8.2 Gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit?
Eine viel entscheidendere Bedeutung kommt der Frage zu, ob und ab wann ein Fotograf gewerblich tätig ist oder ob und ab wann er als Freiberufler anzusehen ist.
8.2.1 Gewerbliche Tätigkeit
Es unterliegt keinem Zweifel, dass derjenige, der die Fotografie beruflich betreibt und dabei im Wesentlichen auf Basis ihm erteilter Aufträge Fotos anfertigt, gewerblich tätig ist. Aber manche Hobbyfotografen, die gelegentlich ihre Fotos verkaufen möchten, stellen immer wieder die Frage, ob sie dann gewerblich tätig sind und ein Gewerbe anmelden müssen.
Der Begriff der gewerblichen Tätigkeit ist nicht, wie man vielleicht annehmen könnte, in der Gewerbeordnung (GewO), sondern im Einkommensteuergesetz (EStG) definiert (die Gewerbeordnung finden Sie unter www.gesetze-im-internet.de/gewo im Internet, das Einkommensteuergesetz unter www.gesetze-im-internet.de/estg). Nach § 15 EStG ist ein Gewerbebetrieb eine selbstständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbstständige Arbeit anzusehen ist.
[ ! ] Gewerbliche Tätigkeit
Für eine gewerbliche Tätigkeit müssen eine selbstständige Tätigkeit, die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, eine nachhaltige Tätigkeit und eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegen.
Merkmal »selbstständige Tätigkeit« | Eine selbstständige Tätigkeit liegt vor, wenn der Fotograf nicht, wie in einem Arbeitsverhältnis, weisungsgebunden ist und sich nicht in einen betrieblichen Arbeitsablauf einzugliedern hat. Mit Weisungsgebundenheit sind hier nicht die vorgegebenen Anforderungen des Auftraggebers gemeint, welchen Inhalt die Bilder haben und ob der Hintergrund hell oder dunkel zu sein hat. Weisungsgebundenheit heißt vielmehr, dass der Fotograf Weisungen unterliegt, wann und wo er zu arbeiten, wann er Pausen zu machen hat und wann er Urlaub nehmen darf.
Merkmal »Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr« | Mit der Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr ist gemeint, dass der Fotograf auf dem Markt in Konkurrenz zu seinen Wettbewerbern tritt und seine Tätigkeit nach außen als solche erkennbar ist.
Merkmal »nachhaltige Tätigkeit« | Es muss sich um eine auf gewisse Dauer ausgerichtete Tätigkeit handeln. Es reicht für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit nicht aus, wenn ein Fotograf gelegentlich ein paar Bilder im Auftrag herstellt, auch wenn er dafür entlohnt wird. Es muss vielmehr eine Regelmäßigkeit (Nachhaltigkeit) erkennbar sein. Wer jedoch regelmäßig alle paar Monate einen Fotoauftrag ausführt, handelt sicherlich nachhaltig.
Merkmal »Gewinnerzielungsabsicht« | Gewinnerzielungsabsicht liegt dann vor, wenn die Tätigkeit gerade darauf ausgerichtet ist, mit der Verwertung der Fotos Gewinn zu erzielen. Allerdings ist die Gewinnerzielungsabsicht im Gegensatz zu den anderen Merkmalen nicht zwingend erforderlich. Zumindest aus steuerlicher Sicht, und dies dürfte der Hauptaspekt für jeden Fotografen sein, liegt ein Gewerbebetrieb schon dann vor, wenn die Voraussetzungen im Übrigen zwar erfüllt, die Gewinnerzielungsabsicht jedoch nur Nebenzweck ist. Dies ergibt sich aus § 15 Abs. 2 Satz 3 EStG.
Bei einer gewissenhaften Prüfung dieser Kriterien für eine gewerbliche Tätigkeit wird jeder Fotograf für sich selbst abschätzen können, ob er die Grenze zur gewerblichen Fotografie bereits überschritten hat oder ob er sich noch im Bereich der Hobbyfotografie befindet.
Dass der freie, also nicht angestellte, Berufsfotograf regelmäßig selbstständig und nachhaltig mit Gewinnerzielungsabsicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, bedarf keiner weiteren Erörterung. Aber auch der Amateur, der mit gewisser Regelmäßigkeit auf Hochzeiten fotografiert, ist im Zweifel gewerblich tätig, wenn er dies, was unterstellt werden kann, selbstständig tut. Ob er dafür möglicherweise nur ein geringes Honorar verlangt, weil es ihm in erster Linie Spaß macht, Hochzeiten zu fotografieren, ist dabei unerheblich.
8.2.2 Freiberufliche Tätigkeit
Auch ein Fotograf, der mit seinen Fotos dauerhaft Geld verdient, muss jedoch nicht unbedingt Gewerbetreibender sein. Er kann durchaus auch freiberuflich tätig sein.
In § 18 definiert das EStG, dass bestimmte Berufsgruppen nicht Gewerbetreibende, sondern Freiberufler sind. Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit und verschiedene Berufstätigkeiten, die im Einzelnen in § 18 EStG aufgezählt werden, wie etwa Ärzte aller Art, Rechtsanwälte, Steuerberater, Notare, Ingenieure, Architekten, aber auch Künstler ebenso wie Bildberichterstatter oder Journalisten, natürlich immer unter der Voraussetzung, dass sich die genannten Berufsvertreter nicht in einem Arbeitsverhältnis befinden. Der Fotograf, der zum Beispiel ohne Auftrag, also ohne Abschluss eines Werkvertrags mit einem Auftraggeber, Landschaftsbilder oder Architekturaufnahmen fertigt und diese dann zum Verkauf selbst oder über eine Agentur anbietet, ist vergleichbar mit einem Maler oder Zeichner, der ebenfalls Bilder herstellt und dann zum Verkauf anbietet. Er ist Künstler und damit nicht gewerblich, sondern freiberuflich tätig.
[ ! ] Freiberufliche Tätigkeit
Bestimmte Berufsgruppen sind nach gesetzlicher Definition keine Gewerbetreibenden, sondern freiberuflich tätig. Dazu zählen auch Fotografen, sofern sie künstlerisch tätig sind.
8.2.3 Abgrenzung der gewerblichen Tätigkeit von der freiberuflichen Tätigkeit
Wann der Fotograf gewerblich und wann er freiberuflich tätig ist, richtet sich demzufolge danach, ob er als Auftragsfotograf oder als Fotoreporter oder sogenannter Stockfotograf (englisch stock = Vorrat) tätig ist und in dieser Eigenschaft fotografieren kann, was er will. Der Fotograf, der von Aufträgen lebt, auf Hochzeiten oder die Produkte einer Firma fotografiert, ist als gewerblich tätig einzustufen. Der Fotograf jedoch, der seine fertigen und nicht im Auftrag hergestellten Fotografien verkauft, ist als freiberuflich tätig anzusehen. Der Stockfotograf fotografiert zunächst einmal »auf Vorrat«, er legt sich ein bestimmtes Bildarchiv an, um dann die Fotos entweder in eigener Regie oder über Agenturen zu verkaufen. Auch er ist freiberuflich tätig.
Kommen beide Tätigkeitsformen zusammen, ist also der Fotograf sowohl auf Grundlage entsprechender Aufträge als auch in Eigenregie tätig, dann ist von einer insgesamt gewerblichen Tätigkeit auszugehen, da die Merkmale eines Gewerbebetriebs erfüllt sind und diese nicht von einem bestimmten Umfang der Tätigkeit abhängig sind.
Die Entscheidung, wie die Tätigkeit letztlich nach dem EStG einzuordnen ist, wird im Übrigen vom zuständigen Finanzamt getroffen, das insoweit auch umfangreiche Prüfungskompetenzen besitzt.
8.2.4 Folgen für die Praxis aus gewerblicher oder freiberuflicher Tätigkeit
Es ist keineswegs so, dass die Frage, ob ein Fotograf gewerblich oder freiberuflich tätig ist, nur von theoretischem Interesse ist, weil letztlich in jedem Fall Steuern gezahlt werden müssen. Vielmehr knüpft sich daran in der Praxis eine ganze Reihe von Rechtsfolgen.
Der freiberufliche Fotograf muss seine freiberufliche Tätigkeit nur dem zuständigen Wohnsitzfinanzamt gegenüber melden und erhält daraufhin eine Steuernummer zugeteilt. Im Rahmen seiner jährlich abzugebenden Steuererklärung muss er seine Einkünfte unter der Rubrik »Einkünfte aus selbständiger Arbeit« angeben und wird entsprechend seiner Steuerklasse zur Einkommensteuer veranlagt. Außerdem muss er sich bei der Künstlersozialkasse anmelden (siehe Abschnitt 8.4). Der Freiberufler muss jedoch weder ein Gewerbe anmelden noch eine Anmeldung seiner Betriebsaufnahme bei der Handwerkskammer vornehmen.
Der gewerblich tätige Fotograf muss dagegen Folgendes beachten: Er muss, sofern er gewerblich tätig wird, ein Gewerbe anmelden, beim Finanzamt eine Steuernummer beantragen, auf entsprechende Aufforderung, die automatisch per Post ins Haus flattert, Angaben gegenüber der Berufsgenossenschaft machen und die Aufnahme seiner gewerblichen Tätigkeit der zuständigen Handwerkskammer melden. Der künstlerisch tätige Fotograf muss sich unbedingt bei der Künstlersozialkasse anmelden. Im Einzelnen heißt dies:
Gewerbeanmeldung | Vor Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit muss er beim zuständigen Gewerbeamt oder der ansonsten regional dafür zuständigen Behörde gegen Zahlung einer Verwaltungsgebühr ein Gewerbe anmelden.
Mitteilung an das Finanzamt | Automatisch informiert das Gewerbeamt daraufhin das Finanzamt über die Gewerbeanmeldung. Das Finanzamt übersendet dem Fotografen einen Fragebogen, auf dem er Fragen zur Größe des Betriebs, zur Anzahl möglicher Arbeitnehmer etc. beantworten muss.
Mitteilung an die Berufsgenossenschaft | Ebenfalls ohne Zutun des Fotografen wird vom Gewerbeamt die zuständige Berufsgenossenschaft (BG) informiert. Für gewerblich tätige Fotografen ist dies die BG Druck und Papier, in der die Fotografen Pflichtmitglieder werden. Sie genießen dafür einen Berufsunfallschutz, der auch bei vorübergehendem Aufenthalt im Ausland gilt. Auch die BG sendet dem Fotografen schon kurz nach der Anmeldung des Gewerbes einen Fragebogen über Größe des Betriebs, Mitarbeiter, eingesetzte Maschinen etc. zu.
Anzeige bei der Handwerkskammer | Eine gewerbliche Tätigkeit als Fotograf muss – anders als eine freiberufliche Fotografentätigkeit – bei der zuständigen Handwerkskammer angemeldet werden. Dies muss der Fotograf selbst machen. Er erhält eine Handwerkskarte im Scheckkartenformat, die ihn als Ausübenden eines zulassungsfreien Handwerks legitimiert. Es wird auch von der Handwerkskammer ein jährlicher Beitrag erhoben. Dieser ist allerdings, quasi als Hilfe bei der Existenzgründung, in den ersten Jahren der Selbstständigkeit etwas niedriger als der Normalbeitrag.
Meldung bei der Künstlersozialkasse | Auch jeder gewerblich tätige Fotograf, der sich selbstständig macht, sollte sich mit der Aufnahme seiner Tätigkeit vorsorglich bei der Künstlersozialkasse anmelden, selbst wenn er möglicherweise nicht zu den Pflichtmitgliedern zählt, was nach der Anmeldung noch geklärt werden kann. Auf nähere Einzelheiten dazu werde ich in Abschnitt 8.4 eingehen, in dem es nur um den Aspekt »Künstlersozialkasse« geht.
Eintragung ins Handelsregister | Jeder Handwerker, und dazu zählt der Fotograf, sofern er nicht künstlerisch und damit freiberuflich tätig ist, ist Gewerbetreibender. Damit ist er gleichzeitig Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB – www.gesetze-im-internet.de/hgb), und zwar entweder ein sogenannter Istkaufmann (§ 1 HGB) oder ein sogenannter Kannkaufmann (§ 2 HGB).
Istkaufmann ist jeder, dessen Gewerbebetrieb einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Ob dies der Fall ist, hängt von verschiedenen Kriterien ab, u. a. auch davon, ob der Gewerbetreibende eine kaufmännische Buchführung nach §§ 238 ff. HGB und einen Jahresabschluss nach §§ 242 ff. HGB machen muss. Das wiederum hängt u. a. davon ab, welche Größe der Gewerbebetrieb hat und welchen Umsatz er macht. Der Istkaufmann muss sich ins Handelsregister, Abteilung A, eintragen lassen und führt dann die Bezeichnung »eingetragener Kaufmann«, kurz »e. K.«.
Demgegenüber ist derjenige ein Kleingewerbetreibender, der über einen gewissen Umsatz (maximal 17.500 € im Vorjahr und maximal 50.000 € im laufenden Jahr) nicht hinauskommt und seine Gewinnermittlung durch eine einfache Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG vornimmt. Der Kleingewerbetreibende ist lediglich ein »Kannkaufmann«, was bedeutet, dass er sich ins Handelsregister eintragen lassen kann, dies aber nicht muss. Er wird erst mit der Eintragung ins Handelsregister zum Kaufmann.
Beim Istkaufmann ist die Eintragung ins Handelsregister deklaratorisch, d. h., der Istkaufmann ist auch dann Kaufmann, wenn er (noch) nicht eingetragen ist. Beim Kannkaufmann ist die Eintragung ins Handelsregister dagegen konstitutiv, d. h., die Kaufmannseigenschaft entsteht erst mit der Eintragung ins Handelsregister und fällt auch wieder weg, wenn er sich später im Handelsregister wieder löschen lässt.
[ ! ] Ist- und Kannkaufmann
Der Istkaufmann ist derjenige, der aufgrund der Größe seines Gewerbebetriebs und Höhe seines Umsatzes zur kaufmännischen Buchführung und zum Erstellen eines Jahresabschlusses verpflichtet ist. Er muss ins Handelsregister eingetragen werden. Der Kleingewerbetreibende ist Kannkaufmann, er hat die Option, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen.