuern und Abgaben jeglicher Art. Dementsprechend befassen sich immer mehr Bürger mit der Frage, ob es besser ist, auszuwandern oder doch zu bleiben?
Soll man tatsächlich die Heimat verlassen oder das Beste aus der gegenwärtigen Situation in der Heimat machen?
All diese Fragen werden in diesem Kapitel eingehend erörtert.
»Ohne Heimat sein heißt leiden.«
Fjodor Michailowitsch Dostojewski, russischer Schriftsteller (1821−1881) 509
In der Ferne ist es zumeist zu Beginn nicht einfach. Daher verlassen auch nur sehr wenige ihre Heimat und ziehen es vor zu bleiben. Entscheidet man sich für den Verbleib in der Heimat, so hat man zwei Optionen.
Option 1: In Deutschland bleiben und nichts ändern
Diese Option ist die mit Abstand schlechteste und teuerste. Warum? Weil Steuern und Abgaben mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft weiter steigen werden und ferner die Inflation mit Gewissheit in naher Zukunft nicht auf 2 Prozent zurückgehen wird. Obendrein besteht die Möglichkeit, dass die EU und Deutschland in eine Rezession beziehungsweise eine Stagflation abrutschen – eine wirtschaftliche Stagnation bei gleichzeitiger Inflation. Nicht zuletzt besteht die Gefahr, dass der Euro weiter abwertet und schlussendlich scheitern wird.
Option 2: In Deutschland bleiben und agieren
Folglich ist es angebracht, sich aktiv mit der Zukunft zu befassen und sich um sein Erspartes beziehungsweise gegebenenfalls sein Unternehmen zu kümmern. Aufgrund der gegenwärtigen unsicheren wirtschaftlichen Situation ist es sinnvoll, Schulden zu bezahlen, sich auf Bargeld und Sachwerte zu konzentrieren, und zwar international.
Liquidität – Euro, US-Dollar, Schweizer Franken
Liquidität – Mittel wie Bargeld und Bankguthaben, aber auch Edelmetalle, welche sich leicht und schnell umtauschen lassen – ist in der gegenwärtigen Zeit unabdingbar. Das gilt einerseits für den alltäglichen Gebrauch und andererseits für den Handel an den Märkten. Wenig sinnvoll ist es indes, sich auf den Euro zu versteifen. Dasselbe gilt im Kontext der Anlageländer bezüglich der Bundesrepublik Deutschland.
Euro – eine Währung mit Abwertungspotenzial
All jene, die in Deutschland ihren Haupt- oder Zweitwohnsitz haben, benötigen selbstverständlich ein Bankkonto in Deutschland – sinnvollerweise nicht bei einer Onlinebank, sondern einer Bank mit direktem Ansprechpartner. Obendrein sind Bargeldbestände keinesfalls verkehrt – einerseits zu Hause, andererseits in einem Schließfach, sei es bei der Bank oder bei einem bankenunabhängigen Anbieter von Schließfächern.
Wie lange noch Bargeld in unbegrenzter Höhe in Deutschland abgehoben werden darf, kann niemand seriös vorhersagen. Ferner ist nicht bekannt, ob das Bargeld mit der Einführung des digitalen Euro verschwinden wird. Die Bundesbank schreibt in ihrer Website: »Ende 2023 wird das Eurosystem dann entscheiden, ob es mit dem digitalen Euro in die Realisierungsphase eintritt. Diese könnte drei Jahre in Anspruch nehmen. Sie umfasst die Entwicklung und Erprobung technischer Lösungen und Regelwerke, die für die Ausgabe eines digitalen Euro erforderlich sind. Unabhängig davon, wie diese Entscheidungen ausfallen, klar ist: Das Eurosystem wird auch künftig Bargeld anbieten. Der digitale Euro ergänzt das Bargeld, er ersetzt es nicht.« 510
Dass die nächste Eurokrise kommen wird, ist mehr als wahrscheinlich. Dementsprechend sollte der Akzent von Bar- und Giralgeld nicht allein auf Euro liegen, sondern auch auf US -Dollar und Schweizer Franken.
Weltwährung US-Dollar
Der US -Dollar gilt seit jeher als klassischer »sicherer Hafen«. Internationale Investoren betrachten den US -Dollar noch immer als die sicherste Währung weltweit. Diese Position konnte der Euro dem US -Dollar nie streitig machen, und er wird es auch in naher Zukunft nicht können. Der US -Dollar ist nach wie vor die weltweit dominierende Währung und wird es voraussichtlich auch noch eine Zeit lang bleiben. Wie lange genau, kann niemand sagen.
Mehr als 50 Prozent der globalen Devisentransaktionen wurden im ersten Quartal 2022 in US -Dollar abgewickelt. Auf Rang 2 steht der Euro abgeschlagen mit knapp 19 Prozent. 511 Von einer Weltwährung kann gegenwärtig beim Euro also keinesfalls die Rede sein – und mit äußerst hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig nicht. Der Grund dafür ist, dass der Wirtschaftsstandort Europa kontinuierlich an Relevanz verloren hat und unter anderem aufgrund seiner Energie- und Steuerpolitik auch weiterhin verlieren wird. 512
Angesichts des Kriegs in der Ukraine, von dem Europa wesentlich unmittelbarer betroffen ist, der im Vergleich mit den USA wesentlich größeren Abhängigkeit von Energieexporten und der Probleme der EZB sowie der südlichen Euroländer besteht die Gefahr, dass der Euro zukünftig weiter abwerten wird. Rutschen nicht nur die Euroländer, sondern auch Deutschland als Hauptsäule des Euro in eine Rezession oder scheitert gar die Energiewende in Deutschland, so wird dies drastische Konsequenzen für den Euro haben. Dementsprechend ist auch langfristig eine Aufwertung des US -Dollar gegenüber dem Euro keinesfalls unwahrscheinlich. Wie lange noch problemlos Kapital ins Ausland transferiert werden kann, das heißt, ob und in welcher Form es zukünftig zwecks Verhinderung des Abflusses von Kapital zu Kapitalausfuhrbeschränkungen kommt, liegt in den Händen des Gesetzgebers.
Für Unternehmen sowie für Privatpersonen ist es also durchaus sinnvoll, eines oder mehrere Fremdwährungskonten zu führen, wahlweise auch bei einer Bank außerhalb des Euroraums. Barbestände in US -Dollar und Schweizer Franken im Schließfach können insbesondere aufgrund der wenig Positives bergenden Zukunftsaussichten für den Euroraum nicht falsch sein.
Schweizer Franken
Die Schweiz hat den Vorteil, weder Mitglied der EU noch Teil des Euroraums zu sein. Somit ist sie weder ein Teil der »Haftungsunion«, noch unterliegt sie den Entscheidungen der EZB . In Anbetracht der vergleichsweise geringen Inflation in der Schweiz – im November 2022 belief sie sich auf knapp unter 3 Prozent 513 (Deutschland 10 Prozent 514 ) – und aufgrund der wesentlich solideren finanziellen Lage sowie der besseren Zukunftsaussichten dürfte der Schweizer Franken mittelfristig gegenüber dem Euro eher an Stärke gewinnen. Dementsprechend kann er eine weitere interessante Beimischung zum Fremdwährungsportfolio, bestmöglich mit einem Konto in der Schweiz oder in Liechtenstein, darstellen. 515
Aktien, Fonds , Exchange Traded Funds
Kein langfristig ausgelegtes Portfolio kommt um Aktien, Exchange Traded Funds (ETF s) und Fonds herum. Die positiven Wertentwicklungen der Aktienindizes Dow Jones, S&P 500, DAX und MSCI World in den letzten Jahrzehnten sind nicht von der Hand zu weisen. 516
Dennoch gilt es zu beachten, dass dank des vielen billigen Geldes der Notenbanken die Märkte immens »aufgepumpt« wurden (siehe Abbildung 48). Mit zunehmender Liquidität stiegen die Kurse.
Sollten die Notenbanken tatsächlich beginnen, die Zinsen massiv zu erhöhen und folglich die Liquidität zu senken, so kann man davon ausgehen, dass es zu erheblichen Korrekturen an den Märkten kommen wird. Werden sie hingegen im Jahr 2023 keine weiteren Zinsschritte mehr unternehmen oder gar zu ihrer Politik des billigen Geldes zurückkehren, so werden die Märkte weiter durch die Decke gehen.
Abbildung 48: Entwicklung der weltweiten Liquidität und des S&P 500, 2006 bis 2022
Quelle: Bloomberg
https://twitter.com/Schuldensuehner/status/1602067556264730626/photo/1
Davon ausgehend sollten Anlagen unter Berücksichtigung eines langfristigen Anlagehorizonts von zum Beispiel mehr als zehn Jahren betrachtet werden. Sinnvoll ist es, zur Glättung der Einstiegskurse Investitionen nicht auf einen einzigen Zeitpunkt zu konzentrieren, sondern sukzessive vorzunehmen. Dies kann eigenhändig oder in Form eines Sparplans geschehen. Nicht verkehrt ist ein Depot außerhalb der EU , beispielsweise in der Schweiz oder in Liechtenstein. Wie überall gilt auch bei Aktien, Fonds und ETF s die Devise Risikostreuung.
Aktien
»Eine Aktie ist ein Anteil an einem Unternehmen, das Aktiengesellschaft oder kurz AG heißt. Wer eine Aktie kauft, wird dadurch als Aktionär Miteigentümer des Unternehmens.« 517
Die Geburtsstunde der Aktie schlug am 20. März 1602 in Amsterdam. Dort wurde die Handelsgesellschaft Vereenigde Oost-Indische Compagnie (VOC ), ein Zusammenschluss von Amsterdamer Gewürzhändlern, gegründet. Die Händler finanzierten ihre Schiffsflotte mittels Ausgabe von Namenspapieren, deren Besitzer in einem Register geführt wurden. Im Jahr 1604 stachen die ersten VOC -Schiffe in See. Sie importierten Gewürze aus Indien und Indonesien und Tee, Seide und Porzellan aus China. Wirtschaftshistorikern zufolge waren die Aktien die ersten »dividendentragenden Papiere«. 518
Als Aktionär eines Unternehmens partizipiert man an dessen Erfolg und Misserfolg. Als Kleinaktionär ist man dem Wohl und Wehe des Managements ausgeliefert. Investiert man lediglich in einen oder wenige Werte, so ist das Risiko vergleichsweise groß. Da durch sie das Risiko wesentlich breiter gestreut wird, erfreuen sich Fonds und ETF s einer großen Popularität. Dementsprechend ist es sinnvoll, als Kleinanleger Fonds und ETF s zu wählen. Auch bei diesen wiederum ist eine breite Streuung empfehlenswert.
Fonds
Ein Investmentfonds sammelt das Geld vieler Anleger. Dieses Geld wird von einem Fondsmanager stellvertretend für die Anleger an den Finanzmärkten investiert. Der Vorteil von Fonds besteht in der Risikostreuung. Fonds investieren nicht nur in eine Aktie (Aktienfonds) oder in eine Anleihe (Rentenfonds), sondern in sehr viele zugleich.
Bei Fonds besteht die Wahl zwischen einzelnen Anlageregionen und -ländern, Währungen, Branchen, Anlageklassen und Anlageinstrumenten. Ferner ist es sinnvoll, die Kosten zu vergleichen. Diese setzen sich zusammen aus
Zusätzlich fällt die Depotgebühr für die Depotbank an.
Wichtig ist es, vor dem Kauf die Wertentwicklung zu vergleichen. Zwar sagt die Vergangenheit letztlich nichts über die Wertentwicklung in der Zukunft aus, jedoch ist sie ein guter Indikator dafür, wie das Fondsmanagement in der Vergangenheit gearbeitet hat.
Der Börseninformationsdienst wallstreet:online weist die erfolgreichsten Fonds der letzten sechs Monate bis zehn Jahre nach. 519 Eine Alternative sind die unter Investoren zusehends an Popularität gewinnenden ETF s.
Exchange Traded Funds
Ein ETF ist ein börsengehandelter Indexfonds, der die Wertentwicklung bekannter Marktindizes punktgenau abbildet. Mit ETF s kann man einfach und preiswert in Aktien, Anleihen, Rohstoffe, Edelmetalle, Immobilien oder in den Geldmarkt investieren mit dem Ziel, langfristig Vermögen aufzubauen. ETF s vereinen die Vorteile von Aktien und Fonds auf sich.
Generell gilt es, zwischen physischen und synthetischen ETF s zu unterscheiden. Physische ETF s investieren direkt in die Werte, die der nachgebildete Index enthält, synthetische ETF s demgegenüber mittels eines Tauschgeschäfts. Bei Letzteren besteht die Gefahr des sogenannten Kontrahentenrisikos, das heißt einer möglichen Pleite der Partnerbank. Sicherheitsbedürftige Anleger ziehen physische ETF s vor. 520
Aktien, Fonds und ETF s gehören potenziell in jedes Portfolio. Für Laien eignen sich Fonds und ETF s besser, da die Risikostreuung breiter gefächert ist beispielsweise als bei einem einzelnen Wert in Gestalt einer Aktie. Zum langfristigen kontinuierlichen Vermögensaufbau eigen sich Fonds- beziehungsweise ETF -Sparpläne. 521
Gold – die Lebensversicherung für das Portfolio
Gold wird von den Notenbanken mehr denn je als der bevorzugte Wertspeicher betrachtet. Allein in den ersten drei Quartalen 2022 beliefen sich die Goldkäufe auf insgesamt 673 Tonnen. Das ist mehr als im gesamten Rekordjahr 1967. 522
Gold ist bekanntlich kein Investment, sondern eine elementare Versicherung – oder besser gesagt, die Lebensversicherung für jedes Portfolio. Goldbesitz ist dementsprechend nicht für gute Zeiten gedacht, sondern für schlechte. Es war und ist ein adäquates Mittel gegen die irrsinnige Gelddruckpolitik der Notenbanken schlechthin.
Seit dem 1. Januar 2002, als die Deutsche Mark ihre Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel verlor, ist der Goldpreis um rund 475 Prozent (Stand: 16. Januar 2023) gestiegen (Abbildung 49). In den vergangenen 20 Jahren belief sich die jährliche Steigerung des Goldpreises auf 8,6 Prozent, in den vergangenen 30 Jahren auf 6,4 Prozent. Folglich hat zuerst die Deutsche Mark und nach der Währungsunion der Euro kontinuierlich an Kaufkraft gegenüber dem Gold verloren. Jedoch kann es 2023 durchaus zu Korrekturen kommen, sollten die Notenbanken die Zinsen weiter erhöhen. Sollten sie hingegen zu ihrer Politik des billigen Geldes zurückkehren, so wird dies die Entwicklung des Goldpreises enorm anheizen.
Zweifellos ist Gold in physischer Form (Barren oder Münzen, am besten ab einer Unze) nach wie vor das »Must-have«, der Wertspeicher eines jeden Anlegers. Die Freiheit des anonymen Erwerbs von Edelmetallen (Gold, Silber, Platin, Palladium) im sogenannten Tafelgeschäft bis 2000 Euro pro Person und Händler ist in Deutschland nach wie vor gegeben. In der Schweiz liegt die Obergrenze für einen anonymen Erwerb bei 14.999 Schweizer Franken, in Österreich bei 9999 Euro. Wichtig zu wissen ist, dass pro Person und Auto (bei Bus, Bahn, Schiff, Flugzeug gilt pro Person) aus Deutschland lediglich bis zu 10.000 Euro aus- und eingeführt werden dürfen. Ausfuhren jenseits dieser Grenze müssen angemeldet werden.
Abbildung 49: Entwicklung des Goldpreises seit Anfang 2002
Quelle:
https://www.gold.de/kurse/goldpreis/
Wie lange der anonyme Erwerb von Edelmetallen noch möglich ist und ob es in Deutschland oder innerhalb der EU zu einem Goldverbot kommen könnte, ist ungewiss. Ausgeschlossen sind Handelsbeschränkungen oder gar -verbote nicht. Dementsprechend ist es sinnvoll, insbesondere im Rahmen von Tafelgeschäften Edelmetallpositionen im In- sowie im Ausland (außerhalb der EU ) auf- beziehungsweise auszubauen. Eine Unze (31,1 Gramm) Gold in Münz- oder Barrenform ist bereits ab 1777 Euro (Stand 23. Januar 2023) zu haben. Alle zertifizierten Edelmetallhändler sind unter https://www.gold.de/ zu finden.
Silber, Platin, Palladium – Edelmetalle als Beimischung
Die Edelmetalle Silber, Platin und Palladium können ein sinnvolles Investment für größere Portfolios darstellen. Allerdings konnte keines der drei Metalle mit der Entwicklung des Goldpreises seit dem 1. Januar 2002 mithalten. 523
Auch hier sind der physische Erwerb und die Lagerung in einem eigenen Bankschließfach beziehungsweise in einem bankenunabhängigen Schließfach außerhalb der EU sinnvoll. Von Zollfreilagern ist abzusehen, da es ratsam ist, immer selbst die Hand auf den eigenen Edelmetallen zu haben.
Silber, Platin und Palladium sollten ebenso wie Gold ausschließlich bei serösen zertifizierten Händlern erworben werden. Silber ist das günstigste aller Edelmetalle. Eine Unze Silber gibt es bereits für rund 28 Euro. Für eine Unze Platin werden knapp 1300 Euro und für eine Unze Palladium rund 2100 Euro fällig. (Stand 23. Januar 2023).
Diamanten – extrem hohe Wertdichte
Diamanten eignen sich insbesondere in den heutigen Zeiten als Beimischung zum Portfolio. Sie zeichnen sich durch eine immense Wertdichte, eine positive Wertentwicklung und eine hohe Liquidität aus.
Beim Kauf sind die folgenden Punkte zu beachten:
Jeder infrage kommende Diamant sollte mit einem Zertifikat des Gemological Institute of America (GIA ) ausgestattet sein und von einem seriösen Händler erworben werden. In Deutschland beträgt die Mehrwertsteuer auf Diamanten 19 Prozent, in Österreich 20 Prozent, in der Schweiz 7,7 Prozent. Ferner können Diamanten in der Schweiz im anonymen Tafelgeschäft bis zu einem Wert von 14.999 Schweizer Franken erworben werden.
Bitcoin: Kein digitales Gold
Von Juli 2020 bis September 2022 kannte der Bitcoin-Kurs, abgesehen von ein paar wenigen Korrekturen, nur den Weg nach oben. Man setzte große Hoffnungen auf ihn als das »digitale Gold« und Alternative zu Gold. Ende 2022 hat sich deutlich gezeigt: Bitcoin ist alles, aber gewiss kein digitales Gold (siehe Abbildung 50).
Von zahllosen »Experten« wurde Bitcoin vehement als das digitale Gold, der digitale Wertspeicher, das Investment der Zukunft propagiert und angepriesen. Es wurde im Jahr 2022 von einem Bitcoin-Kurs von 100.000 Dollar fantasiert und von Bitcoin als Weltwährung geträumt. 524 Ende des Jahres 2022 war von dem einstigen, offenkundig mit durch das billige Geld der Notenbanken angefachten Hype nicht mehr viel zu sehen.
Abbildung 50: Entwicklung des Bitcoin-Preises, 2018 bis 2022, in Euro
Quelle:
https://www.finanzen.net/devisen/bitcoin-euro-kurs
Zusehends setzt sich die Erkenntnis durch, dass der Bitcoin die ihm zugedachte Funktion eines Wertspeichers nicht erfüllt, insbesondere in Krisenzeiten nicht. Bitcoin ist ein hochspekulatives Investmentvehikel, mit dem man viel Geld gewinnen und ebenso auch verlieren kann. Die Zeit des cheap money ist bis auf Weiteres vorbei. Nicht nur die Aktienmärkte korrigierten in Anbetracht der hohen Inflation, steigender Zinsen und steigender Anleiherenditen nach unten, sondern auch Bitcoin & Co. Krypto-Pleiten wie bei FTX , Luna oder Celsius verspielten zusätzlich Vertrauen in Kryptowährungen.
Bitcoin sowie die Kryptowährungen Ethereum, Cardano, Ripple & Co. haben seit den Hochständen im November 2021 einen eklatanten Absturz erlebt. Im November 2021 betrug die Gesamtmarktkapitalisierung des globalen Kryptomarktes 3,08 Billionen Dollar. Zwölf Monate später war sie auf unter 808 Milliarden Dollar nach unten gerauscht. 525 Bereits vor dem Ausbruch des Ukrainekriegs war der Bitcoin von seinem Hoch im November 2021 von 58.323 Euro auf 32.994 Euro abgestürzt. Ende 2022 stand er bei 15.440 Euro.
Weder der Bitcoin noch die anderen großen Kryptowährungen sind das vielbesagte digitale Gold. Es handelt sich um Anlageobjekte mit hochgradig schwankendem Wert, dessen Entwicklung sich praktisch kaum seriös vorhersagen lässt. Die Konsequenz dessen ist, dass Anlagen in Bitcoin & Co. bei einem Crash an den Märkten nicht nur nicht vor Verlusten schützen. Stattdessen erhöhen sie das Verlustrisiko.
Nassim Nicholas Taleb ist Ehrenprofessor für Risikoanalyse am Polytechnischen Institut der New York University und Gastprofessor für Marketing an der London Business School, außerdem ehemaliger Professor an der University of Massachusetts Amherst, außerordentlicher Professor für Mathematik am Courant Institute der New York University und Fakultätsmitglied an der Wharton School. 526 Einst befürwortete Taleb den Bitcoin. Im Jahr 2018 schrieb er in seinem Vorwort zu dem Buch The Bitcoin Standard 527 von Saifedean Ammous, dass Kryptowährungen der Ausweg aus den wiederkehrenden Finanzkrisen seien. Heute steht er dem Bitcoin wesentlich skeptischer gegenüber. Er bezeichnete ihn gar als »ansteckende Krankheit«. Ferner bezeichnete er all jene, die auf die Digitalwährung setzen würden, als »Trottel«. Obendrein betonte er die Fragilität der Spekulationsblase, die platzen werde. 528 2021 veröffentlichte Taleb ein sogenanntes Black Paper unter dem Titel Bitcoin, Währungen und Zerbrechlichkeit. Darin erläutert er, warum Kryptowährungen im Allgemeinen und der Bitcoin im Besonderen aus finanz- und wirtschaftswissenschaftlicher Sicht keine tatsächliche Währung, keinen Wertspeicher und auch keinen Inflationsschutz darstellen. Taleb warnte all jene, die im Bitcoin eine Möglichkeit sehen, ihr Geld sicher zu verwahren. Er sieht einen gravierenden Unterschied zu Gold. Die Frage, warum der Wert des Bitcoins sich auf null belaufe, erklärt Taleb in dem Black Paper folgendermaßen: »Gold und andere Edelmetalle kommen weitgehend ohne Wartung aus, sie zerfallen nicht über einen historischen Horizont und benötigen auch keine Wartung zur Wiederauffrischung ihrer physischen Eigenschaften über einen längeren Zeitraum. Kryptowährungen benötigen ein ununterbrochenes Interesse an ihnen.« 529
Ob Taleb recht behalten wird, wird die Zukunft zeigen. Da bekanntlich niemand in ebendiese blicken kann, können weder eine technische Analyse der Wertentwicklung noch sonst ein Modell oder »Experte« seriös vorhersagen, wie sich Bitcoin & Co. langfristig, insbesondere in Zeiten höherer Zinsen, weiterentwickeln werden. Ob sie ihren Tiefpunkt Ende 2022 erreicht haben oder nicht, ist folglich Kaffeesatzleserei.
Sollte der Bitcoin sich in Zukunft tatsächlich zu einer ernst zu nehmenden Konkurrenzwährung entwickeln, so ist fraglich, ob dies zum Beispiel die USA , China und die EU stillschweigend hinnehmen werden. Ob sich beispielsweise ein Verbot auf den Kauf und Verkauf von Waren und Dienstleistungen gegen Bitcoin in den Ländern USA und China sowie innerhalb der EU positiv auf die Entwicklung des Bitcoins auswirkt, wird ebenfalls die Zukunft zeigen.
Virtuelle Währungen werden rechtlich weder als (Fremd-)Währungen noch als Kapitalanlage behandelt. Stattdessen gelten sie als »sonstige Wirtschaftsgüter«. Dennoch können Gewinne und Verluste aus Kryptowährungen für die Steuererklärung relevant sein. Wird eine Kryptowährung innerhalb der Jahresfrist mit einem Gewinn verkauft, so handelt es sich dabei um einen Spekulationsgewinn, der der regulären Einkommensbesteuerung unterliegt. 530
Alles in allem eignen sich Anlagen in hochspekulativen Kryptowährungen wie Bitcoin & Co. für jene Anleger, welche mit extremen Schwankungen leben können und das investierte Geld als Spielgeld betrachten.
Unter langfristig orientierten Anlegern stoßen Sparpläne, das heißt die Anlage gleichbleibender monatlicher Beträge über einen längeren Zeitraum, auf große Resonanz. Für Bitcoin-Investoren sind sogenannte Cold Wallets – physische Speichermedien, dazu zählen beispielsweise Paper Wallets oder Hardware Wallets – sinnvoll. Wer seine Kryptowährungen bei einer Kryptobörse führt, überlässt seine Anlagen der Börse. Geht die Börse pleite, so gehen die Anlagen in die Insolvenzmasse. Mit anderen Worten: Die Einlagen sind nicht wie bei einer klassischen Bank geschützt.
Hochwertige Uhren
Von Januar 2021 bis April 2022 gingen die Preise hochwertiger Uhren kontinuierlich aufwärts (siehe Abbildung 51). Anschließend kam es zu nicht unerheblichen Korrekturen. Langfristig konnte das exotische Investment jedoch eine teilweise sehr gute Wertentwicklung verzeichnen. Beispielsweise kostete das Edelstahlmodell der Rolex Daytona in den 1970er-Jahren knapp über 600 Euro. Heute ist die Uhr mehr als 25.000 Euro wert. Als Kapitalanlage sind Armbanduhren nur für langfristig denkende Anleger empfehlenswert.
Bei hochwertigen Uhren (mindestens 10.000 Euro) als Kapitalanlage ist es ratsam, sich auf die führenden Markenhersteller wie Patek Philippe, Rolex, Vacheron Constantin, Audemars, Piguet sowie A. Lange & Söhne und auf einzelne Modelle zu konzentrieren.
Abbildung 51: Wertentwicklung ausgewählter Uhren im Vergleich, 2021 bis September 2022
Quelle:
https://www.fratellowatches.com/rolex-prices-watchcharts/#gref
Zweifellos handelt es sich bei hochpreisigen Uhren um ein äußerst mobiles Investment mit einer sehr hohen Wertdichte. Eine Uhr als Anlageobjekt sollte äußerst selten getragen werden und bestenfalls in einem sicheren Schließfach liegen – bei einer Bank, bankenunabhängig oder im Sinne einer internationalen Diversifikation in einem Schließfach im Ausland. Luxusuhren sind zwar langlebig konzipiert, dennoch unterliegt ihre Technik, wie jedes andere mechanische System auch, einem Verschleiß. Folglich müssen Uhren ebenso wie ein Auto regelmäßig alle fünf bis sechs Jahre von einem Fachmann gewartet werden (Uhrenrevision). Bei Uhren der mittleren Preiskategorie beziffert sich der Preis für eine Revision auf einige Hundert Euro, bei hochpreisigen Modellen wie etwa solchen von Patek Philippe kann schnell ein vierstelliger Betrag fällig werden.
Beim Kauf zu beachten sind vor allem die folgenden Punkte:
Immobilien zur Eigennutzung in Deutschland
Ein schuldenfreies Dach über dem Kopf kann mit Sicherheit nicht verkehrt sein. Steigende Zinsen und sich eintrübende Konjunkturaussichten sowie eine hohe Inflation, die die Kaufkraft der Haushalte schmälert, sorgen dafür, dass der Boom an den Immobilienmärkten ausläuft.
Im Verlauf des Jahres 2022 haben sich die Zinsen für Immobilienkredite auf 4 Prozent vervierfacht. Eigenkapitalschwache Kaufinteressenten können sich die entsprechenden Kreditraten zumeist kaum noch leisten. 531 Im dritten Quartal 2022 sanken laut einer Auswertung von 700 Banken die Preise für Wohnungen und Häuser gemessen am Vorquartal bereits um 0,7 Prozent. 532 Im September 2022 lag das Neugeschäft deutscher Banken mit Immobiliendarlehen an Privathaushalte und Selbstständige mit einem Volumen von 16,1 Milliarden Euro auf dem niedrigsten Stand seit 2014. 533 Im Dezember 2022 sank der Europace German House Price Index 534 zum wiederholten Mal (Abbildung 52).
Die Schweizer Bank UBS meldete Mitte Oktober 2022, dass »in den nächsten Quartalen mit erheblichen Preiskorrekturen zu rechnen« sei. 535 Allianz Research prognostizierte im Dezember 2022, dass die Immobilienpreise in Deutschland im Jahr 2023 um 8 Prozent sinken. 536 Auch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung bestätigt das Risiko starker Preiskorrekturen am deutschen Immobilienmarkt. DIW -Studienautor Konstantin Kholodilin: »Wir stehen in Deutschland zwar nicht vor dem Platzen einer riesigen Immobilienpreisblase … Wir werden also keine Krise wie in den USA oder in Spanien während der Finanzkrise erleben – aber Preiseinbrüche von bis zu zehn Prozent bei Eigentumswohnungen und Eigenheimen sind durchaus möglich.« 537
Ein Grund für diese Prognose ist die außerordentliche Kluft zwischen der Entwicklung der Preise für Eigenheime und Eigentumswohnungen auf der einen und der Mietpreisentwicklung auf der anderen Seite (siehe Abbildung 53). Im letzten Jahrzehnt haben sich beispielsweise die Preise für Einfamilien- und Reihenhäuser in etwa verdoppelt. Im selben Zeitraum wurden Eigentumswohnungen um rund 150 Prozent teurer, Baugrundstücke um ungefähr 130 Prozent. Die Mieten stiegen jedoch durchschnittlich nur um 56 Prozent. In Deutschlands Großstädten kostete zuletzt eine Immobilie so viel wie 28 Jahresmieten. 538
Abbildung 52: Entwicklung des Hauspreis-Index (EPX), 2017 bis 2022
Quelle:
https://report.europace.de/index-epx-mean/
Die Stimmung in der Baubranche in der Bundesrepublik ist bereits schlecht. Nach Jahren des Booms werden zusehends Bauprojekte aufgrund von Inflation, höheren Zinsen, der Energiekrise, fehlender Rohstoffe und Fachkräfte storniert. Das Ziel der Ampelregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte, ist somit fernab der Realität. 539 Der Sprecher des Gesamtverbands der deutschen Wohnungswirtschaft, Axel Gedaschko, rechnete für 2022 mit nur rund 250.000 neu gebauten Wohnungen in Deutschland. Für 2023 sagt Gedaschko den Neubau von ungefähr 200.000 Wohnungen voraus, für »2024 dann noch weniger«. 540
Abbildung 53: Preise für Wohneigentum und Mieten, 2011 bis 2022
Veränderung in Euro je Quadratmeter gegenüber 2011, in Prozent
Quelle:
https://www.diw.de/de/diw_01.c.860152.de/immobilienpreise_steigen_weiter_____erhoehtes_risiko_fuer_preiskorrekturen.html
Mit Vorsicht sollten ältere Immobilien betrachtet werden. Laut einer Analyse der Beratungsgesellschaft EY rollt auf Immobilienbesitzer eine gewaltige Kostenlawine zu. Sollen die Klimaschutzziele für den Gebäudesektor bis 2030 und 2045 erreicht werden, so müssen enorme Finanzmittel für mehr Effizienz, neue Heizungen, Energieerzeugung und Speicher investiert werden. EY beziffert die erforderlichen Sanierungskosten allein bei Wohngebäuden auf 3 Billionen Euro. Wenn jedoch die Bau- und Materialkosten weiter steigen und die Vorgaben des Gesetzgebers für eine energetische Sanierung im Bestand noch strenger werden, dann könnten auch mehr als 3 Billionen Euro fällig werden. Jan Ohligs, Partner und Immobilien-Finanzierungsspezialist bei EY : »Nur ein kleiner Teil des Gebäudebestands ist in den letzten 20 Jahren voll modernisiert worden und entspricht damit den Ansprüchen, die ab 2030 oder sogar bis 2045 gelten sollen … Wir schätzen deshalb, dass etwa 80 Prozent aller Gebäude noch einmal saniert werden müssen.« 541
Sollten sich also immer weniger Bürger die aufgerufenen Preise leisten können, so droht die Blase zu platzen. Spannend wird es am deutschen Wohnimmobilienmarkt in den nächsten vier bis sechs Jahren, wenn für zahllose Kreditnehmer die Anschlussfinanzierung ansteht. Sollten die Zinsen längerfristig hoch bleiben beziehungsweise weiter steigen, so wird voraussichtlich eine nicht unerhebliche Zahl von Kreditnehmern vor immense und oftmals nicht lösbare Probleme gestellt. Dementsprechend gilt es gegenwärtig, einen Immobilienerwerb generell und insbesondere unter einem erheblichen Einsatz von Fremdkapital gut zu überdenken.
Immobilien als Geldanlage in Deutschland
Immobilien als Geldanlage in Deutschland sind mittlerweile ein heikles Thema und können langfristig betrachtet kritisch gesehen werden. Zwar wurde der sogenannte Mietendeckel, das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln), des rot-rot-grünen Berliner Senats vom Bundesverfassungsgericht als mit dem Grundgesetz unvereinbar gekippt. Jedoch bedeutet das nicht, dass das Urteil für alle Ewigkeit gelten wird. 542
Bei einem Wechsel des Eigentümers eines alten Gebäudes besteht kraft Gebäudeenergiegesetz (GEG ) seit 2020 eine Sanierungspflicht – für Käufer und Erben gleichermaßen. Das bedeutet, dass eine sogenannte Nachrüstpflicht in Kraft tritt, sobald ein neuer Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wird. Laut Gisela Kienzle, Architektin in Landshut und Beraterin für die Verbraucherzentrale Bayern, haben Eigentümer zwei Jahre Zeit, Heizkessel sowie die Dämmung bestimmter Rohre und der obersten Geschossdecke auszutauschen beziehungsweise nachzubessern. 543
Es gibt mehr und mehr Gesetze und Vorschriften. Das Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung Erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden, kurz: Gebäudeenergiegesetz (GEG ), bildet den gesetzlichen Rahmen für Neubauten und Sanierungen im Hinblick auf den sparsamen Einsatz von Energie in Gebäuden und auf die Nutzung erneuerbarer Energien. Einem attraktiven älteren Renditeobjekt hingegen kann es schnell die Attraktivität nehmen. 544 Dasselbe gilt für das Ende 2019 verkündete und seit dem 1. Januar 2021 geltende Gesetz über einen nationalen Zertifikatehandel für Brennstoffemissionen (Brennstoffemissionshandelsgesetz – BEHG ). Darunter fällt auch eine CO ₂-Steuer auf Öl und Gas. Je höher die CO ₂-Erzeugung beispielsweise durch das Heizen ist, desto höher sind die Kosten. Seit dem 1. Januar 2023 trägt die CO 2 -Steuer für Immobilien nicht mehr allein der Mieter; stattdessen wird sie zwischen Mietern und Vermietern aufgeteilt. Je nach Dämmung, Bausubstanz oder Heizungsart wird der Großteil der Steuerschuld entweder der Seite des Mieters oder der des Vermieters zugewiesen. Bestimmend soll der energetische Zustand des Gebäudes sein. Ein Stufenmodell sieht Zuzahlungen bis zu 90 Prozent für Vermieter vor. 545
Welche zusätzlichen Anforderungen, Steuern und Abgaben zukünftig auf Vermieter zukommen, kann heute niemand sagen. Möglicherweise wird die Spekulationsfrist beim Verkauf von Immobilien angepasst.
Spekulationsteuer auf Immobilien
Wenn bei einem Immobilienverkauf ein Gewinn erzielt wird, wird auf den Betrag, der sich als Gewinn ergibt, gemäß § 22, Nr. 2 in Verbindung mit § 23 des Einkommensteuergesetzes eine Steuer fällig, da private Veräußerungsgeschäfte wie der Verkauf von Wertpapieren, aber auch von Immobilien grundsätzlich steuerpflichtig sind. Voraussetzung ist, dass der Verkauf innerhalb der sogenannten Spekulationsfrist stattfindet, das heißt innerhalb einer bestimmten Zeitspanne zwischen dem Kauf und dem Verkauf. Die Dauer der Frist hängt davon ab, ob die Immobilie eigengenutzt oder vermietet wurde. Bei einer eigengenutzten Immobilie beträgt die Spekulationsfrist drei, bei einer vermieteten zehn Jahre. 546
Es ist keinesfalls gesichert, dass die Steuerfreiheit nach Ablauf der Spekulationsfrist Bestand haben wird. Liegt doch genau hier eine Goldgrube für den Staat – und spiegelbildlich dazu eine Mine für Immobilieneigentümer und Immobilieninvestoren, die planen, ihre Immobilie zu veräußern. In welche Richtung der Wind wehen könnte, war in den Bundestagswahlprogrammen des Jahres 2021 von SPD , Grünen und der Linken zu lesen. SPD : »Wir werden die bislang nach einer Zehn-Jahres-Frist geltende Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne nicht selbst genutzter Grundstücke abschaffen und einen Planungswertausgleich einführen, um leistungslose Bodenwertgewinne der Allgemeinheit zukommen zu lassen.« 547 Die Grünen gingen noch weiter und schrieben in ihrem Bundestagswahlprogramm unter der Rubrik Mehr Steuergerechtigkeit schaffen: »Wir werden die bislang nach einer Zehn-Jahres-Frist geltende Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne von Grundstücken und Immobilien abschaffen.« 548 Die Linke schrieb in ihrem Programm: »Private Immobilienverkäufe dürfen auch nach zehn Jahren bis auf einen individuellen Freibetrag nicht mehr steuerfrei sein.« 549
Sollte die Steuerbefreiung nach Ablauf der Spekulationsfrist durch den Gesetzgeber in Zukunft aufgrund knapper Kassen abgeschafft werden, so könnte sich eine gute Anlage – insbesondere für langjährige Eigentümer, die den Verkauf einer Immobilie erwägen – ohne jegliches Eigenverschulden in eine schlechte Anlage verkehren.
Mögliche Enteignungen
Im Jahr 2021 hat sich die Berliner Bevölkerung im Rahmen eines Volksentscheids für die Enteignung großer Wohnungsgesellschaften ausgesprochen. Dieser Entscheid war rechtlich nicht bindend und wurde von der Politik auch bisher nicht umgesetzt. Er war jedoch ein Fingerzeig, in welche Richtung sich der Wind in Deutschland drehen kann. Im Jahr 2021 wurde noch von großen Wohnungsgesellschaften gesprochen. Ob zukünftig auch von größeren Immobilieneigentümern oder Eigentümern mehrerer Immobilien gesprochen wird, ist unklar.
Im Dezember 2022 hielt eine vom Berliner Senat eingesetzte Expertenkommission eine Enteignung großer Wohnungsunternehmen für grundsätzlich möglich. 550 Im Januar 2023 hielt der Bürgermeister und Senator für Kultur und Europa in Berlin, Klaus Lederer (Die Linke), es für möglich, innerhalb eines halben bis ganzen Jahres einen Gesetzentwurf für ein Enteignungsgesetz großer Wohnungsunternehmen rechtssicher und sauber vorzubereiten und dann auch im Senat zu beschließen. 551 Die Schere zwischen Arm und Reich geht in Deutschland immer weiter auseinander. Angenommen, es würden immer mehr Menschen von der Mittelschicht in die Unterschicht abrutschen und der ehemalige Siemens-Chef Joe Kaeser behielte recht mit seiner 2016 getroffenen Aussage, wonach die Digitalisierung die Mittelschicht vernichten wird und von zehn Menschen aus der Mittelklasse einer aufsteigt, während neun absteigen. In diesem Fall könnten zukünftig die folgenden Aussagen des damaligen Juso-Vorsitzenden und mittlerweile zum Generalsekretär der SPD aufgestiegenen Kevin Kühnert durchaus Realität werden: »Ich finde nicht, dass es ein legitimes Geschäftsmodell ist, mit dem Wohnraum anderer Menschen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten … Konsequent zu Ende gedacht, sollte jeder maximal den Wohnraum besitzen, in dem er selbst wohnt.« 552
Sollten die Vorstellungen Kevin Kühnerts eines Tages aufgrund einer übergroßen Unterschicht, die nichts mehr zu verlieren hat, in Deutschland mehrheitsfähig werden, so wären Investments in »Betongold« in der Bundesrepublik endgültig als überholt zu betrachten.
Für Investoren mit einem größeren Vermögen kann eine Anlage in eine oder mehrere Immobilien außerhalb der EU durchaus eine interessante Option zur weiteren Diversifikation des eigenen Portfolios darstellen.
Immobilien als Geldanlage im Ausland
Eine Immobilie als Anlage im Ausland sollte nicht auf Kredit finanziert werden und nicht mehr als ein Drittel des Gesamtvolumens des Portfolios ausmachen. Ein Immobilienerwerb im Ausland sollte lediglich in einem politisch stabilen Land mit einer intakten Demokratie und wenig Korruption sowie einem »intakten« Immobilienmarkt in Erwägung gezogen werden.
In manchen Ländern können Immobilien nur noch unter erschwerten Bedingungen erworben werden. Der Vorteil einer Immobilie im Ausland (außerhalb der EU ): Sollten Steuern und Abgaben auf Immobilien in Deutschland oder der EU steigen, so muss dies nicht automatisch auch im Ausland der Fall sein. Ferner ist eine weitere Abwertung des Euro gegenüber dem US -Dollar und dem Schweizer Franken keinesfalls ausgeschlossen.
Wer den Erwerb einer Auslandsimmobilie erwägt, der sollte zuvor die folgenden Fragen für sich beantworten:
Selbstredend sollte man eine Immobilie besichtigen, bevor man sich zu ihrem Kauf entschließt. Im Zweifel ist die Hinzuziehung eines unabhängigen Experten (Sachverständigen) keinesfalls verkehrt. Auf der Grundlage von Plänen zu kaufen, ist oftmals nicht sinnvoll. Dasselbe gilt in Bezug auf Neubauten. Im erstgenannten Fall besteht die Gefahr einer Insolvenz des Bauträgers während der Bauphase, im zweitgenannten von Baumängeln, die erst nach einiger Zeit sichtbar werden.
Der Erwerb einer Immobilie sollte über einen renommierten Makler erfolgen. Alle Verträge sollten von einem eigens beauftragten Anwalt für Immobilienrecht geprüft werden. Eine Ausführung des Kaufvertrags in deutscher Sprache ist genauso empfehlenswert wie ein Dolmetscher, der mit juristischen Fachbegriffen vertraut ist. Vertragsabschlüsse sollten lediglich im Beisein eines seriösen Notars stattfinden.
Die Steuerthematik kann sich oftmals von der deutschen unterscheiden. Es gilt zu prüfen, welche Arten von Steuern (Grunderwerbsteuer, Grundsteuer, Liegenschaftsteuer, Wohnsteuer, Wertzuwachssteuer, Gemeindesteuern, Stempelsteuern) zu entrichten sind. Bei einer Vermietung der Auslandsimmobilie unterliegen die Mieteinnahmen der deutschen Einkommensteuer. Möglicherweise müssen die Einkünfte aber auch in dem Land versteuert werden, in dem sich die Immobilie befindet.
Im Folgenden einige Optionen für Immobilienanlagen in attraktiven Immobilienmärkten außerhalb der EU .
Schweiz
Anders als in vielen internationalen Immobilienmärkten ist in der Schweiz noch kein Werteverfall zu verzeichnen. 553 In der Schweiz können EU -Bürger mit Aufenthaltsgenehmigung sowie nachgewiesenem Wohnsitz Immobilien bewilligungsfrei erwerben. Personen mit Wohnsitz im Ausland können Ferienimmobilien und Gewerbeimmobilien in der Schweiz erwerben. Für den Erwerb einer Ferienwohnung benötigen sie eine Bewilligung.
Zu beachten ist, dass es bei Ferienwohnungen kantonal unterschiedliche, bewilligungsfrei erwerbbare Kontingente gibt. Die Ferienimmobilie (Wohnung oder Wohneinheit in einem Apartment-Hotel) muss sich in einem Fremdenverkehrsort befinden. Die Vermietung der Ferienimmobilie ist auf periodischer und nichtpermanenter Basis erlaubt (maximal sechs Monate pro Jahr). Es darf höchstens eine Ferienimmobilie pro Familie (Ehemann und Ehefrau und/oder minderjährige Kinder) erworben werden. Ab dem 18. Lebensjahr kann das Kind beziehungsweise können die Kinder eines Eigentümers eine Immobilie auf ihren Namen erwerben. Die Nettowohnfläche darf maximal 200 Quadratmeter, die Fläche des Baulands maximal 1000 Quadratmeter betragen. Ferner besteht ein Weiterverkaufsverbot für die Dauer von fünf Jahren, außer in Fällen höherer Gewalt (zum Beispiel Krankheit, Tod). In manchen Kantonen wie beispielsweise Genf oder Zürich ist der Verkauf von Ferienwohnungen an Ausländer untersagt. 554
Bürger aus EU - und EFTA -Staaten ohne Hauptwohnsitz in der Schweiz, die im Besitz einer Grenzgängerbewilligung G sind, dürfen in der Region ihres Arbeitsorts bewilligungsfrei eine Zweitwohnung erwerben. Es gilt ein Vermietungsverbot für Zweitwohnungen, und es darf maximal eine Zweitwohnung besessen werden.
Ausländer können für die Ausübung einer Tätigkeit oder zur Vermietung ohne Einschränkungen gewerbliche Immobilien erwerben. Es gelten Einschränkungen weder hinsichtlich des Standorts noch der Zahl der erworbenen Güter. Der Käufer kann Gewerbeimmobilien in seinem eigenen Namen oder über eine schweizerische oder ausländische Rechtsstruktur erwerben. Beträgt der Aufenthalt weniger als 90 Tage als Nichterwerbstätiger (Tourist oder Pensionist) in der Schweiz, so entfällt die Notwendigkeit einer gesonderten Aufenthaltsbewilligung. Bei einem längeren Aufenthalt ist ein Beleg über ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts erforderlich.
Beim Erwerb einer Immobilie fällt die (kantonal geregelte) Handänderungssteuer an, welche 1 bis 3 Prozent vom Kaufpreis beträgt. Ferner werden die der Immobilie zugehörigen Erträge (Mietzinseinnahmen oder Eigenmietwert) in der Schweiz besteuert. 555
Andorra
In Andorra können Ausländer mit einer Genehmigung der andorranischen Regierung Gewerbe- und Wohnimmobilien (Wohnung oder Haus) erwerben. Allerdings gilt hierfür eine Höchstgrenze von 1000 Quadratmeter beziehungsweise einer Immobilie als Ganzheit. Im Vergleich mit der Schweiz sind die Immobilienpreise in Andorra wesentlich moderater. Der durchschnittliche Preis pro Quadratmeter für eine Wohnung im Stadtkern liegt bei 4080 Euro, für eine solche außerhalb des Stadtkerns bei 3420 Euro. 556
Monaco
Für Anleger mit größerem Geldbeutel könnte Monaco, eines der sichersten Länder der Welt, eine interessante Option darstellen. In Monaco, einem der teuersten Immobilienmärkte weltweit, können Immobilien auch zu Investitionszwecken erworben werden. Die Preise reichen von 20.000 bis 115.000 Euro pro Quadratmeter. 557
In Monaco gibt es keine Grundsteuern. Dies macht das Fürstentum zu einem attraktiven Platz für Immobilieninvestitionen. Käufer einer Immobilie erhalten obendrein fast problemlos einen Wohnsitz mit Aufenthaltsgenehmigung. Da global die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinandergehen wird, kann eine Immobilie in Monaco durchaus eine interessante Geldanlage darstellen.
Großbritannien
In Großbritannien können Ausländer oder nichtansässige Personen ohne gesetzliche Beschränkungen Immobilien erwerben. Auf Jersey hingegen gelten vollkommen andere Regeln. Hier wird streng kontrolliert, wer auf der Insel Wohneigentum erwerben darf. Eine Genehmigung wird nur dann erteilt, wenn die Person die strengen Voraussetzungen für einen Wohnsitz erfüllt.
Auch in Großbritannien fallen die Immobilienpreise. Im November 2022 sanken sie so stark wie seit über zwei Jahren nicht mehr. 558 Gemäß der offiziellen Prognose der britischen Regierung werden die Hauspreise auch in den nächsten zwei Jahren sinken, bevor sie wieder steigen werden. Wie das Office for Budget Responsibility (OBR ) im November 2022 mitteilte, wird bis zum Herbst 2024 ein Rückgang um 9 Prozent erwartet. 559
USA
In den USA können Ausländer oder nichtansässige Personen ohne gesetzliche Beschränkungen Immobilien erwerben.
Auch das Preisniveau am US -Immobilienmarkt fällt aufgrund der Notenbankpolitik. 560 Für das Jahr 2023 fallen die Prognosen äußerst unterschiedlich aus. Während Lawrence Yun, Chefökonom der National Association of Realtors, davon ausgeht, dass die Hausverkäufe 2023 um 7 Prozent zurückgehen werden und der nationale Medianpreis für Häuser um 1 Prozent steigen wird, geht Fannie Mae davon aus, dass 2023 insgesamt 3,9 Millionen bestehende Häuser verkauft und die Preise um 1,5 Prozent fallen werden. 561 Als exotische Immobilieninvestments gelten zweifellos die folgenden zwei Inseln.
Kaimaninseln
Der Kauf von Immobilien auf den Kaimaninseln (Cayman Islands) gestaltet sich relativ einfach und unkompliziert. Die Regierung garantiert das Eigentumsrecht. Es gibt keine Beschränkungen für Ausländer für den Kauf einer einzigen Immobilie.
Die Kaimaninseln haben in den letzten Jahren einen regelrechten Immobilienboom erlebt. Dem Cayman Compass zufolge haben sich in den letzten fünf Jahren in einigen Vierteln die Hauspreise teilweise fast verdreifacht. Mittlerweile beginnt sich der Immobilienmarkt zu beruhigen. Im dritten Quartal 2022 waren sowohl der Wert als auch die Zahl der Verkäufe rückläufig. 562 Der Preis für Apartments beginnt bei rund 250.000 US -Dollar. 563
Bahamas
Auch auf den Bahamas gibt es so gut wie keine Beschränkungen für den Erwerb von Immobilien durch Ausländer. Eine Genehmigung der Regierung ist nur dann erforderlich, wenn das zu erwerbende Grundstück mehr als 5 Hektar groß ist oder es sich um ein unbebautes Grundstück handelt. Der Preis für Wohnungen beginnt bereits bei knapp 100.000 US -Dollar. 564
Kanada, Australien und Neuseeland
In Kanada gilt ab Januar 2023 ein Verbot für Ausländer, Häuser zu kaufen. In Australien hingegen ist der Erwerb von Immobilien noch möglich.
Aufgrund der Größe Australiens ist der Immobilienmarkt und somit die Preisspanne gigantisch. Im Outback bekommt man ein Haus bereits ab 50.000 Australische Dollar, während der Durchschnittspreis für ein Haus in Darling Point in Sydney knapp 7,7 Millionen Australische Dollar beträgt. 565
Ausländer mit einem Wohnsitz im Ausland, Personen mit vorübergehendem Wohnsitz und Inhaber von Kurzzeitvisa dürfen in Australien Investitions- und Wohnimmobilien kaufen, sofern sie vom Foreign Investment Review Board eine entsprechende Genehmigung erhalten haben. Abgesehen von der Beantragung der Genehmigung existieren strenge Regeln bezüglich der Art der zu erwerbenden Wohn- und Anlageimmobilien. Das Foreign Investment Review Board (FIRB ) trägt die Verantwortung dafür, dass die meisten ausländischen Immobilieninvestitionen in neue und nicht in bestehende Wohnungen fließen. Die Idee dahinter ist, dass dann, wenn Gebietsfremde in den Bau neuer Immobilien investieren, Arbeitsplätze in der Bauindustrie entstehen und die Wirtschaft angekurbelt wird. Darüber hinaus erzielt die Regierung Einnahmen aus der Stempelsteuer und kann gleichzeitig sicherstellen, dass in Australien ansässige Personen nicht um Immobilien gebracht werden. Auch in Australien sind die Immobilienpreise im Fallen begriffen. 566 Nach Angaben der National Australia Bank werden die Hauspreise im Jahr 2023 noch weiter sinken, in einigen Bundesstaaten zwischen 2022 und 2023 um insgesamt 23 Prozent. 567
Kraft Gesetz können Ausländer in Neuseeland kein Wohneigentum erwerben. Sie können jedoch eine Genehmigung für die Erschließung von Wohngrundstücken beantragen, um das Wohnungsangebot zu erhöhen.
Bis Mitte 2022 kannten die Immobilienpreise in Australien und Neuseeland nur einen Weg, den nach oben. Beide Länder standen an der Spitze des globalen Immobilienbooms. Mittlerweile brechen die Preise in Australien und Neuseeland massiv ein. 568 Wie lange der Einbruch dauern und wie stark er sein wird, kann gegenwärtig niemand seriös vorhersagen.
Langfristig denken
Längerfristig zu denken heißt, sich auch um die nächste Generation zu kümmern. Wer beispielsweise eine oder mehrere Immobilien zu besitzt und die Absicht hat, diese weiterzuvererben, sollte sich rechtzeitig mit der Thematik befassen. Das bedeutet, Freibeträge im Falle von Schenkungen an die nächste Generation in Gänze (und wenn erforderlich alle zehn Jahre) auszuschöpfen, da mit großer Sicherheit davon auszugehen ist, dass der Staat diese zukünftig nicht erheblich senken wird. Ferner ist es keinesfalls auszuschließen, dass die Erbschaftsteuer weiter angehoben wird. Überschreitet der Erbe seinen Freibetrag, so können schnell hohe Steuern anfallen. Ist die Erbschaftsteuer zu hoch, so muss im schlimmsten Fall die geerbte Immobilie veräußert werden.
Stiftungsgründung
Eine weitere Möglichkeit ist die Gründung einer Stiftung. Hierbei gilt es zu überlegen, ob man
Die Option einer Familienstiftung ist keinesfalls ausschließlich Superreichen vorbehalten. Bereits ab einem Vermögen von 500.000 Euro kann eine Stiftung unter bestimmten Umständen sinnvoll sein – ab einem Vermögen von einer Million Euro durchaus. Allein Deutschland zählt dem Global Wealth Report der Schweizer Bank Crédit Suisse zufolge gut 2,95 Millionen Dollar-Millionäre. 569 Die Unternehmensberatung Capgemini schreibt in ihrem jährlichen World Wealth Report, dass 1.633.000 Bürger in Deutschland ein anlagefähiges Vermögen (nicht mitgerechnet selbst genutzte Immobilien, Sammlungen und Verbrauchsgegenstände) von einer Million Dollar oder mehr besitzen. 570
Ziel einer Stiftung ist es, Vermögen über Generationen zu erhalten.
Die liechtensteinische Familienstiftung als Instrument des Vermögensschutzes und der Vermögensnachfolgeplanung 001
Viele Menschen, die über den Schutz des von ihnen erarbeiteten Eigentums, die Sicherung und Mehrung des dauerhaften Wohlstands ihrer Familie und die Planung ihrer Vermögensnachfolge nachdenken, stoßen im Zuge ihrer Überlegungen auf die Stiftung liechtensteinischen Rechts. Die Vorteile des Fürstentums Liechtenstein liegen dabei auf der Hand: Der nur rund 50 Kilometer südlich von Deutschland gelegene Kleinstaat gehört demselben Rechtkreis an, die Amtssprache ist Deutsch, das Land ist für seine Sicherheit und seinen Wohlstand bekannt, und es verfügt über sehr gute Beziehungen und langjährige wirtschaftliche Verflechtungen mit der Schweiz, Deutschland und anderen europäischen Staaten. All diese Umstände sind wesentliche Gründe, weshalb in den vergangenen Jahren ein enorm starkes Interesse an Stiftungen liechtensteinischen Rechts zu verzeichnen ist.
Gleichsam kursieren in Deutschland manche Mythen und Halbwahrheiten in Bezug auf Stiftungen und andere Gesellschaftsformen liechtensteinischen Rechts, die zu falschen Erwartungen und Fehlannahmen beitragen. Das Wichtigste vorweg – und dies ist ein Aspekt, der in der Praxis vieler Berater zu wenig Berücksichtigung findet: Die Stiftung liechtensteinischen Rechts ist kein »juristisches Massenprodukt«, das es an den Mann oder die Frau zu bringen gilt. Sondern in Bezug auf jeden, der sich mit einer Stiftungserrichtung auseinandersetzt, müssen die familiären, wirtschaftlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen sorgfältig abgeklärt werden, um eine allen Beteiligten zugutekommende und über Jahre und Jahrzehnte tragfähige Lösung zu erarbeiten.
Aus diesem Grund existieren für die liechtensteinische Stiftung keine Patentrezepte. Vielmehr sollen im Folgenden die liechtensteinische Stiftung im Allgemeinen, ihre Wesensmerkmale und Einsatzmöglichkeiten sowie bei der Errichtung besonders zu beachtende Aspekte aufgezeigt werden.
Liechtenstein als Stiftungsstandort
Obwohl das Fürstentum Liechtenstein mit einer Fläche von lediglich 158 Quadratkilometern das sechstkleinste Land der Erde ist, gehört es zu den wirtschaftsstärksten Zentren Europas und der gesamten Welt.
So lässt es mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP ) pro Kopf von rund 170.000 US -Dollar selbst andere wohlhabende Nationen weit hinter sich 002 und verfügt neben namhaften Bankhäusern über zahlreiche Weltunternehmen. Dazu zählen beispielsweise der vor 80 Jahren in Liechtenstein gegründete Werkzeughersteller Hilti AG , die Thyssen Krupp Steering oder das weltweit führende Dentalunternehmen Ivoclar Vivadent AG .
Die Wirtschaftsstärke Liechtensteins bestand jedoch nicht seit jeher, denn es handelte sich bis Anfang des 20. Jahrhunderts um ein wirtschaftlich und sozial unterentwickeltes Gebiet. 003 Und die ökonomische Situation des Landes verschlechterte sich nach dem Ersten Weltkrieg weiter, da sich das Fürstentum historisch an Österreich und Deutschland angelehnt hatte. Erste Verbesserungen brachte im Jahr 1923 der Abschluss des bis zum heutigen Tage gültigen Zollvertrags zwischen Liechtenstein und der Schweiz mit sich. Dieser schuf eine Zollunion, machte den Schweizer Franken zur liechtensteinischen Währung und stellte eine außen- und wirtschaftspolitische Orientierung an der benachbarten schweizerischen Eidgenossenschaft sicher. 004
Einen noch bedeutenderen Meilenstein für seine positive wirtschaftliche Entwicklung legte Liechtenstein 1926 mit dem Inkrafttreten seines Personen- und Gesellschaftsrechts (PGR ). Das Gesetzeswerk vereint eine Vielzahl liechtensteinischer Rechtsformen, und sein Herzstück ist das liechtensteinische Stiftungsrecht. Erklärtes Ziel der Verfasser des Entwurfs zum PGR war es, eine Gesellschaftsrechtsordnung zu schaffen, die ein so hohes Maß an Attraktivität aufweisen würde, dass sie ausländische Privatpersonen und Unternehmen zur Gründung liechtensteinischer Rechtsträger und zur Anlage von Vermögen in Liechtenstein bewegen würde. 005 Die heutige wirtschaftliche Situation Liechtensteins belegt, mit welch enormen Erfolg dieses Ziel erreicht werden konnte.
Grundzüge des liechtensteinischen Stiftungsrechts und Anerkennung im Ausland
Das liechtensteinische Stiftungsrecht zeichnet sich durch ein besonders hohes Maß an Flexibilität aus. Es weist, insbesondere in Ansehung des deutschen Rechts, vergleichsweise wenige zwingende Bestimmungen auf und verleiht folglich der Privatautonomie – also dem Willen der an der Stiftungserrichtung Beteiligten – sehr hohen Stellenwert.
Dies ist der Grund, weshalb sich die liechtensteinische Stiftung für eine Vielzahl von Zwecken eignet und infolgedessen weder die »typische Stiftung« noch eine »klassische Person des Errichters« einer Stiftung existieren. 006
Allerdings bot die Kombination aus liberaler Gestaltung des liechtensteinischen Rechts und nur rudimentär ausgeprägter Kontrollmechanismen lange Gelegenheit zum Missbrauch dieser Freiheiten, beispielsweise indem liechtensteinische Rechtsformen bis in das Jahr 2008 genutzt werden konnten, um strafbewehrte Steuerverkürzungen im Ausland zu begehen. Mittlerweile verfolgt das Fürstentum Liechtenstein seit 15 Jahren eine konsequente Weißgeldstrategie und setzte zahlreiche Maßnahmen zur Vermeidung der missbräuchlichen Verwendung liechtensteinischer Gesellschaften um. 007 Doch an seiner Grundentscheidung zugunsten eines liberalen Stiftungs- und Gesellschaftsrechts hielt das Fürstentum Liechtenstein weiterhin fest.
Infolge der zeitweise bestehenden Missbrauchsmöglichkeiten einer liechtensteinischen Stiftung befassten sich zahlreiche deutsche Gerichtsverfahren mit der Stiftung und anderen liechtensteinischen Verbandspersonen, und im Zuge dessen wurden konkrete Kriterien aufgestellt, die zur Versagung der Anerkennung einer liechtensteinischen Stiftung in Deutschland führen konnten. Eine Beleuchtung der diesbezüglichen Gerichtsentscheidungen würde den Rahmen des gegenständlichen Texts sprengen, 008 doch ein Grundsatz eint die gesamte Rechtsprechung: Will man die zivil- und steuerrechtliche Anerkennung einer liechtensteinischen Stiftung im Ausland nicht gefährden, so darf die Trennung von Stiftungsvermögen auf der einen und dem Privatvermögen von Stifter und Begünstigten auf der anderen Seite nicht nur theoretisch auf dem Papier bestehen, sondern muss wirtschaftlich sichergestellt und in der Praxis auch gelebt werden. Dies bedeutet, dass niemand über die Stiftung wie über Privatvermögen verfügen können darf, sondern im Falle von Ausschüttungswünschen stets die Organe der Stiftung zu involvieren hat.
Obwohl die Begehung strafbewehrter Steuerverkürzungen mittels liechtensteinischer Stiftungen aufgrund der aufgezeigten Maßnahmen und Urteile heutzutage nicht mehr möglich ist, sind Steueroptimierungen im Rahmen der Vermögensnachfolgeplanung weiterhin legal und durch die europarechtlich garantierte Personenfreizügigkeit und Niederlassungsfreiheit gewährt.
Eignung der liechtensteinischen Stiftung
Aufgrund der dargelegten großen Flexibilität eignet sich die liechtensteinische Stiftung für eine Vielzahl von Zwecken.
Die grundlegende Unterscheidung besteht zwischen gemeinnützigen und privatnützigen Stiftungen. Gemeinnützige Stiftungen sind solche, die ausschließlich oder überwiegend gemeinnützige Zwecke verfolgen, wozu beispielsweise karitative, religiöse, humanitäre oder kulturelle Tätigkeiten gehören. Gemeinnützige Stiftungen unterstehen der staatlichen Stiftungsaufsicht, müssen über eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verfügen und sind zwingend im liechtensteinischen Handelsregister einzutragen.
Demgegenüber liegt eine privatnützige Stiftung vor, wenn sie primär zugunsten einer Familie oder eines bestimmten Personenkreises errichtet wurde. Aus diesem Grunde werden privatnützige Stiftungen auch vielfach als »Familienstiftungen« bezeichnet. Familienstiftungen unterliegen nicht den für gemeinnützige Stiftungen geltenden Restriktionen, und ihre Eintragung im Handelsregister ist fakultativ. Ferner sind ihre Einsatzmöglichkeiten und Zwecke nicht beschränkt und lassen sich nahezu beliebig miteinander kombinieren. Das Spektrum der Einsatzmöglichkeiten lautet wie folgt:
Darüber hinaus kann auch eine Familienstiftung teilweise gemeinnützige Zwecke verfolgen, etwa indem sie in gewissen Zeitabständen Ausschüttungen an Organisationen tätigt, die dem Stifter am Herzen liegen beziehungsweise zu Lebzeiten am Herzen lagen. Solange ein größerer Teil ihres Vermögens beziehungsweise ihrer Erträge für ihren familiären Hauptzweck eingesetzt werden, bleibt sie eine privatnützige Stiftung.
Bei der Verfolgung der oben aufgezeigten Zwecke kommt Stiftern zugute, dass das Vermögen der Stiftung auf der ganzen Welt belegen sein kann. Sie darf infolgedessen etwa in Deutschland oder einem Drittstaat belegene Immobilien oder Unternehmen halten, und das Bankkonto einer Stiftung kann zwar bei einem liechtensteinischen oder schweizerischen Finanzinstitut eröffnet werden, zwingend ist dies jedoch nicht.
Ähnlich mannigfaltig gestaltet es sich in Bezug auf die Person des potenziellen Errichters von Stiftungen. Dies kann klassischerweise ein Unternehmer sein, der sich zur Ruhe setzen möchte und eine Stiftung errichtet, die das Unternehmen fortan hält, um feindliche Übernahmen oder Streit der künftigen Generationen zu vermeiden. Ebenso kann eine betagte Privatperson sich dazu entschließen, eine Stiftung liechtensteinischen Rechts zu errichten, deren primäre Aufgabe das künftige Fungieren als Testamentsvollstreckerin sein soll.
Doch es ist die Tendenz zu erkennen, dass Stifter immer jünger werden: So treten mittlerweile Väter und Mütter junger Familien genauso also Stiftungsgründer auf, oder kinderlose Paare sorgen frühzeitig vor, indem sie Stiftungen errichten, die ihre Versorgung im Alter sicherstellen und gleichzeitig gemeinnützige Zwecke verfolgen. Und gerade in den letzten Jahren entdeckte der junge und hippe Start-up-Kosmos das liechtensteinische Stiftungs- und Gesellschaftsrecht für sich. 009 Viele Unternehmensgründer und vermögende Personen treibt um, dass sie in jungen Jahren hohes Vermögen aufbauen, welches sie aufgrund der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen jedoch an Deutschland bindet. Um dieses Problem zu mitigieren und um für allfällige Wohnsitzverlegungen in Drittstaaten vorbereitet zu sein, ist ein wachsendes Interesse daran zu erkennen, den Vermögensaufbau ganz oder teilweise innerhalb einer Stiftung liechtensteinischen Rechts stattfinden zu lassen. Kurzum: So mannigfaltig die Zwecke sind, denen eine liechtensteinische Stiftung zu dienen vermag, so divers ist mittlerweile der Kreis potenzieller Stifter geworden.
In Bezug auf die Höhe des Vermögens einer Stiftung kursieren zahlreiche Halbwahrheiten. So wird nicht selten kolportiert, dass eine Stiftung erst Sinn ergebe, wenn sie mit einem liquiden Vermögen von mindestens einigen Hunderttausenden Euro ausgestattet wird. Selbstverständlich existieren teilweise sehr vermögende liechtensteinische Stiftungs- und Gesellschaftsstrukturen, deren Vermögen sich gar im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich bewegen. Doch es ist keineswegs so, dass eine liechtensteinische Stiftung von Anfang an über ein großes Vermögen verfügen muss. Vielfach ist das Gegenteil der Fall: Es kann durchaus Sinn ergeben, dass eine Stiftung Vermögen erst über Jahre und Jahrzehnte langsam aufbaut. Nicht selten ist dies aus steuerlichen Gründen sogar ein besserer Weg, als wenn die Stiftung von Anfang an über ein erhebliches Vermögen verfügt. Und in einigen Fällen kann eine Stiftung sogar Sinn ergeben, wenn sie selbst auf Dauer nur über geringes liquides und sonstiges Vermögen verfügt.
Auch in Bezug auf den Wohlstand desjenigen, der die Stiftung errichten möchte, gibt es keine universell gültige Regel. Die Beratungspraxis zeigt, dass eine Stiftung liechtensteinischen Rechts in der Regel dann am meisten Sinn ergibt, wenn das Gesamtvermögen der Familie bei über 3 Millionen Euro liegt. Doch auch dies ist keine »in Stein gemeißelte« Zahl, je nach den Umständen des Falls und den Bedürfnissen der involvierten Personen kann die Stiftung ihre Vorteile auch schon bei geringeren Vermögenshöhen entfalten.
Wesen der Stiftung sowie deren Errichtung
Nach dem Verständnis des liechtensteinischen PGR handelt es sich bei der Stiftung um ein sogenanntes verselbstständigtes Zweckvermögen. Hinter diesem sperrig anmutenden Begriff verbirgt sich nichts anderes, als dass die Stiftung über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt, das ihr gewidmete Vermögen im eigenen Namen hält und während ihrer gesamten Existenz den ihr vom Stifter zugedachten Zweck erfüllt.
Das gesetzliche Mindestkapital einer Stiftung beträgt 30.000 Schweizer Franken, Euro oder US -Dollar, und es muss ihr zum Zeitpunkt ihrer Errichtung zur Verfügung stehen. In der Praxis wird hierzu zunächst ein Gründungssperrkonto errichtet, das nach Errichtung der Stiftung in ein reguläres Zahlungs- und Anlagekonto umgewandelt wird. Sowohl die spätere Zuwidmung von Vermögen als auch ein langsamer Vermögensaufbau sind ohne Hürden möglich.
Die Beteiligten einer Stiftung sind der Stifter, die Stiftungsbegünstigten sowie die Organe der Stiftung. Oberstes Organ der Stiftung ist der Stiftungsrat, denn ihm obliegt neben der Geschäftsführung der Stiftung auch die Vertretung gegenüber Dritten. Es können darüber hinaus weitere, insbesondere der Überwachung des Stiftungsrats dienende Organe wie ein sogenannter Protektor oder ein Familienkuratorium geschaffen werden. Deren genaue Befugnisse und Pflichten werden in den Stiftungsdokumenten ausgestaltet. Bei der Gestaltung dieser Befugnisse sind vonseiten des liechtensteinischen Rechts kaum Grenzen gesetzt, es muss jedoch darauf geachtet werden, dass die Befugnisse nicht so weit gehen, dass die Gefahr der Nichtanerkennung der Stiftung in Deutschland infolge zu großer Einflussmöglichkeiten von Stifter oder Begünstigten besteht.
Die Errichtung der Stiftung erfolgt in aller Regel durch einen Anwalt in Zusammenarbeit mit einer liechtensteinischen Treuhandgesellschaft. Hinter dem in Deutschland als beinahe ominös geltenden Begriff der Treuhandgesellschaft steckt nichts anderes als ein von der liechtensteinischen Finanzmarktaufsicht überwachtes und konzessioniertes Unternehmen, dem das Recht zukommt, liechtensteinische Stiftungen und andere Rechtsträger zu gründen und zu verwalten.
Da eine Stiftung zwar über Begünstigte, nicht jedoch Gesellschafter oder Anteilsinhaber verfügt, muss bei der Stiftungserrichtung ein besonderes Augenmerk auf die sorgfältige Erarbeitung der Stiftungsdokumente gelegt werden, um zu gewährleisten, dass die Stiftung langfristig dem Willen des Stifters Rechnung trägt und dem Wohl ihrer Begünstigten dient.
Es kann grundsätzlich zwischen vier Arten von Dokumenten unterschieden werden, die im Rahmen der Gründung und Verwaltung einer Stiftung von Bedeutung sind:
Aufgrund des hohen Stellenwerts der Privatautonomie innerhalb des liechtensteinischen Gesellschafts- und Stiftungsrechts können die Stiftungsdokumente sehr variabel gestaltet werden, sodass sie sich an im Laufe der Jahre ändernde Rahmenbedingungen anpassen können.
Einbringung von Vermögen: Steuerliche Aspekte und Gestaltungsmöglichkeiten
Sofern auf das Verhältnis des Stifters zu der von ihm errichteten liechtensteinischen Stiftung deutsches Steuerrecht anwendbar ist, stellt die Stiftung eine im steuerrechtlichen Sinne nicht mit ihm Verwandte dritte Person dar. 010 Dies heißt, dass bei Einbringung von Vermögen in die Stiftung grundsätzlich ein Freibetrag von lediglich 20.000 Euro gilt und ein Schenkungsteuersatz von 30 Prozent, ab einem Wert von über 6 Millionen Euro sogar von 50 Prozent, zur Anwendung gelangt. 011 Die Einbringung größerer Vermögenswerte in eine Stiftung wäre zu derartigen Konditionen häufig unattraktiv. Deshalb gibt es im Ausgangspunkt die vier folgenden Möglichkeiten, um die bei Widmung von Vermögen anfallende deutsche Steuerlast erheblich zu reduzieren.
Es ist deshalb – nicht nur in Bezug auf die Darlehenslösung – von entscheidender Bedeutung, dass, gegebenenfalls unter Einbeziehung bestehender Berater in Deutschland, vor der Stiftungserrichtung ein tragfähiges Konzept erarbeitet wird, das nicht nur auf der Seite des liechtensteinischen Rechts funktioniert, sondern auch den steuerlichen und sonstigen Anforderungen im Heimatland des Stifters gerecht wird. Aus ebendiesem Grund kann auch nicht pauschal gesagt werden, dass eine der aufgezeigten Varianten den jeweils anderen überlegen wäre. Dies kommt auf die jeweiligen Umstände des Falls, die Art der Vermögenswerte und die Bedürfnisse der Familie an. Nicht selten werden im Zuge dessen auch verschiedene Arten von Einbringungsvorgängen kombiniert.
Besteuerung der Stiftung in Liechtenstein und sonstige Kosten
Die Einbringung von Vermögen in eine Stiftung wird in Liechtenstein nicht nennenswert besteuert, denn das Fürstentum hat seine Erbschaft- und Schenkungsteuer gänzlich abgeschafft. 013
Auch die laufende Besteuerung bei einer liechtensteinischen Stiftung erweist sich als sehr günstig: Während gemeinnützige Stiftungen vollständig von der Besteuerung ausgenommen sind, fällt bei einer privatnützigen Stiftung grundsätzlich die Ertragsteuer von 12,5 Prozent auf den erzielten jährlichen Überschuss an. Allerdings sind nach liechtensteinischem Recht zahlreiche Arten von Einkünften steuerfrei. 014 Dazu gehören die meisten Arten von Erträgen, welche eine Stiftung in der Regel erwirtschaftet. Dies führt zu dem Ergebnis, dass die steuerliche Belastung einer liechtensteinischen Stiftung normalerweise bei der Mindeststeuer von 1800 Schweizer Franken pro Jahr liegt.
Bezüglich der in Bezug auf die Errichtung einer Stiftung anfallenden Kosten hat es sich in Liechtenstein etabliert, dass diese pauschal berechnet werden, wobei die Bepreisung am Markt zwischen 4000 und 7000 Schweizer Franken schwankt und von der Komplexität der jeweiligen Situation abhängig ist. Hinzu kommen die anfallenden staatlichen Gebühren in Höhe von knapp 1000 Schweizer Franken.
Bezüglich der laufenden Kosten einer Stiftung sind auf dem liechtensteinischem Rechtsmarkt zwei Modelle vorherrschend, zum einen die Kombination aus Grundhonorar und Verrechnung von Leistungen auf Stundensatzbasis, zum anderen ein Pauschalhonorar, das sämtliche Leistungen abdeckt. Als Tendenz ist erkennbar, dass das Gros der Stiftungen somit durchschnittliche jährliche Kosten im Bereich zwischen 8000 und 15.000 Schweizer Franken verursacht.
Zusammenfassung
Die Stiftung liechtensteinischen Rechts ist ein vielseitig einsetzbarer Rechtsträger, mittels dessen Stifter ihr aufgebautes Vermögen schützen, außerhalb ihres Heimatlandes mehren und sicherstellen können, dass es ihren Familien, ihnen nahestehenden Personen oder gemeinnützigen Zwecken zugutekommt. Die liechtensteinische Familienstiftung ist keine »Einbahnstraße« und kann bei Bedarf auch aufgelöst werden. Nichtsdestoweniger vermag sie ihre wirtschaftlichen und steuerrechtlichen Vorteile am besten zu entfalten, wenn langfristige Überlegungen verfolgt werden.
Es gibt nicht die »eine idealtypische Stiftung« oder gar das »juristische Massenprodukt Stiftung«. Stattdessen ist jeder, der an der Errichtung einer liechtensteinischen Stiftung interessiert ist, auf kompetente Partner und Berater angewiesen, die bereit sind, individuelle Lösungen zu erarbeiten, die nicht nur in Liechtenstein, sondern auch in Deutschland und jedem anderen potenziell betroffenen Drittstaat tragfähig sind. Hält man sich an diese Maxime, so kann die Stiftung eine Lösung sein, die aufgebautes Vermögen schützt, es weiterhin vergrößert und von der viele künftige Generationen zu profitieren vermögen.
»Wer sich den Gesetzen nicht beugen will, muss die Gegend verlassen, in denen diese Gesetze gelten.«
Johann Wolfgang von Goethe, einer der bedeutendsten Repräsentanten deutschsprachiger Dichtung (1749 −1832) 571
Verstärkt hört man von Bürgern, die sich mit der Politik und den Gesetzen in Deutschland nicht mehr identifizieren können und auch nicht mehr gewillt sind, für diese Politik zu bezahlen. Für all jene gilt das obige Zitat Goethes. Wer sich den Gesetzen nicht mehr beugen will, benötigt eine Exitstrategie, muss die Gegend verlassen. Und dies betrifft in Deutschland seit geraumer Zeit nicht nur eine Handvoll Menschen.
Deutschland: Nicht nur ein Einwanderungsland
Der Tendenz nach verlassen immer mehr Deutsche das Land (siehe Abbildung 54). Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD ) ist Deutschland nicht nur das zweitgrößte Einwanderungsland innerhalb der OECD , sondern auch eines der Hauptherkunftsländer von Auswanderern. 572
Dem Anbieter für Markt- und Konsumentendaten Statista zufolge wanderten im Jahr 2021 insgesamt 994.303 Menschen aus Deutschland aus, darunter 746.474 Ausländer und 247.829 Deutsche. 573 Demgegenüber zogen 1.323.466 Menschen nach Deutschland zu. Der Wanderungssaldo, also der Saldo zwischen Zuzügen und Fortzügen, betrug folglich 393.342. 574
Abbildung 54: Zahl der deutschen und ausländischen Auswanderer aus Deutschland, 1991 bis 2021
Hellgrau: deutsche Auswanderer | dunkelgrau ausländische Auswanderer
Quelle:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/76972/umfrage/zahl-der-auswanderer-aus-deutschland/
Gut Ausgebildete verlassen Deutschland
Laut dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) sind knapp 1,8 Millionen deutsche Staatsangehörige im vergangenen Jahrzehnt ins Ausland umgezogen. Etwa 1,3 Millionen Menschen kamen zurück. Pro Jahr wanderten seit 1991 etwa 24.000 mehr Deutsche aus als ein. 575
Erstmals hat das BiB auch untersucht, wer aus Deutschland auswandert und welches die Gründe dafür sind. Das Resultat ist erstaunlich: Es sind keinesfalls die Verbitterten und Enttäuschten, die Deutschland den Rücken kehren. Das BiB kommt vielmehr zu dem folgenden Ergebnis: Der deutsche Auswanderer ist unter 40 Jahr alt, beruflich erfolgreich und hat einen akademischen Abschluss. Die meisten der 180.000 Auswanderer, 76 Prozent, seien Akademiker. »Auswanderung ist eine Domäne der Hochqualifizierten«, hieß es bei der Vorstellung der Ergebnisse. 576
Dem Verein Deutsche im Ausland e. V. (DIA e. V.) zufolge arbeiten Deutsche im Ausland häufig in Berufen mit hohem Qualifikationsniveau und in verantwortungsvollen Positionen; Karriereaussichten und familiäre Gründe stärken die Entscheidungen zur Auswanderung. Deutsche Auswanderer zögen häufig aus Job-Gründen weg, kehrten aber eher aus familiären Gründen zurück. 577
Insbesondere Auswanderer aus dem IT - und naturwissenschaftlichen Sektor kehren Deutschland für immer den Rücken, da, wie bereits erläutert, die Möglichkeiten in puncto Forschung, Vergütung, Firmengründung, digitale Infrastruktur und Steuern im Ausland oftmals wesentlich besser sind als in Deutschland. 578
Auszuwandern kann sich auch für weniger Qualifizierte lohnen
Nicht ausschließlich Hochqualifizierte profitieren vom Umzug ins Ausland. Insbesondere für Frauen mit Hochschulabschluss und für Geringqualifizierte zahlt sich der Umzug ins Ausland laut der Studie des BiB besonders aus. 579 Der Wegzug lohnte sich nicht nur finanziell. Zudem empfanden mehr als die Hälfte den neuen Lebensstandard als höher und bewerteten ihre Wohngegend nach dem Umzug als attraktiver. 580
Gründe für Auswanderer
Das Bildungsportal Planet Wissen erklärt: »Die ersten deutschen Auswanderer wurden von religiösen, politischen oder wirtschaftlichen Gründen angetrieben. Religiöse Splittergruppen erhofften sich zum Beispiel im ›Land der unbegrenzten Möglichkeiten‹ mehr Religionsfreiheit. Viele politisch Aktive hatten nach der gescheiterten Revolution im Jahre 1848 die Hoffnung auf ein demokratisches Deutschland verloren und verließen deshalb die Heimat. Hauptgrund für die meisten Auswanderer ist und war aber die wirtschaftliche Situation.« 581
Hohe Steuern und immer weniger Gegenleistungen
Niemand bezahlt gerne Steuern und Abgaben, geschweige denn so hohe wie in Deutschland. Noch weniger sind viele gewillt, einen immer höheren Obolus zu entrichten, wenn die Gegenleistungen des Staats immer weiter abnehmen oder schlechter oder teurer werden – Gegenleistungen in Form von Energieversorgung, Straßen, Brücken, Krankenhäusern, Schwimmbädern, 582 Kindergärten, Schulen, Universitäten, Digitalisierung, Gesundheitsvorsorge, Altenvorsorge, Verwaltung, öffentliche Sicherheit.
Bessere Bedingungen andernorts
Wenn sie im Ausland auf bessere Bedingungen treffen, dann ist es mehr als verständlich, dass bestens ausgebildete, insbesondere junge Bürger sowie jene Älteren mit dem entsprechenden Kapital der Bundesrepublik zusehends den Rücken kehren – bessere Bedingungen in Gestalt eines besseren Forschungsumfelds, eines höheren Gehalts, einer niedrigeren Besteuerung, eines unternehmer- und gründerfreundlicheren Umfelds, einer besseren Infrastruktur, niedrigerer Energiepreise, einer oftmals nicht von Neid zerfressenen Gesellschaft. 583
Tatsächlich gibt es auf der Erde noch Länder, in denen man keine Einkommensteuern bezahlen muss. Dazu zählen
Auch in puncto Unternehmensbesteuerung gibt es deutlich attraktivere Länder als Deutschland. In Japan und Deutschland fallen knapp 30 Prozent Steuern auf Unternehmensgewinne an. Ganz anders in Dubai: Ab Juni 2023 wird dort eine Unternehmensteuer in Höhe von 9 Prozent auf den Jahresgewinn eingeführt. Dabei gilt eine Freigrenze von 375.000 Dirham (entsprechend etwa 90.000 Euro). 585 In Chile liegt die Besteuerung bei 10 Prozent, und in Singapur liegt der Unternehmensteuersatz bei 17 Prozent (Höchststeuersatz) und wird ab einem Ertrag von 300.000 Singapur-Dollar (210.535 Euro) angewendet. Gewinnausschüttungen sind generell steuerfrei. 586 Eine Kapitalertragsteuer gibt es im Steuersystem Singapurs ebenfalls nicht.
Gehen bedeutet gehen
Jedem sollte klar sein, dass Auswandern keinesfalls einfach ist. Darüber hinaus ist es keineswegs ratsam, nur allein den Geldbeutel entscheiden zu lassen. Zweifellos ist es zumeist nirgendwo einfacher als im Heimatland. Man hinterlässt nicht nur seine Heimat, sondern oftmals auch seine Familie und Freunde, seinen Kulturkreis und sein persönliches Netzwerk. Kurzum: Zu Beginn schwächt man die eigene Basis. Man fängt gesellschaftlich zumeist faktisch wieder bei null an.
Manch einer kommt deshalb auf die Idee, ausschließlich seinen Wohnsitz in einem Land mit einer wesentlich geringeren Besteuerung anzumelden und trotzdem den größten Teil seiner Lebenszeit in Deutschland zu verbringen beziehungsweise seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland beizubehalten. Dies geht so lange gut, bis die Finanzbehörden davon Wind bekommen. Und genau dann wird sprichwörtlich die Hölle über eben jene hereinbrechen.
Deutschlands Finanzbehörden sind hartnäckig und kennen keine Gnade. Tennislegende Boris Becker kann ein Lied davon singen. Er musste vor Gericht zugeben, dass er jahrelang als Hauptwohnsitz Monaco angegeben hatte, tatsächlich aber in München lebte. Insgesamt soll er den Fiskus um Einkommen- und Vermögensteuern in Höhe von rund 1,7 Millionen Euro geprellt haben. Und genau hier versteht der Staat keinerlei Spaß. Becker erhielt zwei Jahre Haft auf Bewährung und 500.000 Euro Geldauflagen. Bereits vor dem Prozess hatte er eine Nachzahlung von 3,1 Millionen Euro geleistet und damit noch wesentlich Schlimmeres abgewendet. 587
Somit sollte jedem klar sein: Gehen heißt tatsächlich gehen, halbe Sachen und Mauscheleien werden langfristig nicht funktionieren. Allein dank Mobiltelefon lassen sich spielend Bewegungsprofile abbilden. Für jene, welche sich für besonders schlau halten und auf verschiedene Mobiltelefone zurückgreifen und ausschließlich bar bezahlen, besteht immer noch die Gefahr, dass sie von jemandem bei den Behörden gemeldet werden, der ihnen nicht wohlgesinnt ist.
Wer sich entscheidet, seiner Heimat den Rücken zu kehren und sich im Ausland niederzulassen, muss sich zuvor mit einer ganzen Reihe von Punkten befassen.
Die Wahl des Ziellands
Die Wahl des Ziellands sollte wohlüberlegt sein. Ebenso die Gründe für die Auswanderung. Manch einer möchte zu Familienmitgliedern oder Freunden im Ausland ziehen, einem anderen liegt ausschließlich das im Winter kühle Wetter in Deutschland nicht. Manchen missfallen die politischen Umstände, wieder andere gehen mit den Eingriffen in die Bürger- und Freiheitsrechte der Politik nicht konform. Manch einer ist nicht mehr gewillt, mit seinen Steuergeldern den Umbau Deutschlands von einer Leistungs- in eine Umverteilungsgesellschaft mitzufinanzieren, und manch einer möchte in einem Land leben, in dem seine Kinder weitaus bessere Zukunftsaussichten haben oder die Kriminalitätsrate geringer ist.
Jeglicher Grund mag für den einen oder anderen plausibel sein. In diesem Buch steht weniger der Aspekt des Familiennachzugs oder des Wetters im Vordergrund als das mikro- und makroökonomische Umfeld. Kurzum: Wohin zu ziehen lohnt sich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, wohin nicht?
Wichtige Kriterien
Es ist empfehlenswert, ausschließlich Länder mit einer intakten Demokratie, wenig Korruption, geringer Kriminalitätsrate und geringer Staatsverschuldung, einer attraktiven Steuerpolitik, einem guten Gesundheitssystem in Betracht zu ziehen. Länder, deren Sprache man mächtig ist, deren Kultur man versteht und die eine langfristige Zukunftsperspektive bieten. Obendrein sollte man sich mit den klimatischen Bedingungen einer etwaigen zukünftigen Heimat auseinandersetzen.
Vermögensverteilung
Teilt man die Haushalte in eine reichere und eine ärmere Hälfte, so ist das Medianvermögen der Wert, der exakt in der Mitte liegt. Folglich haben, konträr zum Durchschnitt oder arithmetischen Mittel, wenige »Ausreißer«, die stark vom Mittelwert der Vermögensverteilung abweichen, auf den Median praktisch keine Auswirkung. 588
Der Gini-Koeffizient ist ein Maß der Vermögensverteilung. Je näher er an dem Wert 1 (oder 100 Prozent) liegt, desto größer ist die Ungleichverteilung, das heißt, desto stärker sind die Vermögen bei wenigen Wohlhabenden konzentriert. Tabelle 6 zeigt, dass Australien und Neuseeland, was die Gleichmäßigkeit der Verteilung des Vermögens betrifft, mit großem Abstand die Spitzenplätze belegen, gefolgt von Großbritannien und Kanada.
Ferner wird aus Tabelle 7 ersichtlich, dass der durchschnittliche Bewohner der Bundesrepublik bei Weitem nicht zu den wohlhabendsten in der Europäischen Union gehört.
Land |
Vermögen pro erwachsene Person (in US -Dollar, 2021) |
Medianvermögen (in US -Dollar, 2021) |
Gini-Koeffizient (in Prozent, 2021) |
Schweiz |
696.604 |
168.084 |
78,1 |
Vereinigte Staaten |
579.051 |
93.271 |
86,0 |
Australien |
550.110 |
273.903 |
66,2 |
Neuseeland |
472.153 |
231.257 |
70,0 |
Kanada |
409.297 |
151.248 |
72,6 |
Singapur |
358.204 |
93.133 |
78,8 |
Vereinigtes Königreich |
309.375 |
141.552 |
70,6 |
Vereinigte Arabische Emirate |
122.841 |
23.055 |
88,5 |
Deutschland |
256.985 |
60.633 |
78,8 |
Tabelle 6: Vermögensverteilung in ausgewählten Ländern der Welt
Quelle:
https://www.credit-suisse.com/about-us/en/reports-research/global-wealth-report.html
,
https://de.wikipedia.org/wiki/Mittleres_Verm%C3%B6gen
Land |
Vermögen pro erwachsene Person (in US -Dollar, 2021) |
Medianvermögen (in US -Dollar, 2021) |
Gini-Koeffizient (in Prozent, 2021) |
Luxemburg |
657.564 |
350.271 |
66,3 |
Dänemark |
426.494 |
171.175 |
73,9 |
Belgien |
381.114 |
267.887 |
59,9 |
Niederlande |
400.828 |
142.994 |
75 |
Deutschland |
256.985 |
60.633 |
78,8 |
Frankreich |
322.074 |
139.169 |
70,2 |
Italien |
231.323 |
112.138 |
67,2 |
Spanien |
222.888 |
104.163 |
69,1 |
Tabelle 7: Vermögensverteilung in ausgewählten Ländern der europäischen Union
Quelle:
https://www.credit-suisse.com/about-us/en/reports-research/global-wealth-report.html
,
https://de.wikipedia.org/wiki/Mittleres_Verm%C3%B6gen
Demokratie, Korruption, Kriminalitätsrate
In Ländern, in denen keine stabilen demokratischen Verhältnisse herrschen, kann sich der politische Wind sehr schnell drehen – und aus dem Auswanderertraum kann im Nu ein teurer Albtraum werden.
Ein besonders drastisches Beispiel ist Simbabwe, die einstige Kornkammer des südlichen Afrika. Im Jahr 2000 führte die simbabwische Regierung unter dem damaligen Präsidenten Robert Mugabe eine chaotische, von Korruption geprägte Landreform durch. Neun von zehn der rund 4500 überwiegend weißen Farmer wurden enteignet. Ihre Güter gingen an Politiker und Militärs, die über Landwirtschaft keine Kenntnisse hatten, oder an Kleinbauern, denen die Mittel zur profitablen Bewirtschaftung ihres Landes fehlten. 589 Das Land wurde binnen kurzer Zeit zu einem bettelarmen Staat.
Auch wenn dies ein äußerst extremes Beispiel ist, sollte man wissen, dass in Ländern mit einem hohen Grad an Korruption zumeist derjenige recht bekommt, welcher die besseren Verbindungen oder den größeren Geldbeutel hat – oder bestenfalls beides zugleich.
Kriminalitätsrate
Sicherheit ist ein wichtiger Aspekt des Lebens. Längst gehört Deutschland nicht mehr zu den sicheren Ländern (siehe Tabelle 8). Unter den Top Ten der sichersten Städte befindet sich keine deutsche Stadt. 590
Platz |
Land |
Kriminalitätsindex |
Sicherheitsindex |
43 |
Deutschland |
37,01 |
62,99 |
42 |
Luxemburg |
35,58 |
64,42 |
41 |
Spanien |
34,97 |
65,03 |
40 |
Ungarn |
33,91 |
66,09 |
39 |
Usbekistan |
33,68 |
66,32 |
38 |
Norwegen |
33,51 |
66,49 |
37 |
Kuwait |
33,01 |
66,99 |
36 |
Litauen |
32,55 |
67,45 |
35 |
Rumänien |
32,5 |
67,5 |
34 |
Israel |
32,18 |
67,82 |
33 |
Polen |
32,13 |
67,87 |
32 |
Aserbaidschan |
31,73 |
68,27 |
31 |
Kuba |
31,72 |
68,28 |
30 |
Portugal |
31,53 |
68,47 |
29 |
Zypern |
31,06 |
68,94 |
28 |
Slowakei |
30,54 |
69,46 |
27 |
Brunei |
29,55 |
70,45 |
26 |
China |
28,82 |
71,18 |
25 |
Niederlande |
27,57 |
72,43 |
24 |
Singapur |
27,22 |
72,78 |
23 |
Finnland |
26,84 |
73,16 |
22 |
Österreich |
26,82 |
73,18 |
21 |
Dänemark |
26,34 |
73,66 |
20 |
Südkorea |
26,13 |
73,87 |
19 |
Tschechien |
25,78 |
74,22 |
18 |
Ruanda |
25,54 |
74,46 |
17 |
Georgien |
25,25 |
74,75 |
16 |
Bahrain |
24,95 |
75,05 |
15 |
Monaco |
24,92 |
75,08 |
14 |
Saudi-Arabien |
24,62 |
75,38 |
13 |
Island |
24,3 |
75,7 |
12 |
Estland |
24,14 |
75,86 |
11 |
Kroatien |
23,99 |
76,01 |
10 |
Slowenien |
23,17 |
76,83 |
9 |
Japan |
22,24 |
77,76 |
8 |
Schweiz |
22,12 |
77,88 |
7 |
Armenien |
21,75 |
78,25 |
6 |
Hongkong |
21,62 |
78,38 |
5 |
Oman |
19,72 |
80,28 |
4 |
Isle of Man |
18,28 |
81,72 |
3 |
Taiwan |
16,15 |
83,85 |
2 |
Vereinigte Arabische Emirate |
14,87 |
85,13 |
1 |
Katar |
14,15 |
85,85 |
Tabelle 8: Kriminalitätsindex in ausgewählten Ländern der Welt
Quelle:
https://de.numbeo.com/kriminalit%C3%A4t/ranking-nach-land
Im Jahr 2022 wurden in Deutschland im Auftrag des Bundeskriminalamts und der Polizeien der Länder mehr als 45.000 Menschen zu Erlebnissen mit Kriminalität und ihrem Sicherheitsgefühl befragt. Die Befragung ergab, dass die Vorstellung, nachts allein in Bus oder U-Bahn unterwegs zu sein, Unbehagen auslöst und sich nur noch ein Drittel der Frauen und 60 Prozent der Männer nachts ohne Begleitung im öffentlichen Personennahverkehr »sehr sicher« oder »eher sicher« fühlen. Mehr als die Hälfte der befragten Frauen meiden »häufig« oder »sehr oft« bestimmte Straßen, Parks oder Plätze, weichen Fremden nach Möglichkeit aus oder meiden nachts den ÖPNV . Diese Befunde sollten zu denken geben. 591
Gated Communities
In zahlreichen Ländern ist die Kriminalitätsrate wesentlich höher und somit die persönliche Sicherheit wesentlich stärker gefährdet als in Deutschland.
Insbesondere in den USA , Südamerika, Asien und Afrika wohnen der gehobene Mittelstand und die Oberschicht oftmals in sogenannten Gated Communities, das heißt, innerhalb geschlossener Wohnkomplexe mit verschiedenen Arten von Zugangsbeschränkungen.
»Gated Communities stellen eine Extremform der Privatisierung öffentlicher Räume dar, verbunden mit einer radikalen Veränderung der Stadtlandschaft. Insbesondere in Räumen wie Südkalifornien ist eine hohe Konzentration dieser Wohnform auszumachen. Dabei lassen sich anhand umzäunter Alters- oder Feriensiedlungen sowie familienorientierter Gated Communities unterschiedliche Entwicklungsmuster identifizieren. Gründe für den Erfolg von Gated Communities sind unter anderem der Sicherheitsaspekt, die starke Identifikation mit dem Wohnumfeld sowie eine Organisationsstruktur, welche sich in ausgeprägter Form an den Präferenzen der Bewohner orientiert. Die größten Vorteile von Gated Communities gegenüber konventionellen Siedlungen liegen bei den auf Effizienz ausgerichteten siedlungsinternen Strukturen.« 592
Ob es erstrebenswert ist, in einer Parallelgesellschaft hinter Mauern und Stacheldraht mit Wachpersonal zu wohnen, muss ein jeder selbst für sich entscheiden. Sollte sich die Gesellschaft weiter in demselben Tempo auseinanderdividieren, die Schere zwischen Arm und Reich sich immer weiter öffnen und folglich die Kriminalität rasant zunehmen, so werden auch in Deutschland Gated Communities wie Pilze aus dem Boden schießen. In Aachen, Potsdam, Berlin, Münster, Leipzig und München gibt es bereits die ersten. 593
Gesundheit: Das höchste Gut
Statistisch gesehen wird jeder irgendwann einmal krank mit der Folge, dass er auf fremde Hilfe angewiesen ist. Auch wenn sich viele über das Gesundheitssystem in Deutschland beklagen, so ist dieses im internationalen Vergleich – insbesondere im Vergleich etwa mit Großbritannien – immer noch weit vorn. Obendrein ist es vor allem noch eines: sehr günstig. Somit sollte sich jeder potenzielle Auswanderer mit der Frage beschäftigen, ob er sich eine gute Krankenversicherung andernorts leisten kann. Man kann zwar Gesundheit nicht kaufen, zweifellos aber kann ein gutes Gesundheitssystem das Leben verlängern und einfacher machen.
Sprache und Kultur
Wandert man aus in ein Land, dessen Sprache und gegebenenfalls auch dessen Schrift man nicht beherrscht, dessen Kultur man nicht versteht, so wird das neue Leben dort gewiss nicht einfacher werden. Paradebeispiele hierfür bieten die zahllosen Auswanderersendungen in den Untiefen des Privatfernsehens. Wird für jeden Behördengang, für jedes Dokument, für jeden Kaufvertrag ein Übersetzer benötigt, dem man faktisch blind vertrauen muss, so ist dies gewiss eine hohe Hürde. Abgesehen davon ist es nicht einfach, privat Anschluss zu finden. Der kulturelle Aspekt ist keinesfalls zu verkennen.
Verlässt man die Heimat, so sollte man sich den lokalen Sitten und Gebräuchen im Zielland anpassen. Andernfalls wird man nie ankommen und höchstens in einer Expat-Blase leben. Was in Deutschland als selbstverständlich gilt, kann in anderen Ländern vollkommen anders aufgefasst werden. Ein sehr aufschlussreiches Beispiel bietet die Zuggesellschaft Japan Railways West, die sich für eine um 25 Sekunden verfrühte Abfahrt entschuldigte. 594 Ganz anders sieht es in puncto Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit oftmals etwa in Afrika, Südamerika und Südeuropa aus. Man betrachte etwa die südamerikanischen Handwerker, bei denen in Sachen Pünktlichkeit und Qualitätsansprüchen Wunsch und Wirklichkeit oftmals meilenweit auseinander liegen. Vor allem eines beherrschen sie in Perfektion: Mañana – morgen. (Manch einer übersetzt dies auch mit »der Tag, der niemals kommt«.) Man sollte wissen, dass man in zahlreichen Ländern für viele alltägliche Erledigungen sehr viel Zeit und Geduld aufbringen muss, oftmals wesentlich mehr als selbst auf Berliner Ämtern – und dort finden einer Umfrage zufolge 90 Prozent der Berliner die Ämter zu langsam. 595
Welche Länder haben langfristig positive Zukunftsaussichten?
Wenn die gegenwärtige Entwicklung sich fortsetzt, dann ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich die Welt abermals in Blöcke unterteilt.
Zuerst Corona und maßgeblich der Krieg in der Ukraine haben die Globalisierung erheblich entschleunigt und die Umbildung ökonomischer Machtblöcke – USA , China, Russland – beschleunigt. Ob Deutschland und Europa zukünftig in der neuen Weltordnung noch eine tonangebende Rolle spielen werden oder ob Europa und somit Deutschland zwischen den Blöcken USA und China und Russland zermahlen werden, ist äußerst fraglich.
Nach dem gegenwärtigen Stand wird Europa weiterhin global kontinuierlich an Bedeutung verlieren, da von den politischen Kräften keine tiefgreifenden Reformen zu erwarten sind. Vor diesem Hintergrund ist eine Auswanderung unter monetären Gesichtspunkten in ein europäisches Land außer der Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und den Kanalinseln zweifellos zu überdenken.
Hinaus aus der EU oder gleich aus ganz Europa?
Wie an anderer Stelle in diesem Buch eingehend analysiert, sind die Aussichten für die EU mit ihren dazugehörigen Ländern und die Währung Euro langfristig nicht sonderlich vielversprechend. Deutschland und die EU entwickeln sich immer weiter von einer Leistungs- zu einer Umverteilungsgesellschaft. Somit ist davon auszugehen, dass die Steuer- und Abgabenlast zukünftig mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter steigen wird. Des Weiteren ist es lediglich eine Frage der Zeit, bis das Währungsexperiment Euro schlussendlich scheitern wird. Obendrein ist keinesfalls klar, ob Deutschland die Energiewende und zusammen mit ihm die weiteren EU -Länder in puncto Digitalisierung den Anschluss an das 21. Jahrhundert tatsächlich noch schaffen werden.
Betrachtet man die Auswanderung rein unter langfristigen monetären Gesichtspunkten, so sind für Leistungsträger und Wohlhabende weder Deutschland noch die EU noch zukunftsträchtig – falls es nicht zügig zu tiefgreifenden Reformen kommt. Für jene, welche die Sorge einer möglichen Ausweitung des Ukrainekriegs auf weitere europäische Länder umtreibt, lautet die Devise: Hinaus aus Europa!
Optionen
Schenkt man allen genannten Kriterien Beachtung, so werden die Möglichkeiten der Wahl unter den gegenwärtig 195 von den Vereinten Nationen anerkannten unabhängigen Ländern, darunter 193 Mitglieder und zwei ständige Beobachterstaaten (Vatikan und Palästina), schon wesentlich weniger. In Europa (außerhalb der EU ) stehen für Hochqualifizierte und unter steuerlichen Gesichtspunkten die Schweiz und für jene mit einem etwas größeren Geldbeutel Liechtenstein, Monaco und die Kanalinseln Guernsey und Jersey, Isle of Man und Andorra zur Wahl.
In Übersee kommen unter anderem die Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada, Australien, Neuseeland und für Bürger mit dem Wunsch nach Ruhe, Sommer, Sonne, Strand die Karibikinseln Cayman Islands, Anguilla, Antigua und Barbuda, die britischen Jungferninseln, Saint Kitts and Nevis, St. Vincent und die Grenadinen sowie die Turks- und Caicosinseln infrage. Singapur und Dubai sind eine Sache für sich, wobei Singapurs Regierungsform im westlichen Sinne offenkundig dem Autoritarismus näher steht als einer Demokratie. 596 Dubai hingegen ist eine lupenreine absolutistische Monarchie.
Lebensqualität ist unbezahlbar
Beim Thema Lebensqualität streiten sich die Geister. Der eine mag es gerne kühl, der andere lieber heiß. Manch einer bevorzugt das Leben in der Stadt, der andere die Landluft. Für manchen sind die Berge das Nonplusultra, der andere geht am liebsten 365 Tage im Jahr im Meer baden. Da die Geschmäcker verschieden sind, sind die Rankings der lebenswertesten Städte der Welt, etwa das der Experten der Economist Intelligence Unit (EIU ), mit Vorsicht zu betrachten.
Ranking der lebenswertesten Städte
Die Positionen in der Rangliste setzen sich aus den folgenden Kategorien zusammen:
Die Rankings für 2021 und 2022 sind in Tabelle 9 wiedergegeben.
Rang |
2021 |
2022 |
1 |
Auckland |
Wien |
2 |
Osaka |
Kopenhagen |
3 |
Adelaide |
Zürich und Calgary |
4 |
Wellington und Tokio |
./. |
5 |
./. |
Vancouver |
6 |
Perth |
Genf |
7 |
./. |
Frankfurt am Main |
8 |
Zürich |
Toronto |
9 |
Genf und Melbourne |
Amsterdam |
10 |
Brisbane |
Osaka und Melbourne |
Tabelle 9: Ranglisten der lebenswertesten Städte der Welt
Quelle:
https://www.capital.de/wirtschaft-politik/das-sind-die-lebens wertesten-staedte-der-welt
;
https://www.capital.de/leben/das-sind-die-lebenswertesten-staedte-2022-32625600.htm
Wo und wie kommt man überhaupt hinein?
Anders als in Deutschland ist es in vielen Ländern dieser Welt wesentlich schwieriger, in das Land einzureisen, geschweige denn ein dauerhaftes Bleiberecht zu erhalten. Viele Länder sind keinesfalls auf eine Einwanderung in ihre Sozialsysteme erpicht. Dementsprechend muss etwas mitgebracht werden.
Das Thema Einwanderung kraft Eheschließung wird in diesem Buch lediglich knapp gestreift. Allgemein bekannt sein dürfte, dass Einwanderung kraft Eheschließung in fast jedem Land der Erde möglich ist – wenngleich dies auch oftmals mit einem gewissen Aufwand verbunden ist. Voraussetzung ist, dass es sich nicht um eine Scheinehe handelt.
Cash or knowledge
Entweder Geld oder Wissen. So lautet, anders als in Deutschland, die Devise zahlreicher klassischer Einwanderungsländer. Wer über das notwendige Kapital verfügt, ist in fast allen Ländern der Erde willkommen. Jedoch betrifft dies in Relation zur Gesamtbevölkerung lediglich einen kleinen erlauchten Personenkreis.
Neben Kapital ist auch Bildung eine vorzügliche Eintrittskarte. Gut ausgebildete Experten beispielsweise aus dem IT -Bereich werden nicht nur in Deutschland händeringend gesucht. Jedoch besteht auch für junge Menschen zu Beginn ihrer Ausbildung die Option, den Horizont zu erweitern und den Grundstein für eine mögliche Auswanderung zu legen.
Studieren im Ausland
Diese Möglichkeit eröffnet sich entweder im Fall eines Stipendiums dank herausragender schulischer Leistungen oder mithilfe eines oder mehrerer Sponsoren, da die Studiengebühren teilweise immens sind.
Da Bildung bekanntlich eines der besten Investments ist, sollten Eltern beziehungsweise Großeltern, welche es sich leisten können, diese Option ins Auge fassen. Sie können ihren Kindern keine bessere Eintrittskarte ins Leben lösen als ein Studium mit einer Zukunftsperspektive an einer guten Universität im Ausland. Die Kinder werden nicht nur von einem internationalen Studienumfeld mit perfekten infrastrukturellen Bedingungen, sondern auch von internationaler Erfahrung und einem globalen Netzwerk profitieren. Ferner lernen junge Menschen, anders als im »Hotel Mama«, sehr schnell – in guten wie in schlechten Zeiten – Selbstständigkeit, wenn die Eltern oftmals viele Tausend Kilometer entfernt sind.
An dieser Stelle ein Beispiel aus eigener Erfahrung: Studieren in Australien. Ein Studium ist insbesondere in den angelsächsischen Ländern USA , Kanada, England, Australien und Neuseeland nicht günstig. Oftmals müssen die finanziellen Mittel zur Deckung aller Ausgaben (Kursgebühren, Reise- und Lebenshaltungskosten) während des Studiums im Vorhinein nachgewiesen werden. Ebenso ist eine Charakteranforderung (Bescheinigung über Vorstrafenfreiheit) erforderlich. Des Weiteren sind die spezifischen Anforderungen der Universität wie Abitur – oder bei Wechsel des Studienorts die erforderlichen Universitätsbescheinigungen (Immatrikulationsbescheinigung, Zeugnisse) – sowie (außer für Personen mit Englisch als Muttersprache) die Ergebnisse eines bestandenen Tests in englischer Sprache vorzulegen.
Aus eigener Erfahrung kann ich nach meinem vor knapp 20 Jahren abgeschlossenen International-Business-Studium in Australien bestätigen, dass die Studienbedingungen (Zahl der Studenten pro Kurs und Tutorial) sowie die Ausstattung (Bibliothek, Computer Labs, Freizeitmöglichkeiten) damals bei Weitem besser waren als an vielen Universitäten in Deutschland. Dieser Befund gilt auch heute noch in vielen Fällen.
Deutschland verfügt faktisch über keinerlei Bodenschätze und ist dank des Hirnschmalzes seiner Bürger zum Land der Dichter, Denker und Tüftler und schlussendlich zu einer globalen Wirtschaftsmacht aufgestiegen. Dennoch beansprucht das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom Bundeshaushalt das Achtfache dessen, was dem Bundesministerium für Bildung und Forschung zugewiesen wird. 598 Während in Deutschland oftmals insbesondere Professoren in ihrer unantastbaren elfenbeinturmartigen Parallelwelt leben, habe ich diesbezüglich in Australien grundlegend andere Erfahrungen gemacht. Ich habe persönlich erlebt, dass sich Studenten bei einem Dozenten über die nach ihrer Ansicht nach nicht angemessene Qualität der Vorlesung beschwerten. In der Diskussion wurde vorgebracht, dass sie sehr viel Geld für das Studium und letztendlich auch somit einen Teil seines Gehalts bezahlen. Der Dozent nahm sich die Kritik zu Herzen und hob das Niveau an. In Deutschland hätte man nach einer solchen Diskussion an den meisten Hochschulen voraussichtlich keine große Freude mehr gehabt.
Summa summarum kann ich jedem, für den es möglich ist, ein Studium im Ausland wärmstens empfehlen. Wenn man sich nicht in der Blase der Kommilitonen seines Heimatlandes bewegt, sondern diese bewusst meidet, dann erweitert dies maßgeblich den eigenen Horizont, man lernt neue Kulturen, Menschen und Landschaften kennen, fördert die eigene Persönlichkeitsentwicklung, optimiert seine Fremdsprachenkenntnisse, erwirbt wichtige Soft Skills wie Toleranz, Frustrationstoleranz, Anpassungsfähigkeit, interkulturelle Kompetenz, Selbstständigkeit, Selbstorganisation, Selbstvertrauen und im Idealfall ein internationales Netzwerk. All diese Faktoren machen sich gut im Lebenslauf und werden von vielen Personalern rund um den Globus geschätzt. 599 Junge ambitionierte Studenten, bestens ausgebildete Nachwuchskräfte oder Arbeitskräfte mit exakt den Qualifikationen, die gerade gesucht werden sowie Menschen mit dem nötigen Kapital, können sich eine Eintrittskarte in beinahe jedes Land der Erde lösen. In anderen Fällen gestaltet sich eine Auswanderung in viele Traumländer als äußerst schwierig bis unmöglich.
Im Folgenden werden einige interessante Auswanderungsländer in Europa und außerhalb Europas vorgestellt – die Schweiz und Andorra sowie die USA , Kanada, Australien und Neuseeland.
Schweiz – hoher Lebensstandard und leistungsträgerfreundliche Steuerpolitik
In der Schweiz ist fast jeder willkommen – der etwas mitbringt. Mitbringen sollte man entweder ausreichend Kapital oder eine gefragte Qualifikation. Bestenfalls beides. Seit Jahrzehnten zieht es Wohlhabende aus aller Welt in die Schweiz. Die Schweiz wird geschätzt für ein sicheres Umfeld, ihre politische Neutralität, eine hohe Lebensqualität, eine sehr gute Infrastruktur, wunderschöne Landschaften, ihre Banken und deren Diskretion und die leistungsträgerfreundlichen Steuersätze.
Zahlreiche deutsche Staatsbürger und ehemalige deutsche Staatsbürger, nicht nur solche mit einem größeren Geldbeutel, haben sich bereits im Nachbarland niedergelassen. Nirgends sonst ist die Millionärsdichte so hoch wie in der Schweiz, und der Club der Millionäre wächst stetig. Schätzungen der Bank Crédit Suisse zufolge gehörte 2020 fast jeder sechste Einwohner (14,9 Prozent) zum Millionärsclub. Sieht man von Zwergstaaten wie Monaco ab, so kommt kein anderes Land weltweit auf eine derart hohe Millionärsdichte. Auch die Superreichen lassen sich offensichtlich gerne in der Schweiz nieder. Das Land zählt 135 Milliardäre.
Zahlreiche deutsche Milliardäre und Millionäre wie beispielsweise Klaus-Michael Kühne aus Hamburg vom Logistikkonzern Kühne + Nagel, die mit Kaffeehandel in Deutschland groß gewordene Jacobs-Familie, die Familie des Baumaschinenherstellers Liebherr, die Industriellenfamilie von Finck, der Molkereiunternehmer Theo Müller und die Nachkommen Franz Ströhers, des Gründers des Wella-Haarpflegeunternehmens, sind bereits da. 600 Auch Patrick Cloppenburg, jüngster Sohn von Patron Harro Uwe, will das Modeimperium Peek & Cloppenburg offenbar von Zug aus steuern. Auch sein Wohnsitz sei nun in der Schweiz. 601 Im September 2022 wurde bekannt, dass auch der norwegische Industrie-Tycoon Kjell Inge Rökke, einer der reichsten und bekanntesten Wirtschaftskapitäne Norwegens, seiner Heimat den Rücken gekehrt hat und in die Schweiz gezogen ist. Norwegen entgehen dadurch Millionen an Steuern. Rökkes Unternehmensgruppe Aker ASA ist mit knapp 18.000 Arbeitsplätzen in Norwegen und noch einmal so vielen weltweit der größte private Arbeitgeber Norwegens. 602 Es ist stark davon auszugehen, dass, sollte es in Deutschland, der EU und in weiteren Hochsteuerländern keine umfassenden Reformen und somit Veränderungen geben, noch zahlreiche weitere hochvermögende Personen dazukommen werden.
Deutsche Ärzte sind bereits da
Die Stimmung unter zahlreichen in Deutschland angestellten Ärzten ist schlecht. Einer Befragung der Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB ) zufolge dachte 2022 ein Viertel der angestellten Ärzte daran, den Beruf an den Nagel zu hängen. Im Jahr 2019 waren es etwas mehr als ein Fünftel. Die meisten der knapp 8500 Teilnehmer waren in Krankenhäusern tätig. Sechs Prozent von ihnen arbeiteten in ambulanten Einrichtungen und beurteilen ihre Lage in der Regel etwas besser. 603
Für Unmut sorgen insbesondere die Arbeitszeiten mit massenhaften Überstunden und Bereitschaftsdiensten. Laut Ärzteangaben beträgt die tatsächliche Arbeitszeit – nicht jene auf dem Papier – durchschnittlich 50 Wochenstunden. Ein Fünftel arbeitet sogar 60 Stunden und mehr. 604 Daher ist es verständlich, dass sich diese hochqualifizierte und global gefragte Berufsgruppe nach externen Optionen umsieht. Ein Blick in die Schweiz belegt dies.
Bei einem Besuch in einem Schweizer Krankenhaus wird einem schnell bewusst, wer Deutschland Auf Wiedersehen gesagt hat. Oftmals können Sie sich entscheiden, ob Sie mit einem bayerischen, friesischen, fränkischen, schwäbischen oder sächsischen Arzt sprechen möchten. Aufgrund einer attraktiven Vergütung, hoher Klinikbudgets, flacher Hierarchien, eines geregelten Freizeitausgleichs bei Überstunden und einem geringeren administrativen Aufwand ist die Schweiz insbesondere unter deutschen Ärzten durchaus attraktiv.
Steuern
Auch unter steuerlichen Gesichtspunkten kann die Schweiz als attraktiv betrachtet werden. In der Schweiz gilt für ausländische Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, hier aber keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, das vereinfachte Verfahren der Pauschalbesteuerung. 605 Die Besteuerung richtet sich grundsätzlich nach dem Aufwand der Lebenshaltung, und Experten handeln mit dem jeweiligen Kanton den Steuersatz aus. Für Zugezogene ist die Deklaration ihres Besitzes nicht erforderlich. Der Paketpreis von Aufenthaltsbewilligung und Pauschalsteuer bezifferte sich im Kanton Jura beispielsweise laut dem Sender RTS für einen ledigen Nichteuropäer auf umgerechnet rund 135.000 Euro per annum. 606
Auch ohne solche Vereinbarungen ist die Einkommensteuer je nach Kanton wesentlich leistungsträgerfreundlicher als in Deutschland. 607
Jedoch bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Kantonen. So liegt die Steuerlast beispielsweise bei einem Single-Jahresgehalt von 100.000 Schweizer Franken in Genf bei rund 28,3 Prozent, in Zürich bei 23,8 Prozent und im Kanton Zug bei 17,7 Prozent. Bei einem Gehalt von 250.000 Schweizer Franken liegt sie in bei Genf 39 Prozent, in Zürich bei 35,1 Prozent und in Zug bei 26,2 Prozent. 608
Abbildung 55: Anteil der Energieträger an der öffentlichen Stromerzeugung in Deutschland, Frankreich und der Schweiz, 2021, in Prozent
Quelle:
https://www.nzz.ch/meinung/warum-die-energiewende-nur-mit-atomkraft-funktioniert-ld.1710692
In der Schweiz fällt auch eine Vermögensteuer an, und auch diese variiert zwischen den Kantonen erheblich. Im Kanton Genf beträgt der Steuersatz 10,1 Promille, im Kanton Nidwalden 1,3 Promille. 609 Das Risiko höherer Steuern für Topverdiener, Wohlhabende und Erben in der Schweiz wird – anders als beispielsweise in Deutschland – dank einer stabilen Fiskal- und cleveren Einwanderungspolitik eher als gering eingeschätzt. In der Schweiz liegt die Staatsschuldenquote bei 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In Deutschland sind es knapp 70 Prozent, in Frankreich und Spanien über 115 Prozent und in Italien und Griechenland über 150 Prozent. 610
Energie
Der Schweizer Strom stammt zu einem größeren Teil aus Erneuerbaren, der Rest wird durch Atomkraft abgedeckt. Dementsprechend produziert die Schweiz wesentlich klimafreundlicher als Deutschland (siehe Abbildung 55). 611
Andorra, die Oase in den Pyrenäen
Das Fürstentum Andorra ist ein Kleinstaat in Südwesteuropa. Es liegt in den östlichen Pyrenäen an der Grenze zu Spanien und Frankreich. Die Fläche des Landes beträgt lediglich 468 Quadratkilometer, die Einwohnerzahl liegt bei etwa 82.000 Personen.
In Andorra befindet sich nicht nur der höchstgelegene Golfplatz Europas, sondern auch das höchstgelegene Skigebiet Südeuropas. Die offizielle Sprache ist Katalanisch. Spanisch, Portugiesisch und Französisch sind ebenfalls weitverbreitet. Andorra ist weder Mitglied der Europäischen Union noch des Schengen-Raums, hingegen ist es Teil der EU -Zollunion. Die offizielle Landeswährung ist der Euro. Einkommen bis zu einem Betrag von 24.000 Euro ist steuerfrei, bis 40.000 Euro gilt der Satz von 5 Prozent, von da an der Höchstsatz von 10 Prozent. 612
Andorra kann aus steuerlichen Gesichtspunkten als attraktiv betrachtet werden. Es gibt keine Besteuerung von Vermögen, Kapitalerträgen, Erbschaften, Eigentum. Die Einkommensteuer ist gering.
Investoren bietet Andorra eine permanente Aufenthaltsgenehmigung. Um diesen Status aufrechtzuerhalten, muss man nur 90 Tage im Jahr im Land leben. Eine Immobilie kann problemlos erworben werden. 613
Andorra hat eine Kriminalitätsrate von fast null, eine der niedrigsten auf der Erde, und gehört mit zu den sichersten Ländern der Welt.
USA – Land der (beinahe) unbegrenzten Möglichkeiten
Die USA rangieren mit einer Gesamtfläche von gut 9,8 Millionen Quadratkilometern und einer Einwohnerzahl von rund 338,3 Millionen auf Platz 2 der weltweit größten Länder. Die durchschnittliche Einwohnerdichte in den Vereinigten Staaten liegt bei 33 Einwohnern pro Quadratkilometer.
Mit 133.312 Kilometern Küstenlinie haben die USA immense Bestände an zum Verzehr geeigneten Meerestieren sowie ausreichend Agrarflächen (rund 4,06 Millionen Quadratkilometer 614 ), um ihre Bevölkerung in Krisenzeiten zu ernähren. Unter anderem auch dank der umstrittenen Fracking-Methode hat das Land einen direkten, nicht unerheblichen Zugriff auf eigenes Öl und Gas. Im Jahr 2020 beliefen sich die Erdölreserven in den USA auf rund 69 Milliarden Barrel, die Erdgasreserven auf rund 12,6 Billionen Kubikmeter. 615 Obendrein haben die USA dank ihrer Größe und geografischen Bedingungen ein immenses Potenzial für erneuerbare Energien wie beispielsweise Solar- und Windenergie.
Einkommen ( US -Dollar, in Klammern: für verheiratete Paare) |
Steuersatz (Prozent) |
weniger als 10.275 (20.550) |
10 |
über 10.275 (20.550) |
12 |
über 41.775 (83.550) |
22 |
über 89.075 (178.150) |
24 |
über 170.050 (340.100) |
32 |
über 215.950 (431.900) |
35 |
über 539.900 (647.850) |
37 |
Tabelle 10: Einkommensteuertarif in den USA
Quelle:
https://www.irs.gov/newsroom/irs-provides-tax-inflation-adjustments-for-tax-year-2022#:~:text=Marginal%20Rates%3A%20For%20tax%20year,married%20couples%20filing%20jointly)%3B
Nicht zu verkennen ist, dass die USA ein tief gespaltenes Land mit einem hohen Maß an sozialer Ungerechtigkeit sind. Sollte Donald Trump tatsächlich noch einmal zur Wahl antreten und diese gewinnen, so würde die Spaltung des Landes mit hoher Wahrscheinlichkeit noch vertieft. Ebenfalls bedenklich hoch ist die Kriminalitätsrate (Rang 56 des globalen Kriminalitätsindex). 616 Aufgrund dessen wohnen in den USA zahlreiche Gutsituierte in Gated Communities.
Gesundheitssystem
Die USA stehen einerseits für eine sehr gute und moderne Ausstattung von Praxen und Krankenhäusern, andererseits aber auch für äußerst hohe Gesundheitskosten. Medikamente und medizinische Behandlungen kosten in den USA wesentlich mehr als in Deutschland. Dafür verdient man als Arzt auch ein Vielfaches. Das führt logischerweise zu hohen Kosten bei Krankenversicherungen in den USA . 617
Einkommensbesteuerung
In den USA gilt für natürliche Personen die sogenannte Progression. Je höher der Verdienst, desto höher ist der Steuersatz. Der Steuertarif ist in Tabelle 10 wiedergegeben.
Kanada – Bodenschätze und jede Menge Platz
In Kanada leben rund 38,5 Millionen Einwohner oder 3,9 Einwohner pro Quadratkilometer. Das Land hat eine Fläche von rund 9,98 Millionen Quadratkilometern. Es nimmt rund 41 Prozent der Fläche Nordamerikas ein und ist fast so groß wie ganz Europa. Knapp 110.000 Quadratkilometer des Landes sind Schutzgebiete. Kanada verfügt mit 265.523 Kilometern über die längste Küstenlinie weltweit und folglich über ausreichend essbaren Fisch und Meerestiere sowie über 626.562 Quadratkilometer landwirtschaftliche Nutzflächen. 618
Seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich Kanada zu einem der bedeutendsten Rohstoffproduzenten der Welt entwickelt. Es gehört bei vielen Rohstoffen zu den fünf wichtigsten Lieferländern, beispielsweise bei Kalisalz, Kobalt, Uran, Nickel, Platingruppenelementen und Diamanten. 619 Im Jahr 2020 betrugen die nachgewiesenen Erdgasreserven in Kanada rund 2,4 Billionen Kubikmeter, die Erdölreserven rund 168,1 Milliarden Barrel. 620
Gesundheitssystem
Das Gesundheitssystem Kanadas Medicare bietet Staatsangehörigen und Personen mit einem ständigen Wohnsitz in Kanada Zugang zu medizinischen Leistungen. In Kanada werden Krankenhäuser und Kliniken von der Regierung finanziert und verwaltet. Zusätzlich gibt es private Kliniken. Allianz Care zufolge können alle, die nach Kanada ziehen, sicher sein, dass es eine ausgezeichnete Gesundheitsversorgung gibt. 621
Einkommensbesteuerung
Die Höhe der kanadischen Einkommensteuer zeigt Tabelle 11.
Einkommen (in kanadischen Dollar) |
Steuersatz (Prozent) |
bis 49.020 |
15 |
zwischen 49.020 und 98.040 |
20,5 |
zwischen 98.040 und 151.978 |
26 |
zwischen 151.978 und 216.511 |
29 |
über 216.511 |
33 |
Tabelle 11: Einkommensteuertarif in Kanada
Quelle:
https://www.canada.ca/en/financial-consumer-agency/services/financial-toolkit/taxes/taxes-2/5.html
Australien – Lebensqualität »down under«
Australien hat rund 26,2 Millionen Einwohner und weist eine Fläche von rund 7,74 Millionen Quadratkilometern auf. Es ist damit flächenmäßig der sechstgrößte Staat der Erde und zugleich ein eigener Kontinent. Etwa 59.000 Quadratkilometer sind Wasserfläche. Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte liegt bei 3,3 Einwohnern je Quadratkilometer.
Auch Australien ist mit Rohstoffen gesegnet. Das Land verfügt über gigantische Reserven und riesige landwirtschaftliche Nutzflächen (rund 3,66 Millionen Quadratkilometer 622 ) sowie 66.530 Kilometer Küstenlinie mit enormen Fischbeständen. Ein großer Teil der riesigen Landfläche Australiens dient als Weideland. Insbesondere im sogenannten Outback, dem mittleren Teil des Landes, wird vorwiegend Viehzucht betrieben. Nur knapp 6 Prozent der Landfläche Australiens werden zum Anbau von Nahrungs- und Futterpflanzen genutzt.
Im Jahr 2015 verfügte Australien über die weltweit größten Reserven an Eisenerz, Blei, Zink, Nickel, Tantal und Gold sowie an Rutil und Zirkon. Die zweit- und drittgrößten Reserven der Welt an Bauxit, Kupfer, Kobalt, Ilmenit, Tantal, Silber und seltenen Erden liegen ebenfalls in Down Under. 623 Des Weiteren verfügte das Land im Jahr 2020 über Erdgasreserven von rund 2,4 Billionen Kubikmetern und Erdölreserven von rund 2,4 Milliarden Barrel. 624
Geradezu astronomisch ist das Potenzial für erneuerbare Energien, insbesondere Solarenergie, da im Outback gemessen an europäischen Verhältnissen unendlich viel Platz und unfassbar viel Sonnenschein zur Verfügung stehen. In Alice Springs beispielsweise scheint die Sonne unglaubliche 9,5 Stunden am Tag – im Jahresdurchschnitt wohlgemerkt. In den Monaten Januar, Februar, August, September, Oktober, November und Dezember wird dieser Wert sogar noch übertroffen. 625 Der kleinste Kontinent kann sich vollständig selbst mit Energie versorgen. Die Gesamtproduktion aller Anlagen zur Elektrizitätsgewinnung liegt bei über 106 Prozent des Eigenbedarfs. 626
Australien verfügt über ein sehr gutes Bildungs-, Sozial- und Gesundheitssystem, und nach Angaben des Informationsdienstes Germany Trade & Invest gab es noch nie so viele unbesetzte Stellen in Australien. 627
Gesundheitssystem
Australien hat eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Es bietet eine Kombination aus öffentlicher und privater Gesundheitsversorgung. Das öffentliche Gesundheitssystem Medicare wird von der Regierung unterstützt und übernimmt die Behandlung in öffentlichen Krankenhäusern sowie einen Teil der Kosten für einen Arztbesuch. Arbeitgeber zahlen keine Beiträge, der Pflichtbeitrag von Arbeitnehmerseite beläuft sich auf 2 Prozent des steuerpflichtigen Einkommens, Besserverdienende zahlen einen Zuschlag (Medicare Levy Surcharge) von 1 bis 1,5 Prozent. 628
Nicht alle Leistungen werden von Medicare abgedeckt. Voraussetzung für eine Inanspruchnahme der Medicare-Leistungen ist ein permanentes Visum oder die Staatsbürgerschaft. Eine private Krankenversicherung ist jedoch auch in Australien ebenso sinnvoll wie in Deutschland.
Einkommensbesteuerung
Tabelle 12 gibt den in Australien geltenden Einkommensteuertarif wieder.
Einkommen (in australischen Dollar) |
Steuersatz (Prozent) |
bis 18.200 |
0 |
zwischen 18.201 und 45.000 |
19 |
zwischen 45.001 und 120.000 |
32,5 |
zwischen 120.001 und 180.000 |
37 |
über 180.000 |
45 |
Tabelle 12: Einkommensteuertarif in Australien
Quelle:
https://www.ato.gov.au/rates/individual-income-tax-rates/
Neuseeland – Autarkie am Ende der Welt
Neuseeland hat eine Gesamtfläche von 267.710 Quadratkilometern. Dies entspricht ungefähr 75 Prozent der Größe Deutschlands. Das mit seinen rund 5,2 Millionen Einwohnern äußerst dünn besiedelte Land verfügt über immense landwirtschaftliche Nutzflächen (111.160 Quadratkilometer), 629 eine Küstenlänge von insgesamt 15.134 Kilometern mit reichlichen Fischbeständen und Bodenschätze wie Gold, Silber, Platinmetalle, Schwermineralsande sowie nichtersetzliche Rohstoffe wie Bentonit, Bimsstein, Diatomit, Dolomit, Halloysit-7Å, Kalkstein, Perlit, Siliciumdioxid, verschiedene Tonminerale und Zeolithe. Ferner verfügt das Land über umfangreiche Braunkohlevorkommen und ausreichend Gasreserven. 630 Insgesamt ist Neuseeland bei den meisten Brennstoffquellen (Kohle, erneuerbare Energien, Abwärme) autark, mit Ausnahme von Öl. 631
Das Schulsystem in Neuseeland zählt nach internationalen Standards zu den besten der Welt. 632
Gesundheitssystem
Neuseelands öffentliche Gesundheitsversorgung zählt weltweit zu den besten. Medizinische Einrichtungen sind gut ausgestattet, Ärzte und Pflegepersonal hochqualifiziert. Ohne eine private Krankenversicherung kann es jedoch ebenso wie in Deutschland zu Wartezeiten für nicht dringende Eingriffe kommen.
Einkommensbesteuerung
Tabelle 13 gibt den in Neuseeland geltenden, für Einwanderer relevanten Einkommensteuertarif wieder.
Einkommen (in Neuseeländischen Dollar) |
Steuersatz (Prozent) |
bis 14.000 |
10,5 |
zwischen 14.001 und 48.000 |
17,5 |
zwischen 48.001 und 70.000 |
30 |
zwischen 70.001 und 180.000 |
33 |
über 180.000 |
39 |
Tabelle 13: Einkommensteuertarif in Neuseeland
Quelle:
https://home.kpmg/xx/en/home/insights/2021/07/new-zealand-taxation-of-international-executives.html
Staatenlosigkeit: »Perpetual Traveler«
Manch einen reizt vielleicht auch ein Dasein als Vagabund – egal ob für eine Weile oder womöglich gar für immer. Dieses Konzept kann unter anderem interessant sein für digitale Nomaden mit einem adäquaten liquiden Einkommen, welche kein großes Interesse hegen, Steuern in einem Land zu zahlen, in dem sie sich die meiste Zeit des Jahres überhaupt nicht aufhalten. Oder auch für Menschen mit einem größeren Vermögen, die sich gerne an verschiedenen Wohnsitzen aufhalten.
Wann ist man »staatenlos«? 015
Staatenlos zu sein bedeutet nicht, ohne einen Staat zu leben. Tatsächlich leben wir mit vielen Staaten gleichzeitig, weil eine Diversifikation unsere Freiheit erhöht. Tatsächlich Staatenlose sind rechtslos – sie sind an das Land gebunden, das ihnen Asyl gewährt, und können oft nicht oder nur sehr beschränkt reisen. Wir hingegen machen aktiv Gebrauch von der Reisefreiheit eines möglichst guten Reisepasses – im Idealfall von mehreren. Staatenlos bezieht sich auf die mentale Ebene, sich vom Konzept eines Staates zu lösen, der von der Wiege bis zum Tod für einen da ist. Paradoxerweise erhöht sich unsere Freiheit, wenn wir verschiedenste Lebensaspekte an möglichst verschiedene Staaten binden. »Geh dorthin, wo du am besten behandelt wirst« – wie unsere Strategie der sogenannten Flaggentheorie sagt.
Wir können uns eben nicht ohne unschöne Konsequenzen völlig von staatlichen Systemen abkoppeln. Wir müssen einige Herausforderungen lösen und uns an bestimmte Regeln halten, denen wir nicht entkommen können. Anstatt die Existenz von Staaten zu leugnen, kennen wir sie eher sehr gut – so gut, dass wir uns die Staaten sorgfältig aussuchen, die wir zu unserem Vorteil nutzen.
Die Logik der Staatenlosigkeit besteht darin, sich anhand der individuellen Situation für bestimmte Länder zu entscheiden, die einem am besten dienen. Dafür nutzen wir die Gesetze und Vorschriften der einzelnen Staaten, um unsere Freiheit zu erhöhen, unseren Wohlstand zu steigern und unsere Privatsphäre zu schützen. Gesetzes- und Geo-Arbitrage sind zwei Stichwörter dafür.
Die Fragen, wo man am besten eine Firma gründet, wo man einen Wohnsitz, Steuerwohnsitz oder eine zweite Staatsbürgerschaft erhält, wo man ein Bankkonto eröffnet, wo man seine Kinder zur Schule schickt (und ob), wo man Mitarbeiter einstellt und wo man die meiste Zeit verbringt, das sind einige Beispiele für internationale Konfigurationen. Hierbei handelt es sich um die wesentlichen »Flaggen« der Strategie der Flaggentheorie. Dabei kann beziehungsweise soll unser Wohnsitz oft vom Lebensmittelpunkt abweichen. Wir können steuerfrei in Panama, Dubai oder Monaco gemeldet sein, aber trotzdem unser ganzes Jahr (halbes Jahr pro Land) in Steuerhöllen wie Argentinien, Frankreich oder sogar Deutschland verbringen.
Jeder muss zum Beispiel mindestens eine Staatsbürgerschaft haben, sonst kann man nicht reisen. Jeder muss bei der Eröffnung eines Bankkontos seine Wohnadresse nachweisen.
Deshalb ist Staatenlos ein so starkes Konzept: Man trennt sich von seinem Heimatland, seinem einzigen Bankkonto, seinem lokalen Unternehmen, um sich mit »neuen« Systemen zu verbinden, die einem besser passen. Man sieht den Zwang zur Compliance im Finanzsystem nicht als ungerecht an, sondern passt sich mit der besten KYC -(Know your Customer- )Lösung dabei an.
Wir verbinden Strukturen, die sich gegenseitig stärken, und suchen nach Schlupflöchern in den Gesetzen, die uns helfen, zum Beispiel legal weniger bis gar keine direkten Steuern zu zahlen. Jeder Fall ist spezifisch und kann definitiv international optimiert werden. Die Faktoren, die dabei berücksichtigt werden, sind persönliche Vorlieben, Geschäftsanreize, Erreichbarkeit, Einkommen, Business, Einsatzgebiet, Bedürfnisse und viele andere. Die Weltkarte ist die gleiche, aber die geschickten Kombinationen sind unzählig. Es gibt 193 von der UN anerkannte Länder, die Staatenlos-Gründer Christoph Heuermann allesamt bereist hat. Es gibt zum Zwecke der Flaggentheorie aber 266 autonome Territorien, die eigene Gesetzesmacht haben. Kombiniert mit mehr als 15 Flaggen ergibt dies Billionen möglicher Kombinationen.
Wer kann zum Staatenlosen werden?
Natürlich hat jeder die Chance, staatenlos zu werden. Allerdings werden Menschen, die bereits über einen offenen Geist und unternehmerische Fähigkeiten verfügen, besser abschneiden. Das Staatenlos-Konzept ist allerdings nicht für jeden geeignet. Es funktioniert nur für die, die bereit sind, die Sicherheit einer staatlichen Wiege gegen eine Freiheit einzutauschen, die man sich innerhalb des Systems kaum vorstellen kann. Auch Angestellte können zum Beispiel im Homeoffice diesen Weg gehen, haben aber zum Beispiel steuerlich dann kaum Vorteile (beschränkte Steuerpflicht).
Gerade anfangs sollte man in der Lage sein, Kompromisse zu finden und langsam verschiedene Einkommensquellen ortsunabhängig aufzubauen. Jeder Deutschsprachige hat den großen Vorteil, kaum Konkurrenz aus Billiglohnländern zu haben. Selbst mit absoluten Basisarbeiten unter dem Mindestlohn kann bereits halbtags ein Gehalt erreicht werden, mit dem man in vielen Ländern nicht nur überleben, sondern sehr gut leben kann. Den anderen halben Tag kann man für den Aufbau seines eigenen Unternehmens nutzen oder um seine Fähigkeiten auszubauen, um deutlich höhere Summen als Freiberufler in Rechnung zu stellen.
Staatenlos ist für diejenigen, die bereit sind, die Welt so zu sehen, wie sie ist, und nicht immer durch dasselbe Fenster. Sie distanzieren sich emotional und rational von verschiedenen Ländern und betrachten deren Vor- und Nachteile nüchtern. Sie sind bereit, Kompromisse anhand ihrer eigenen Einkommens- und Vermögenssituation zu machen. Vielleicht muss man mit Kambodscha oder Nicaragua anfangen, bevor man mit wachsendem Wohlstand auch in den USA oder Australien Zeit verbringen kann.
Staatenlos kann man eine Person nennen, die wachsen und sich spezialisieren, ihre Lebensqualität verbessern, ihr Vermögen und ihren Privatbesitz schützen will – und darüber hinaus auch gewillt ist, den Weg dahingehend zu beschreiten. Staatenlos sind Menschen, die ihre Werte von Freiheit und Unabhängigkeit ausleben und optimieren. Die sich nicht mit dem Status quo zufriedengeben, sondern Freiheit im Hier und Jetzt spüren wollen, die im demokratischen Prozess niemals möglich wäre. Staatenlose machen nicht den Fehler von Auswanderern: sie wandern zwar aus, aber sie wandern niemals ein. Sie binden sich höchstens pro forma an ein System, weil es ihnen viele Vorteile ermöglicht.
Die zwei Seiten der Medaille des Daseins als Staatenloser
Es ist schwierig, ein Szenario zu haben, in dem es nur Vorteile gibt. Viele von ihnen sind immer mit Nachteilen oder Herausforderungen verbunden. Doch alles ist relativ, und jeder kann für sich selbst entscheiden, wie er diese gewichtet. Schließlich ist man in der Regel so mobil und flexibel, dass man seine Situation jederzeit nach eigenem Gusto anpassen kann.
Die größten Anreize, sich in anderen Ländern umzusehen, sind die Präferenzen in Bezug auf Wohlfahrt, medizinische Versorgung, Lebenshaltungskosten, Klima, Offenheit, Sicherheit, Bildungssystem, Infrastruktur, Demografie, Glück, Rechtssystem, Sozialsystem, Religion, Toleranz und Ideale. Als Staatenloser richtet sich jede Strategie nach den Präferenzen ihres Urhebers.
Der Grad der Globalisierung und Digitalisierung in der Welt ist heute höher als je zuvor – das bedeutet mehr Chancen und logischerweise auch mehr Wettbewerb. Aber man muss daran denken, dass das erste Setup nicht unbedingt das endgültige ist. Man kann klein anfangen und sich mit der Flaggentheorie nach und nach das beste Setup bauen, das zu einem passt.
Sich ständig zu verändern, ist für viele sehr quälend und stressig. Man muss aber in der Ungewissheit handeln, immer einen Plan B und C haben; nicht nur aktuelle Trends nachahmen, sondern langfristig denken; den Mut haben, seinen Lebensstil beizubehalten, wie zum Beispiel sich von Habseligkeiten, von Gewichten und Lasten, von den »gleichen alten Dingen« zu befreien. Staatenlos-Gründer Christoph Heuermann reist seit jeher etwa rein mit Handgepäck.
Dazu muss man bereit sein, die Komfortzone zu verlassen, neue Kulturen kennenzulernen und sogar mit Unterschieden umzugehen; sich nicht von Vorurteilen und Klischees mitreißen zu lassen sowie experimentieren zu wollen und Neues auszuprobieren; sich zu internationalisieren, um die Chancen und Risiken zu diversifizieren.
Das Leben als Staatenloser ist eine Lebensphilosophie, die vielen unbekannt ist. Es ist möglich, sowohl dauerhaft reisend zu leben als auch sich ein paar Stützpunkte auf der ganzen Welt auszusuchen, um es sich dort gemütlich zu machen. Wer will, kann jede Woche in einem anderen Land sein. Aber wer das nicht will, kann sich auch einfach zwei Standorte suchen, zwischen denen er pendelt. Ja, theoretisch lässt sich die Staatenlosigkeit auch bereits mit sechs Monaten auf Mallorca und sechs Monaten in Deutschland umsetzen. Oder jedem anderen Länderpaar, das einem gefällt. Selbst ein klassischer Auswanderer, der es vorzieht, mehr als ein halbes Jahr an einem Ort zu verbringen, kann bei guter Länderwahl viele Vorzüge der Flaggentheorie nutzen.
Das Wichtigste von allem ist, dass man nicht in ungewünschte Systeme hineinfällt – was grob gesagt an der Länge des Aufenthalts in einem Land und Themen wie der Verfügbarkeit einer Wohnung und Lebensmittelpunkt der Familie liegt. Wir werden nochmals darauf zu sprechen kommen.
Mit welchen Strukturen kann man sich breit aufstellen?
Wie bereits erwähnt, gibt es unzählige Kombinationsmöglichkeiten. Wir wollen hier einmal die populärsten Optionen vorstellen.
Ein erwähnenswertes Beispiel ist eine Limited Liability Company (kurz LLC ) in den USA , steuerlich eine Personengesellschaft, aber gesellschaftsrechtlich haftungsbeschränkt wie eine GmbH. Die USA sind für Staatsbürger und Residents eines der strengsten Steuersysteme weltweit, dem man nur mit Abgabe der Staatsbürgerschaft oder Greencard entkommen kann. Für alle anderen ist es aber eine grandiose Steueroase: Richtig strukturiert gibt es keinerlei Besteuerung, keine Buchhaltung, keine Steuererklärung, und das bei guter Reputation, guten Konten und hoher Anonymität. Noch immer kann man eine LLC komplett anonym und ohne Datenaustausch von Bankkonten gründen. In Europa wäre das undenkbar.
Dies kombiniert man mit einem (Schein-)Wohnsitz in einem Land, das kein Auslandseinkommen besteuert. So kann sichergestellt werden, dass zum Beispiel Freelancer und Online-Unternehmer möglichst steuerfrei leben und ihre Rechnungen immer anerkannt werden. Denn direkt aus Panama werden Rechnungen in Deutschland zum Beispiel gar nicht mehr anerkannt und abgesetzt (Steueroasen-Abwehrgesetz). So kann man trotzdem in Panama wohnen, rechnet aber eben mit einer anerkannteren Firma ab. Für die meisten Staatenlosen ist dies ungeachtet der Einkommens- und Vermögenssituation das beste Setup.
Wer zum Beispiel noch in Deutschland lebt, sollte sich mal die Genossenschaft anschauen. Dies ist die optimale Lösung zum Vermögens- und Enteignungsschutz, gerade bei einem erwarteten Lastenausgleich. Eine Genossenschaft eignet sich auch hervorragend, um die hohen Kosten der Wegzugsbesteuerung zu umgehen, da diese nur auf den Nennwert der Anteile von im Regelfall 3000 Euro durchgreifen, selbst wenn das Vermögen der Genossenschaft ein Vielfaches ist. Eine GmbH kann man ganz einfach umwandeln oder durch einen qualifizierten Anteilstausch steuerneutral in eine Genossenschaft einbringen.
Über die sogenannte Mitgliederförderung können Genossen ihr Privatleben in Deutschland steuerfrei finanzieren und das sogar als Betriebskostenabzug geltend machen. Mit quasi unveränderten Gesetzen seit der Kaiserzeit ist die deutsche Genossenschaft zu systemrelevant, um ihre Vorteile zu zerstören. Fast der komplette soziale Wohnungsmarkt, der große Einzelhandel, die meisten Banken und Lebensmittelversorger sind nämlich als Genossenschaften strukturiert.
Sollte ein Unternehmen innerhalb der Europäischen Union notwendig sein, kommen einige Länder infrage. Viele osteuropäische Länder haben etwa Sondersteuern für kleinere Unternehmer. In Rumänien zahlt man etwa nur 1 Prozent bis 500.000 Euro unter Voraussetzung eines lokalen Angestellten, in Litauen sind es 5 Prozent bis 300.000 Euro Gewinn, in Polen 9 Prozent bis 2 Millionen Euro Umsatz. Die niedrigste Körperschaftsteuer hat weiterhin Malta mit 5 Prozent ungeachtet des Umsatzes.
Um eine zweite Staatsbürgerschaft zu erhalten, besteht unter anderem die Möglichkeit, einen Geburtstourismus zu planen, bei dem das Kind auch die Staatsbürgerschaft des Landes erwirbt, in dem es geboren ist (und die Eltern das Aufenthaltsrecht für das Land erhalten). In fast ganz Lateinamerika und der Karibik wird die Staatsbürgerschaft nämlich vergeben, wenn im entsprechenden Territorium geboren wird. Oft erhalten die Eltern damit die Aufenthaltsgenehmigung und nach kurzer Zeit die Staatsbürgerschaft, zum Beispiel nach einem Jahr Aufenthalt in Brasilien.
Natürlich ist es möglich, durch Investitionen (wie den Kauf von Immobilien und Schenkungen) in Malta, Saint Kitts and Nevis und/oder einen Aufenthalt im Lande eingebürgert zu werden. Mischformen sind ebenfalls umsetzbar. In der Regel gilt: Je mehr Reisepässe, desto größer der Freiheitsgrad. Das muss gar nicht mal so teuer sein. Ein Immobilien-Investment von 200.000 bis 400.000 Euro reicht für recht gute karibische Pässe bereits aus.
Ideal ist es, Reisepässe zu haben, mit denen man in eine größere Zahl von Ländern einreisen kann, ohne ein Visum beantragen zu müssen. Während der COVID -19-Pandemie beschlossen mehrere Länder, strenge Lockdowns zu verhängen. Teilweise gab es sogar Ausreiseverbote. Ein Wohnsitz in einem freundlichen, weniger kontrollierten Land ermöglicht mehr Flexibilität, um ein Leben frei von Einschränkungen, Masken und sogar Impfungen zu führen.
Die Anschaffungs- und Unterhaltskosten und die jeweilige Steuerlast jeder Struktur sind für jeden relativ. In vielen Ländern gibt es zum Beispiel einen Umsatzsteuerfreibetrag – oder je nach Rechtsform ist die Besteuerung unterschiedlich. Für Unternehmen, die keine Kapitalgesellschaften sind, sondern zum Beispiel Personengesellschaften, sind die Kosten minimal, und die Steuern richten sich nach der persönlichen Ebene.
In Deutschland ist das Finanzamt sehr restriktiv. In anderen Ländern ist es ziemlich egal, wie viel Gehalt man als Geschäftsführer bekommt, oder ob andere Strukturen, die in Deutschland als »Steuerhinterziehungsvehikel« gelten, verwendet werden – abgesehen von allen internationalen und bilateralen Verträgen und dem Informationsaustausch zwischen Ländern.
Lebensqualität: Wo soll man leben?
Das Staatenlos-Konzept stützt sich auf das Leben als Tourist. Deshalb ist der Begriff »Perpetual Traveler« (PT ) ein Synonym dafür: Denn ein »Traveler« fällt nicht in das System des Landes, in dem er auf der Durchreise ist oder Urlaub macht. Er ist nicht dafür verantwortlich, die soziale Hilfe oder die staatlichen Kosten für Infrastruktur, Bildung, Gesundheit, Stromnetz und Abwasserentsorgung zu tragen.
Eine Person hat ihren Wohnsitz in einem Land, wenn sie rund 183 Tage im Jahr innerhalb der Landesgrenzen verbringt. Natürlich ist dies eine konventionelle Methode, und jedes Land hat seine eigenen Besonderheiten. Aber die 183-Tage-Regel ist ein guter Anfang, um die Frage des Wohnsitzes zu verstehen. Indem eine Person ihren Wohnsitz in dem Land begründet, wird sie steuerlich ansässig und muss daher zum Beispiel Steuererklärungen abgeben.
Es gibt Länder wie Paraguay, die Menschen nach 120 Tagen als Einwohner betrachten. Zypern hat eine Regelung von 60 Aufenthaltstagen im Jahr. Es gibt Länder, die den Fiskalkalender berücksichtigen (von Januar bis Dezember), und es gibt Länder, die die Tage innerhalb der Grenzen in einem Zeitraum von 365 Tagen berücksichtigen (das kann von Juni bis Juni sein).
In Hongkong gibt es zum Beispiel eine Ansammlung von 300 Tagen in zwei Steuerjahren. In Deutschland hingegen berechtigt bereits der Zugang zu einer verfügbaren Wohnung (Schlüsselbesitz) zu einem steuerlichen Wohnsitz. Noch gemeiner ist Frankreich: Hier unterliegt theoretisch der Steuerpflicht derjenige, der die längste Zeit innerhalb eines Kalenderjahres im Land verbringt. Selbst wenn es nur zwei Wochen sein sollten – sofern alle anderen Länder ebenfalls weniger als zwei Wochen Aufenthalt hatten.
Es ist wichtig, die spezifischen Regeln jedes Landes zu kennen. Allerdings beträgt ein sicherer Maßstab etwa zwei bis drei Monate in einem Land – so kann ein automatischer Zwangswohnsitz vermieden werden. Es ist eine angenehme Zeit, die nicht mit ständigem Reisen verbunden ist, aber auch davor schützt, alle Kosten für das lokale staatliche Instrument zu tragen.
Was die Freizügigkeit in der Europäischen Union betrifft: Die EU ist berühmt für ihre offenen Grenzen. Für EU -Bürger und mit Schengen-Visa ist es möglich, Länder zu durchqueren, ohne einen Stempel in den Pass zu bekommen oder die Reise zu dokumentieren. Gerade innerhalb Europas ist die Staatenlosigkeit damit auch leicht ohne Flugzeug umsetzbar.
Damit diese 183-Tage-Regel überhaupt zum Tragen kommt, muss also zunächst die Aufenthaltsdauer nachgewiesen werden – und davor muss der Verdacht einer amtlichen Stelle bestehen, dass der Bürger gegen die Regeln verstößt und sich als Einwohner mit Touristenstatus im Land aufhält. Dies passiert fast nie – außer in von den Medien sensationalisierten Fällen von Steuerhinterziehern wie Boris Becker oder Shakira. In Deutschland entspringen 95 Prozent aller Fälle vor den Finanzgerichten aus Denunziation von Ex-Partnern, Nachbarn oder gar Familienmitgliedern. Am besten hält man sich an die Regeln – oder posaunt seine eigenen Vorteile einfach nicht heraus.
Der Lebensmittelpunkt
Ein Abgeltungskriterium ist der sogenannte Lebensmittelpunkt. Dieser muss in allen Fällen vermieden werden.
Lebensmittelpunkte sind auf der Welt unterschiedlich definiert. Jedes Land hat eine eigene Regelung dazu. Letztlich ist der Lebensmittelpunkt synonym zur Steuerpflicht – er zählt die zu erfüllenden Bedingungen auf, die das Besteuerungsrecht eines Landes auslösen.
Wer bei seinen Eltern in Deutschland übernachten will, kann dies tun, sollte aber tunlichst vermeiden, sein altes, voll ausgestattetes Kinderzimmer in einem Zustand zu hinterlassen, der auf mehr als nur vorübergehendes Wohnen schließen lässt. Gewisse Kleider oder Dokumente kann man ohne Weiteres einlagern, nicht jedoch in einem jederzeit bezugsfähigen eigenen Zimmer. Wer das Gästezimmer von Familienmitgliedern benutzt, sollte darauf achten, dass dies auch jederzeit von anderen Gästen benutzt werden könnte.
Wer lieber in Hotels übernachtet, der ist vor einem Lebensmittelpunkt längst nicht gefeit. Wer über Jahre hinweg immer im selben Hotel im gleichen Zimmer absteigt, der wird sehr wahrscheinlich dort seinen Lebensmittelpunkt haben. Grundsätzlich sollte man zum Beispiel in Deutschland darauf achten, zwischen zwei Aufenthalten drei Wochen Zeit vergehen zu lassen, damit diese nicht als zusammenhängend gewertet werden. Kurze Urlaubs- und Geschäftsreisen führen nämlich nicht zur Annahme eines ausländischen Lebensmittelpunkts.
Doch auch die Partnerwahl birgt Fallstricke. So kann auch die eigene Familie dazu führen, dass man seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland behält. Maßgeblich ist hier die staatliche Heirat, sprich, der Lebensmittelpunkt kann nur durch einen gemeinsamen Ehepartner und/oder minderjährige Kinder in Deutschland ausgelöst werden. Geteiltes Sorgerecht ist aber etwa kein Problem – eine Trennung oder Scheidung heißt nicht automatisch, bis zur Volljährigkeit an Deutschland gebunden zu sein.
Kein Wunder, dass bei solchen Regelungen Konflikte mit anderen Ländern über das Besteuerungsrecht vorprogrammiert sind. Diese zu klären, ist eine Sache zum Beispiel der Doppelbesteuerungsabkommen. Im sogenannten Tie-Breaker-Test werden verschiedene Faktoren wie Wohnung, wirtschaftliche und persönliche Interessen sowie der Aufenthalt einander gegenübergestellt – bei Gleichwertigkeit aller Faktoren kann dann letztlich die Staatsbürgerschaft den Ausschlag geben. Dies spielt aber nur eine Rolle bei einem Besteuerungskonflikt zweier Staaten – wenn uns kein Staat rechtlich besteuern kann, heißt es nicht, dass unsere Staatsbürgerschaft an das entsprechende Land steuerlich bindet. Zumindest noch nicht: eine Einführung der Besteuerung nach Staatsbürgerschaft ist von linken Parteien seit Jahren gefordert. Falls dies kommt, steht die bittere Entscheidung an, seine Staatsbürgerschaft vielleicht tatsächlich aufzugeben.
Krankenversicherung
»Staatenlose« liegen keinesfalls dem Sozialstaat zur Last, wenn sie krank werden. Die Versicherungsoptionen außerhalb Deutschlands sind meist sogar deutlich besser als die des Systems. Oft zahlt man bei internationalen privaten Krankenversicherungen nicht mehr als ein Drittel. Viele dieser Versicherungen sind modular aufgebaut und erlauben eine sehr angepasste Auswahl des Versicherungsschutzes.
In den Verträgen wird explizit festgehalten, dass kein Wohnsitz für den Versicherungsschutz notwendig ist. Die Prämien richten sich in der Regel nach dem Land, in dem man sich am meisten aufhält. Beispielsweise kann man sich für den besten Krankenhaustarif (garantiert unbefristet ein Krankenhausaufenthalt mit Leistungen in allen Ländern der Welt) entscheiden, aber Arztkosten aller Art ausschließen. Schließlich kosten ärztliche Untersuchungen, wenn man sie denn mal braucht, oft nur zwei- bis dreistellige Summen, die man in bar begleichen kann. Ein Selbstbehalt von 2500 Euro macht einen nicht arm und drückt die monatliche Prämie zusätzlich auf nur 80 Euro. Zum Vergleich: In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV ) in Deutschland würde ein Gutverdiener ein Vielfaches bezahlen. 633 Dieser Tarif garantiert unbefristet ein Krankenhaus in allen Ländern der Welt. Die meisten Länder auf der Welt binden die Steuerpflicht ungleich Deutschland nicht an die Verfügbarkeit einer Wohnung. Fast im gesamten Mittelmeerraum inklusive Spanien kann man so problemlos dauerhaft eine Wohnung mieten oder ein Ferienhaus besitzen, ohne steuerliche Konsequenzen auszulösen. Wesentlich ist, sich an die 183 Tage Aufenthalt zu halten.
Letztlich hat jedes souveräne Land seine eigenen Kriterien zur Steuerpflicht. Dort, wo eine dauerhaft für den Besitzer/Mieter verfügbare Wohnung für eine Steuerpflicht herangezogen werden kann, kann man sich aber oft mit dem Vorhandensein einer weiteren Wohnung in einem anderen Land schützen. Nur die einzige Hauptwohnung darf zum Beispiel nicht in Ländern wie Ungarn oder Portugal sein. Kombiniert man dies mit einer Wohnung in Spanien, so wird auch keine Steuerpflicht ausgelöst.
Für wen und ab wann lohnt es sich, die Heimat zu verlassen?
Studenten
Zweifellos lohnt es sich für junge smarte Menschen, im Ausland an oftmals wesentlich besseren Universitäten in einem internationalen Umfeld zu studieren und somit einen Fuß in die Tür ihres möglichen Traumlandes zu bekommen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden nur äußerst wenige Länder Absolventen mit einem sehr guten Abschluss in einem gesuchten Berufsfeld ein Arbeitsvisum verwehren. Insbesondere Ärzte und MINT -Absolventen (MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) werden in den USA , der Schweiz, Australien oder Neuseeland willkommen sein und mehr verdienen und weniger Steuern bezahlen.
Hochqualifizierte/Fachkräfte
Angestellte hochqualifizierte Menschen, welche aufgrund ihrer Qualifikation und ihrer harten Arbeit im internationalen Vergleich in Deutschland schlecht bezahlt werden und obendrein kraft exorbitant hoher Steuersätze für ihre Leistungsbereitschaft »bestraft« werden – auch für diese Gruppe lohnt es sich unter Umständen. Für Fachkräfte wie Manager, Ärzte, Banker, IT -Experten, aber auch Ingenieure besteht oftmals die Möglichkeit, in einem Land mit einer hohen Lebensqualität und einer besseren Zukunftsperspektive besser zu verdienen und weniger Steuern zu bezahlen als in Deutschland. Vor 15 bis 20 Jahren wanderten zahlreiche Frauen und Männer aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis aus Deutschland aus. Sie sind heute zumeist zwischen 45 und 55 Jahre alt. Ihre Zielländer waren die USA , Kanada, Australien, Neuseeland, Großbritannien und die Schweiz. Alle sind Akademiker – Ärzte, Informatiker, Banker und Investmentbanker, Ingenieure oder Unternehmer. Sie haben entweder bereits im Ausland studiert und teilweise promoviert oder zumeist kurz nach ihrem Studium oder ihrer Promotion das Land verlassen. Keiner von ihnen ist bisher zurückgekehrt. Alle besuchen in unregelmäßigen Abständen ihre alte Heimat, um Familie und Freunde zu treffen. Durchweg alle berichteten mir, dass sich Deutschland seit ihrer Auswanderung zum Negativen verändert hat und sie sich nicht mehr vorstellen könnten, wieder in Deutschland zu leben.
Alle haben mir mitgeteilt, dass sie wahrscheinlich in Deutschland nicht den Lebensstandard erreicht hätten, den sie mittlerweile in ihrer neuen Heimat erreicht haben. Alle haben ihr eigenes Haus und zumeist noch ein Ferienhaus, die Kinder besuchen oder besuchten zumeist einst eine gute Privatschule, teils studieren sie mittlerweile an einer privaten Universität. Auch die Eltern meiner australischen Freunde und Bekannten – vorwiegend Akademiker –, welche ihre Heimat – England, Wales, Irland, Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien oder Vietnam – in den 1970er-Jahren verlassen haben, haben es in ihrer neuen Heimat alle zu einem eigenen großen beziehungsweise sehr großen Haus und zu nicht unerheblichen Wohlstand gebracht.
Unternehmer/Unternehmensgründer
Deutschland hat bereits heute mit die höchsten Energiepreise weltweit. Für immer mehr Unternehmer lohnt sich infolgedessen aus betriebswirtschaftlichen Gründen eine Expansion nicht mehr, geschweige denn eine Neugründung am Standort Deutschland. Deutschland steht mit seiner zermürbenden und ungenügend digitalisierten Bürokratie und einer unattraktiven Steuerpolitik nicht für ein unternehmer- und gründerfreundliches Umfeld.
Für Unternehmensgründer lohnt sich oftmals eine Gründung im Ausland aufgrund einer besseren Infrastruktur und qualifizierterer Arbeitskräfte sowie einer wesentlich unternehmerfreundlicheren Steuerpolitik.
Unternehmern, die mit den Gegebenheiten in Deutschland nicht mehr zufrieden sind, macht es der Staat keinesfalls leicht, der Heimat den Rücken zu kehren. Das Problem heißt in diesem Fall: Wegzugsbesteuerung.
Körperschaftsteuergesetz
Zweiter Teil – Einkommen (§§ 7–22)
Erstes Kapitel – Allgemeine Vorschriften (§§ 7–13)
§ 12 Entstrickungs- und Wegzugsbesteuerung
(1) 1 Wird bei der Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts ausgeschlossen oder beschränkt, gilt dies als Veräußerung oder Überlassung des Wirtschaftsguts zum gemeinen Wert; § 4 Absatz 1 Satz 5, § 4g und § 15 Abs. 1a des Einkommensteuergesetzes gelten entsprechend. 2 Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte dieser Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse zuzuordnen ist. 3 Entfällt die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts und erfolgt in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts, gilt dies auf Antrag als Veräußerung und Anschaffung des Wirtschaftsguts zu dem Wert, den der andere Staat der Besteuerung zugrunde legt, höchstens zum gemeinen Wert.
(1a) § 4 Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz, Satz 8 zweiter Halbsatz, Satz 9 und Satz 10 des Einkommensteuergesetzes gilt im Fall der Begründung des Besteuerungsrechts oder des Wegfalls einer Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts, das der außerbetrieblichen Sphäre einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse zuzuordnen ist, entsprechend. 634
Digitale Nomaden, Influencer, Künstler
Für all jene (zumeist unverheirateten) jungen Menschen, welche nicht sonderlich orts- und heimatverbunden sind, ist Auswandern auch aus steuerlichen Gründen eine Option. Ein Single mit einem Durchschnittsverdienst musste in Deutschland 2021 knapp 48,1 Prozent seines Gehalts in Form von Steuern und Sozialbeiträgen an den Fiskus abführen. 635 Dank Digitalisierung gibt es heute zahlreiche Jobs, welche lediglich eine schnelle Internetverbindung erfordern.
Hierzu gehören unter anderem die folgenden Berufe:
Für all jene, die einen der oben genannten Berufe ausüben, ist es unter monetären Gesichtspunkten durchaus sinnvoll, den Hauptwohnsitz in ein Land mit einer leistungsträgerfreundlichen Besteuerung zu verlegen und binnen kurzer Zeit wesentlich mehr auf die hohe Kante zu legen als die daheim gebliebenen Kollegen. Insbesondere etwa für Influencer oder Künstler ist eine Verlegung des Wohnsitzes durchaus zu bedenken. Verdienen sie doch oftmals für einen begrenzten Zeitraum teilweise viel bis sehr viel Geld, das bestenfalls bis zum Lebensende reichen sollte, und werden folglich hoch besteuert.
Vermögende
Stetig steigende Steuern und Abgaben sind kein böser Traum, sondern Realität. Insbesondere drohende Vermögensteuern, eventuell sinkende Freibeträge, eine Erhöhung der Erbschaftsteuer oder gar ein Lastenausgleichsgesetz anno 1954 sowie die Angst davor, dass Deutschland dazu übergehen könnte, Auslandsvermögen und Transaktionen ins Ausland zukünftig hart zu besteuern, veranlasst immer mehr Wohlhabende dazu, den Taschenrechner auszupacken.
In Deutschland leben ungefähr 1.633.000 Menschen, die ein anlagefähiges Vermögen von umgerechnet einer Million US -Dollar oder mehr besitzen, nicht mitgerechnet selbst genutzte Immobilien, Sammlungen und Verbrauchsgegenstände. Zählt man Letzteres hinzu, dann zählt Deutschland gut 2,95 Millionen Dollar-Millionäre. 636 Das Gesamtvermögen der Dollar-Millionäre in Deutschland kletterte 2021 um 7,4 Prozent auf rund 6,3 Billionen Dollar. Gestiegene Aktienkurse, eine höhere Sparquote und der Immobilienboom waren dafür die Hauptgründe. 637
Abbildung 56 zeigt, dass nicht nur Wohlhabende in Deutschland ihrer Heimat den Rücken kehren, sondern dass dieser Trend weltweit zu verzeichnen ist. Ganz oben auf der Liste der populärsten Einwanderungsländer Vermögender standen dem Visual Capitalist zufolge die Vereinigten Arabischen Emirate, Australien, Singapur, Israel, die Schweiz, die USA und Kanada.
Abbildung 56: Migration Vermögender weltweit
Quelle:
https://www.visualcapitalist.com/migration-of-millionaires-worldwide-2022/
Zukünftige Erben
Wie bereits an anderer Stelle aufgezeigt, wird das Schenken und Vererben nicht günstiger. Mithilfe des Erbschaftsteuerrechners kann jeder potenzielle Erbe seine Erbschaftsteuern berechnen. 638
Nach dieser Kalkulation wird so mancher glückliche potenzielle Erbe mit hoher Wahrscheinlichkeit feststellen, dass es für ihn ökonomisch sinnvoller wäre, schnellstmöglich gemeinsam mit jenem, der das Erbe vermachen wird, in ein Land ohne Erbschaftsteuer auszuwandern. »Das deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz knüpft für die unbeschränkte Steuerpflicht nicht nur an die Person des Erblassers/Schenkers, sondern immer auch an die Person des Erben/Beschenkten an und lässt im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht die Belegenheit des Vermögens im jeweiligen Staat ausreichen. So reicht es für eine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland schon, wenn eine der beiden beteiligten Personen Inländer i. S. d. ErbStG ist.« 639
Jene, die ein sehr großes Erbe erwarten und gemeinsam mit dem künftigen Erblasser in ein Land ohne Erbschaftsteuer auswandern und ihre Arbeit in Gänze einstellen, haben unter Umständen schlussendlich ein höheres Vermögen, als wenn sie in Deutschland bleiben und weiter arbeiten würden. Im letzteren Fall könnte nämlich die Erbschaftsteuer den Betrag übersteigen, den sie in ihrer noch zur Verfügung stehenden Lebensarbeitszeit verdienen würden.
Exkurs: Besteuerung nach Staatsangehörigkeit
Spannend wird es für Auswanderer, wenn die von den Grünen geforderte Besteuerung nach Staatsangehörigkeit kommen sollte. In diesem Fall würde die Besteuerung nicht mehr auf Basis der steuerlichen Ansässigkeit (de facto ist das der Hauptwohnsitz) erfolgen, sondern nach der Staatsangehörigkeit. Die USA besteuern beispielsweise nach Staatsangehörigkeit. Besitzer eines US -Passes müssen eine Steuererklärung in den USA abgeben, ganz egal, wo sie leben, auch wenn sie schon vor Jahren von dort endgültig weggezogen sind. 640
Jedoch wird man oftmals nicht direkt mit der Einwanderung in das Traumland einen neuen Pass und somit die Staatsbürgerschaft erhalten. Im Vergleich mit Deutschland verfahren einige Länder bei der Vergabe von Staatsbürgerschaften wesentlich restriktiver. In der Schweiz beispielsweise kann ein Ausländer ein Einbürgerungsgesuch stellen, wenn er seit mindestens zehn Jahren in der Schweiz lebt. Ferner müssen weitere Voraussetzungen erfüllt werden: Man soll integriert sein, die Traditionen und Lebensgewohnheiten des Landes kennen, die schweizerische Rechtsordnung beachten, die Sicherheit der Schweiz nicht gefährden und sich mündlich und schriftlich in mindestens einer Landessprache ausdrücken können. 641 In Australien beispielsweise haben selbst Ehe- oder Lebenspartner australischer Staatsbürger nicht automatisch das Recht auf die australische Staatsbürgerschaft. Auch sie müssen zahlreiche Anforderungen erfüllen. 642
Zehn Jahre sind eine lange Zeit – und vielleicht auch eine zu lange Zeit. Dennoch gibt es heutzutage immer Wege und Möglichkeiten. Falls eine Kreditkarte nicht funktioniert, ist es durchaus hilfreich, eine zweite Karte zur Hand zu haben. Sollte eine Besteuerung nach Staatsbürgerschaft auch in Deutschland kommen, so kann ein zweiter Pass absolut hilfreich sein. Demnach gilt es zu überlegen, welcher Pass Sinn ergibt und welchen man sich leisten kann. Die Superreichen dieser Erde geben ihr Geld schon lange nicht mehr nur für kostspielige Dinge wie Privatjets, Yachten, Kunst oder Oldtimer aus, sondern kaufen sich auch einen zweiten oder auch dritten Pass. 643 Dies allerdings liegt längst nicht nur für das obere Prozent im Bereich des Möglichen.
Zahlreiche Länder bieten spezielle Programme auch für nicht Ultra-High-Net-Worth Individuals an, das heißt für Personen mit einem Vermögen von jeweils mehr als 30 Millionen US -Dollar. (In Deutschland gibt es davon insgesamt17.820.) Bei diesen Programmen kann man eine Staatsbürgerschaft durch Investitionen erhalten. In der Regel handelt es sich um Investitionen in Immobilien. Tatsächlich aber investiert man im Hintergrund in eine zweite Staatsbürgerschaft. Neben exotischen Inselstaaten wie Vanuatu, Grenada, Saint Kitts and Nevis, Antigua und Barbuda, Dominika oder den Komoren haben selbst die drei europäischen Staaten Österreich, Malta und Zypern das monetäre Potenzial des Passhandels erkannt. Los geht es ab 100.000 US -Dollar. 644
Corona hat bereits aufgezeigt: Es spielt eine zentrale Rolle, wo man sich im Falle eines Falles aufhalten darf. Der richtige Pass vereinfacht nicht nur das Reisen.
Rentner
Auch für Rentner mit dem entsprechenden Geldbeutel kann eine Auswanderung in ein Land mit einer niedrigen Steuerlast attraktiv sein. Im Jahr 2020 lebten Daten der Deutschen Rentenversicherung zufolge 247.500 Rentenbezieher im Ausland. Am populärsten waren Österreich (rund 27.100), die Schweiz (etwa 26.800), die USA (rund 23.000) und Spanien (rund 22.100). 645
Rentner sind in Deutschland zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, wenn der steuerpflichtige Teil ihrer Jahresbruttorente den Grundfreibetrag übersteigt. Der Grundfreibetrag betrug 2022 für Alleinstehende 10.347 Euro pro Jahr. Für Verheiratete galt der doppelte Wert. Wer in einen Staat auswandert, mit dem Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, der entgeht einer Steuerpflicht in Deutschland in Gänze. In diesem Fall ist die neue Heimat für Steuern zuständig. 646
Drum prüfe …
The grass is always greener on the other side.
Spontan alle Zelte abzubrechen und auszuwandern, ist nicht sinnvoll. Unabdinglich ist es insbesondere für Rentner, Privatiers und jene am Ende ihres Berufslebens, die potenzielle neue Heimat vor einem Entschluss intensiv zu studieren. Das bedeutet mehr als einen mehr oder weniger ausgedehnten Urlaub in einem Hotel.
Sinnvoll ist es, für einen gewissen Zeitraum eine Immobilie zu mieten und im Zielland während der verschiedenen Jahreszeiten für einige Zeit zu leben. Sollte man sich tatsächlich dazu entschließen, Deutschland zu verlassen, so ist es ratsam, die eigenen vier Wände zunächst zwischenzuvermieten, anstatt sogleich alles zu verkaufen. Man weiß niemals, ob man in seiner neuen Heimat tatsächlich glücklich wird. Sicher ist jedoch eines: Allein durch Ersparnisse von Steuern und Abgaben finden nur ganz wenige ihr Lebensglück.
Man sieht sich bekanntlich immer zweimal. Verbrannte Erde und offene Rechnungen zu hinterlassen, ist nicht empfehlenswert – insbesondere dann nicht, wenn das Finanzamt der Gläubiger ist. Wer auswandert, beginnt einen neuen Lebensabschnitt – weit entfernt von einer Flucht. Folglich ist es von höchster Bedeutung, dass der Wegzug gemeinsam mit einem Steuerberater in Deutschland und einem guten Steuerberater im Zielland geplant und umgesetzt wird. Ferner ist es oftmals sinnvoll, zusätzlich einen Fachanwalt für Migrationsrecht im Zielland zu konsultieren.
Wo, wie und worin sollte man im Zielland investieren?
Auswanderungswillige, die über gewisse finanzielle Ressourcen verfügen, sollten für einen Teil ihres Ersparten eine externe Option in Betracht ziehen. Gegebenenfalls sollten Teile des Vermögens rechtzeitig ins Nicht-EU -Ausland transferiert werden, bevor dies möglicherweise zukünftig aufgrund von Kapitalausfuhrkontrollen und -beschränkungen teuer oder gar unmöglich wird. Heute lässt sich beispielsweise problemlos ein Depot in der Schweiz oder Liechtenstein eröffnen. Ebenso ist es noch immer möglich, ein Schließfach bei einer Bank oder auch ein bankenunabhängiges Schließfach zu mieten. Ferner können auch im Ausland Edelmetalle im Tafelgeschäft erworben werden.
Analysen der Boston Consulting Group zufolge liegt in keinem Land der Welt so viel Vermögen von Ausländern, die nicht im Land wohnen, wie in der Schweiz. Dort sind es gut 2,4 Billionen US -Dollar. Das ist ein Viertel sämtlicher Auslandsvermögen. Somit liegt bei den Eidgenossen mehr als in Hongkong und Singapur zusammengenommen. 647
Als nächsten Schritt ist der Erwerb einer Wohnung oder eines Hauses gewiss nicht verkehrt. Je nach Vermögen kann im Anschluss weiter diversifiziert werden. Zusätzlich zur eigenen selbstgenutzten Immobilie, zu Aktiendepot, zu Edelmetallen kann auch in Immobilien als Renditeobjekt, in Diamanten, Wald oder andere Ländereien investiert werden.
001 Gastbeitrag von Christian Steck, Master of Laws. Christian Steck ist als in Deutschland zugelassener Rechtsanwalt bei der liechtensteinischen Kanzlei Rechtsanwälte Lennert Partners AG tätig. Er absolvierte seine juristische Ausbildung in Heidelberg, an der Universität St. Gallen sowie in Liechtenstein. Sein fachlicher Schwerpunkt liegt im Bereich des liechtensteinischen und internationalen Stiftungs- und Gesellschaftsrechts sowie auf steuer- und erbrechtlichen Fragestellungen.
002 Liechtenstein in Zahlen 2019, S. 22. Pro Erwerbstätigem liegt das BIP sogar bei rund 186.000 Schweizer Franken, wobei die liechtensteinische Regierung darauf verweist, dass dazu auch im Ausland ansässige Arbeitnehmer beitragen; Liechtenstein in Zahlen 2022, S. 18.
003 Rede des Landtagspräsidenten Albert Frick zum liechtensteinischen Staatsfeiertag am 15. August 2019.
005 Gesetzesredaktor Wilhelm Beck im Rahmen der ersten Lesung des PGR im liechtensteinischen Landtag am 11. April 1925.
006 Siehe dazu die Abschnitte Eignung der Stiftung und Wesen der Stiftung.
007 Zu nennen seien die Anerkennung internationaler OECD -Standards, die Teilrevision des Stiftungsrechts im Jahr 2009, die Erweiterung der Befugnisse der liechtensteinischen Behörden und Gerichte, der Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland sowie der 2016 erfolgte Beitritt zum Automatischen Informationsaustausch.
008 Exemplarisch zu nennen seien folgende Urteile: OLG Stuttgart vom 29. Juni 2009 – 5 U 40/09; OLG Düsseldorf vom 30. April 2010 – I 22 U126−06; FG Düsseldorf vom 25. Januar 2017 – 4K 2319 15; FG München vom 16. Mai 2018 – 4 K 1112/17; BFH vom 5. Dezember 2018 – II R 9/15.
009 Zu nennen sei als prominentes Beispiel Oliver Samwer, der seine Anteile an Rocket Internet in eine Familienstiftung liechtensteinischen Rechts einbrachte: https://www.businessinsider.de/gruenderszene/allgemein/oliver-samwer-ubertragt-familienstiftung/
010 Siehe dazu § 15 Absatz 1 des deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (DE -ErbStG).
011 § 15 Absatz Nr. 7 ErbStG sowie § 19 ErbStG
012 Siehe insoweit §§ 13a ff. ErbStG.
013 Zur Abschaffung der liechtensteinischen Erbanfalls- und Schenkungsteuer siehe https://www.vaterland.li/importe/archiv/politik/keine-schenkungs-steuer-in-liechtensteins-mehr-art-70529 (abgerufen am 23. November 2022); es existiert lediglich die im niedrigen Promillebereich angesiedelte Stempelsteuer, die einmalig auf das gesetzliche Mindestkapital zu zahlen ist.
014 Siehe dazu Artikel 48 des liechtensteinischen Steuergesetzes (SteG).
015 Gastbeitrag von Christoph Heuermann (https://staatenlos.ch/ ).