Auszüge aus Aktenvermerk RMfdbO (HA II) zur Besprechung am 29.1.1942 über die Bestimmung des Begriffs »Jude« in den besetzten Ostgebieten; USHMMA RG-14.017M (BAB R 6/74, Bl. 77–78).[996]
»[…] 2) Gegen die Einführung des besonderen im § 2 vorgesehenen Judenbegriffs für die besetzten Ostgebiete wurde von keiner Seite Widerspruch laut.[997] Ministerialrat Lösener als Vertreter des Reichsministeriums des Innern erklärte jedoch, er sei von Staatssekretär Stuckart angewiesen, die Frage zur Erörterung zu stellen, ob es nicht zweckmäßig sei, in ganz Europa einen einheitlichen Judenbegriff zu haben.[998] Dazu sei auf das Ergebnis der Staatssekretärbesprechung am 20. Januar 1942 hinzuweisen, nach der die Mischlinge ersten Grades im Reich nur unfruchtbar gemacht werden, aber im Reich verbleiben sollten. Seitens des Reichsinnenministers werde aber zugegeben, daß die Verhältnisse im Osten besonders lägen, so daß hier vielleicht eine Abweichung vom allgemeinen Judenbegriff unumgänglich sei. Amtsgerichtsrat Wetzel erwiderte hierauf, Minister Rosenberg lege persönlich entschiedenen Wert auf die Hereinnahme der Mischlinge ersten Grades in den Judenbegriff des Ostens. Ministerialrat Lösener erklärte abschließend, er sei lediglich angewiesen, die Frage zur Erörterung zu stellen.[999]
3) Zum Schluß erhob der Vertreter der Reichsführers SS Dr. Neifeind Bedenken gegen die Fassung des § 2 Absatz 3.[1000] Die Zuständigkeit des Gebietskommissars stehe im Widerspruch mit [sic] der Regelung, daß die Judenfrage in die Zuständigkeit der SS- und Polizeidienststellen falle. […] Da vor den Vertretern der übrigen Ministerien die Frage nicht übermäßig aufgebauscht werden sollte, erklärte sich Generalkonsul Dr. Bräutigam damit einverstanden, daß im § 2 Absatz 3 der Generalkommissar für zuständig erklärt werde. Im Ausführungserlaß solle darauf hingewiesen werden, daß intern der SS- und Polizeiführer zuständig sei.
Ich habe nach der Sitzung Generalkonsul Bräutigam darauf hingewiesen, daß es m.E. bedenklich sei, in derartigen Einzelfragen so rasch nachzugeben, da solche Fälle leicht verallgemeinert werden könnten. Generalkonsul Bräutigam stimmte mir zu, erklärte aber, daß er es im Falle der Judenfrage für nicht unerwünscht halte, die Zuständigkeit der SS und Polizeiführung zu betonen. […][1001]«