Kritik an der Konstruktion von ETF

Um einen Index abbilden zu können, müssen die ETF-Anbieter entweder Aktien kaufen oder Alternativen suchen.

Ein gewisses Risiko besteht bei synthetisch konstruierten Indexfonds, die nicht die tatsächlich im Index enthaltenen Wertpapiere erwerben, sondern die Entwicklung des Index über eine Swap-Konstruktion (Tauschgeschäft) künstlich nachbilden, noch immer. (Mehr zu Swaps, siehe „Drei Methoden, den Index nachzubilden“, S. 107). Denn mit dem Partner des Swap-­Geschäfts, meistens einer Bank, wird ein zusätzliches Finanzinstitut in den Prozess der Nachbildung von Indizes eingebunden. Wenn dieser Swap-Partner zahlungsunfähig wird, kann ein Teil des ETF-Vermögens verloren gehen. Das gilt dann, wenn die Wertpapiere, die der ETF-Anbieter in seinem Ersatz-Aktienkorb (auch Trägerportfolio genannt) hält, schlechter laufen als der Index und die Differenz durch den Swap nicht mehr ausgeglichen werden kann. Das Risiko ist allerdings durch regulatorische Vorschriften auf 10 Prozent des ETF-Vermögens begrenzt worden, denn der Wert aller Index-Swaps darf diese Grenze nicht überschreiten. In der Praxis reduzieren die ETF- Anbieter das Risiko zusätzlich, indem sie üblicherweise von ihren Swap-Partnern Sicherheiten verlangen.

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber hohe Anforderungen an die Trägerportfolios der ETF-Anbieter stellt. Als Sondervermögen weisen sie den gleichen hohen Sicherheitsstandard auf wie physisch replizierende ETF. Sie müssen breit gestreut und liquide sein. Anleger können den Inhalt dieser Ersatz-­Aktienkörbe bei den Anbietern in der Regel im Internet einsehen. Das Risiko eines Verlustes ist deshalb auch bei synthetisch nachgebildeten ETF selbst dann relativ gering, wenn der Swap-Partner zahlungsunfähig werden sollte.

Aber nicht nur bei synthetisch, sondern auch bei physisch nachbildenden ETF kann es Risiken geben. Ein Teil der Anbieter verleiht nämlich die Aktien aus dem Sondervermögen des Fonds zeitweise und streicht dafür Erträge ein. Damit senken die ETF-Häuser die Kosten, die Einnahmen kommen zu einem Teil den Kunden zugute.

Wozu aber verleihen die Anbieter überhaupt Wertpapiere aus dem ETF-Portfolio? Hedgefonds und andere spekulative Anleger nutzen die ausgeliehenen Aktien für Leerverkäufe. Bei diesem Geschäft verkaufen sie die geliehenen Aktien an der Börse und spekulieren darauf, dass der Kurs fällt. Dann können sie bei niedrigeren Notierungen die Aktien zurückkaufen. Die Differenz ist ihr Gewinn. Nach Ablauf der Wertpapierleihe müssen sie die Aktien wieder an den ETF zurückgeben, egal ob sie Gewinn oder Verlust gemacht haben.

Auch aktiv gemanagte Fonds verleihen Aktien

Das Risiko besteht nun darin, dass der Entleiher der Wertpapiere insolvent wird und die Wertpapiere nicht an den Indexfonds zurückübertragen kann. Um dieses Risiko ganz auszuschalten oder möglichst gering zu halten, verlangen ETF-Anbieter von der Gegenpartei üblicherweise umfangreiche Sicherheiten, meistens in Form von Staatsanleihen.

Da Wertpapierleihen aber nicht nur bei Indexfonds praktiziert werden, sondern auch bei aktiv gemanagten Aktienfonds gang und gäbe sind, ist das damit verbundene theoretische Risiko keineswegs eine Besonderheit von ETF.

Weltweit gibt es einen immer stärker werdenden Trend zu physisch replizierenden ETF. Fondsgesellschaften, die eine Zeit lang auf Swap-basierte ETF gesetzt hatten wie die Deutsche Bank mit ihren db x-Trackers, haben in den letzten Jahren umgesteuert und einen erheblichen Teil in physisch nachbildende ETF umgewandelt. Das geschah vor allem deshalb, weil viele Anleger synthetischen ETF noch immer misstrauen und deshalb zunehmend physisch nachbildende bevorzugen. Nach Ansicht von Finanztest spielt es unter Risikogesichtspunkten allerdings kaum eine Rolle, welche der Nachbildungsmethoden für einen ETF verwendet wird.