7.2 Vertragsinhalt
Für viele Menschen sind Formalien schlichtweg ein Gräuel und schriftliche Verträge lästiger Papierkram, den man zwar erledigen muss, der aber nicht zu einer Beeinträchtigung der Arbeit führen darf und deshalb erst in zweiter Linie eine Rolle spielt.
[zB] Das folgende fiktive Beispiel ist in Bezug auf die rechtliche Unbekümmertheit der Protagonisten beinahe ein Klassiker: Der Fotograf vereinbart mit einem Burgbesitzer, den er schon seit einiger Zeit aus dem örtlichen Tennisverein kennt, beim »Bierchen« im Clubhaus, dass er auf dessen Anwesen für eine Broschüre des Heimatvereins mit ein paar Models in mittelalterlichen Kostümen Aufnahmen machen darf. Gerade weil sich die Parteien »gut kennen« und die Angelegenheit wegen des Redaktionsschlusses auch besonders eilig ist, vereinbaren sie, die Aufnahmen erst einmal zu machen und sich dann hinterher in Ruhe zusammenzusetzen, um »die Formalien« zu erledigen. Diesbezüglich – so die meist verwendete Floskel – werde man sich schon einig werden, schließlich kenne man sich ja schon eine längere Zeit.
Während zwischen Fotograf und Model im ersten Beispiel dieses Kapitels eine klare Vereinbarung getroffen wurde, diese aber nur nicht schriftlich fixiert wurde, haben die Parteien hier nicht nur keinen schriftlichen Vertrag abgeschlossen, sie haben sich bei genauem Hinsehen noch nicht einmal in allen Punkten geeinigt. Die einzige Abrede, die auf die Schnelle getroffen wurde, beinhaltet das Recht des Fotografen, auf dem Anwesen des ihm bekannten Burgbesitzers zu fotografieren, nicht mehr und nicht weniger. Es wurde nicht vereinbart, ob dies – wie es der Fotograf aufgrund der guten Bekanntschaft mit dem Burgbesitzer annimmt – als kostenlose Gefälligkeit oder – wie der Burgbesitzer es als selbstverständlich voraussetzt – gegen Zahlung einer angemessenen Nutzungsgebühr erfolgen soll. Geklärt sind auch nicht Haftungsfragen für den Fall, dass in dem alten Gemäuer jemand zu Schaden kommt, der Umfang der Veröffentlichungsrechte wurde nicht geregelt, und weitere noch klärungsbedürftige Fragen warten auf ihre Antwort. Nachdem die Fotosession abgeschlossen ist, müssen beide Parteien feststellen, dass sie sich in wesentlichen Dingen nicht geeinigt haben und von völlig unterschiedlichen Voraussetzungen ausgegangen sind.
Sie sehen, wie schnell so etwas gehen kann und dass so ungeklärte Fragen nicht unerhebliche rechtliche Probleme verursachen können, sofern es die Parteien eines Vertrags trotz aller Unklarheiten bezüglich des Vertragsinhalts nicht doch noch schaffen, sich in irgendeiner Form nachträglich zu einigen, sondern die Angelegenheit streitig, gegebenenfalls sogar vor Gericht, ausgetragen werden muss. In unserem Beispiel mit den Fotos auf der Burg stellt sich nämlich zunächst die Frage, ob ein Vertrag überhaupt abgeschlossen wurde, da sich die Parteien über den wesentlichen Inhalt des Vertrags nicht bzw. nicht vollständig geeinigt haben und sich des Einigungsmangels bewusst sind. In diesen Fällen kommt in der Regel ein Vertrag gar nicht zustande. Mit gewisser Berechtigung könnte man hier annehmen, dass es sich um eine Gefälligkeit seitens des Burgherrn aufgrund der langjährigen Bekanntschaft handelt. Aber selbst wenn man aus Gründen des Einzelfalls zu dem Ergebnis käme, ein rechtswirksamer Vertrag sei bezüglich der Nutzung des Anwesens zustande gekommen, stellt sich noch immer die weitere Frage, ob derartige Verträge üblicherweise unentgeltlich oder nur gegen Entgelt abgeschlossen werden und was als Entgelt gegebenenfalls angemessen ist. Und wie sieht es mit den vielen Punkten aus, die überhaupt nicht angesprochen wurden, wie etwa die Nutzungsbedingungen? Wie Sie sehen, gibt es Fragen über Fragen, was niemals günstig für beide Parteien sein kann, da nicht zu prognostizieren ist, ob und welche Rechte in solchen Fällen durchsetzbar sind – und zwar umso weniger, je mehr offene Fragen es gibt.
Damit ist neben der Schriftform für jeden Vertrag zu empfehlen, alle Punkte, die aus Sicht von mindestens einer der Parteien regelungsbedürftig sind, auch eindeutig zu regeln, bevor mit den Vertragshandlungen oder den Vorbereitungen dazu begonnen wird.
Stellen Sie sich vor, der Fotograf habe die Models aufgrund der Zusage des Burgherrn zu den Aufnahmen bestellt, mit ihnen ein Honorar vereinbart, die mittelalterlichen Kostüme gegen Leihgebühr besorgt, vielleicht noch einen Maskenbildner bestellt etc., und plötzlich kann sich der Burgherr nicht mehr an seine Zusage in »Bierlaune« erinnern und meint, dies sei alles wohl ein Missverständnis, sein Anwesen stehe für Fotoaufnahmen nicht zur Verfügung. Der Fotograf könnte in diesem Fall eine erteilte Einwilligung des Burgherrn nicht beweisen, aber er müsste seine Verpflichtungen gegenüber Models, Kostümverleih und Maskenbildner etc. erfüllen. Ein Recht, diese Verträge zu kündigen, weil die Möglichkeit, die Fotos wie geplant in der Burg herzustellen, nun doch nicht eingetreten ist, besteht nicht, wenn der Fotograf nicht ausdrücklich in seinen Verträgen ein wirksames Kündigungsrecht für diesen Fall vereinbart hat, was aber wohl unwahrscheinlich sein dürfte. Außerdem ist fraglich, ob eine Vereinbarung wirksam ist, bei der das unternehmerische und finanzielle Risiko auf die bestellten Models in der Weise übertragen wird, dass diese kein Honorar erhalten, wenn die Fotosession aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, ausfällt.
[+] Regelungsbedarf im Vertrag
In einem Vertrag, der vor der Aufnahme und den dazu erforderlichen Vorbereitungen abgeschlossen wird, müssen alle Punkte geregelt werden, die für mindestens eine Partei von Wichtigkeit sind. Haben sich die Parteien auf zentrale Vertragsinhalte, wie etwa auf die Vergütung, nicht geeinigt, ist im Zweifel ein Vertrag gar nicht zustande gekommen.
Welche Punkte allgemein bei der vertraglichen Gestaltung besondere Aufmerksamkeit verdienen, werden wir uns nun näher ansehen.
Die wichtigen Vertragsregelungen richten sich natürlich im Wesentlichen danach, um welchen Typ von Vertrag es sich handelt. Einen Standardvertrag für alle Anwendungsbereiche gibt es nicht. Ein paar grundsätzliche Überlegungen sind jedoch für alle Vertragstypen gültig.
7.2.1 Bezeichnung der Vertragsparteien
Bereits bei der Bezeichnung der Vertragsparteien muss auf Vollständigkeit geachtet werden, dies gilt insbesondere für den vollständigen Namen und die vollständige Adresse der Parteien. Denn muss man in einem späteren Streitfall tatsächlich Ansprüche gegen die Vertragsparteien geltend machen, benötigt man diese Angaben sowohl beim Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids als auch bei einer Klageerhebung. Hat man den Vertrag nur mit einem Model »A. Meyer« abgeschlossen, weiß man vermutlich zwei Jahre später nicht mehr, ob es sich um eine Anita oder eine Andrea Meyer gehandelt hat. Wenn die Dame dann zwischenzeitlich noch umgezogen ist, stehen bestenfalls umfangreiche Recherchen bevor. Noch tückischer ist es, wenn man in den Vertrag nur Andrea M. schreibt. Bei Verträgen mit Firmen muss zusätzlich die korrekte gesellschaftliche Bezeichnung, einschließlich der Angabe der jeweiligen gesetzlichen Vertreter (bei Kapitalgesellschaften), genannt werden.
[+] Banal, aber entscheidend
Es mag Ihnen banal erscheinen, aber in der Praxis kommen solche grundlegenden Fehler in der Bezeichnung der Vertragsparteien immer wieder vor.
7.2.2 Regelung des Nutzungsrechts
Die häufigsten Fehler beim Vertragsschluss werden sicherlich gemacht, indem Leistung und Gegenleistung der Vertragsparteien nicht sauber definiert werden. Dies gilt nicht nur für die Höhe und Fälligkeit der Vergütung, sondern insbesondere auch für die Bestimmung der dafür zu erbringenden Gegenleistung. Es geht also um die Frage, welche Rechte man mit Zahlung der vereinbarten Vergütung erwirbt.
Und damit sind wir auch schon beim wichtigsten Kernpunkt der vertraglichen Gestaltung angelangt, nämlich beim Nutzungsrecht. Viele Beispiele in diesem Buch haben bereits deutlich gemacht, wie wichtig es ist, bezüglich der Nutzung von Rechten eindeutige und jederzeit nachvollziehbare Vereinbarungen zu treffen, um nicht später anhand des Zweckübertragungsgrundsatzes (siehe Abschnitt 1.2.3, »Einräumung von Nutzungsrechten – der Zweckübertragungsgrundsatz«) vom Gericht festlegen lassen zu müssen, was vertraglich vereinbart war und was nicht.
Sie wissen bereits, dass ein Urheberrecht nicht übertragen werden kann, wohl aber die Nutzungsrechte daran. Die Frage, welche Rechte in welchem Umfang für welche Zeit übertragen werden, unterliegt der Vertragsfreiheit, die sich von der Privatautonomie ableitet. Die Privatautonomie besagt, dass zwei oder mehr Parteien alles frei miteinander vereinbaren können, solange das Vereinbarte nicht gegen zwingende Vorschriften des geltenden Rechts oder gegen ein gesetzliches Verbot verstößt oder sittenwidrig ist.
[+] Sittenwidrigkeit
Sittenwidrig ist nach ständiger Rechtsprechung ein Rechtsgeschäft, das gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt und das mit den sich aus der Sittenordnung ergebenden Verhaltensgeboten nicht übereinstimmt. Ein klassischer Fall für Sittenwidrigkeit ist – um nur ein Beispiel zu nennen – das bewusste Ausnutzen einer Notsituation durch völlig unangemessene Vertragsbedingungen, durch die der in Not befindliche Vertragspartner völlig übervorteilt wird (Stichwort »Wucher«).
[+] Privatautonomie
Unser Zivilrecht ist geprägt von der Vertragsfreiheit, was bedeutet, dass Vertragsparteien, wenn im Einzelfall gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, untereinander grundsätzlich vereinbaren können, was sie wollen, sofern dies nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstößt oder sittenwidrig ist. Daraus folgt, dass die Parteien auch bezüglich der Übertragung von Nutzungsrechten frei sind in dem, was sie miteinander vereinbaren.
So kann sich zum Beispiel jemand durchaus vertraglich verpflichten, Nutzungsrechte, die ihm gar nicht zustehen, einem anderen zu übertragen. Dieser Vertrag ist rechtlich in vollem Umfang wirksam, denn er verstößt nicht gegen ein gesetzliches Verbot und auch nicht gegen die guten Sitten. Dass der sich zur Übertragung verpflichtende Vertragspartner den Vertrag nicht erfüllen kann, weil natürlich nur der Eigentümer der jeweiligen Rechte die Nutzung daran auf einen anderen übertragen kann, hat keine Auswirkung auf die Wirksamkeit des Vertrags. Dass natürlich derjenige, der sich in Kenntnis der Sach- und Rechtslage zu einer für ihn unmöglichen Leistung vertraglich verpflichtet hat, in der Regel schadensersatzpflichtig ist und sich möglicherweise auch wegen Betrugs strafbar macht, steht auf einem anderen Blatt, hat mit der grundsätzlichen Wirksamkeit des Vertrags jedoch nichts zu tun.
Für das Nutzungsrecht an Fotografien können die Parteien somit im Wesentlichen vereinbaren, was sie wollen. Ausgangspunkt ist § 31 UrhG, in dem – wie Sie in Kapitel 1, »Urheberrecht«, bereits gesehen haben – geregelt ist, dass der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht an seinem urheberrechtlich geschützten Werk einräumen kann – und zwar ein einfaches Nutzungsrecht oder ein ausschließliches Nutzungsrecht, das in beiden Fällen räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt sein kann. (Den Wortlaut des Urheberrechtsgesetzes finden Sie im Internet unter www.gesetze-im-internet.de/urhg.)
Ein Nutzungsrecht sollte im Vertrag unter folgenden Aspekten vollständig und lückenlos geregelt werden:
- persönliche Nutzung
- zeitliche Nutzung
- räumliche Nutzung
- sachliche Nutzung
Bei der persönlichen Nutzung des Urheberrechts geht es darum, wer das Urheberrecht nutzen darf. Möglich ist hier, dass der Fotograf nur ein einfaches Nutzungsrecht an einem oder mehreren Fotos vergibt, was bedeutet, dass er selbst weiterhin berechtigt bleibt, die Fotos selbst zu nutzen, und sie sogar auch anderen zur einfachen Nutzung anbieten kann. Denkbar ist auch das Gegenteil, dass der Fotograf ein ausschließliches Nutzungsrecht vergibt und selbst die Fotos nicht mehr verwerten darf. Zwischen diesen beiden Extremen sind viele andere Varianten vorstellbar, zum Beispiel, dass der Fotograf zwar berechtigt ist, die Fotos weiterhin auf seiner Website und in seiner Imagemappe zur Eigenwerbung zu verwenden, es ihm jedoch untersagt ist, Nutzungsrechte an den Fotos an Dritte zu übertragen, oder dass er nur an einen bestimmten Abnehmerkreis, etwa an Konkurrenten des Auftraggebers, keine Rechte übertragen darf.
Bei der zeitlichen Nutzung kommt es darauf an, ob das Recht, ein oder mehrere Fotos zu benutzen, für unbeschränkte Zeit oder nur für eine bestimmte Zeit übertragen wurde. So kann ein Fotograf einem Unternehmen für dessen Werbung dauerhaft die Nutzung eines Fotos gestatten, oder er stellt für einen Katalog eines Versandhauses ein Foto zur Verfügung, das nur so lange genutzt werden darf, wie der Katalog gültig ist. Auch hier sind etliche verschiedene Vertragsgestaltungen denkbar.
Die räumliche Nutzung regelt die Region, in der das Foto verwendet werden darf, zum Beispiel nur in Deutschland, in Europa oder weltweit. Man könnte dies auch als territorialen Geltungsbereich des Vertrags bezeichnen.
Entscheidende Bedeutung kommt schließlich auch der exakten Regelung der sachlichen Nutzung des Urheberrechts zu.
Die erste Frage, die in diesem Zusammenhang zu regeln ist, betrifft den Zweck der Nutzung, also wofür das Foto überhaupt verwendet wird. Eng damit verknüpft ist die Frage, wo das Foto in diesem Zusammenhang genutzt wird. Hier geht es darum, in welchen Medien das Foto verwendet wird, insbesondere in der heutigen Zeit immer auch um die Frage, ob es auch im Internet verwendet werden darf. Schließlich muss im Zusammenhang mit der sachlichen Nutzung festgelegt werden, ob eine Nutzung nur zu privaten Zwecken erlaubt ist, ob das Nutzungsrecht sich auf die gewerbliche Nutzung erstreckt und ob das Foto auch im Rahmen der kommerziellen Werbung verwendet werden darf.
Es versteht sich von selbst, dass die Höhe der zu regelnden Vergütung, die ja das unmittelbare Pendant zur Übertragung des Nutzungsrechts darstellt, sich in der Regel danach bemessen wird, in welchem Umfang Rechte übertragen werden. Je umfangreicher die Nutzungsrechte sind, desto höher wird im Zweifel die Vergütung ausfallen – wer viel kauft, bezahlt auch mehr.
In der Regel wird man vertraglich die Höhe des Nutzungsentgeltes festlegen. Dies kann eine einmalige Pauschalgebühr sein, aber auch eine wiederkehrende Gebühr für jeden Anwendungsfall. Hier sind aufgrund der Vertragsfreiheit den Parteien keine Grenzen gesetzt, solange das, was sie vereinbaren, nicht sittenwidrig ist oder gegen ein gesetzliches Verbot verstößt.
Wenn aber im Einzelfall keine Regelung über die Vergütung getroffen wurde, so heißt dies nicht, dass der Nutzungsberechtigte nichts zahlen muss, nur weil der Urheber die Vereinbarung einer Nutzungsgebühr und deren Höhe nicht nachweisen kann. In diesen Fällen gilt vielmehr § 32 UrhG, wonach dann, wenn die Höhe der Vergütung für ein Nutzungsrecht nicht bestimmt ist, eine angemessene Vergütung als vereinbart gilt. Als Richtlinie dessen, was im Einzelfall angemessen ist, dient dabei wieder die bereits erwähnte MFM-Liste.
[ ! ] Plicht zur angemessenen Vergütung
Haben die Vertragsparteien keine wirksame Bestimmung über die Höhe der Nutzungsentschädigung getroffen, aber auch nicht ausdrücklich eine solche ausgeschlossen, so ist nach § 32 UrhG eine angemessene Vergütung zu zahlen.
Wie man sieht, ist gerade bei der Regelung der Nutzungsrechte allergrößte Sorgfalt geboten. Immer wieder zeigen Urteile, wie schlampig Parteien mit der Regelung der ihnen zustehenden Rechte umgehen.
[zB] Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 22.03.1988 – 20 U 166/87) hatte folgenden Fall zu entscheiden: Zwei miteinander konkurrierende Vertreiber von Automobilzubehör standen sich vor Gericht gegenüber. Der Wettbewerber A hatte von einem Fotografen verschiedene Original-Dias erhalten. Der Wettbewerber B kopierte die entsprechenden Bilder aus dem Katalog des A und verwendete sie für seinen eigenen Katalog. A verklagte daraufhin B auf Schadensersatz. A unterlag in dem Rechtsstreit. Eigene Urheberrechte konnte A nicht geltend machen, da ihm nur ein Nutzungsrecht zustand. A hatte jedoch versäumt, sich vom Fotografen das ausschließliche Nutzungsrecht einräumen zu lassen. Nur dieses hätte A in die Lage versetzt, gegen B erfolgreich vorzugehen. So entschied das OLG, dass nur einfache Nutzungsrechte übertragen worden seien. Dies ist ein typischer Fall nachlässiger Vertragsregulierung. (Ob dem Fotografen wegen der Nutzung seiner Bilder durch B Ansprüche zustanden, wird man sicherlich bejahen müssen, dies war jedoch nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.)
[zB] Auch der Fall, den das OLG Hamburg zu entscheiden hatte (Urteil vom 09.01.1986 – 3 U 142/85) zeugt von Fehlern beim Vertragsabschluss: Für eine bundesweit verlegte Illustrierte hatte der Fotograf dem Druckhaus an verschiedenen Fotos gegen Zahlung eines Garantiehonorars eine »exklusive Option« eingeräumt. Es kam dann zu Differenzen zwischen Verlag und Fotograf wegen eines zugesagten, aber nicht erfolgten zweiten Abdrucks und wegen des Ausbleibens weiterer Honorarzahlungen. Dies veranlasste den Fotografen, das Bildmaterial einer deutschsprachigen Illustrierten in der Schweiz anzubieten. Das Gericht sah hier einen Verstoß gegen die Exklusivabrede als gegeben an, weil der Vertrag mit dem Druckhaus so auszulegen sei, dass sich die Exklusivität nicht nur auf das Gebiet der Bundesrepublik, sondern auch auf die deutschsprachige Schweiz erstrecke, wo die Zeitschrift des Druckhauses ebenfalls vertrieben wurde. Hätte der Fotograf bei Vertragsabschluss darauf geachtet, die Exklusivität ausdrücklich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu beschränken, hätte er ohne Verstoß gegen den Vertrag die Fotos einer Schweizer Illustrierten zur Verfügung stellen können.
[zB] In der Entscheidung des OLG Karlsruhe (Urteil vom 09.05.1984 – 6 U 142/83) ging es darum, dass der Fotograf der Auffassung war, das Druckhaus hätte die Fotos nur einmalig nutzen dürfen. Das Gericht hat den Vertrag mangels eindeutiger Regelung jedoch dahingehend interpretiert, dass der Verlag zur mehrmaligen Nutzung, auch in anderen Verlagsprodukten, berechtigt war. Auch hier hätte eine eindeutige Regelung zum Nutzungsumfang dem Fotografen einen teuren und letztlich fruchtlosen Rechtsstreit erspart.
[zB] Abschließend möchte ich in diesem Zusammenhang noch auf ein wichtiges Urteil des BGH eingehen, der sich mit dem Fall »Spiegel-CD-ROM« befasst hat (Urteil vom 05.07.2001 – I ZR 311/98): Auf der CD-ROM hatte »Der Spiegel« die Jahresausgabe seiner Zeitschrift in digitalisierter Form angeboten, ohne die ausdrückliche Zustimmung der Fotografen, die für die Printausgabe des Journals Bilder geliefert hatten, zu dieser Verwertungsform einzuholen. Dagegen wandten sich gleich mehrere Fotografen, vertreten durch einen berufsständischen Verein. Der BGH hat den Fotografen recht gegeben und entschieden, dass es sich bei der Digitalisierung auf CD-ROM um eine eigenständige Verwertungsart gehandelt habe, für die es einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung bedurft hätte, die jedoch nicht getroffen worden war. Auch hier wurde – Sie haben es sicher schon bemerkt – vom BGH der Zweckübertragungsgrundsatz angewandt. Der Verlag wurde zur Unterlassung verurteilt, und ein Schadensersatzanspruch wurde dem Grunde nach anerkannt. Wie in den anderen Fällen auch hätte eine entsprechende vertragliche Regelung über den Nutzungsumfang hier Klarheit geschaffen und einen Rechtsstreit verhindert.
Die Reihe ähnlicher Urteile, in denen es immer wieder um den Umfang der Nutzungsrechte ging, ließe sich fast schon beliebig fortsetzen. Ihnen sollte aber auch schon durch die wenigen Beispiele klar geworden sein, wie wichtig die saubere Formulierung der Nutzungsrechte im Vertrag ist und dass sich eine eindeutige Vereinbarung natürlich nur in einem schriftlichen Vertrag realisieren lässt.
[ ! ] Die vertragliche Regelung des Nutzungsrechts
Der Umfang eines Nutzungsrechts ist ein ganz wesentlicher Bestandteil eines Vertrags, in dem es um die Nutzung und Verwertung von Bildmaterial geht. Wenn der Nutzungsumfang nicht in personeller, sachlicher, zeitlicher und räumlicher Hinsicht eindeutig geregelt ist, sind spätere Rechtsstreitigkeiten vorprogrammiert.
7.2.3 Anspruch des Auftraggebers auf Herausgabe von Originalen
Grundsätzlich nicht unter das Nutzungsrecht fällt die Herausgabe der Originale, seien es nun Dias, Negative oder digitale Dateien. Diese verbleiben grundsätzlich immer beim Urheber, und kein ernsthafter Fotograf wird sich darauf einlassen, seinem Auftraggeber die Originale, die schließlich sein Werk als Urheber verkörpern, herauszugeben.
7.2.4 Syndication-Recht
Vor einigen Jahren hatte die Axel Springer AG ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Fotografen drastisch verschlechtert und ein sogenanntes Syndication-Recht eingeführt. Dieses besagte, dass ein Fotograf, der für einen redaktionellen Beitrag dem Verlag Bilder gegen Vergütung zur Verfügung stellt, gleichzeitig darin einwilligt, dass das Bildmaterial auch in allen anderen Verlagserzeugnissen, auch im Ausland, verwendet werden dürfe und dass der Verlag berechtigt sei, das Bildmaterial auch zu verwerten und in der kommerziellen Werbung einzusetzen.
Das LG Berlin (Urteil vom 05.06.2007 – 16 O 106/07) hat zunächst in einem einstweiligen Verfügungsverfahren dazu entschieden, dass diese Regelung den Fotografen in der wirtschaftlichen Verwertung seiner Fotos unangemessen behindere. Zwar hat das Gericht es für zulässig erachtet, dass der Verlag Bildmaterial unbeschränkt für eigene Zwecke benutzen dürfe, weil dies zwischen den Parteien unter dem Gesichtspunkt der Vertragsfreiheit vereinbart werden könne. Einer solchen umfangreichen Nutzungsübertragung müsse jedoch eine angemessene Vergütung des Fotografen gegenüberstehen, was jedoch nicht der Fall war. Dem Versuch des Verlags, sich durch die »normale« Vergütung für eine Fotoüberlassung für einen redaktionellen Beitrag jegliche Verwertungsrechte zu sichern, wurde vom LG Berlin ein Riegel vorgeschoben.
Im späteren Berufungsverfahren hat das KG Berlin dann am 26.03.2010 (5 U 90/07) der Axel Springer AG endgültig untersagt, bestimmte Klauseln zu verwenden, so zum Beispiel die Klausel, dass eine Nutzung der Urheberrechte auch durch andere als den Axel Springer Verlag selbst erfolgen könne und dass dem Verlag das Recht zustehe, die Nutzungsrechte ohne Zustimmung des Fotografen weiter auf Dritte zu übertragen. Ebenfalls für unzulässig hat das KG Berlin die Regelung angesehen, wonach bei einer Nutzung der Fotos in der kommerziellen Werbung eine gesonderte Vergütung zwar vereinbart werden könne, aber nicht vereinbart werden müsse, was somit nach den AGB in das Belieben des Verlags gestellt war. Schließlich wurde auch die Bestimmung in den AGB für rechtswidrig erklärt, wonach bei einer fehlenden Urheberbenennung keine gesonderten Vergütungsansprüche des Fotografen entstünden.
Auch das OLG Hamburg (Urteil vom 01.06.2011 – 5 U 113/09) musste sich mit ähnlichen und ebenso einseitigen AGB auseinandersetzen, hier ging es um den »Rahmenvertrag für Auftragsproduktionen/Foto« der Bauer Achat KG, einem Unternehmen der Bauer Media Group. Auch diese AGB sahen vor, dass freie Bildjournalisten dem Verlag und gleichzeitig seinen Gesellschaftern, allen verbundenen Unternehmen und Dritten für ein einmaliges Pauschalhonorar das einfache, zeitlich, räumlich und inhaltlich uneingeschränkte Recht einräumen mussten, die Fotos weltweit in körperlicher und unkörperlicher Form unbeschränkt in allen Medien zu nutzen. Auch sollte der Verlag generell von der Verpflichtung befreit sein, den Namen des Fotografen bei der Veröffentlichung anzugeben.
Wie schon das KG Berlin im Fall Axel Springer Verlag hat auch hier das OLG Hamburg die AGB der Bauer Achat KG in entscheidenden Teilen für unwirksam erklärt, da durch sie die wirtschaftliche und künstlerische Handlungsfreiheit des Fotografen unangemessen eingeschränkt werde, wenn er dem Verlag derart umfassende Rechte übertragen müsse. Wenn sich ein Verlag solche Nutzungsrechte durch seine Bedingungen einräumen lasse, dann liege – so das OLG Hamburg – ein Fall des Missbrauchs vor.
Zu beachten ist allerdings, dass diese Entscheidungen zu einer Regelung in allgemeinen Geschäftsbedingungen ergangen sind. Bei diesen steht den Gerichten ein Kontrollrecht dahingehend zu, ob der Verwender von AGB seinen Vertragspartner unangemessen benachteiligt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer »gerichtlichen Inhaltskontrolle von AGB«. Dies war hier der Fall. Nach dem Motto »Friss oder stirb« mussten die Fotografen die AGB des Verlags akzeptieren, wollten sie mit ihm ins Geschäft kommen. Anders wäre der Fall zu entscheiden gewesen, hätten Verlag und Fotograf in einer Individualvereinbarung, also einem zwischen den Parteien individuell ausgehandelten Vertrag, geregelt, dass gegen Zahlung eines Honorars in bestimmter Höhe alle Rechte am Bildmaterial auf den Verlag übergehen. Ein solcher Vertrag wäre aufgrund der Vertragsfreiheit vom Gericht nicht zu überprüfen gewesen, es sei denn, man würde ihn als sittenwidrig ansehen, wofür es hier jedoch keinen Anhaltspunkt gab.
[ ! ] Angemessene Vergütung beim Syndication-Recht
Durch allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) kann ein sogenanntes Syndication-Recht, dies ist die weitgehende Übertragung aller Nutzungsrechte, nur dann geregelt werden, wenn der Rechteübertragung ein angemessenes Honorar gegenübersteht und der Fotograf deshalb in der wirtschaftlichen Verwertung seiner Fotos nicht unangemessen benachteiligt wird. In einem individuell ausgehandelten Vertrag ist die Vereinbarung eines Syndication-Rechts in aller Regel auch gegen objektiv nicht angemessene Vergütung aufgrund der Vertragsfreiheit möglich.
7.2.5 Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
Nachdem nun mehrfach der Begriff allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) gefallen ist, möchte ich diesen kurz erläutern. Unter AGB, die in §§ 305 ff. BGB ihre gesetzliche Grundlage haben (den Wortlaut des Bürgerlichen Gesetzbuches finden Sie unter www.gesetze-im-internet.de/bgb), versteht man für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die bei Vertragsabschluss eine Partei, nämlich der Verwender, der anderen Partei stellt. Solche Klauseln haben den Vorteil, dass man im Massengeschäft nicht immer wieder alle Vertragsbestandteile neu regeln muss, sondern bezüglich bestimmter Regelungen, die immer gleich sind, auf seine AGB verweisen kann. Ohne AGB gilt grundsätzlich immer das, was im Gesetz steht. Mit AGB können teilweise gegenüber dem Gesetz für den Verwender günstigere Regelungen vereinbart werden.
Beispiel: Wie Sie bereits gesehen haben, setzt eine Schadensersatzhaftung Vorsatz oder Fährlässigkeit voraus. Dabei reicht eine leichte Fahrlässigkeit zur Haftung auf Schadensersatz aus. Mit einer entsprechenden Klausel in den AGB kann man die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränken und eine Haftung bei nur leichter Fahrlässigkeit ausschließen.
Gleichwohl kann die Verwendung von AGB – wie Sie gerade gesehen haben – auch tückisch sein, weil sie in vollem Umfang der gerichtlichen Inhaltskontrolle unterliegen. Bestimmte Klauseln sind auch per se unwirksam, nämlich dann, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Das ist im Zweifel der Fall, wenn sie Regelungen enthalten, die mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht vereinbar sind, oder wenn wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. So wäre – um beim genannten Beispiel zu bleiben – ein genereller Haftungsausschluss auch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit eindeutig unwirksam. Und zwar deshalb, weil er mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in § 823 BGB, dass derjenige, der schuldhaft einen Schaden bei einem anderen verursacht, auch dafür haftbar ist, nicht vereinbar wäre und im Falle eines vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführten Schadens den Vertragspartner, der nach den AGB keinerlei Ansprüche hätte, unangemessen benachteiligen würde.
Zusätzliche Probleme bereitet die wirksame Einbeziehung von AGB in den Vertrag, denn auch hier gibt es rechtliche Hürden zu überwinden. Denn es reicht bei Weitem nicht aus, dass der Verwender sich lediglich auf seine AGB beruft, vielmehr muss der Vertragspartner ausdrücklich und deutlich auf die AGB hingewiesen werden und mit der Geltung einverstanden sein. So reicht zum Beispiel nur ein klein gedruckter Hinweis auf die Geltung von nicht näher bekannt gemachten AGB im Zweifel nicht aus, um diese wirksam in den Vertrag einzubeziehen.
Bereits jetzt wird deutlich, dass allgemeine Geschäftsbedingungen durchaus eine komplizierte Rechtsmaterie darstellen, die Spezialwissen voraussetzt und den Laien häufig völlig überfordert. Häufig wird dies jedoch nicht erkannt, und es herrscht die Meinung vor, dass jeder gewerblich Tätige, der etwas auf sich hält, auch eigene AGB benötigt. Dem möchte ich jedoch widersprechen.
Der Fotoamateur wird wohl kaum auf die Idee kommen, AGB verwenden zu wollen, und auch für einen Berufsfotografen halte ich aus den dargestellten Gründen AGB sowohl aus juristischen als auch aus praktischen Erwägungen nur sehr bedingt für empfehlenswert (Näheres dazu erfahren Sie in Abschnitt 8.5.2, »Firmierung, Rechnungen, Verträge und AGB«).
Wenn Sie allerdings absolut nicht auf AGB verzichten möchten, sollten Sie diese nur von einem erfahrenen Anwalt entwerfen lassen.
7.2.6 Vertragsmuster/Musterverträge
Hobby- und Berufsfotografen kommen in der Regel mit den AGB-Vorschriften in Berührung, indem sie Musterverträge (oder Vertragsmuster, begrifflich besteht hier kein Unterschied) verwenden. Das können sowohl selbst erstellte Vertragsmuster sein als auch solche, die im Internet oder in der Literatur zur freien Verfügung gestellt werden.
Standardisierte Verträge, die in einer Vielzahl von Fällen verwendet werden, was nach der BGH-Rechtsprechung schon bei zwei- bis dreimal der Fall ist, werden wie AGB behandelt und unterliegen in vollem Umfang der AGB-Kontrolle. Verwenden Sie als Fotograf Musterverträge mehrfach, zum Beispiel einen Model-Vertrag (auch Model Release genannt), und nehmen Sie darin Klauseln auf, die das Model unangemessen benachteiligen, müssen Sie damit rechnen, dass im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Rechtswidrigkeit und Unwirksamkeit der jeweiligen Klauseln gerichtlich festgestellt werden. Die Verwendung von Musterverträgen ist deshalb nicht ungefährlich, zumindest dann nicht, wenn sie nicht rechtlich abgesichert sind. Allerdings kann und wird auch kein Jurist garantieren, dass Klauseln, die die Rechtsprechung heute als zulässig erachtet, nicht morgen schon von einem anderen Gericht als unzulässig angesehen werden. Das kann durchaus passieren, solange keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Frage vorliegt, da die Instanzgerichte nicht an die Urteile anderer Instanzgerichte gebunden sind. Das OLG Köln mag ein und denselben Fall durchaus anders beurteilen als etwa das OLG in Frankfurt, in München oder das Kammergericht in Berlin, insbesondere dann, wenn es um Auslegungsfragen und Ermessensentscheidungen geht. Deshalb erfolgt jede Verwendung von Vertragsmustern ohne Garantie und auf ausschließliches Risiko des Verwenders.
Hat man Vertragsmuster nicht selbst hergestellt oder vom Vertragsspezialisten für sich herstellen lassen, ergibt sich bei der Übernahme und Kopie fremder Vertragsmuster ein weiteres Problem: Ebenso wie Lichtbilder und Lichtbildwerke unterliegen auch Schriftwerke dem Urheberschutz. Hat der Urheber eines Mustervertrags nicht ausdrücklich das Vertragsmuster als frei nutzbar bezeichnet, begeht derjenige eine Urheberrechtsverletzung, der sich von irgendeiner Website ein Vertragsmuster herunterlädt und dieses als sein eigenes ohne Zustimmung des Urhebers verwendet. Dieser Fall ist nicht anders zu beurteilen als die unautorisierte Nutzung eines fremden Fotos. Auch diejenigen, die fremde AGB ohne Zustimmung des Urhebers als eigene AGB verwenden, begehen natürlich gleichermaßen eine Urheberrechtsverletzung, mit Ausnahme vielleicht solcher Formulierungen, die sich als Standard eingebürgert haben und deshalb in nahezu allen AGB gleichlautend zu finden sind, weil der darin geregelte Sachverhalt kaum anders formuliert werden kann. Abgesehen davon, weiß man bei der Nutzung fremder Schriftwerke nie, wer diese erstellt hat, und kann als Laie deshalb auch nicht beurteilen, ob die jeweiligen Schriftwerke juristisch abgesichert sind.
[ ! ] Verwendung von Musterverträgen
Musterverträge, die für eine Vielzahl von Fällen zur Anwendung kommen, werden wie AGB behandelt und unterliegen der gerichtlichen Inhaltskontrolle. Dadurch wird die Vertragsfreiheit wieder eingeschränkt. Musterverträge sollten nur verwendet werden, wenn sie juristisch überprüft wurden und wenn die Zustimmung des Urhebers eingeholt wurde, sofern sie nicht zum allgemeinen Gebrauch freigegeben wurden.
7.2.7 Vertragsbruch
Schon die Römer wussten: Pacta sunt servanda – »Verträge sind einzuhalten.« Dennoch kommt es immer wieder vor, dass Verträge nicht eingehalten werden, das Model erscheint zum Beispiel nicht zum vorgesehenen Termin, der Fotograf liefert die Aufnahmen nicht innerhalb der vereinbarten Frist ab etc. Bei mündlichen Verträgen entstehen dann – wie Sie bereits gesehen haben – meist große Beweisprobleme. Bei schriftlichen Verträgen empfiehlt es sich unter Umständen, von vornherein eine Klausel aufzunehmen, durch die ein Vertragsbruch sanktioniert wird. Dazu bietet sich die Vereinbarung einer Vertragsstrafe an, die allerdings angemessen sein muss, wenn sie rechtlichen Bestand haben soll. Ein Model mit einer pauschalen Vertragsstrafe von 5.000 €, also mit einem Vielfachen ihres Honorars, für den Fall des Nichterscheinens zu belegen dürfte ganz sicher einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten.
7.2.8 Zahlungen
Wird der Erhalt der Zahlung nicht schon, wie häufig bei Model-Verträgen üblich, mit der Vertragsunterschrift quittiert, so muss, einmal völlig abgesehen von Nachweispflichten gegenüber dem Finanzamt, zum Eigenschutz auf jeden Fall bei späteren Zahlungen diese schriftlich quittiert werden. Da Freundschaft bekanntlich beim Geld aufhört, gilt dies auch dann, wenn man mit dem Model bzw. Vertragspartner sehr gut bekannt ist. Derjenige, der Zahlungsverkehr ohne Quittung oder Beleg und ohne Beisein von Zeugen abwickelt, darf sich nicht wundern, wenn ein böswilliger oder enttäuschter Vertragspartner später behauptet, die Vergütung noch nicht bekommen zu haben. Dann heißt es nur: noch mal zahlen!
7.2.9 Laufzeit und Kündigung
Laufzeit und Kündigung, in vielen Fällen ebenso feste wie notwendige Bestandteile eines Vertrags, sind hier in den meisten Fällen nicht zu regeln, da diese Punkte nur bei einem Dauerschuldverhältnis, wie etwa einem Mietvertrag, Relevanz haben. Sollte es jedoch zu einem auf längere Zeit angelegten Vertrag kommen, wenn zum Beispiel ein Fotograf für einen unbestimmten Zeitraum beauftragt wird, einem Verlag zu bestimmten Themen Bilder zu beschaffen, muss der Vertrag auch eine Bestimmung über das Inkrafttreten, die Laufzeit und die einzuhaltenden Kündigungsfristen und -termine enthalten. Wichtig ist in einem solchen Fall wegen der bereits besprochenen Beweisproblematik auch, eine Schriftlichkeit der Kündigung zu vereinbaren. Die Zahl der Rechtsstreitigkeiten, bei denen Gerichte sich in der Vergangenheit nur damit befassen mussten, ob eine bestimmte, interpretationsbedürftige Erklärung nun tatsächlich als Kündigung im Rechtssinn zu interpretieren war, ist unüberschaubar, was den Gesetzgeber zum Beispiel veranlasst hat, vor einigen Jahren die schriftliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses zur Wirksamkeitsvoraussetzung zu machen (§ 623 BGB).
7.2.10 Gerichtsstandsvereinbarungen
Fast immer findet man in vorformulierten Verträgen oder AGB Klauseln mit sogenannten Gerichtsstandsvereinbarungen. Solche Regelungen erklären einen bestimmten Ort, meist denjenigen, an dem der Verwender, also derjenige, der den Vertrag oder die AGB in die Verhandlungen einführt, seinen Sitz hat, zu dem Ort, an dessen Gericht etwaige Rechtsstreitigkeiten ausgetragen werden sollen. Eine solche vorab getroffene Vereinbarung über ein eigentlich unzuständiges Gericht ist gemäß Zivilprozessordnung (ZPO) nur zwischen Kaufleuten wirksam. Ist einer der Vertragspartner nicht Kaufmann, gilt grundsätzlich der gesetzliche Gerichtsstand, und dies ist in den meisten Fällen der Wohnsitz des Schuldners, also desjenigen, von dem der jeweils andere Vertragspartner etwas fordert bzw. einklagt.
7.2.11 Nebenabrede- und Schriftformklausel
Häufig wird in Verträgen auch geregelt, dass Nebenabreden nicht getroffen wurden und dass Änderungen und Ergänzungen der Schriftform bedürfen. Diese Klausel ist sinnvoll, weil dann in einem späteren Streit keine Partei rechtswirksam vorbringen kann, es sei aber etwas anderes vereinbart worden, als schriftlich fixiert wurde.
7.2.12 Salvatorische Klauseln
Sogenannte salvatorische Klauseln sind derzeit in Musterverträgen und auch in AGB sehr beliebt, aber völlig sinnlos und überflüssig. Unter einer salvatorischen Klausel versteht man die am Ende vieler AGB und Musterverträge zu findenden Klauseln, die besagen, dass für den Fall, dass eine oder mehrere Klauseln unwirksam sein sollten, diese automatisch durch wirksame Klauseln ersetzt werden sollen, die dem, was mit den unwirksamen Klauseln geregelt werden sollte, am nächsten kommen.
Die Sinnlosigkeit solcher Klauseln ergibt sich aus § 306 Abs. 2 BGB. Dort ist geregelt, dass dann, wenn Klauseln unwirksam sind, an deren Stelle die gesetzliche Regelung tritt. Diese zwingende Rechtsfolge kann nicht durch eine salvatorische Klausel außer Kraft gesetzt werden.