Dokument 22

Auszüge aus Rosenbergs Rede vor Mitarbeitern, o.D. (Frühjahr 1943); abgedruckt in Nürnberger Prozess Bd. 39, S. 412425 (170-USSR).[1012]

»Meine lieben Parteigenossen und Volksgenossen!

Das Ausmaß, das dieser Krieg, namentlich in dem letzten Jahre, angenommen hat, hat wohl jedem deutschen Volksgenossen erst recht zum vollen Bewußtsein gebracht, das wir wohl in der entscheidendsten Auseinandersetzung der deutschen Geschichte stehen. […]

Es ist tatsächlich ein totaler Krieg um unseren alten, ehrwürdigen Kontinent ausgebrochen. Und über diese Dinge hinweg ist der Krieg noch in einer anderen Richtung ein totaler: er geht nicht nur um Rohstoffe, er geht nicht nur um Siedlungsland, um Sicherung des Lebensraumes, um die politische und militärische Sicherung des Kontinents, sondern dieser Krieg ist ein Weltanschauungskrieg allergrößten Ausmaßes (Lebhafte Zustimmung). […]

Man mag darüber denken und urteilen wie man mag, auf jeden Fall ist es eine bestialische Kraft, die sich uns gegenübergestellt hat. Auch dieser Kampf wird einmal bestanden werden, und wenn wir die weiten Räume überblicken, die heute schon von der deutschen Wehrmacht besetzt worden sind, so können wir doch sagen: Trotz vieler Widerstände ist hier ein Raum gesichert worden, der auch in Zukunft groß genug sein wird, um nicht nur Deutschland, sondern darüber hinaus Europa sicherzustellen, und vor jeder kommenden Blockade irgendwelcher Seemächte, die sich noch in Zukunft bilden können, zu schützen.

Hand in Hand damit geht auch die Lösung der Judenfrage vor sich, mit der wir uns vom ersten Tage unseres politischen Daseins an beschäftigt haben. […] Sie ist nur zu lösen von einer einzigen rigorosen und rücksichtslosen, starken Macht (Stürmische Zustimmung).

Die Judenemanzipation wurde im 18. Jahrhundert unter der Losung der Humanität geführt. Als der Jude diese Humanität zur Losung erhob, hat er dabei nicht nur an die schlechten Geldinstinkte mancher Menschen appelliert, sondern auch an eine sehr anständige Generosität vieler weltfremder Philosophen und die guten Gefühle breiter Volksschichten, die vom Judenproblem in der Geschichte und der Gegenwart nichts wußten. Man hat sich also schwer getäuscht. Anstelle der Humanität hat man den Schmutz in die Völker der Erde ausgegossen. Und nun gehen wir daran, diesen Schmutz einmal auszurotten, und was heute mit der Ausschaltung der Juden aus allen Staaten des europäischen Kontinents geschieht, ist auch eine Humanität, und zwar eine harte, biologische Humanität (Lebhafter Beifall).

Sie bedeutet, daß die Volkskörper wieder sauber, gesund und menschlich gemacht werden (Erneute lebhafte Zustimmung), wie sie es früher waren. Ich habe mir neulich am Abend ein altes Buch von mir vorgenommen, das mir wieder unter die Hände fiel: ›Die November-Köpfe‹,[1013] und ich muß sagen, als ich es las, habe ich wieder die alte Wut bekommen, die wir vor 14 Jahren über diese Schweinerei empfanden (Lebhafter Beifall). Es ist ganz gut, wenn Sie heute solche Kampfschriften aus unserer Kampfzeit wieder einmal lesen. Manches ist dem Gedächtnis doch wieder entschwunden, und was die Leute damals sich erfrechten, über Deutschland und die deutsche Geschichte zu schreiben, müssen wir uns immer wieder einprägen, damit wir nicht schwach werden, wenn jetzt die große Säuberung ihren Anfang genommen hat (Starke Zustimmung). Wir dürfen uns nicht damit begnügen, daß die Juden von einem Staat zum anderen geschoben werden, und daß vielleicht hier und da noch ein großes jüdisches Ghetto steckt, sondern unser Ziel kann nur das alte sein: Die Judenfrage in Europa und in Deutschland ist nur dann gelöst, wenn es keinen Juden mehr auf dem europäischen Kontinent gibt (Lebhafter Beifall). […]

Wenn nunmehr das Deutsche Reich in diese Räume [Osteuropas] kommt, sie zwar gewaltig mit seinem Soldatentum ordnet, sie aber doch sehr dünn besetzt in seiner Führungsschicht, die nunmehr heute Gebiete zu verwalten hat, die zweimal so groß sind wie das Deutsche Reich, dann muß diese Führung politisch führen. Man muß sehen, wo man psychologische Ansatzpunkte findet, um mit weniger Kraft das Gleiche zu erreichen, als ob man hundert Polizeibataillone einsetzt. […] Es schadet deshalb auch nichts, wenn der eine oder andere Gebietskommissar zu dem einen oder anderen Ukrainer einmal auch menschlich ist. Er soll bloß nicht kameradschaftlich mit ihnen werden. Das ist die andere Grenze und Schranke, die wir aufrichten müssen. Er kann sehr gut menschlich sein, ihm auf die Schulter klopfen und einen guten Rat geben, auch einmal einer Gemeinschaft von Bauern, die mit dem Erntekranz kommen, eine Flasche Schnaps stiften. Aber er darf sich nicht mit ihnen besaufen, und er soll auch sonst die nötige Distanz halten, die für einen richtigen Herrn im Osten nun einmal notwendig ist. […]

Meine Kameraden! Ich möchte noch betonen – das versteht sich von selbst –, daß diese Gedanken nicht geeignet sind, in Artikeln behandelt oder etwa in öffentlichen Versammlungen erörtert zu werden. Das ist eine Erziehungsfrage, die wir uns selber klar machen müssen, bei der wir uns überlegen müssen, was das Klügste in der ganzen Behandlung des Ostens ist: Was spart uns am meisten deutsche Menschen, was bringt uns am besten zu dem gewünschten politischen Erfolg? […]

Ich weiß, wenn man 1 ½ Millionen Menschen [aus Osteuropa] herbringt, kann man sie nicht wunderbar unterbringen. Daß hier tausende von Menschen schlecht untergebracht sind oder schlecht behandelt werden, ist selbstverständlich. Darüber braucht man sich keine grauen Haare wachsen zu lassen. Es ist aber eine sehr nüchterne Frage – und ich nehme an, Gauleiter Sauckel hat sie schon besprochen oder wird noch darüber sprechen –: Diese Menschen aus dem Osten werden ja nach Deutschland gebracht, um zu arbeiten und eine möglichst große Arbeitsleistung zu erzielen. Das ist eine ganz nüchterne Angelegenheit. Um eine Leistung zu erzielen, darf man sie natürlich nicht zu ¾ erfroren herbringen, 10 Stunden stehenlassen, man muß ihnen vielmehr soviel zu essen geben, daß sie Kraftreserven haben, um das durchzustehen. Unter allen Umständen muß man ihnen das Gefühl geben, daß sie hier in einer großen Aufgabe stehen, daß sie auch ihrem eigenen Volk dienen. Es ist ein psychologisches Führungsmittel, wenn man erklärt: Ihr seid nicht allein dabei. […]

Der Sinn der germanischen Geschichte hat nunmehr wieder freie Bahn, er hat diesen Osten bekommen, und er führt diesen Krieg mit dem vollen Bewußtsein, daß dieser deutsche Lebensraum, der dort erkämpft worden ist – ganz gleich wie die politische Form einmal vom Führer bestimmt werden mag – niemals mehr den deutschen Händen entrungen werden kann, daß dieser Lebensraum für immer die Sicherung der Ernährung, die Sicherung der Rohstoffe für Deutschland und für Europa darstellt, daß hier die nationalsozialistische Weltanschauung sich erprobt, und daß auch diesem Riesenraum wirklich ein großgermanisches Deutsches Reich entsteht. Und wir alle, meine Kameraden, dürfen, glaube ich, am Ende unseres Lebens sagen: Auch wir sind stolz, dabei gewesen zu sein (Stürmischer Beifall).«