Kapitel 34
Lebermythen, Lebermärche
n
Zu seltsam, dass die Leber heute so wenig Beachtung findet, nachdem sie in der Antike eine durchaus bedeutende Rolle gespielt hat. Unsere Vorfahren verbanden mit der Leber starke Gefühle und lagen damit, wie Sie in Kapitel 27 gesehen haben, gar nicht so falsch. Der Mythos von Prometheus führt uns die immer wieder zerfleischte und immer wieder erneuerte Leber vor Augen, und auch das ist von den tatsächlichen Verhältnissen nicht gar so weit entfernt. Dennoch, was die Alten über die Leber erzählten, ist das nicht einfach ein bisschen beschränkt, wissen wir nicht heute viel mehr?
Ein wenig Aufmerksamkeit findet die Leber auch heute, aber die zeitgenössischen Mythen wirken im Vergleich ziemlich absonderlich. Bei manchen handelt es sich um mehr oder weniger schnell wechselnde Moden, die ihre Versprechen nicht einlösen. Dann gibt es aber auch beständigere Theorien und Glaubenssätze, bei denen wir uns vor Augen halten müssen, dass sie für unsere Gesundheit nichts bringen. Jedenfalls müssen wir uns diese Legenden und falschen Vorstellungen ansehen, damit wir uns nicht unwissentlich von modernen Märchen aufhalten lassen.
Die vollständige Erneuerung des Körpers alle sieben Jahre
Zu der Frage, wie lange es dauert, bis alle Zellen des Körpers durch neue ersetzt sind, gibt es einen ganzen Strauß an Theorien, aber keine exakten und gültigen wissenschaftlichen Aussagen. Es bleibt eines der Geheimnisse unseres Körpers, ähnlich der Frage, was genau mit all dem passiert, was wir essen. Solche Fragen sind mit unserem derzeitigen wissenschaftlichen Instrumentarium nicht hinlänglich zu beantworten.
Viele Faktoren spielen für die Zellerneuerung eine Rolle, und sie können von Mensch zu Mensch verschieden sein: Ernährung, Stress, Pathogene, Mangelzustände, geerbte und neu hinzukommende Giftstoffe wie Schwermetalle, Umwelteinflüsse und die dem Einzelnen zur Verfügung stehenden Mittel – all das ist ausschlaggebend für die Schnelligkeit der Zellerneuerung. Das bedeutet, dass man keine festen Zeitspannen für die Regeneration der Organe, Drüsen, Gewebe und Knochen angeben kann (sofern die Zellen überhaupt ersetzt werden), weil die Natur hier keine Vorgaben macht. Außer für die
Leber. Sehen wir uns deren Erneuerungsprozess einmal ein bisschen genauer an.
Die Leber ist das Urgestein des Körpers, ähnlich einem Findling in der Wiese, auf dem sich die Libellen ausruhen. Solch ein Findling ist nicht mit bloßen Händen zu bewegen oder ins Rollen zu bringen, es hat seinen Grund, dass er liegt, wie er liegt. Die Kräfte der Natur und die Hände der Zeit haben hier etwas Endgültiges geschaffen. Natürlich kann sich der Stein im Laufe der Zeit unter dem Einfluss von Wind, Regen, Frost und Sonne verändern, doch davon abgesehen hat er seine endgültige Form. Dieser Zustand der Vollendung ist auch bei Ihrer Leber gegeben. Sie kann sich anders als der Stein erneuern, aber sie besitzt wie kein anderer Teil des Körpers die Standfestigkeit eines Felsbrockens. Findlinge sind Zeugen der Zeit, jeder Geologe wird Ihnen das bestätigen. Man kann sie befragen, und die Wissenschaftler vermögen die Vergangenheit in ihnen zu lesen. Ein Findling hat nichts Ungefähres, und so ist es mit der Leber auch. Sie ist die Uhr des Körpers, da muss sie schon auf der Höhe der Zeit sein. Sie muss zuverlässig funktionieren wie eine Stoppuhr, schließlich hat sie eine Verantwortung. Im Körper läuft so vieles gleichzeitig – Verdauung, die Funktionen des Zentralnervensystems, der Nebennieren und dazu alles, was wir selbst dem Körper abverlangen –, da muss schon jemand dafür sorgen, dass das Ganze irgendwie koordiniert abläuft.
Als Friedensstifter und Zeitnehmer muss die Leber über eine absolute Chronometrie für die Zellerneuerung verfügen, unabhängig von allem, was sonst im Körper oder in seiner Umgebung und sogar in der Leber selbst vor sich geht. Auf einer normalen Uhr ist die Zwölf der Bezugspunkt für alle Zeitangaben: Das Mittagessen gibt es ab zwölf Uhr, und nachts um zwölf beginnt der neue Tag. Zwölf ist die Klammer des Zeitspektrums. Für die Leber ist es die Neun, die alles zusammenhält, die Zahl, die zum innersten Gewebe der Leberzellen gehört. Die Neun enthält auch die Kernaufgaben der Leber: Zellerneuerung (die Drei), die Fähigkeit, das Leben zu erhalten (die Sechs), und die Vollendung eines Findlings (die Neun). Anfang, Mitte und Ende des Menschenlebens haben ihren Ort in der Leber.
Die Leber besitzt ihr ganz eigenes Wissen um die Vergangenheit, anders als alle übrigen Organe, auch das Gehirn. Sie speichert die über endlos viele Generationen erworbene Intelligenz und gibt sie an die nächste weiter. Das ist die positive Seite, denn wie wir gesehen haben, vererbt sie auch Gifte und Pathogene. Die Leber Ihrer Kinder und Enkel wird gespeichertes Wissen über Ihre Eltern, Großeltern, Urgroßeltern und viele andere noch weiter zurück in der Ahnentafel enthalten. Das bedeutet, dass wir das Organ niemals austricksen können wie unser Herz oder Gehirn. Was sie über große Zeiträume an Wissen über menschliche
Fehler gesammelt hat, macht sie immun gegen menschliche Torheit. Im Grunde lebt die Leber immer und ewig.
Die Erneuerungskraft der Leber übertrifft alle anderen Teile unseres Körpers, wobei sie sich andererseits nicht gänzlich erneuern kann, wie es manche Anteile unseres Körpers vermögen. Es liegt daran, dass die Leber als unser wild entschlossener Beschützer mit der Zeit viele Narben davonträgt und ihre Zellen von Giften und Pathogenen geschädigt und zerstört werden. Wie Sie gelesen haben, besitzt niemand eine zu 100 Prozent funktionstüchtige Leber. Hier entsteht durch Vernachlässigung und Fehleinschätzung mehr Schaden als irgendwo sonst im Körper. Auch lädiertes Lebergewebe kann noch teilweise seinen Dienst versehen und sich in Grenzen regenerieren, aber schwer beschädigte Gewebeteile übersteigen diese Regenerationskraft – es sei denn, man setzt sich aktiv dafür ein.
Die gesunden Anteile ihrer selbst erneuert die Leber nach einem bestimmten Zeitplan. Wie sie das macht, ist mit nichts anderem im Körper zu vergleichen. Von Ihrer generellen körperlichen Verfassung, der Belastung mit Giftstoffen und anderen Einflüssen hängt es ab, ob in anderen Bereichen Ihres Körpers Regeneration stattfindet oder nicht, aber in der Leber wird renoviert, da gibt es gar nichts. Das ist so sicher wie die Tatsache, dass sich Ihr Geburtstag verlässlich immer zum gleichen Datum jährt: Ihre Leber erneuert alle gesunden Zellen innerhalb von neun Jahren.
Das ist aber kein ständiger täglicher Prozess, wenngleich ein gewisser Teil der Zellerneuerung laufend stattfinden kann. Die Leber regeneriert sich innerhalb dieser neun Jahre in Dritteln. Für gewöhnlich nimmt die Zellerneuerung etwa drei Monate vor der nächsten Drei-Jahres-Marke Fahrt auf, und die Leber macht sich ernsthaft an die Überholung der Zellen. In dieser Zeit kann sie ein Drittel ihrer aktiven Zellen neu bilden. Das Gleiche passiert wieder in der nächsten Drei-Jahres-Marke, und auch hier wird wieder ein Drittel der Zellen erneuert. Wenn die neun Jahre schließlich erreicht sind, hat die Leber ihr letztes Drittel renoviert. Das läuft für alle Menschen nach dem gleichen Zeitplan ab, wenn es auf den dritten, den sechsten und den neunten Geburtstag zugeht. Dann beginnt der Zyklus von Neuem und wiederholt sich so bis ans Lebensende. Was Sie Ihrer Leber an jenen besonderen Dreiergeburtstagen an Freundlichkeiten erweisen, hilft ihr sehr bei dieser Selbsterneuerung.
Zu bedenken ist hier, dass danach nicht unbedingt lauter saubere Zellen vorhanden sind. Wenn Sie sich zwischen diesen Geburtstagen nicht um die Ausleitung von Schadstoffen bemühen, können auch die neuen Zellen gleich wieder belastet sein. So kommt es, dass Giftstoffe sich über Jahrzehnte in Ihrer Leber halten. Deshalb ist es so wichtig, Pathogene und Schwermetalle
ein Leben lang immer wieder auszuleiten. Und um es noch einmal zu sagen: Die vollständige Zellerneuerung nach neun Jahren bedeutet nicht, dass Leberschäden, Krankheiten und Narbengewebe dann weg sind, auch wenn Sie sich nicht aktiv um Heilung bemühen. Aber sobald Sie Ihr Leben für Ihre Leber neu ausrichten und ihr nach Vorgaben dieses Buches Gutes tun, besteht die Hoffnung, dass sich auch geschädigtes Gewebe im Laufe eines Zyklus regeneriert.
Wenn es auf diese besonderen Geburtstage zugeht, sollten Sie sich jedes Mal dazu anhalten, ein bisschen mehr zu tun. Trinken Sie einfach in der Zeit beispielsweise vor Ihrem 27., 36., 48. oder auch 81. Geburtstag und so weiter, also alle drei Jahre, ein bisschen mehr grüne Säfte, essen Sie etwas weniger Fett, sorgen Sie für gute Befeuchtung aller Gewebe, und essen Sie Obst oder andere Nahrungsmittel, die reich an Antioxidanzien sind. Und immer wenn Sie zwischendurch einmal die Leberrettung 3-6-9 oder den vormittäglichen Ablauf zur Entlastung aus Kapitel 38 machen, unterstützen Sie die Selbsterneuerungsfähigkeit Ihrer Leberzellen, damit Sie sich wirklich gut fühlen können.
Ochsengalle
Ein relativ neuer Trend besteht darin, Ochsengalle in Kapseln gegen Verdauungsstörungen zu verabreichen. Die Theorie dahinter klingt einleuchtend: Wenn wir Fette schlecht verdauen können, haben wir wahrscheinlich zu wenig Galle, oder sie ist zu schwach, und die Lösung besteht doch sicher darin, dass wir Galle supplementieren. Nein, leider handelt es sich wieder mal um ein Märchen. Die menschliche Leber mag keine Ochsengalle. Könnte sie sprechen, würde sie sagen: »Hör auf! Die Galle anderer Lebewesen bekommt deinem Körper nicht.«
Ochsengalle löst das Problem der schwachen Verdauung nicht. Sie löst das Problem einer trägen oder gestauten Leber nicht, die zu wenig Galle erzeugt. Die Gallenproduktion liegt nun einmal von Anfang an und für immer in der Verantwortung Ihrer Leber. Das ist ihr einprogrammiert, und sie tut alles, um diesem Programm gerecht zu werden und Ihnen ein möglichst langes Leben zu sichern. Wenn man die Leber von dieser Zuständigkeit suspendiert, ist das ungefähr so, als würde man Ihnen die freie Entscheidung darüber, wie viel Sie essen, verweigern. Wenn Sie schon vollkommen satt wären und man Ihnen nicht erlauben würde, mit dem Essen aufzuhören, was dann? Was, wenn Sie immer noch mehr in den Mund stopfen und kauen und schlucken müssten, auch wenn Ihr Magen schon übervoll ist und Sie kaum noch atmen können? So ungefähr geht es Ihrer Leber, wenn Sie aus den in diesem Buch genannten Gründen geschwächt ist und nicht genügend Galle zur Zersetzung der
Fette in Ihrer Nahrung produzieren kann und dann Ochsengalle aufgezwungen bekommt.
Die Folgen eines Mangels an Galle, so schlimm sie sein können, bringen nicht so viele Probleme mit sich wie die Supplementierung fremder Galle. Für Ihre Leber ist Ochsengalle etwas vollkommen Fremdes, selbst wenn man im Labor festgestellt hat, dass sie kompatibel ist, und sie sogar als »bioidentisch« bezeichnet. Im Labor hat man sich nicht um die vielen anderen Stoffe in der Ochsengalle gekümmert, die unserem gesamten Verdauungssystem und Körper fremd sind. Auch das dürfte wieder eine Frage der Ausstattung solcher Forschungen mit Mitteln sein. Je mehr Geld zur Verfügung gestellt wird, desto mehr entdeckt man auch. In der Raumfahrt beispielsweise liegt es auf der Hand, dass wir sehr viel weiter wären, wenn einfach mehr Geld da wäre.
Das ist bei der Galle nicht anders, aber hier sieht die Realität so aus, dass niemand bereit ist, Abermillionen in die Erforschung der Galle zu stecken, nur um herauszufinden, welche für den Menschen unverträglichen Stoffe in der Galle anderer Lebewesen vorhanden sind. Welche noch unentdeckten Enzyme mögen in Fremdgalle enthalten sein, die dem endokrinen, dem Immun- oder dem Zentralnervensystem schaden, wenn sie nicht sogar Krankheiten begünstigen oder die menschliche Leber schädigen? Die Forschungen, die Ihrem Schutz dienen würden, werden unterbleiben, weil das keiner bezahlt. Stattdessen überlegt man einfach, dass Ochsengalle beim Ochsen schließlich die gleiche Funktion hat wie Menschengalle beim Menschen. Und da auch ähnliche Mineralstoffe darin zu finden sind, geht man davon aus, dass sie ihren Zweck schon erfüllen wird. Beide sind Säugetiere, es wird schon gehen.
In Wahrheit besitzt Ochsengalle eine ganz andere Konzentration als unsere, aber dazu gibt es wie gesagt keine Forschungen, denn das allein würde Millionen kosten. Darüber hinaus enthält Ochsengalle unerforschte chemische Verbindungen von ganz anderer Art als die Stoffe, die unsere Leber erzeugt. Das wird man aber nicht so bald herausfinden, weil die medizinische Forschung bisher nicht einmal die menschliche Galle ganz erfasst hat.
Eine Kapsel Ochsengalle, selbst aus der besten Quelle, ist für die Leber ein Schock. Wenn ein Schwimmbad zu lange ohne Wartung bleibt und viele Menschen dort baden und schwimmen und es außerdem heiß ist und der Regen die Klärchemikalien verdünnt, wird sich das Wasser allmählich verfärben und unhygienisch werden. Wenn man jetzt entsprechende Mengen Chlor zur Desinfektion einleitet, kommt es zu einer Art Schock, der mit dem Schock der Leber durch Ochsengalle vergleichbar ist. Ist die Leber träge und gestaut, weil sie mit Schwermetallen, Arzneistoffen, Lösungsmitteln, künstlichen Duftstoffen, Haarspray,
Haarfärbemitteln, Autoabgasen und mehr belastet ist, und mischt man dann noch Ochsengalle hinein, entsteht eben so etwas wie ein Schock.
Nicht dass die Ochsengalle irgendetwas abtöten würde wie das Chlor im Schwimmbad. Zu dem Schock kommt es vielmehr, weil die fremde Galle das fragile Gleichgewicht stört, das die Leber ständig für Sie aufrechtzuerhalten und wiederherzustellen bemüht ist. Es ist ein Balanceakt, mit dem die Leber verhindert, dass ein toxisches Chaos in ihr entsteht. Die Situation ist mit einem vielschichtigen Projekt zu vergleichen, mit dem Sie im Rahmen Ihrer Arbeit befasst sind. Jetzt wird noch jemand zusätzlich für diese Arbeit abgestellt und macht sich ohne allzu viel Ahnung gleich über Ihre Computerdateien her, um Ihnen zu helfen. Wenn Sie selbst wissen, was Sie tun, und gerade dabei sind, die verschiedenen Anteile zu einem Ganzen zu fügen, können Sie auf solche Hilfe verzichten, die Sie nur aus der Bahn wirft und das ganze Projekt destabilisiert. So ist es auch für Ihre Leber, wenn plötzlich Ochsengalle daherkommt und an Prozessen herumschraubt, mit denen ein echter Experte befasst ist, Ihre Leber.
Die Einnahme von Ochsengalle setzt einen uralten Mythos fort, nämlich dass man bei Nierenkrankheiten tierische Nieren essen soll, dass man mit Hirn auf dem Teller das eigene Gehirn und mit Leber die eigene Leber heilen kann und so weiter. Ich finde das wie so manches in der Medizin mittelalterlich. Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass Ochsengalle tatsächlich ein Ersatz für menschliche Galle sein kann, müssten wir noch ermitteln, wie viel davon man einnehmen soll. Niemand würde es wissen, man müsste da schon raten, weil die Mediziner ja nicht einmal wissen, wie viel menschliche Galle für den Zweck, dem sie dient, erforderlich ist. Unsere Galle und ihre Funktion sind noch viel zu wenig erforscht.
Ochsengalle enthält Stoffe für chemische Funktionen, die im menschlichen Körper nicht vorkommen. Sie enthält auch Aminosäuren unbekannter Natur, die in unserem Körper keine Funktion haben. Wenn Sie Ochsengalle mit all diesen Fremdstoffen einnehmen, die Ihr Körper nicht gebrauchen kann, gelangt das alles vom Magen in den Dünndarm und weiter und geht schließlich ins Blut und in die Leber, und die muss dann dieses Blut mit der fremden Galle verarbeiten.
Was ist so schlecht daran? Denken Sie einmal an Ihre beste Freundin, die Ihnen am Herzen liegt und der Sie vertrauen. Sie kennen beide die Geschichte der anderen mit allen Geheimnissen, Sie wissen alles voneinander. Jetzt nehmen wir an, dass Sie einmal zusammen im Auto unterwegs sind und sich irgendwo einen Coffee to go holen wollen. Sie halten an, Ihre Freundin geht nach drinnen, um zwei Kaffees zu besorgen, und Sie warten im Wagen. Jetzt
kommt sie wieder heraus, macht die Wagentür auf, steigt ein, gibt Ihnen den Kaffee weiter – und ist eine ganz andere Frau, die nur so aussieht wie Ihre Freundin. Sie spricht wie Ihre Freundin, sie wirkt wie Ihre Vertraute, bis Sie allmählich merken, dass sie in Wirklichkeit wildfremd ist und nichts über Sie weiß, über Ihre Träume, Ihre Verluste, Ihre Sehnsüchte, Ihr Leben.
Außerdem riecht sie überhaupt nicht gut, es ist ein Geruch, den Sie gar nicht recht benennen können. Es ist nicht der Körpergeruch, den Sie aus dem Fitnessstudio kennen, er ist viel schlimmer, rätselhaft und verstörend. Er beunruhigt Sie so sehr, dass Sie beinah die Kontrolle über sich und Ihre Handlungen verlieren, weil Sie nicht von der Frage loskommen, was an diesem Geruch so bedrohlich ist. Kann er Ihnen schaden? Ist das etwas Giftiges? Müssen Sie jetzt etwas dagegen unternehmen? Plötzlich versenken Sie Ihren Kaffee im Abfalleimer, sagen dieser Frau, sie soll aussteigen, und schießen mit Vollgas davon. Allmählich werden Sie ruhiger, obwohl der Geruch noch da ist, und fangen an zu überlegen, was das eben war.
Nachdem Sie Ihre erste Verwirrung abgeschüttelt haben, wird Ihnen klar, dass Sie jetzt zu diesem Coffeeshop zurückfahren müssen, und tatsächlich steht Ihre Freundin noch da. »Wo warst du denn die ganze Zeit?«, fragt sie beim Einsteigen.
Wenn die Leber diese ihr völlig fremde Galle aufnehmen muss, ist sie genau in der Lage, in der Sie waren, als dieses Double Ihrer Freundin aus dem Coffeeshop kam. Sie setzt sich jetzt sofort mit all den fremden Stoffen in dieser Ochsengalle auseinander, aber das Ganze verwirrt Sie doch sehr, schließlich besitzt sie ihre eigene Galle, die sie zu Ihrem Schutz wieder resorbieren muss. Ochsengalle bringt sie völlig durcheinander, und sie weiß dann nicht mehr, was sie eigentlich zu tun hat, nämlich Ihre echte Freundin, die natürliche Galle, da wieder abzuholen, wo sie gewartet hat.
Wenn Ihre Leber sich schwertut, genügend Galle zu erzeugen, braucht sie keine Ochsengalle, sondern ein Glas Selleriesaft, das ihr hilft, sich zu erholen. Sie erkennt die richtigen Mineralstoffe im Selleriesaft und setzt sie so ein, dass sie wieder genügend Gallenflüssigkeit bereitstellen kann. Außerdem hilft es ihr, wenn wir dann weniger Fett zu uns nehmen. Stellt der Arzt eine zu geringe Gallenproduktion fest, verschreibt er Ochsengalle und geht davon aus, dass sein Patient weiterhin reichlich Fett essen wird. Wir sind praktisch alle unser Leben lang auf fettreicher Diät – gegrilltes Käsesandwich, Salat mit Hühnchen und öligem Dressing, Pizza und immer so weiter. Es herrscht die verbreitete Annahme, dass da keine Mäßigung erforderlich ist, solange man nur Ochsengalle einnimmt. In Wirklichkeit müssten alle Menschen mit verminderter Galleproduktion zu einer fettarmen Ernährung übergehen, wie
sie hier in Kapitel 38 und 39 beschrieben ist. So kann sich die Leber einmal vom ständigen Bombardement mit Fetten erholen und bekommt die Chance, zu entgiften und dadurch auch ihre Galleproduktion zu normalisieren. Da die bekanntlich ja sehr fettreichen Eiweißdiäten zurzeit (besonders in den USA) en vogue sind, nehmen die Leute zusätzlich Ochsengalle ein und essen mehr Fett denn je, ohne zu ahnen, dass das Problem dadurch nur noch schlimmer wird.
Leber essen
Neben dem Umstand, dass viele den Geschmack von Leber wirklich mögen, hält sich auch der Glaube, es sei gesund, sie zu essen. Angeblich heilt und stärkt das unsere Leber und wirkt blutbildend. Putenleber wird für Füllungen verwendet, Rinder- und Hühnerleber brät man für die Familie, Gänse- und Entenleber gelten als Delikatessen, insbesondere in der Gestalt von Pasteten.
Es stimmt aber ganz und gar nicht, dass der Verzehr von Leber unserer Gesundheit guttut. Wenn wir bedenken, was unsere eigene Leber für unseren Körper leistet, ist leicht zu verstehen, dass wir es hier einfach mit einer bedauerlichen Fehleinschätzung zu tun haben.
Zunächst einmal ist es so gut wie unmöglich, auf dieser Erde eine wirklich reine und gesunde menschliche oder tierische Leber zu finden. Fänden wir eine wunderbar gesunde Leber einer Kreatur, die in einer ursprünglich sauberen Umwelt aufgewachsen ist, wäre sie trotzdem voller Schlackenstoffe aus dem Körper dieses Lebewesens selbst. Die normalen körperlichen Funktionen lassen Gifte entstehen, die die Leber verarbeiten oder speichern muss. Man könnte leicht auf den Gedanken kommen, ein in der entlegenen Wildnis aufgewachsener Bär oder Hirsch, der sich dort von Beutetieren oder von Gras und anderen Pflanzen ernährt, müsste eine vollkommen saubere Leber haben, aber so ist es nicht. Wilde Tiere sind immer in Flucht-Abwehr-Bereitschaft und erleben folglich häufiger Adrenalinstöße, und wie bei uns muss die Leber all das überschüssige Hormon aufsaugen.
Nun bindet die Leber natürlich nicht nur Giftstoffe. Sie leistet alles in allem Großartiges, und da liegt der Gedanke durchaus nahe, dass sie sehr heilsam sein kann. Sie enthält und verarbeitet wichtige Enzyme, Spurenelemente, Aminosäuren, Antioxidanzien und andere sekundäre Pflanzenstoffe – da erscheint es logisch, dass der Verzehr von Leber uns wirklich nützt. Nachdem Sie in diesem Buch so viel über die geradezu wunderbaren chemischen Funktionen und Stoffe dieses Organs gelesen haben, denken Sie vielleicht mehr denn je, dass die Kräfte einer von Ihnen verspeisten fremden Leber auf Sie übergehen. Und es könnte tatsächlich sein, dass Sie
etwas davon haben, doch das darf Sie nicht zu dem Glauben verleiten, dass Menschen Leber brauchen. Das Ganze hat nämlich auch noch eine andere Seite. Die in der Leber verwahrten kostbaren Nährstoffe sind wie ein gewaltiger in der Erde vergrabener Schatz von Goldmünzen, Diamanten, Smaragden und anderen Kostbarkeiten. Sie sind im Besitz der Werkzeuge, um das alles auszugraben, nur dass darüber eine Schicht von radioaktiven Abfällen liegt. Gut möglich, dass Sie bis zur Schatztruhe vordringen, aber Sie werden wahrscheinlich nicht allzu lange etwas davon haben. So ähnlich sieht es mit der Leber aus, sie enthält sowohl Schätze als auch Gifte. Es ist ungefähr so, als würde man Ihnen ein vergiftetes Elixier des ewigen Lebens reichen.
Das ist ja auch das Problem bei der Verabreichung von Ochsengalle: Was aus der Leber des Rindviehs kommt, verträgt sich nicht mit dem menschlichen Körper. Es mag alles noch so gut und gesund für das Tier sein, es ist trotzdem nicht mit der Arbeitsweise unserer Leber vereinbar. Eine Tierleber erzeugt und speichert Tierenzyme und andere tierische Stoffe, die sehr genau auf die jeweilige Art abgestimmt sind und den Bedürfnissen des jeweiligen Lebewesens entsprechen. Man kann sie nicht so umschneidern, dass unser menschlicher Körper etwas damit anfangen könnte. Bei Fett ist das anders. Das in einer tierischen Leber enthaltene Fett kann unser Körper verwerten. Es ist nur leider so, dass dieses Fett wahrscheinlich voller Giftstoffe ist, denn die Fettzellen der Leber speichern Toxine. In einer Tierleber findet unsere Leber möglicherweise ein paar brauchbare Spurenelemente und mit noch mehr Glück ein paar Antioxidanzien. Die können jedoch die Kontamination nicht ausgleichen. Am Ende muss Ihre Leber die Giftstoffe und all die unbrauchbaren animalischen Stoffe verarbeiten und speichern, und das verschlimmert die Überlastung, der sie wahrscheinlich ohnehin schon ausgesetzt ist.
Wenn Sie sich mit dem Verzehr von Leber das Gute zuführen möchten, das in diesem Organ enthalten ist, müsste es menschliche Leber sein. Das ist natürlich tabu und wäre auch aus verschiedenen Gründen nicht zu empfehlen, unter anderem deshalb, weil auch die Schätze der menschlichen Leber unter Abfällen, Giftstoffen aller Art und pathogenen Keimen vergraben wären und Sie weitaus mehr Unerwünschtes als Zuträgliches zu sich nähmen. Glauben Sie mir, der Kannibalismus würde sich nicht lohnen.
Über diesen Gedanken mögen wir heute vielleicht schmunzeln, aber noch vor einhundertfünfzig Jahren galt der Verzehr menschlicher Körperteile als heilsam. Die damalige »Alternativmedizin« war gegen diese Praxis eingestellt, denn es gab da ja auch noch einen Schwarzmarkt für menschliche Leichen – eines der eher düsteren Kapitel der Wissenschaftsgeschichte. Eine »Darreichungsform« bestand darin,
dass man Menschenknochen in Wasser einlegte. Das so entstehende »Tonikum« muss man sich vielleicht ungefähr wie unsere heutige Knochenbrühe vorstellen. Bei Hautkrankheiten wurde menschliche Haut verzehrt, und andere menschliche Organe verspeiste man, um das entsprechende eigene Organ zu stärken. Solche heimlichen Bräuche entstanden aus der schon im Zusammenhang mit der Ochsengalle angesprochenen mittelalterlichen Ansicht, die Organe des Menschen seien mit entsprechenden tierischen Organen zu heilen. Deshalb glauben wir heute noch, tierische Leber auf dem Teller sei gut für unsere Leber. Aus dem gleichen Grund enthalten manche Nahrungsergänzungsmittel heute noch kleine Mengen tierischer Organe und Drüsen. So viele Jahrhunderte es dieses Denken schon gibt, es ist noch nie jemand auf solche Weise geheilt worden.
Orientieren Sie sich in Ihrem eigenen Interesse am Verhalten von Raubtieren in freier Wildbahn. Wenn sie ihre Beute verzehren, lassen sie die Leber liegen, sofern der Hunger nicht zu groß ist. Die Leber wird meist einfach Aasfressern hinterlassen. Wenn Tiere gezwungen sind, Leber zu fressen, sieht man sie im nächsten Frühjahr mehr frisches Grün und mehr Wurzeln verzehren, damit die Leber entgiften kann. Hinter diesem Verhalten der Tiere steht ein instinktives Wissen, an dem wir uns ein Beispiel nehmen sollten.
Die Leberspülung
»Leberspülung« – das klingt so sinnvoll und nützlich. Ist das nicht die naheliegende einfache Lösung zum Entschlacken und Entgiften? Es wirkt einleuchtend, und da liegt auch schon der Haken. Die Leberspülung ist von Menschen erdacht worden, die sich dabei an bestens funktionierenden Spülungen auf anderen Gebieten orientiert haben. So etwas, dachten sie, müsse doch auch für die Leber funktionieren. Das ist ungefähr so, als würde man für jemand anderen denken. Mögen Sie es, wenn man Ihnen Worte suggeriert, während Sie noch an Ihrer Formulierung feilen? Sicher nicht, und ganz bestimmt dann nicht, wenn es um etwas geht, wovon eine Menge abhängen könnte. Forcierte Leberreinigung, ich kann das gar nicht oft genug betonen, hat am Ende vor allem Nachteile. Vielleicht hören Sie das jetzt gar nicht gern, weil Sie auf Ihre Leberspülungen stehen. Dafür habe ich Verständnis, aber ich muss eben auch meine Aufgabe erfüllen, und die besteht darin, meine Leser aufzuklären und vor Schaden zu bewahren.
Natürlich ist nicht alles zu spät, wenn Sie bereits Leberspülungen durchgeführt haben sollten. Sie müssen aber wissen, dass die Leber ein Eigenleben hat, über das wir nicht bestimmen dürfen. Sie folgt ihrem eigenen Zeitplan. Wenn Ihr Chef Sie bis Mitternacht mit Arbeit eindeckt, wo Sie doch um fünf das Haus hätten verlassen sollen, um Ihre
Tochter von der Probe mit ihrer Band abzuholen, würde Ihnen dieser Übergriff nicht schmecken, oder? Nehmen wir weiterhin an, Sie genießen ganz gemächlich Ihren Sonntag, als es plötzlich ohne Vorwarnung heißt, dass Sie sofort in der Firma zu erscheinen haben. Sie lassen Ihr Brötchen fallen, stellen den Herd ab, auf dem Sie eben Pfannkuchen für die Kinder backen wollten, und hasten los, nicht ohne unterwegs zu bemerken, wie gelassen die anderen Leute ihren Wochenendbeschäftigungen nachgehen. Am Arbeitsplatz heißt es, dass niemand das Haus verlässt, bis das Projekt durch ist, und wenn es bis zwei Uhr früh dauern sollte. Das würde erst recht nicht zu Ihren eigenen Plänen passen, nicht wahr? Diese können Sie offenbar einfach vergessen, doch damit nicht genug; darüber hinaus sollen Sie auch noch mehr produzieren als je zuvor und stündlich in rauen Mengen Ergebnisse liefern. Erinnert Sie das nicht ein wenig an eine Leberspülung, die der Leber gegen ihren eigenen Zeitplan und gegen ihren Willen zusätzlich zu allem aufgezwungen wird, was sie ohnehin schon leistet, während Sie damit beschäftigt sind, die Toilettenschüssel stündlich nach Lebersteinen abzusuchen?
Es sind alle möglichen Leberreinigungskuren im Umlauf, manche nur für die Leber oder nur für die Gallenblase, andere für Leber und Gallenblase, aber alle setzen die Leber unnötig unter Druck. Weitaus effektiver wird die Reinigung, wenn Sie mit dem natürlichen Lauf der Dinge gehen, statt Zwang auszuüben. Sollten Sie der Leber mit unausgewogenen Spülungen und Entgiftungskuren Beine zu machen versuchen, wird sie Sie jedes Mal austricksen. Sie denken, Sie wissen es besser als Ihre Leber? Bestimmt nicht. Sie sind sicher ein intelligenter Mensch, aber die Leber überlisten? Nein, das wird keinem von uns je gelingen. Sie lässt uns solche Versuche nicht durchgehen, sie erlaubt uns einfach nicht, sie herumzuschubsen. Eine Leber macht ihre Programme selbst, sie ist ihre eigene Denkfabrik, und wenn man sie antreibt, arbeitet sie einfach weniger als bis dahin. Wenn Sie den Druck dann weiter erhöhen, macht sie nur mehr Dienst nach Vorschrift. Sie können jetzt versuchen, noch mehr Zwang anzuwenden, aber Ihre Leber wird dann einfach abschalten oder in den Leerlauf gehen, bis Sie endlich von ihr ablassen. Sie stellt also die Selbstreinigung ganz ein, um zur Normalität und zu ihrer eigenen Homöostase zurückzufinden. Erst wenn Sie ganz aufhören, atmet sie tief durch und nimmt ihre normale Tätigkeit wieder auf. Kennen Sie das aus Ihrem Alltag? Sie versuchen, etwas gewaltsam voranzubringen, und es weigert sich einfach, bis Sie sich schließlich dazu durchringen, mit mehr Raffinesse vorzugehen. Das gilt für so viele Bereiche im Leben.
Ihre Leber verfügt über uraltes Wissen aus lange vor Ihrer Geburt liegenden Zeiten. Sie enthält ja auch Informationen über
Ihr Leben, die Sie nicht einmal selbst noch abrufen können. Sie ahnt Ihre Winkelzüge im Voraus, schließlich musste sie Ihnen immer wieder aus der Patsche helfen, etwa als Sie einen fettigen Cheeseburger in sich hineingeschlungen oder bei einer Party während des Studiums einen Liter Bier in sich hineingegossen haben. Sie nutzt dieses Gedächtnis, um Sie zu beschützen. Sie weiß, ob Sie sich anständig benommen haben oder ungezogen waren. Und sie weiß, ob Sie versucht haben, eine ganze Wagenladung Giftstoffe auf einmal auszuschwemmen. Das ist einfach unser menschliches Bewusstsein, es möchte immer alles auf einen Streich erledigen. So bilden wir uns ein, dass die Gifte und Schlacken alle über Nieren und Darm ausgeschieden werden, bis schließlich alles in der Toilette endet und wir ihm nur noch nachwinken müssen.
Das weiß die Leber besser. Wenn es eine zu radikale Spülung ist, die der Leber Gewalt antut, landen die Giftstoffe am Ende im Blut. In dem Fall ist der Leber bewusst, dass Herz und Gehirn akut bedroht sind. Jetzt sind Massen von giftigen Schlacken unterwegs zu den Herzklappen und -kammern, und das sieht die Leber überhaupt nicht als idealen Ausscheidungsweg. So wird das Herz nämlich unter Stress gesetzt, und es kann zu Pulsunregelmäßigkeiten, Entzündungen, vermehrter Adrenalinausscheidung und elektrischen Reizleitungsstörungen kommen, während wir in der Toilette immer noch nach Steinen suchen.
Auch diese Steine sind übrigens keine richtigen Steine. Es handelt sich einfach um Fettklöße aus der stark ölhaltigen Spülungsflüssigkeit. Das überschüssige Öl koaguliert im Dickdarm und bildet Geleekugeln, die schließlich ausgeschieden und dann wahrhaftig für Steine gehalten werden, mitunter gibt es Hunderte davon. Sie, meine Leser, sollen wissen, was es wirklich damit auf sich hat: Diese »Steine« zeigen lediglich an, dass Ihr Körper Sie von solchen Ölmassen bewahren möchte.
Wie wir es bereits in Kapitel 34 im Zusammenhang mit der Gallenblasenspülung gesehen haben, stehen uns bessere Methoden zur Verfügung, mit denen sich die Steine auflösen lassen. Solche besseren Methoden gibt es auch für die Leber. Damit arbeiten wir nicht gegen sie, sondern mit ihr zusammen und erreichen mehr als mit solchen ausgedachten Spülungen. Wir kommen darauf in Kapitel 38 zurück.
Lebersteine
Sie haben vielleicht schon mal gehört, dass die Leber selbst Steine haben kann, doch das ist keineswegs der Fall. Es kommt vor, dass sich im Gallengang von der Gallenblase zum Darm Steine verklemmen. Das ist natürlich etwas anderes als die Lebersteintheorie. Den Fall, dass die Gallenwege innerhalb der Leber von Steinen verstopft werden, gibt es nicht; die Leber bildet
selbst keine Steine, die sie durch die Gallengänge in Richtung Gallenblase schicken könnte. In der Leber ist es zu warm, als dass sich dort Steine bilden könnten. Das geschieht nur in der Gallenblase gemäß dem Ablauf, den wir in Kapitel 32 betrachtet haben: Giftstoffe gelangen von der heißen Leber in die kühle Gallenblase und verfestigen sich dort zu Steinen.
Die Hitze der Leber schützt Sie in Wirklichkeit davor, dass sich dort Steine bilden, seien sie hart oder weich. Entstünden hier Steine, könnten sie nicht über die Gallenwege in die Gallenblase gelangen, einfach weil diese Gallengänge viel zu schmal sind. Nur ein Chirurg, der die hier herrschenden Verhältnisse wirklich gesehen hat, weiß, wie dünn diese Gallengänge tatsächlich sind. Sie könnten keine Steine transportieren, schon gar nicht die Brocken, die die Leute bei sogenannten Reinigungskuren von sich geben und für Lebersteine halten. Bildeten sich in der Leber tatsächlich Steine, wären die Gallenwege sofort verstopft, und dann ginge es einem wirklich schlecht. Die Krankenhäuser wären voller Patienten, bei denen sofort Notoperationen zur Entfernung dieser Steine erforderlich wären. Dafür gäbe es sicherlich hochentwickelte Operationsmethoden, denn schließlich ist das ein Gebiet, auf dem die moderne Medizin Großes leistet. Die Operation wäre mindestens so normal, wie es die chirurgische Entfernung von Nierensteinen heute ist.
Wenn man nach einer Leberspülung sogenannte Steine in der Toilette sieht, handelt es sich einfach um Nahrungsreste, die mit dem Öl der getrunkenen Spülungsflüssigkeit verklumpen. Was passiert bei einer Leberspülung, die ohne viel Olivenöl und vielleicht ganz ohne Fett auskommt? Normalerweise gehören zu solch einer Spülung auch noch abführende Salze und große Mengen irgendeiner Kräutermischung. Auch diese Kräuter können sich mit Nahrungsresten und Schleim im Darm zu Klumpen verbinden, sodass man sich hier ebenfalls einbilden kann, in der Toilette seien Steine zu sehen.
Die Lebersteinspülung ist ein Trend, der sich inzwischen verselbstständigt hat. Dabei wissen viele der auf diesem Gebiet Tätigen nicht einmal, wie die Leber wirklich funktioniert. Nun gut, niemand ist vollkommen, auch die Menschen in den Heilberufen nicht, wir alle machen Fehler. Jetzt kommt es aber darauf an, dass Sie wieder aufstehen, sich den Staub abklopfen und es beim nächsten Mal richtig machen. Grämen Sie sich also nicht, wenn etwas, woran Sie geglaubt haben, sich als falsch erweist.
Fruktoseintoleranz
Wenn Sie sich mit Gerüchten über eine Fruktoseintoleranz oder Fruktosemalabsorption verrückt machen lassen, bringen
Sie sich um eine Möglichkeit, Ihrer Leber etwas Gutes zu tun. Das heillose Durcheinander um dieses Thema hat viel mit der Leber zu tun. Je stärker sie vergiftet ist, desto eher sieht es so aus, als läge eine derartige Unverträglichkeit vor, auch wenn das gar nicht der Fall ist. Laktose (Milchzucker) und Fruktose (Fruchtzucker) sind völlig verschieden. Zum Beispiel sind Viren oder Bakterien, die irgendwo im Körper ihr Unwesen treiben, ganz versessen auf Milchzucker, genauso wie auf Gluten. Wenn jemand stark mit Bakterien oder Viren belastet ist, die sich von Gluten ernähren können, ist es gut möglich, dass man bei diesen Menschen schließlich eine Störung wie Zöliakie feststellt. Zöliakie gilt als Autoimmunerkrankung, aber in Wirklichkeit handelt es sich um pathogene Keime, die den Körper angreifen. Auch Milchzucker dient diesen Pathogenen als Nahrung, und dadurch können sich Symptome aller Art verschlimmern. Wenn Bakterien oder Viren im Körper eine Gluten- oder Laktoseintoleranz auslösen können, heißt das nicht automatisch, dass es auch Fruktoseintoleranz geben muss. Nur weil Fruktose und Laktose beide Zuckerarten sind, darf man sie nicht in einen Topf werfen. In keinem Labor und in keiner Klinik lässt sich genau feststellen, was Fruktose, ganz für sich betrachtet, im Körper bewirkt, sei es gut oder schlecht. Untersuchungen auf Fruktoseintoleranz sind nicht treffsicher und werden es wahrscheinlich nie sein, weil hier eine Voreingenommenheit gegen Obst vorliegt. Der Aufkleber »Fruktoseintoleranz« gehört zu der gegen Obst und gesunde Kohlenhydrate gerichteten Bewegung, die den Leuten gerade das Nahrungsmittel wegnimmt, das bei allen möglichen chronischen Beschwerden Heilung verspricht.
Die Leber braucht unbedingt Fruchtzucker, um sich zu regenerieren und gegen Pathogene zu verteidigen. Weil Obst jedoch so reinigend wirkt, kann es bei jemandem, der viel Obst isst, zu Entgiftungssymptomen kommen, und da entsteht schnell der Eindruck, es bestehe eine Fruktoseintoleranz. Bei chronisch Kranken mit träger, gestauter Leber kann es sein, dass sie stark reagieren, wenn die Entgiftung einsetzt. Ein Apfel kann dazu mehr leisten, als die meisten Menschen ahnen; und wenn die Giftstoffe mobilisiert und ausgeleitet werden, kann bei Patienten selbst und beim Arzt oder Heilpraktiker ein falscher Eindruck entstehen, vor allem wenn die Ernährung des Kranken sonst nicht gerade auf Entschlackung ausgerichtet ist.
Fast alle Angehörigen der Heilberufe, die an die Fruktoseintoleranz glauben, schwören auch auf fettreiche Ernährungsformen. Sogar sogenannte Eliminationsdiäten, bei denen man mit bestimmten Nahrungsmitteln experimentiert, um zu sehen, ob sie Reaktionen auslösen, sind in der Regel fettreiche Ernährungsformen. Wenn viel Fett in der Nahrung ist, bleibt das Blut schmutzig und die Leber toxisch, und
wenn man dann eine Leberreinigung macht, können die Lebergifte nirgendwohin, weil das Blut bereits mit Fetten und Giftstoffen überfrachtet ist. Die unvermeidlichen Reaktionen werden dann prompt als Fruktoseintoleranz oder Malabsorption eingestuft und schrecken die Leute von dem ab, was ihnen echte Hilfe bieten könnte. Ein Großteil dessen, was als Fruktoseintoleranz gedeutet wird, ist in Wahrheit Insulinresistenz (siehe
Kapitel 2
und
15
). Wenn man nicht weiß, dass Insulinresistenz durch zu viel Fett im Blut und Leberträgheit entsteht, kommt schnell der Verdacht auf Fruktoseintoleranz auf.
Man unterscheidet heute zwischen hereditärer (erblicher) Fruktoseintoleranz (HFI) und Fruktosemalabsorption. Die Begriffe sind aber in beiden Fällen nicht treffend und die Testverfahren ungeeignet. Die hereditäre Form ist nicht wirklich genetischer Natur; das ALDOB-Gen und ein Mangel an dem Enzym Aldolase B haben nichts mit den Symptomen zu tun, zu denen es nach dem Genuss von Obst kommen kann. Erstens fehlt dieses Enzym bei niemandem gänzlich, und wenn ein Mangel besteht, gilt zweitens, dass es sich nur um eine von zahlreichen (wissenschaftlich noch nicht einmal wahrgenommenen) chemischen Verbindungen und Reaktionen handelt, bei denen Mängel auftreten, wenn es der Leber nicht gut geht. Die Fachleute haben sich ganz auf die Aldolase B eingeschossen, und da sie einen Mangel an diesem Enzym auf Fruktoseintoleranz zurückführen, begehen sie leider auch noch den Fehler, Ihnen genau die Nahrungsmittel zu verbieten, die Ihre träge und gestaute Leber wiederherstellen würden, sodass sich die Enzyme und chemischen Reaktionen von selbst wieder einpendeln könnten. HFI ist einfach nur eine Theorie, deshalb sprechen wir hier im Märchenkapitel darüber. (Im Übrigen kommt es bei ganz wenigen Menschen tatsächlich zu Reaktionen, wenn sie Obst essen. Reaktionen auf gewöhnlichen Zucker sind häufiger.) Scheinbar mit dem Obstverzehr zusammenhängende Symptome haben eigentlich mit Fettintoleranz zu tun, die wiederum auf Funktionseinschränkungen der Leber zurückzuführen sind. Das Fähnchen »Fruktoseintoleranz« wird so emsig geschwenkt, um Ihre Aufmerksamkeit zu binden und von den Interessen der Fettindustrie abzulenken. Sie wissen ja: Wenn etwas nicht funktioniert, schiebt man es gern auf die Gene, und wenn Sie sich darauf einlassen, werden Sie um die echten Lösungen betrogen, die zur Heilung Ihrer Leber führen und Sie von Ihren Symptomen befreien würden.
Was nun die Fruktosemalabsorption angeht, so deuten die Fachleute die Untersuchungsergebnisse als Hinweise auf überschüssigen Fruchtzucker im Körper, und das, meinen sie, könne ja nur bedeuten, dass Ihr Körper ihn nicht verwerten kann. Die den Ärzten unbekannte Realität sieht aber so aus, dass Ihr Verdauungstrakt
voller alter Fette ist, die nicht aufgeschlossen oder abgebaut werden können, weil Ihre Leber schwach, träge, gestaut und einfach krank ist oder sich schon in Richtung Fettleber bewegt und dringend Zuwendung braucht. Wenn Sie jetzt Obst essen, kommt es zu Unverträglichkeitsreaktionen, die in den Untersuchungsergebnissen als Malabsorption erscheinen würden, weil Fruchtzucker in diesen mit alten Fetten verklebten Därmen wirklich nicht resorbiert werden kann und weil das Obst eine Reinigung des Darms und die Heilung der Leber einleitet. Die Ärzte gehen aber davon aus, dass Obst Ihnen einfach nicht bekommt, und empfehlen Ihnen tierisches Eiweiß als Hauptkalorienquelle – genau das also, was Ihre Gallenflüssigkeit im Laufe der Jahre immer spärlicher hat fließen lassen, sodass Nahrungsfette im Dünndarm und Dickdarm ranzig wurden und mit der Darmwand verklebten.
Wer weniger Fett zu sich nimmt, hat in der Folge auch weniger Fett im Blut und würde von Obst keine Beschwerden oder Fruktoseverwertungsstörungen mehr bekommen, einfach weil Fruktoseintoleranz oder -malabsorption von Anfang an die falsche Deutung waren. Ihre Leber würde allmählich gesunden und zu Kräften kommen, um dann auch effizienter zu funktionieren. In der Folge würde Obst immer mehr anschlagen, und den Menschen ginge es wirklich besser, all den Diagnosen zum Trotz. Wie gesagt fällt den Fachleuten, die fettreiche Ernährungsformen kreieren, allmählich auf, dass man bessere Ergebnisse erzielt, wenn mehr pflanzliche Nahrung verzehrt wird, wodurch sich natürlich gleichzeitig der Fettverzehr reduziert. Noch besser kann es aber erst werden, wenn die Leute ihre Angst vor Obst ablegen und sich mehr als einen grünen Apfel und eine Handvoll Beeren pro Tag erlauben.
Die »bösen« Lektine
Noch ein um sich greifender Trend besteht in dem Glauben, manche Nahrungsmittel seien wegen ihres hohen Lektingehalts gesundheitsschädlich. Man muss sich einmal vor Augen führen, dass es schon viele Jahrzehnte chronisch kranke Menschen gibt und auch in den kommenden Jahrzehnten geben wird. Wenn jemand weiß, wo es mit seinem Körper hapert, wo die Ursachen liegen und was man tun kann, wird er genesen können. Im Laufe vieler Jahre habe ich genau das bei unzähligen Leuten verfolgen können: Sie wurden gesund, sie überwanden sogar wirklich verheerende Krankheiten. Solche Genesungen hatten jedoch nichts mit Lektinen zu tun.
Wir können uns kaum einreden, erst durch das Lektin-Bewusstsein hätten wir eine Chance, richtig gesund zu werden. Die Verfasser von Büchern und Studien über dieses Pflanzeneiweiß wissen offenbar
nichts von den Abertausenden, die ohne ihre Lektin-Fehlinformation gesund geworden sind – sie übersahen das alles einfach, weil es nach ihrer Auffassung nicht sein konnte, und taten so, als wäre kein chronisch Kranker je wieder gesund geworden. Ein schönes Beispiel für Zweckignoranz.
Problematisch ist an diesem Denken, dass es uns ausgerechnet die Nahrungsmittel auszureden versucht, die den eigentlichen Verursachern vieler Symptome und Krankheiten, den Viren und anderen Pathogenen, Einhalt gebieten könnten. Die Lektin-Prediger wissen nichts über diese Pathogene und ihre Rolle als Krankheitsverursacher, beispielsweise dass hinter der rheumatoiden Arthritis (RA) eigentlich EBV steckt. Sie würden eher annehmen, dass man von Kartoffeln RA bekommt, als zu erkennen, dass die in Kartoffeln enthaltene Aminosäure L-Lysin ganz im Gegenteil eine EBV-bedingte RA verhindert. Stattdessen glauben sie an Autoimmunerkrankungen, an die Selbstzerstörung des Körpers. Da sie nicht wissen, wie falsch diese Theorie ist, wissen sie sich nicht anders zu helfen, als alles auf die Lektine zu schieben und ihnen zu unterstellen, sie machten den Körper konfus, sodass er sich dann gegen sich selbst wende. Jedenfalls nehmen sie Ihnen genau die Lebensmittel weg, die Sie heilen könnten – Obst und manche Gemüse, Wurzeln und Knollen –, sodass Sie mehr Fett essen und Ihrer Leber damit schaden.
Die Lektine in Obst und Gemüse schaden uns nicht. Lassen Sie sich von niemandem einreden, sie seien so etwas wie die für uns Menschen giftigen Alkaloide, die manche Wildpflanzen zum Selbstschutz produzieren. Manche Pflanzen sind in der Lage, bei Fraßschäden etwa durch Hirsche sofort Alkaloide an die verletzten Stellen zu schicken, um dem Tier den Appetit zu verderben. Wir meiden solche Pflanzen, weil wir um ihre Giftigkeit wissen – aber es sind nicht die Lektine, die ihre Gefährlichkeit ausmachen. Zuchtformen von Obst und Gemüse, aber auch essbare Wildpflanzen sind eine ganz andere Kategorie, aber es wird so getan, als wären sie so gefährlich wie Giftpflanzen. Nein, die Lektine in unserer Nahrung schaden uns nicht.
Es gibt Eiweißstoffe, die nicht in Obst und Gemüse, wohl aber in Milchprodukten, Eiern und manchen Getreiden wie zum Beispiel Weizen enthalten sind und Pathogenen als Nahrung dienen, also Entzündungen schüren. Lektine gehören nicht dazu. Wie Sie in Kapitel 36 lesen werden, tut man bei Milch, Eiern und diesen Getreiden gut daran, besonders vorsichtig zu sein. In Milchprodukten, Eiern und Weizen gibt es eine Menge Stoffe und Verbindungen, auf die sich die Experten bei ihren Bemühungen um die Heilung chronischer Krankheiten konzentrieren könnten, doch stattdessen starren sie wie gebannt auf die Lektine, wie seltsam.
Also: Lassen Sie bei glutenreichen Nahrungsmitteln ruhig Vorsicht walten. Aber
fürchten Sie sich nicht vor Kartoffeln und frischen, reifen Tomaten. Ich habe erlebt, dass sie sogar Schwerkranke heilen können. Erst kürzlich war ich wieder Zeuge ihrer lebensrettenden Wirkung.
Hüten Sie sich vor diesen Lektin-Unkenrufen, lassen Sie sich nicht davon vereinnahmen. Dieses verquere Denken wird noch eine ganze Weile Verwirrung stiften – eine weitere Anti-Obst-Kampagne, eine weitere lancierte Irrlehre, die Sie davon abhalten soll, das zu essen, was Sie und Ihre Leber gesund machen kann; und wieder etwas, wohinter sich die Medizin verstecken kann, damit man nicht merkt, dass sie einfach nicht weiß, wie chronische Krankheiten entstehen. Lassen Sie sich und Ihren Kindern nicht ausgerechnet das wegnehmen, was Sie für Ihre Gesundheit brauchen.
Apfelessig
Apfelessig wird hoch gelobt; er sei gut für den Magen und überhaupt für die Verdauung, heißt es. Angeblich macht er den Verdauungstrakt basisch, befreit von Sodbrennen, beruhigt den aufgetriebenen Bauch. Noch mehr Applaus bekommt er als Leber- und Gallenblasenreiniger.
Die Äpfel selbst sind wahre Wunderwerke. Erstaunlich, was sie allein für die Verdauung leisten. Sie sammeln und beseitigen Bakterien, Parasiten, Viren und Schimmel im gesamten Verdauungstrakt. Wo immer es nötig ist, schaffen sie stabile basische Verhältnisse. Sie wirken unterstützend bei Divertikulitis und dämpfen Entzündungen in Magen und Darm. Äpfel wirken unglaublich reinigend und heilsam auf Gallenblase und Leber. Sie entgiften diese Organe nicht nur und befreien sie behutsam von Sedimenten, sondern unterstützen auch die Auflösung von Gallensteinen. Aber wir sprechen hier wirklich von Äpfeln, nicht von Apfelessig. Auch Apfelsaft wirkt bei diesen Vorgängen sehr unterstützend, aber für Apfelessig, den zu Essig vergorenen Apfelwein, gilt das nicht. Auch Apfelmus ist wunderbar – nur eben Apfelessig nicht. Apfelessig schafft weder basische Verhältnisse, noch reinigt er die Leber, das können nur die Äpfel selbst.
Wenn etwas deutliche Vorteile bringt, nehmen wir kleine Nachteile meist gern in Kauf. Überwiegt das Gute, lassen wir uns vom Schlechten nicht abschrecken. Insgesamt ist das zumindest ein eher positiver Standpunkt: Auch wenn mit den Vorteilen Nachteile verbunden sind, insgesamt ist es doch ein ganz ordentliches Geschäft. Mit dem Apfelessig ist aber ein bisschen Gutes und viel Schlechtes verbunden, man darf nicht damit rechnen, dass es fiftyfifty ausgeht. Das Gute – Aminosäuren, Mineralstoffe, Spurenelemente, sekundäre Pflanzenstoffe und andere Nährstoffe – stammt von den Äpfeln und bleibt erhalten, wenn der Essig kunstgerecht vergoren und richtig gelagert wurde und »Essigmutter« enthält, also lebende Mikroorganismen.
Dann besitzt der Essig wenigstens einen gewissen Nährwert, wenngleich die Mikroorganismen im Magen nicht lange weiterleben werden, schon ganz milde Salzsäure macht ihnen den Garaus.
Gut, wenn Sie auf Essig stehen, ist Apfelessig immerhin die gesündeste Wahl. Falls Sie ohne etwas Essig auf dem Salat nicht leben können, dann nehmen Sie wenigstens diesen. Wenn Apfelessig der beste Essig ist und ich außerdem ein großer Apfelliebhaber bin, warum schwärme ich dann nicht von Apfelessig? Weil alle Menschen mit allen Essigsorten Schwierigkeiten haben, ob sie es wissen oder nicht. Wenn es etwas gibt, was unsere Leber wirklich nicht ausstehen kann, dann ist es Essig. Hätte sie eine Stimme, würde sie das zum Himmel schreien. Sie hasst Essig so inbrünstig wie Alkohol. Alkohol macht sie betrunken, und dann funktioniert sie nicht mehr richtig. Essig setzt ihr auf andere Art zu, er stiehlt Sauerstoff aus dem Blut, und dann ringen die Leberzellen nach Luft und haben es sehr schwer, ihre normalen Funktionen aufrechtzuerhalten.
Manche behandeln ihr Halsweh mit Apfelessig, aber viele andere bekommen davon Halsweh. Manchen verschaffen sich bei Völlegefühl und Blähungen Erleichterung mit Apfelessig, bei anderen wird der aufgetriebene Bauch dadurch erst richtig unangenehm. Manchen verschafft Apfelessig Linderung bei Sodbrennen, viele andere bekommen davon schlimmstes Sodbrennen. Schmerzen der Gallenblase bessern sich bei manchen durch Apfelessig, und viele andere bekommen durch ihn die schlimmsten Anfälle überhaupt. Die Nachteile überwiegen eindeutig, und das liegt daran, dass die Leber unter dem Essig leidet, ohne dass man es direkt merkt.
Wenn wir Essig zu uns nehmen, fühlt sich die Leber so, als würde sie eingelegt wie eine Gurke. Zum Einlegen gehört allerdings auch noch Salz. Ihr Bio-Apfelessig mit Essigmutter ist wahrscheinlich nicht mit Salz versetzt. Das Salz kommt aber von selbst hinzu, wenn der Essig ins Blut und in die Leber gelangt. Unser Blut hat von Natur aus einen gewissen Salzgehalt, den es auch haben muss, damit wir leben können – wie das Meer für seine Lebewesen einen gewissen Salzgehalt braucht. (Die Herkunft des Salzes in unserem Blut ist zum Teil noch unerforscht, beispielsweise das nur in winzigen Spuren vorkommende Salz aus bestimmten Nahrungsmitteln wie dem Staudensellerie.) Auch die Leber hält einen gewissen Vorrat an Natrium, damit sie in Notzeiten sofort etwas davon abgeben kann, um für ausreichende Mengen Natrium im Blut zu sorgen. Selbst wenn wir also kein Salz zusammen mit dem Essig zu uns nehmen, finden sich im Körper ausreichende Salzvorräte, sodass eine Art Beize entsteht.
Es ist natürlich nicht das Gleiche wie beim sauren Einlegen von Gemüse, aber es hat doch etwas davon. Ein Salat mit
Apfelessig-Dressing ist nicht das Schlimmste, was der Leber passieren kann, aber es summiert sich mit der Zeit. Wenn Sie Apfelessig für eine Spülung verwenden oder täglich einen Esslöffel einnehmen, weil das so gesund sein soll, wirkt sich das auf Dauer nachteilig für die Leber aus, sodass sie sich irgendwann wehren muss.
Vor ihrer Verarbeitung waren die Äpfel neutral bis basisch. Durch den Verzehr eines Apfels können Magen und Darm basischer werden, ohne dass die Neutralisierungszone des Magens gestört wird. (Das ist der Bereich im Magen, in dem alles so ausgeglichen wird, dass es anschließend an den Darm weitergeleitet werden kann. Der Magen ist keine einheitliche Umgebung, sondern kann basische Bereiche haben und trotzdem über starke Magensäure verfügen.) Ein Apfel ist etwas, womit der Magen rechnet. Äpfel gehören zu den ersten Nahrungsmitteln, die uns Menschen zum Verzehr gegeben wurden. Für die Leber ist ein Apfel eine ganz besondere Leckerei zur Belohnung. Sicher kennen Sie das, dass Sie sich nach einer sehr arbeitsreichen Zeit, in der Sie sich einfach nur durchbeißen konnten, mit etwas Besonderem belohnt haben. Vielleicht war es ein Tag, den Sie zur freien Verfügung hatten, um an den Strand zu fahren oder einen langen Spaziergang zu machen. Das ist ein Apfel für die Leber, Belohnung für ihren unermüdlichen Einsatz.
Anders als ein Apfel kommt Apfelessig oder jeder andere Essig sehr sauer im Magen an. Da muss die Leber sofort eingreifen und ihre Reserven aufbieten, um wieder basische oder zumindest neutrale Verhältnisse herzustellen. Dem leistet der Apfelessig Widerstand, seine Säure ist so stark, dass der Magen den Kampf immer wieder verliert. Apfelessig macht den Verdauungstrakt nicht basisch, sondern schwächt einfach nur die Salzsäure im Magen, bringt den ganzen Magensaft durcheinander und setzt seinen Weg dann genauso sauer fort. Eigentlich ist Apfelessig ein Frontalangriff auf Magen und Darm.
Ist Apfelessig einfach nur schlimm? Nein, es gibt Schlimmeres, aber halten wir auf jeden Fall fest, dass er absolut nicht leberreinigend wirkt und kein Darmtonikum ist, kein Wundernahrungsmittel. Apfelmus dagegen ist heilsame Wundernahrung für Leber und Gallenblase. Während Apfelessig wie jeder andere Essig eine Beleidigung der Leber darstellt. Mir ist bewusst, dass Vergorenes gerade sehr im Schwange ist und viele Leute so etwas wirklich mögen. Es geht aber letztlich nicht darum, was Sie oder ich mögen, sondern was Ihre Leber mag. Sie hat Bedürfnisse, und fermentierte Lebensmittel, Apfelessig und alle anderen Essige gehören nicht dazu. Die Leber ist, wie ich weiter vorn ausführlich dargestellt habe, ein Speicher, in dem sich vieles ansammeln kann. In unserem Leben kann es ähnlich zugehen, und damit das Haus und die Schränke nicht zu voll werden, lehnen wir manches dankend
ab, bevor es überhaupt ins Haus kommt: »Nein, Schlittschuhe brauch ich keine«, »Ich habe genug Badelaken, ich brauche nicht noch eins«, »Nein danke, eine elektrische Zahnbürste hab ich schon«, »Keine Duftkerzen bitte, aber danke trotzdem …« Wenn die Leber bei Apfelessig dankend ablehnen könnte, würde sie keinen Augenblick zögern.
Zumindest lenkt die Apfelessigmode das Bewusstsein der Leute in Richtung Äpfel. Im Bioladen würde die Leber beim Anblick der Apfelessigflaschen vermutlich sagen: »Du musst schon nah dran sein, da, auf diesen Flaschen sind Äpfel zu sehen.« Aber wenn Sie dann zu einer Flasche greifen, wird sie rufen: «Nein, doch knapp daneben, versuch’s noch mal!« Und wenn Sie anschließend durch die Obst-und-Gemüse-Abteilung gehen und das Obst links liegenlassen, weil es in Ihrer fettreichen Ernährungsform nicht erlaubt ist, schreit die Leber gleich: »Halt! Halt! Nimm Äpfel mit!« In jeder anderen als der fermentierten Form sind Äpfel unschlagbare Wohlfühlnahrung.
Wenn Sie sich trotzdem Apfelessig in kleinen Mengen gönnen möchten, kein Problem. Er ist unter allen Essigen wie gesagt der am wenigsten schädliche. Ein bisschen hier und da als Dressing oder zu besonderen Speisen schadet Ihnen vielleicht nicht. Immerhin enthält er ja die Nährstoffe des Apfels. Wenn es aber um größere Mengen geht, beispielsweis für die Leberreinigung, muss ich Ihnen sagen: Das ist ein Märchen. Wenn es Ihnen wirklich um Ihre Leber zu tun ist, lassen Sie den Apfelessig weg, und greifen Sie zu richtigen Äpfeln.
Kaffeeeinläufe
Kaffeeeinläufe sind schon lange ein beliebtes Lebermittel, das gern bei Bauchspeicheldrüsen- und Dickdarmkrebs, aber auch bei anderen Krebsarten angewendet wird und generell als Heilmittel für so gut wie alles gilt. Sie werden sogar als Gesunderhaltungsmittel für Leute angepriesen, die gar nichts haben. Heute sind sie nicht mehr auf die Alternativmedizin beschränkt, sondern finden auch in der Schulmedizin Anwendung. Man geht davon aus, dass Kaffeeeinläufe die Leber entgiften, sodass der ganze Körper gesunden kann. Das klingt einleuchtend, und natürlich fördert eine Leberentgiftung die Heilung.
Dabei wird aber nicht bedacht, dass Kaffee viel zu stark und heftig wirkt, weil er sehr sauer und adstringierend ist und dazu auch noch entwässernd und aufputschend wirkt. Kaffee ist eine Droge. Die Droge kann süchtig machen, und auch das trägt sicherlich dazu bei, dass die Leute so sehr an diesen Einläufen als Heilmittel hängen. Diese bedenkliche Seite des Kaffees ist in Kauf zu nehmen, wenn es nur darum geht, eine Tasse Kaffee zu trinken. Kaffee, der
über den Magen aufgenommen wird, ist eine ganz andere Sache als Kaffee, der direkt in den Dickdarm gelangt. Unser Magen kann mit dem Gebräu umgehen. Kaffee ist nicht ideal für den Magen, da er dessen Säuremilieu verändert, aber für Menschen, deren Magen eine Menge wegsteckt, muss das nicht zum Problem werden. Kaffee kann unter Umständen auch das Nervensystem strapazieren, wenn man hier empfindlich ist und ohnehin schon zu Ängsten oder zu Erscheinungen wie Zittern, Kribbeln, Taubheitsgefühlen, Gehirnnebel, allerlei Schmerzzuständen, Schlaflosigkeit und Restless Legs neigt. Viele Leute, die in dieser Lage sind oder an Magenschwäche, saurem Aufstoßen, Bauchspeicheldrüsenbeschwerden, Gallenblasenstörungen und Krankheiten des Verdauungstrakts wie Morbus Crohn, Reizdarmsyndrom und Dickdarmentzündung leiden, haben für sich herausgefunden, dass es ihnen besser geht, wenn sie Kaffee weglassen. Hat man all diese Beschwerden nicht, kann man seinen Kaffee in der Regel genießen, weil der Magen als erste Bastion den Kaffeestoß abfängt.
Kaffee sollte immer nur über den Magen aufgenommen werden. Dort herrscht ein kontrolliertes Milieu mit eingebauten Schutzvorrichtungen, die für Ihre Sicherheit sorgen. Wenn etwas in den Magen gelangt, schickt er sofort Signale an Bauchspeicheldrüse, Leber und Darm, damit sie sich darauf einstellen können. So ist dafür gesorgt, dass der Mageninhalt, sei es ein Glas Sprudelwasser oder Milch oder auch ein mit Parasiten belastetes Restaurantessen oder eine Tasse Kaffee, richtig zerlegt und aufgelöst wird, sodass die potenzielle Gefährlichkeit beim Übertritt ins Blut bereits weitgehend neutralisiert ist. Das gehört zur wunderbaren Fähigkeit des Magens, alles, was er aufzunehmen hat, auszugleichen und zu neutralisieren. Ihm geht es insbesondere darum, dass die Systeme Ihres Körpers nicht aus dem Tritt gebracht werden. Alles soll ruhig, gelassen und geordnet zugehen, damit nichts entgleisen kann. Diese Schutzvorrichtung, die der Magen darstellt, wird jedoch umgangen, wenn irgendetwas direkt in den Dickdarm gelangt, seien es Flüssigkeiten oder feste Stoffe irgendeiner Art, Medikamente, Parasiten und »gute« oder »schlechte« Bakterien. Solange es sich um milde Substanzen handelt, ist das nicht bedrohlich und kein großes Problem. Bei etwas so starkem wie Kaffee sieht die Sache jedoch anders aus. Sein Suchtpotenzial und sein aggressiver Einfluss auf das Nervensystem überfordern den Dickdarm.
Wenn eher scharfe oder sogar giftige Substanzen auf diesem Weg in den Körper gelangen und nicht zuvor die »Checkpoints« passieren, die durch den Magen gegeben sind, wirkt das auf die Leber stark verunsichernd. Für die Leber ist der Magen wie ein Freund, von dem sie sich immer gedeckt weiß. Der Magen seinerseits weiß
auch, dass die Leber für ihn da ist, es handelt sich um eine Art Familienbeziehung, von der beide etwas haben. Auf direkte Bedrohung wie etwa durch Einläufe ist die Leber nicht eingestellt. Kommt sie in eine solche für sie bedrohliche Situation, veranlasst sie die Nebennieren, zur Verteidigung Adrenalin auszuschütten, obwohl sie dieses überschüssige Adrenalin gar nicht mag, weil sie es zu Ihrem Schutz aufsaugen und einlagern muss. Aber in der beschriebenen Situation fordert sie einfach bewaffnete Verstärkung an.
Kaffeeeinläufe lösen solche Adrenalinstöße aus. Das vom General, der Leber, angeforderte Adrenalin lässt auch das Herz wissen, dass es Ärger geben könnte. Klingt das übertrieben? Ein Kaffeeeinlauf wirkt doch ganz harmlos. Er ist ja auch gar nicht als Gewaltmaßnahme gemeint, sondern als sichere unschädliche Anwendung. Vergleicht man ihn mit vielen anderen Verfahren in der Medizin, die wirklich gefährlich oder zumindest alles andere als sicher sind, wirkt er tatsächlich ganz ungefährlich. Aus unserer Sicht jedenfalls. Hier kommt es aber auf die Leber an, und die Leber empfindet einen Kaffeeeinlauf als Bedrohung.
Es folgt dann ein zweiter Adrenalinstoß, diesmal vom Koffein ausgelöst. Wenn Kaffee nicht auf dem üblichen Weg über Magen und Dünndarm in den Körper gelangt – was eine ordentliche und vollständige Verarbeitung zur Folge gehabt hätte, sodass er beim Übertritt ins Blut bereits entschärft wäre und für das Herz keine plötzliche Bedrohung bedeuten würde –, sondern als Einlauf direkt in den Dickdarm eingeführt wird, fällt der Impuls, den die Nebennieren bekommen, besonders stark aus, und zwar deshalb, weil dieses Koffein völlig unverarbeitet ist. Es tritt praktisch augenblicklich ins Blut über, ohne vom Magensaft und weiteren Verarbeitungsstufen gedämpft worden zu sein.
Das müssen Leute mit empfindlichen Nerven und geschwächten Nebennieren wissen. Dies sind meist Leute, die Koffein ohnehin schlecht vertragen. Sicher gibt es zu Ängsten und Befürchtungen neigende Menschen, die nicht wissen, dass Kaffee alles nur noch schlimmer macht. Dann stehen sie im Coffeeshop und bestellen ihr Lieblingsgebräu, während sie ihre Ängste mit angstlösenden Medikamenten in Schach halten. Vielen ist auch nicht bewusst, dass Kaffee sie besonders nervös macht. Für beide Personengruppen gilt, dass Kaffeeeinläufe Symptome wie Angst auslösen oder verschlimmern können. Vom Arzt oder Heilpraktiker – diesen zugewandten fürsorglichen Profis, die nichts für ihre Irrtümer können – bekommen sie dann zu hören, das seien Entgiftungssymptome. Tatsächlich ist es aber eher so, dass das viele Adrenalin und Koffein dem Körper einfach zu viel wird, da unser Verdauungstrakt ja so etwas wie ein zweites Nervensystem ist.
Für diejenigen, die noch zweifeln: Wenn wir alle anderen Gesichtspunkte weglassen,
bewirkt der Kaffeeeinlauf dann wirklich eine Leberreinigung? Ja, eine gewisse Reinigung der Leber findet statt, aber nicht ohne Bumerangeffekt. Die jetzt von dem Organ freigegebenen Giftstoffe werden nicht ausgeschieden, sondern gelangen auf Umwegen zu ihm zurück, weil sie nicht wirklich abgebaut wurden. Jetzt entsendet die Leber Stoffe, die möglichst viele Toxine wieder einfangen sollen, damit Gehirn und Herz geschützt bleiben. Das von ihr angeforderte und das infolge des Koffeinstoßes ausgeschüttete Adrenalin muss die Leber ebenfalls aus dem Blut fischen und einlagern. Deshalb kann sie nach einem Kaffeeeinlauf stärker mit Giften belastet sein als vorher.
Die Leber lässt sich nicht gern zum Entgiften zwingen, weshalb es sein kann, dass sie bei einem Kaffeeeinlauf erst einmal weitgehend abschaltet, um sich darauf einzustimmen, dass sie in ein paar Sekunden oder Minuten besonders schwer arbeiten muss, will sie mit dem bevorstehenden Schwall von Adrenalin und Giftstoffen fertigwerden. Ein Einlauf kann für die Leber stark entgiftend sein, wenn man statt des Kaffees frisch gepressten Zitronensaft in destilliertes Wasser oder Umkehrosmosewasser einrührt. Solches Wasser enthält keine Mineralstoffe und kann als Einlauf Unreinheiten beseitigen, was durch frischen Zitronensaft noch unterstützt wird. Dieses Verfahren ist dem Kaffeeeinlauf deshalb überlegen, weil der Schrei der Leber nach Adrenalin ausbleibt und kein Koffein vorhanden ist, das für noch mehr Adrenalin sorgen würde. Verzichten Sie ruhig auf Einläufe, wenn Sie ohnehin kein richtiger Fan dieses Verfahrens sind.
Rote Bete
Rote Bete sind gut für die Leber, dieser Glaube ist schon lange im Umlauf. Sie gelten als leberheilendes, blutbildendes Nahrungsmittel. Ist Rote Bete wirklich so gesund? Ja, sie ist ein sehr gutes Nahrungsmittel und unterstützt auch ein klein wenig die Reinigung und Gesundung der Leber, sofern sie biologisch und nicht gentechnisch verändert ist, was heute wegen der Kreuzbestäubung nicht immer zu garantieren ist. Kontamination mit gentechnisch veränderten Organismen hat beispielsweise den Maisanbau problematisch gemacht, und das gilt in vielen Teilen der Welt auch trotz möglicher Gentechnikverbote für Rote Bete, die hauptsächlich für Konserven und als Rohstoff für Farbstoffe verwendet werden. Hier ist die Kreuzbestäubung so sehr zum Problem geworden, dass sogar biologisch und für den Frischverzehr angebaute Rote Rüben kontaminiert sein können. Das ist aber noch nicht der wichtigste Einwand, wenn es um den Verzehr dieser Rüben aus gesundheitlichen Gründen geht. Der eigentliche Einwand besteht darin, dass es weitaus Besseres gibt. Die Drachenfrucht
beispielsweise, die Sie in fertigen Smoothies oder im Supermarkt tiefgekühlt finden oder auch als Pulver kaufen können, übertrifft die Rote Bete als Leberheilmittel oder blutbildendes Mittel bei weitem. Wenn Sie schon etwas einkaufen, was einem bestimmten gesundheitlichen Zweck dienen soll, möchten Sie doch sicher das Beste haben, was es auf diesem Gebiet gibt. Wilde Blaubeeren, Spargel und Rosenkohl leisten weitaus mehr für die Leberreinigung als die Rote Bete. Sogar Äpfel sind ihr haushoch überlegen.
Essen Sie ruhig weiterhin Rote Bete, wenn sie Ihnen schmeckt. Sie müssen nur wissen, dass Sie damit nichts für Ihre Leber tun. In gentechnikfreier biologischer Qualität bietet das Gemüse immerhin etliche Spurenelemente, Vitamine, Antioxidanzien und andere sekundäre Pflanzenstoffe sowie wertvolle Glukose, die dem Körper Energie liefert und überall im Körper die Heilung unterstützt.
Aber es gibt auch noch andere Gesichtspunkte. Alle fahrbereiten Autos haben vier Räder und einen Motor. Würden Sie ein möglichst altes Auto kaufen, oder hätten Sie lieber eins, das weniger auf dem Tacho hat, bei dem die Bremsen und Airbags funktionieren und das mit allem modernen Schnickschnack ausgestattet ist, den wir inzwischen gewohnt sind? Würden Sie beim heutigen Standard noch ein Auto ohne Klimaanlage und elektrische Fensterheber kaufen? Nur, wenn es nichts Besseres gibt oder Sie Oldtimer sammeln – und die Rote Bete kann nicht als so etwas wie ein Klassiker gelten. Die klassische Schönheit wäre hier ein Apfel.
Wenn Sie also etwas für Ihre Leber tun möchten, warum wählen Sie dann nicht gleich dieses Wunderwerk Apfel, dessen Pektin bereits mehr kann als die Rote Bete. Und sollten Sie diese Rübe wegen ihrer intensiven Färbung essen, warum dann nicht gleich die Turbopigmentierung der roten Drachenfrucht oder der wilden Blaubeeren nutzen? Dass Rote Bete rot, Ihr Blut rot und die Leber rotbraun ist – das allein macht sie noch nicht zum Leberheilmittel. Die noch unentdeckten Antioxidanzien in Drachenfrüchten und wilden Blaubeeren haben ihr da einiges voraus. Das gilt auch für die blut-, lymphe- und leberreinigenden Kräfte von Spargel und Rosenkohl. Nichts reicht an sie heran, wenn es um wahre Leberreinigung geht. Mögen Sie Rote Bete aus dem eigenen Garten, bleiben Sie unbedingt dabei. Anbau und Ernte sind gut für die Gesundheit, und wenn wir sie dann säubern und zusammen mit dem Grün zerkleinern, kochen und schließlich genießen – das hat sogar etwas Königliches.
Jetzt wissen Sie, wo dieses Gemüse im Spektrum der heilenden Nahrungsmittel angesiedelt ist, und können sich informiert fühlen, wie Sie ja sicher auch gern gut informiert sind, wenn Sie sich auf die Suche nach einem Gebrauchtwagen machen.
Basisches Wasse
r
Seit einigen Jahren wird basisches Wasser als eine der Säulen der Gesundheit gepriesen. Manche Koryphäen sagen, Wasser mit einem pH-Wert von 9,5 entspreche unseren Bedürfnissen am besten. Welchen Bedürfnissen? Denen einer erklügelten Verdauungstheorie? Denen der Flaschenwasserindustrie? Oder unserem Bedürfnis nach dem Gefühl, etwas für unsere Gesundheit zu tun?
Was ist mit den Bedürfnissen der Leber, die wir so gern übergehen? Vielleicht können wir sie jetzt einmal berücksichtigen. Also, was braucht die Leber? Kann ionisiertes Wasser mit immer noch höherem pH unsere Leber reinigen? Leider nein.
Ich bin nicht ganz und gar gegen stark basisches oder ionisiertes Wasser in kleinen Mengen, denn zumindest kann man davon ausgehen, dass solches Wasser wirklich sauber ist. Es sei denn, es handelt sich einfach um Wasser aus der Leitung, das man zusammen mit sogenannten natürlichen Aromen, industriell hergestellten Vitaminen und schließlich Mineralstoffen (die ungefähr auf der Qualitätsstufe von Streusalz stehen) abfüllt, um der Flasche zum Schluss ein schickes Etikett zu verpassen, das den Leuten Erholung und Regeneration nach dem Work-out verspricht. Ich will hier aber nicht gegen basisches Wasser predigen, denn es gibt auch Abfüller, die mit Herz und Verstand arbeiten – zumindest gab es sie. Im Angebot sind großartige Wasserfiltersysteme sowie Ionisierer und auch wirklich gutes Flaschenwasser. Wir brauchen das alles.
Aber wir sprechen ja von der Leber. Ich habe erlebt, dass die Leute mit stark basischem Wasser ihre Leber zu heilen versuchen. Nun ist es jedoch so, dass stark basisches Wasser im Magen etwas bewirkt, was weder den Ärzten noch der Wasserindustrie bekannt ist. Grundsätzlich geht es um Folgendes: Alles Flüssige muss, bevor es den Magen wieder verlässt, also in den Darm und schließlich ins Blut gelangt, auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt, ausgeglichen und neutralisiert werden. Wie ich immer wieder sage, werden wir auch in hundert Jahren als Gesellschaft noch nicht wissen, was im Magen mit dem passiert, was wir essen und trinken. Wir werden dann so tun, als wüssten wir Bescheid, doch tatsächlich wissen wir noch nicht einmal die Hälfte. Der beste Freund Ihrer Leber und immer bereit, Sie zu schützen, sind, ich muss es leider sagen, nicht Sie. Die Leber ist unser bester Freund, doch das gilt nicht umgekehrt. Wir haben ihr gezeigt, dass wir uns von ihr nichts sagen lassen. Wir essen, was wir wollen, und tun, was wir wollen, sei es gut oder schlecht für unseren Körper. Irgendwann muss jeder von uns darauf kommen, dass wir die Bedürfnisse der Leber achten und ihr vertrauen müssen, um uns endlich wirklich mit ihr anzufreunden, auch wenn sie uns noch
nicht ganz über den Weg traut, nicht ohne Weiteres jedenfalls. Wir haben ihr Vertrauen im Laufe der Jahrhunderte immer wieder missbraucht, und auch jeder Einzelne macht das im Laufe seines Lebens immer wieder. Wir müssen es uns neu erwerben. Der Magen ist wirklich der beste Freund der Leber, ihm vertraut sie.
Wenn stark basisches Wasser in den Magen gelangt, muss er alles andere erst einmal liegenlassen. Sicher ist es Ihnen auch schon mal so ergangen, dass Sie alles unterbrechen und sich furchtbar sputen mussten, weil ein Anruf dazwischenkam, plötzlich ein neuer Termin angesetzt wurde oder Sie den Wecker überhört hatten. In dieser Situation befindet sich der Magen, wenn er stark alkalisches Wasser auf einen pH-Wert bringen muss, mit dem es überhaupt zu etwas dienen kann. Wir muten ihm Dinge zu, die wir für ganz in Ordnung halten, die er dann erst einmal bearbeiten muss, um sie für den Körper brauchbar zu machen. Das gilt auch für saures Wasser. Leitungswasser, manchmal auch abgefülltes Wasser, tendiert eher zur sauren Seite; es kommt aus Speichern und wurde lediglich gefiltert, weiter nichts. Auch wenn es sich einfach nur um Wasser handelt, braucht der Magen, um eventuelle Missverhältnisse auszugleichen, seine ganze Kraft, seine Reserven und die aus sieben Anteilen gemischte Magensäure und zusätzlich die Enzyme einer starken Bauchspeicheldrüse, um das Wasser so aufzubereiten, dass er es beruhigt an den Körper weiterleiten kann.
Was hat das nun mit der Leber zu tun? Wenn jemand ionisiertes und stark basisches Wasser in großen Mengen trinkt, kann es sein, dass der Magen seine Pflicht nicht erfüllen kann. Große, auf einmal getrunkene Wassermengen kann er nicht lange genug festhalten, um es ganz in Ordnung zu bringen. Das Gleiche gilt für große Mengen von eher saurem Wasser. Beide Wasserarten wird der Magen schnell wieder entlassen müssen, was anschließend die Leber auf den Plan ruft. Sie macht dem Magen keine Vorwürfe, sie weiß, wer dafür verantwortlich ist. Um die Sache wieder in Ordnung zu bringen, produziert sie jetzt eine etwas andere Gallenflüssigkeit, die nicht in erster Linie auf Fettverdauung ausgerichtet ist, sondern das Wasser im Darm festhält, bis es auf einen akzeptablen pH-Wert gebracht werden kann. Das ist wieder eine der noch unentdeckten Funktionen der Leber.
Diese Spezialgalle enthält Mineralstoffe, Enzyme und komplexe Hormoncocktails, die die Leber zusammen mit einem Stoff, der einen schleimig klebrigen Film bildet, aus ihren Langzeitspeichern holt. Das kostet sie Kraft und Reserven und tut weder ihr noch dem Magen gut, gleicht aber immerhin den Fehler aus, den Sie gerade gemacht haben, ohne es zu wissen. Dieser Mehraufwand bedeutet auch, dass die Leber ihre Selbstreinigung unterbrechen
muss, solange sie sich um die Neutralisierung des Wassers kümmert.
Um es zu wiederholen: Ich sage nicht, dass stark basisches Wasser keinen Nutzen hätte, es ist auch nicht giftig oder ungesund. Wenn Sie an basisches Wasser glauben und es mögen, haben Sie meinen Segen. Spielen Sie ruhig mit Ihrem Ionisierer, und bereiten Sie sich Ihr basisches Wasser zu, wenn Sie glauben, dass es wahre Heilkraft besitzt. Sie müssen nur wissen, dass es die Leber weder reinigt noch heilt und dass Sie nicht große Mengen auf einmal trinken oder es als Ihr tägliches Trinkwasser verwenden sollten. Nehmen Sie es als Medizin in ganz kleinen Mengen, die Ihren Magen nicht zwingen, es wieder zu entlassen, bevor er es ordentlich aufbereitet hat. Trinken Sie außerdem zum Ausgleich Wasser, das Ihre Leber wirklich mag und das Sie zur Reinigung auch in größeren Mengen trinken dürfen. Es hat einen pH-Wert von 7,5 bis 8 und ist damit eher neutral und deshalb perfekt für den Körper geeignet, da zu seiner Verarbeitung keine Reserven angezapft werden müssen. Es bürdet also Ihrem Magen keinen zusätzlichen Neutralisierungsaufwand auf und zwingt Ihre Leber nicht zur Erzeugung dieser speziellen Galle. Die Leber wird also nicht bei ihrer eigentlichen Arbeit unterbrochen, die darin besteht, Augenblick für Augenblick Ihr Wohlergehen zu sichern. Wenn Sie ständig stark basisches Wasser trinken, ist es so, als würden Sie Ihrer Leber immer wieder auf die Schulter tippen und sie bei ihrer wichtigen Arbeit unterbrechen.
Wenn Sie es besonders schlau anfangen wollen, geben Sie ein paar Spritzer Zitronen- oder Limettensaft in Wasser mit einem pH-Wert zwischen 7,5 und 8. Das ist in sich selbst eine Ionisierung, und das Wasser wird im Körper basisch wirken, ohne dass sich Magen oder Leber dafür erst ins Zeug legen müssen, dieses Wasser unterstützt die Reinigung Ihrer Leber.
Mit diesen Kenntnissen wird es für Sie ein Kinderspiel sein, das Vertrauen Ihrer Leber zurückzugewinnen. Sie werden sie von jetzt an nicht mehr unwissentlich strapazieren, und das verbessert Ihre Heilungsaussichten beträchtlich.
Ein Lebermärchen bleibt nun noch zu betrachten, damit Sie alles wissen, was Sie wissen müssen. Ich habe es in diesem Buch schon mehrfach angesprochen und meine natürlich den Trend zu fettreichen Ernährungsformen. Da das ein Thema für sich ist, möchte ich ihm ein ganzes Kapitel widmen.