Dokument 15

Auszüge aus Rosenbergs »Begründung zu der Aufzeichnung über das Verhältnis zwischen dem Reichsminister für die besetzten Ostgebiete und dem Reichsführer SS«, o.D. (Anfang 1942) (5 S., masch. Durchschlag); USHMMA RG-14.017M (BAB R 6/9, Bl. 8185).

»Als Begründung zu dem Vorschlage der Regelung des Verhältnisses zwischen dem Reichsminister für die besetzten Ostgebiete und dem Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums verweise ich ganz allgemein auf meine Denkschrift vom 12. Januar 1942[993] und führe noch zur Ergänzung und hinsichtlich der polizeilichen Aufgaben des Reichsführers SS folgende Gesichtspunkte an:

1. Die Einheit der Repräsentanz des Deutschen Reiches in den besetzten Ostgebieten wird vom Reichsminister Ost verkörpert. Dieser Standpunkt ist vom Führer kürzlich noch eindeutig festgelegt und von Reichsminister Dr. Lammers anläßlich einer anderen Angelegenheit dem Reichskommissar Koch gegenüber dienstlich formuliert worden. Ein Vorschlag, der diese Grundlage verneint, ist untragbar und müßte zu inneren Konflikten innerhalb der deutschen Gesamtverwaltung und damit zur Schädigung des deutschen Ansehens von [sic] den Völkern des Ostens führen.

2. Die Polizei führt in den besetzten Ostgebieten nahezu ein völliges Eigenleben. Sie trifft polizeiliche und politische Maßnahmen so, als ob es neben ihr eine politische Verwaltung nicht gebe. Der Dienstweg führt am Reichsminister für die besetzten Ostgebiete sowie den Reichs- und Generalkommissaren vorbei. Eine Abstimmung der Anordnungen des Reichsführers SS mit mir hat bisher noch nicht stattgefunden, da der Reichsführer SS noch in keinem Falle Weisungen an die nachgeordneten Stellen gemäß Ziffer II Satz 2 des Führererlasses über die polizeiliche Sicherung [vom 17.7.1941] über mich geleitet hat.

Ich hatte versucht, durch ein nach meiner Ansicht weit über den Führererlass über die polizeiliche Sicherung hinausgehendes Entgegenkommen meinerseits, das in dem abschriftlich beigefügten Erlaß vom 19. November 1941[994] Ausdruck gefunden hat, ein Einvernehmen auf polizeilichem Gebiet herbeizuführen. Der Reichsführer SS hat jedoch später ohne mein Einverständnis in einer Reihe von Kreisgebieten Polizeistandortführer eingesetzt, diesen dadurch, daß er sie den SS- und Polizeiführern bei den Generalkommissaren unmittelbar unterstellt und ihnen auch die gesamte Polizeiverwaltung übertragen hat, eine dem Polizeipräsidenten vergleichbare Stellung verliehen und hiermit den Gebietskommissaren gerade in den wichtigsten Städten die in einem besetzten Gebiet unbedingt erforderlichen Exekutivorgane genommen. Da der Reichsführer SS durch diese Maßnahme die Grundlage des erwähnten gemeinsamen Erlasses verlassen hat, kann auch ich mich zu meinem Bedauern an diesen Erlaß nicht mehr gebunden fühlen. […]

4. In welcher Form im einzelnen und in welchem Tempo die Sicherung der Reichskommissariate durch die Ausscheidung des Judentums durchzuführen ist, kann nur der politischen Entscheidung der Reichs- und Generalkommissare unterliegen. Selbstverständlich dabei ist, daß die Aussonderung des Judentums als politische [sic] vor allen wirtschaftlichen Überlegungen zu stehen hat, jedoch kriegswirtschaftliche Maßnahmen in den besetzten Ostgebieten zunächst noch berücksichtigt werden müssen. Es ist also die politische Pflicht der deutschen Verwaltung, wie zum Teil schon geschehen, jüdische Handwerker möglichst schon [sic] durch anzulernende Ukrainer, Weißruthenen usw. zu ersetzen. Die Reichs- und Generalkommissare haben somit ein nicht zu bestreitendes Führungs- und Hoheitsrecht, hier nach den Notwendigkeiten sowohl der selbstverständlichen Politik gegenüber dem Judentum als auch der Kriegswirtschaft und Landesverwaltung zu bestimmen. Deshalb kann im Prinzip die politische Entscheidung, ob jemand Jude [sic], insbesondere in den Fällen, in denen dies nur nach dem äußeren Erscheinungsbild festzustellen ist, nicht dem Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD, sondern nur dem Generalkommissar obliegen.[995]

Bei Bestellung etwaiger Judenreferenten soll dem Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei der notwendige Einfluß gewährt werden.«